Ich kaufe gerne mal die Obdachlosenzeitung. Das erscheint mir prinzipiell ein sehr sinnvolles Projekt. Als ich die Dezember-Ausgabe des „strassenfeger“ aufschlug, fiel mir eine Überschrift ins Auge: „Freihandels-Nostalgie?! – Oder wie eine Idee des 19. Jahrhunderts unsere modernen europäischen Demokratien bedroht und warum wir das nicht wollen“. Leider geht es in dem Artikel selbst dann nur um das Investitionsschutzabkommen. Mich hätte vielmehr interessiert, wie die Autorin „Julia“ die „Freihandels-Nostalgie“ definiert. Im Zuge der Proteste gegen TTIP ist Freihandel zu einem Schreckenswort geworden. Als bekennender Freihandels-Nostalgiker finde ich das verstörend …
Demokratie und Freihandel: Geschwister im Kampf gegen die Mächtigen
Wie immer, wenn Politiker und Bürokraten ein Projekt angehen, ist Wachsamkeit gefordert. Sicherlich gibt es an Verfahren und Inhalt von TTIP manches zu hinterfragen. Gleichzeitig laufen aber auch viele der Kritikpunkte an dem Investitionsschutz ins Leere. Viele TTIP-Kritiker tappen allerdings leider in dieselbe Falle wie „Julia“: sie meinen Intransparenz und Demokratiedefizit, schießen aber auf den Freihandel. Das ist ein fataler Fehler, denn Freihandel und Demokratie teilen die gleichen Eltern: beide sind Ausdruck des Kampfes für die Freiheit gegenüber den Großen und Mächtigen.
Demokratie wurde als System der Machtkontrolle und -beschränkung entwickelt. Vor 2500 Jahren war es das Gegenkonzept zur Tyrannis. Heute sollen demokratische Prozesse diejenigen kontrollieren und beschränken, denen zeitweise bestimmte Vollmachten eingeräumt werden. Immer geht es darum, die Freiheit und Selbstbestimmung des einzelnen vor der Willkür der Herrschenden in Schutz zu nehmen. Das gilt natürlich auch dann, wenn eventuell Deals in die Freihandelsabkommen mit hinein kommen, die bestimmte Gruppen bevorzugen und vielleicht gar im Geheimen abgeschlossen werden (wenn das der Fall sein sollte).
Freihandel gegen Hungersnot
Zur Willkür der Herrschenden gehörte auch immer schon das Instrument der Handelskontrolle. Zölle wurden erhoben, um den Staatssäckel zu füllen. Aber Zölle wurden auch erhoben, um die eigene Industrie zu schützen. Und zwar meistens die Großen, die es geschafft haben, bei den Herrschenden für ihren Schutz zu werben. Heute nennt man solche Leute Lobbyisten. Zölle sind wesentlich auch Beschränkungen der Handels- und Vertragsfreiheiten der einzelnen Bürger. Im Endeffekt wirken die Preisaufschläge durch Zölle oft wie ein Kaufverbot. Das führt dazu, dass der einheimische Verbraucher eine geringere Auswahl haben oder höhere Kosten tragen muss.
Die „Idee des 19. Jahrhunderts“, vor deren Schrecken „Julia“ warnt, war genau gegen diese Handelsbeschränkungen gerichtet. Richard Cobden, ein Mann aus sehr einfachen Verhältnissen, wurde zu einem der ersten Begründer einer Graswurzelbewegung. – Also vom Prinzip her, wenn auch nicht von den Überzeugungen, ein Vorläufer von attac, Occupy und Campact. – Die Zölle, die es zu seiner Zeit in Großbritannien auf Getreide gab, schützten die Großgrundbesitzer vor dem Import von günstigerem Getreide aus Russland und den USA. Die Leidtragenden waren die Industriearbeiter, die zum Teil schwere Hungersnöte durchmachen mussten, weil die Nahrungsmittelpreise zu hoch waren. Cobdens Bewegung für den Freihandel hat die Abschaffung dieser Zölle durchgesetzt und so Millionen von Menschen aus Elend, Not und Hunger geholfen. Die Bewegung nannte man übrigens Manchester-Liberalismus …
Fair Trade für uns und andere
Handel ist prinzipiell für alle Beteiligten gut: Der Anbieter kann Geld verdienen, indem er etwas verkauft. Und der Käufer kann etwas erwerben, das er braucht oder will. Beschränkungen des Handels sind somit für beide Seiten schlecht: Der eine wird am Geldverdienen gehindert, der andere am günstigen Erwerb von wertvollen oder vielleicht gar lebenswichtigen Gütern. Wer gegen Freihandel ist, sollte sich dessen bewusst sein.
In der Tat gibt es kaum ein besseres Mittel, um eine Situation des Fair Trade herzustellen als den Abbau von Handelsbeschränkungen. Denn plötzlich bekommen alle Zugang zu einem Markt, der bisher nur wenigen vorbehalten war. Und gleichzeitig können Großkonzerne ihre marktbeherrschende Stellung nicht mehr so gut schützen, wenn es keine Zölle mehr gibt. Nicht nur der Produzent im anderen Land kann endlich seine Ware loswerden, auch der Konsument im eigenen Land kann einkaufen ohne den Preisaufschlag bezahlen zu müssen, der durch Zölle entsteht. Gerade für die Menschen aus ärmeren Ländern ist Freihandel (und in der Folge am besten auch freie Migration) eine enorme Chance. Es liegt wesentlich an der mit Handelsliberalisierung verbundenen zunehmenden Globalisierung, dass der Anteil der Weltbevölkerung, der in extremer Armut lebt, von 1990 bis 2010 um die Hälfte zurückgegangen ist.
Freihandel nicht als Nostalgie, sondern als Vision
Viele Gegner des Freihandels sind auch Idealisten. Sie verfolgen hehre Ziele wie zum Beispiel den Schutz der Umwelt, Wohlstand für alle oder weltweiten Frieden. Das ist gut und das ist ehrenwert. Aber auch der Manchesterliberale Richard Cobden hat für solche Ziele gekämpft. Er hat sich für mehr Bildungschancen eingesetzt. Und er war geradezu radikaler Pazifist, was ihm in der Hochzeit der Imperialismus im 19. Jahrhundert auch sehr viele Feinde eingebracht hat. Wäre es nicht wunderbar, wenn die Gegner von Freihandel erkennen könnten, dass sie gegen den falschen Feind anlaufen, wenn sie ihre Ziele erreichen wollen?
Freihandel sollte für uns alle eine Vision sein, auf die wir hinarbeiten. Das heißt nicht, dass wir die Probleme der aktuellen Abkommen kleinreden sollten. Auch dort gibt es sehr viele Entwicklungen, die dem eigentlichen Prinzip des Freihandels widersprechen. Es werden neue Schutzmaßnahmen eingerichtet, Sonderregeln eingeführt und TTIP droht natürlich auch, sich seinerseits gegenüber anderen Märkten abzuschotten. Aber diese Probleme dürfen nicht dazu führen, dass wir verkennen, welch ein Segen Freihandel weltweit schon ist – und ein wieviel größerer Segen er erst sein wird, wenn er sich weiter durchsetzt. Die Geschichte der EU zeigt durchaus eindrücklich, wie ein freier Markt zu Wohlstand und Frieden führt. Dafür lohnt es sich zu kämpfen – weltweit!
Photo: barockschloss from Flickr
IDEOLOGISCH gesehen würde man sagen, sie leben nicht in der realität und auch nicht in der gegenwart.
„……denn Freihandel und Demokratie teilen die gleichen Eltern: beide sind
Ausdruck des Kampfes für die Freiheit gegenüber den Großen und
Mächtigen…….“
diesen satz (wenn er bloß so real-wortwörtlich von ihnen gemeint wäre) hätten sie gut zur zeit der französischen revolution und anfängen der industriellen revolution gebrauchen können. damals waren menschen, ideologische/politische/religiöse gruppen die mächtigen. heute sind es banken und großindustrie. die aufgabe der politik/regierungen wäre heutzutage, den bürger gegen diese überrollmanöwer der heute mächtigen zu schützen. durch staatsformen, gesetze und sonstige regulierungen. seit ca. 20 jahren hat die welt aber nur noch politiker/amtsträger, die den vorgaben der „neuen macht“ folgen – neue weltordnung, bilderberger etc. rules…
ihr obiger satz realwortwörtlich übersetzt: …denn relulierungsfreiheit und anarchie teilen die gleichen ziele: beide sind ausdruck des bestrebens nach unantastbarkeit/narrenfreiheit gegenüber dem „Souverän“.
daher FAKTISCH gesehen, argumentieren sie genauso durch privatinteressen verflochtene
neoliberalistische floskeln PRO ttip wie alle anderen möchtegern-lobbyisten.
möchtegern-lobbyisten: solche, die gut situiert sind (oder sich einreden „dazu zu gehören“) – sei es durch ein hohes amt, beruf, vermögen – und meinen, dass sie oder ihr arbeitgeber/anlageistitut durch ttip einen gehörigen sprung nach vorne machen werden. getreu dem merkelschem motto: mir geht es gut, die anderen sind mir sch…egal. (dabei selbstverständlich die merkel-wabe vor dem bauch haltend).
ich persönlich finde es haarstäubend, wie man sowenig gesellschaftsbewußt un zugleich so kurzsichtig sein kann. nach außen hin werden ttip + ceta als erfolgsschance für jeden kleineren und mittelständler verkauft: wie blöd muß man da sein? die standards, die gerade im geheimen festgelegt werden, werden von ein paar wenigen/selektierten lobbyvertretern vordiktiert. diese standards kommen den „größerer-will-kleineren-fressen“ zugute. von wegen vielfalt, neue märkte und mehr arbeitsplätze.
aber das ist ja die masche der nwo-ler: propagiere immer das gegenteil vom dem, was es ist… so hast du stets ein katzenspiel, deine ziele durchzusetzen… bestes beispiel dieser titel „freihandel ist fair trade“… wie morbide muß man sein???
Normalerweise wäre Freihandel auch besser. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auf das blog-Thema „TTIP – ein Schritt zu offeneren Märkten?“
Grundsätzlich hat Freihandel auch positive Effekte. Man liest diesbezüglich den Begriff „comparative advantage“.
Falls Freihandel wirklich besser wäre, dann wäre vor allem die derzeitige Finanzkrise nicht der richtige Zeitpunkt, um ein schwer rückgängig zu machendes Freihandelsabkommen zu vereinbaren.
Stattdessen muss erst die Umverteilung von unten nach oben beseitigt werden. Außerdem gibt es noch in sehr vielen anderen Bereichen Gerechtigkeitsdefizite, die einem Freihandel zum jetzigen Zeitpunkt entgegenstehen müssen.
Freihandel ist eine wesentliche Migrationsursache
Auch die ostafrikanischen Staaten Kenia und Tansania wollten dem Abkommen nicht beitreten, da es mit großer Wahrscheinlichkeit für ihre Wirtschaften katastrophale Auswirkungen haben wird. Auch sie wurden
durch Strafzölle der EU gezwungen, das Freihandelsabkommen zu unterschreiben. Selbst der Beauftragte für Entwicklungshilfefragen der Bundesregierung hat gemeint, mit diesem Abkommen wird alles zunichte gemacht, was die Entwicklungshilfe versucht hat aufzubauen.
http://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/migrationsursache-freihandel-europa-zwingt-afrika-schaedliche-abkommen-auf
Um es kurz zu machen: Der Washington Consensus ist genau jenes, auf Freihandel und Austeritätsmaßnahmen fokussierte liberale Sanierungskonzept für Volkswirtschaften, das in vielen
Entwicklungsländern eine wirtschaftliche Abwärtsspirale in Gang setzte und in die finanzielle Abhängigkeit führte.
http://www.querschuesse.de/hollande-strauss-kahn-der-washington-consensus-und-europa-vor-einem-kurswechsel/
Jedenfalls gibt unsere Konzentration im Einzelhandel Anlass zur Besorgnis. Diese sorgt für eine zu hohe Marktmacht und versperrt uns beispielsweise den Zutritt zum Arbeitsmarkt und ist auch gegenüber den Zulieferländern unfair. Unser Einzelhandel ist ein Nachfrageoligopol und kann zusätzlich infolge des Freihandels unbillig die Preise nach unten drücken.
Durch diese Unfairness verursachen wir dann letztlich auch die Flüchtlingsströme mit.
der freihandel ist nichts anderes als ein monopolhandel,den da der monopolhandel zwichen zwei oder mehreren staaten abgeschlossen wird so werden die zölle nur in diesem verbund nicht erhoben-wenn also ein drittstaatunternehmen es schafft die bedinungen dieses verbundes zu erfüllen so ist doch ihre ware teurer,den das drittstaatunternehmen muss nach wie vor die zollgebühr bezahlen-