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Politik kann so verlogen sein. Da geißelt die GroKo mehrmals im Koalitionsvertrag „Steuerdumping, -betrug, -vermeidung und Geldwäsche gleichermaßen international und in der EU“. Diese Praktiken müssten effizient und unbürokratisch im nationalen, europäischen und internationalen Rahmen bekämpft werden und „eine gerechte Besteuerung großer Konzerne“ müsse endlich kommen.

Das hört sich entschieden und entschlossen an. Endlich geht es um Gerechtigkeit. Wahrscheinlich ist es sogar „soziale Gerechtigkeit“. Nichts, aber auch gar nichts kann die Großkoalitionäre daran hindern, entschieden vorzugehen. Nichts? Fast nichts! Und dann kommt der 27. April 2018. An diesem Tag endet die Bewerbungsfrist für die Fußball-Europameisterschaft 2024. Und da ist plötzlich alles ganz anders. In der Arbeitsgruppe Sport der CDU/CSU-Bundestagsfraktion soll der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesheimatminister Stephan Mayer (CSU) angekündigt haben, dass die GroKo der UEFA Steuerfreiheit für den Zuschlag der EM gewähren will. Punkt!

Es ist wahrscheinlich einfach, gegen Amazon, Google und Facebook das hohe Lied der Steuergerechtigkeit zu singen. Die EU ist sogar dabei, fiktive Betriebsstätten zu erfinden, um den Internetkonzernen an das Portemonnaie zu gehen. Dazu hat sie jetzt einen Richtlinienvorschlag gemacht. Sie will Internet-Konzerne mit einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro mit einer Digitalsteuer von 3 Prozent des Umsatzes belasten. Dieser Schnellschuss ist an sich schon zu kritisieren, da er keine Einbahnstraße ist. Warum sollte die USA oder China nicht auch eine Sondersteuer einführen, wenn deutsche Unternehmen Waren dorthin exportieren? Schnell beklagt man sich über den Protektionismus des US-Präsidenten Donald Trump. Aber was macht die EU-Kommission mit der Sondersteuer für Internet-Konzerne? Nichts anderes.

Doch zurück zur UEFA: 2015/2016 machte der europäische Fußballverband einen Umsatz von 4,6 Mrd. Euro. Bei der EM 2016 in Frankreich nahm die UEFA alleine 1,9 Milliarden Euro ein. 400 Millionen Euro erzielte der Verband über Werbeeinnahmen, weitere 500 Millionen Euro durch Kartenverkäufe. Die Gesamtausgaben der UEFA für die EM 2016 lagen bei 595,2 Millionen Euro. Satte 1,3 Milliarden Euro Gewinn konnte die UEFA 2016 verbuchen – steuerfrei versteht sich. Der Fußball-Verband hat damit einen höheren Umsatz als Puma (4,1 Mrd. Euro 2017) oder Tchibo (3,3 Mrd. Euro 2016).

Nun sitzt die UEFA im schweizerischen Nyon am schönen Genfer See. Die Schweiz ist Teil des europäischen Binnenmarktes. Daher muss man an dieser Stelle schon fragen dürfen: Was unterscheidet den vehementen Kampf der EU-Kommission und der GroKo in Berlin gegen Google, Facebook und Co. eigentlich von der steuerlichen Behandlung der UEFA und ihrer Umsätze und Gewinne, die sie in Deutschland macht? Und was sagt eigentlich der Mittelständler in Ostwestfalen und im Sauerland dazu? Die UEFA macht Milliarden-Umsätze und trägt nichts zur staatlichen Infrastruktur bei. Liebe Sozialdemokraten, ist das sozial gerecht?  Dabei liegt der Umsatz doch weit oberhalb der Grenze von 750 Millionen Euro, und der Verband hat seinen Hauptsitz sogar innerhalb des europäischen Binnenmarktes.

Vielleicht ist es die Konkurrenzsituation um die Austragung der EM 2024. Da steht Deutschland mit  der Türkei im Wettbewerb. Wolle man den Zuschlag erhalten, dann müsse man der UEFA Steuerfreiheit gewähren, heißt es von interessierter Seite. Die Türkei mache das schließlich auch und es sei international üblich, dies zu tun.

Sicherlich ein bestechendes Argument. So reden global orientierte Konzerne ebenfalls. Auch sie stehen im Wettbewerb mit Konzernen, die ihren Sitz in einer so genannten Steueroase haben. Steuern vermindern ihre Investitionsfähigkeit und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit. Das gefährde Arbeitsplätze, sagen sie.

Nein, am Ende sind es zwei Dinge, die die Verlogenheit deutlich machen. Zum einen ist es bei Google, Amazon und Facebook ein Schuss Antiamerikanismus, der reflexartig immer dann hochkommt, wenn es um amerikanische Unternehmen geht. Und zweitens ist es der Fußball. Man könnte ja auf die Idee kommen, dass die UEFA und noch viel mehr die FIFA nicht gerade ein Vorbild für Compliance und gute Unternehmensführung sind, aber da drücken die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien CDU, CSU und SPD dieses Mal ein Auge zu – der guten Sache wegen. Mit der Deutschen liebstem Hobby möchte man sich nicht anlegen. Lieber eine Steueroase für Einzelne im eigenen Land schaffen, anstatt allgemeine, abstrakte und für alle gleiche Regeln zu schaffen. Das wäre viel zu kompliziert, als dass man den Versuch überhaupt machen sollte. Lieber Lyrik in den Koalitionsvertrag schreiben und fortwährend über Steueroasen in Übersee fabulieren, als sich an den eigenen Taten messen zu lassen. Wie ist der Koalitionsvertrag so schön überschrieben: Ein neuer Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, ein neuer Zusammenhalt für unser Land. Das passt.

Erstmals veröffentlich bei Tichys Einblick.

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Für einen vermeintlich kostenlosen Verleih von Lastenrädern 153.000 Euro, 378.000 Euro Kaufzuschuss für Elektro-LKW, 718.000 Euro für Kunststoffe aus Kaffeesatz, 6 Millionen Euro für staatliche Reisebüros, 120.000 Euro für nachhaltige Recyclinghöfe in der Türkei und 1,5 Millionen Euro für Züge in Indien sind nur die offensichtlichsten Beispiele für falsche staatliche Lenkungspolitik. Man muss dem Bund der Steuerzahler dankbar sein, dass er diese Beispiele jedes Jahr in seiner Aktion „Frühjahrsputz“ auflistet.

Die Steuerzahlerschützer folgen einer grundsätzlichen Kritik an der Haushaltspolitik des Bundes. Die so hoch gepriesene Schwarze Null ist bei näherem Hinsehen ein Fake und alleine den steigenden Steuereinnahmen und den sinkenden Zinsausgaben geschuldet. Zwischen 1995 und 2017 sind die Zinsausgaben von 40,2 Milliarden Euro auf 17,5 Milliarden gesunken. Und die Steuereinnahmen stiegen in der gleichen Zeit von 187,2 Milliarden Euro auf 309,3 Milliarden Euro. Da wundert es nicht, dass die Geldausgeber im Vorteil sind. In den letzten zwei Jahren sind daher die Ausgaben ohne Zinsen im Bundeshaushalt um 11 Prozent gestiegen. Da können selbst die steigenden Steuereinnahmen nicht mithalten. Die Einnahmen des Bundes sind in gleicher Zeit lediglich um 6 Prozent in die Höhe gegangen. Daher basieren die hohen Überschüsse faktisch nur auf die zurückgehenden Zinsausgaben. Dafür kann der alte Finanzminister Wolfgang Schäuble, aber auch sein Nachfolger Olaf Scholz nichts, sie sollten sich aber auch nicht dafür feiern lassen. Sie können allenfalls Dankesbriefe an die EZB senden. Doch insgeheim machen sie das bereits. Sie schimpfen nicht auf die EZB. Das sagt schon viel aus. Nicht weil sie diese nicht kritisieren dürfen, sondern weil sie ihnen hilft, vermeintliche Wohltaten zu verteilen. Die EZB macht den Staat fetter, weil sie eine Haushaltssituation vorgaukelt, die mit einer realen Zinswelt nichts zu tun hat. Her mit dem Frühjahrsputz.

Das ermöglicht den paternalistischen Staat in Vollendung. Denn man muss sich schon fragen, warum die Bundesregierung den Bürgern so sehr misstraut und so wenig in die Kreativität der Unternehmen vertraut. Verdeutlicht wird dies durch die Tatsache, dass man sich im Bundesforschungsministerium nun darauf geeinigt hat, mit 8,2 Millionen Euro ohnehin schon große und erfolgreiche Big-Player wie etwa VW, BMW, Vodafone, Nokia oder Ericsson zu fördern, um Lösungen für das sogenannte „taktil vernetzte Fahren“ zu finden. Im Kern sollen Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur digital interagieren können.

Ist das eine Aufgabe des Staates? In einer Marktwirtschaft werden Lösungen kommen, sofern sie nachgefragt und praktikabel sind. Auch ohne Forschungsministerium und staatliche Subventionen! Her mit dem Frühjahrsputz. Offenkundig wird, dass der Staat ein Ausgabenproblem hat und da helfen nur liberale Konzepte: Zurück zur marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik bei gleichzeitiger Entrümpelung im eigenen Laden, Schluss mit dem Verteilen der Goodies nach dem Gießkannenprinzip und zurück zu einer wahrhaftigen Prioritätensetzung bei den Staatsaufgaben, die letztendlich allen hilft und nicht nur den Wenigen.

Der Staat muss sich wieder auf seine Kernaufgaben beschränken. Her mit dem Frühjahrsputz. Bei all der Ineffizienz, bei all der regulatorischen Ungleichbehandlung durch den staatlichen Subventionsapparat, bei all den Marktverzerrungen, bei all den planwirtschaftlich anmutenden Verwerfungen braucht es wieder eine gesellschaftliche Generaldebatte über staatliche Kernkompetenzen! Und es braucht eine Debatte über die EZB. Sie muss ihre fatale Zinspolitik beenden. Je eher, desto besser. Her mit dem Frühjahrsputz.

Erstmals erschienen bei Tichys EInblick.

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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Die Regierungen der letzten Jahre haben zahlreiche Gesetze erlassen, um Deutschland aus ihrer Sicht umweltfreundlicher und vor allem sozial gerechter zu machen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Zeche von Mietpreisbremse, PKW-Maut und EEG zahlen überproportional die einkommensschwächeren Haushalte.

Staatliche Regulierungen sollen Verhaltensänderungen bewirken, Risiken reduzieren oder zwischen Marktteilnehmern umverteilen. Insbesondere Regulierungen, die nicht allgemeiner Natur sind wie beispielsweise die Buchführungspflicht, sondern ausgewählte Güter oder Märkte betreffen, wirken jedoch regressiv. Sie verursachen also bei Menschen mit niedrigem Einkommen relativ höhere Kosten als bei Menschen mit hohem Einkommen. Drei jüngere Beispiele regulativer Eingriffe mit regressiver Wirkung sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Pkw-Maut und die Mietpreisbremse. Der regressive Charakter vieler spezifischer Regulierungen gibt weiteren Anlass, eine zurückhaltendere Rolle des Staates im Marktprozess zu befürworten.

Spezifische Regulierungen und ihre Ziele

Güterspezifische Regulierung kann verschiedenen Zielen dienen: Sie kann darauf ausgerichtet sein, Marktversagen zu korrigieren, gesellschaftlich unerwünschte Verhaltensweisen zu sanktionieren, Risikoexponiertheit zu mindern oder Ressourcen an Bedürftige umzuverteilen. Schwer zu rechtfertigen sind hingegen Regulierungen, die weniger Wohlhabende relativ zu ihrem Einkommen stärker belasten als Wohlhabende. Das erklärte Ziel moderner Sozialstaaten ist es, Einkommen anzugleichen, statt sie zu spreizen.

Weshalb kommt es dennoch zu regressiv wirkender Regulierung? In einigen Fällen ist die regressive Wirkung vermutlich schlicht eine unintendierte Nebenfolge, in anderen Fällen ein bewusst durch einflussreiche Interessengruppen angestrebtes Ergebnis. Die Präferenzen wohlhabender Wähler werden im politischen Prozess überproportional berücksichtigt: Sie gehen öfter wählen, betreiben erfolgreicher Lobbyarbeit und politische Entscheidungsträger sind selbst oft wohlhabend und neigen dazu, die Interessen von ihnen ähnlichen Menschen stärker zu gewichten. Regulierungen mit unintendierten Nebenfolgen werden daher mit einer höheren Wahrscheinlichkeit abgewendet oder angepasst, wenn sie Wohlhabende relativ stärker belasten. Ob intendiert oder nicht, regressive Effekte sind zu erwarten.

Regulierungen der Großen Koalition

Beispiele für marktspezifische Regulierungen, die weniger Wohlhabende relativ stärker belasten, liefern jüngste Maßnahmen der Großen Koalition. In der aktuellen Legislaturperiode wurden rund 500 neue Gesetze verabschiedet. Zu den wichtigsten Eingriffen in spezifische Märkte gehören die Mietpreisbremse, die Pkw-Maut und eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Wenngleich sich Vertreter der Regierungskoalition damit brüsten, die Interessen der weniger Wohlhabenden zu vertreten, haben die genannten Regulierungen regressive Wirkungen.

Beispiel 1: Mietpreisbremse

Die 2015 in Kraft getretene Mietpreisbremse soll die in Mietverträgen vereinbarte Miethöhe auf maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete deckeln. Sie verfolgt damit ein Umverteilungsziel – von Vermietern zu Mietern. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass die Preisbremse von vielen Mietern bewusst ignoriert wird, doch in dem Maße, in dem sie greift, wirkt sie regressiv.

Als mehr oder weniger flexible zusätzliche Preisobergrenze schwächt die Mietpreisbremse die Reaktion der Angebotsseite auf den Mietanstieg ab. Steigen wie seit einigen Jahren vor allem in Ballungsgebieten die Mieten an, reduziert die Mietpreisbremse den Umfang der aufgrund des Mietanstiegs neu gebauten Wohnungen. Anstatt vornehmlich zu mietsenkenden Mengenanpassungen durch Angebotsausweitungen, kommt es mittelfristig zu einem stärkeren Preisdruck. Preisanstiegen schiebt die Mietpreisbremse jedoch einen Riegel vor. Der Preis kann also die angebotene und nachgefragte Menge an Wohnungen nicht ausgleichen.

Halten sich die Marktteilnehmer an die Regeln der Mietpreisbremse, übersteigt die Nachfrage das Angebot und viele Wohnungssuchende verbringen viele Stunden in Treppenhäusern. Dass unter vielen Bewerbern um eine Wohnung gerade diejenigen mit relativ niedrigen Einkommen zum Zuge kommen, ist unwahrscheinlich. Greift die Mietpreisbremse und werden ihre Regeln beachtet, leiden also weniger Wohlhabende unter der schleppenden Ausweitung des Wohnungsangebots, während Wohlhabende relativ günstige Wohnungen beziehen können.

Führt die Mietpreisbremse dazu, dass auch lanfgristig weniger Wohnungen angeboten werden, leiden unter höheren Mieten sowohl Wohlhabende als auch weniger Wohlhabende. Aber die weniger Wohlhabenden trifft es stärker, geben sie doch einen größeren Teil ihres Einkommens fürs Wohnen aus.

Beispiel 2: Erneuerbare-Energien-Gesetz

Das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) geht auf das Jahr 2000 zurück, wurde von der derzeitigen Regierungskoalition aber zwei Revisionen unterzogen und marginal marktkonformer ausgestaltet. Es dient dem erklärten Ziel, die Risiken des Klimawandels durch geringeren CO2-Ausstoss zu mindern und hat keine offizielle Umverteilungsfunktion. Dennoch ist die regressive Verteilungswirkung des EEG wohlbekannt.

Im Rahmen des EEG wird die private Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energieträgern subventioniert. Davon profitieren Menschen, die in förderwürdige Energiequellen investieren oder Stakeholder entsprechender Unternehmen sind – das sind tendenziell Wohlhabende. Finanziert wird die Subvention über eine von allen entrichtete Umlage auf den Strompreis, der bei Geringverdienern einen größeren Anteil der Ausgaben ausmacht als bei Wohlhabenden. Auch der nun eingeleitete Übergang von fixen Einspeisevergütungen zu Ausschreibungen beseitigt den regressiven Charakter des EEG nicht.

Die regressive Wirkung des EEG kommt auch zum Tragen, wenn dessen tatsächliche Bedeutung für den Klimaschutz bewertet wird. Im Rahmen des EU-Emissionshandels werden in Deutschland erfolgende CO2-Einsparungen durch höhere Emissionen in anderen Ländern kompensiert – eine direkte klimapolitische Wirkung hat das EEG also nicht. Das Klimawandelrisiko senkt es nur insofern, als es den Ausbau erneuerbarer Energien bis hin zur Marktreife beschleunigt und mittelfristig auch zur Verbreitung dieser auch in anderen Ländern beiträgt. Eine derart teure Maßnahme zur Risikoreduktion mag den Präferenzen wohlhabender Wähler entsprechen, würde durch weniger Wohlhabende privat aber kaum nachgefragt.

Beispiel 3: Pkw-Maut

Die vor einigen Monaten in Kraft getretene Pkw-Maut auf deutschen Fernstraßen hat viele Ökonomen enttäuscht: Statt kilometergenaue, nutzungsabhängige Gebühren zu erheben, wird lediglich die Zugangsberechtigung in Form einer Vignette bepreist. Zwar müssen ausländische Fahrer in Zukunft stärker für durch sie verursachte Kosten aufkommen und Menschen, die Fernstraßen nie nutzen, werden entlastet.

Doch innerhalb der Gruppe inländischer Fernstraßennutzer profitieren Vielfahrer auf Kosten von Wenigfahrern. Menschen mit höherem Einkommen sind im Schnitt mobiler und nutzen Autos häufiger. Würden Fernstraßen über an das tatsächliche Nutzerverhalten gekoppelte Gebühren finanziert, etwa mittels Mautstation oder GPS-Ortung, so könnte die faktische Subvention von Vielfahrern mit tendenziell höherem Einkommen durch Wenigfahrer mit niedrigerem Einkommen vermieden werden.

Unerwünschte Umverteilung vermeiden

Die Große Koalition der Jahre 2013-2017 hat wie ihre Vorgängerregierungen viele Gesetze mit dem Anspruch auf den Weg gebracht, Ressourcen an Bedürftige umzuverteilen. Doch regressiv wirkende Gütermarktregulierungen wie die Mietpreisbremse, die Pkw-Maut und das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz konterkarieren dieses Ziel.

Über regressive Verteilungswirkungen marktspezifischer Regulierungen wird selten diskutiert, doch sind sie weder überraschendes Ergebnis des demokratischen Prozesses, noch bilden sie ein zu vernachlässigendes Randphänomen. Unerwünschte Verteilungswirkungen regulativer Eingriffe sollten stärker berücksichtigt werden und der Regulierungsrahmen sollte marktkonformer sowie verteilungsneutraler gestaltet werden.

Zuerst erschienen bei IREF.

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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Subventionen verzerren das Anreizsystem des Marktes und sollten deshalb so gering wie möglich gehalten werden. Doch wenn aus politischer Sicht kein Weg um Subventionen führt, sollten es eher selektive Steuersenkungen statt Finanzhilfen sein. Allgemeine Steuersenkungen bleiben jedoch der höchste Trumpf.

Privatpersonen und Unternehmen kamen 2015 in den Genuss von rund 170 Milliarden Euro an Subventionen. Etwas mehr als ein Drittel der Subventionen erfolgte dabei in Form selektiver Steuervergünstigungen. Hinsichtlich ihrer Wohlfahrtswirkungen sind diese ambivalent: Anders als die in der Regel schädlich wirkenden direkten Finanzhilfen können selektive Steuervergünstigungen langfristig zum Abbau eines überbordenden Staatshaushalts sowie der Steuerquote beitragen. Obwohl sie ebenso wie direkte Finanzhilfen Privilegiencharakter haben, sind Steuervergünstigungen daher Finanzhilfen vorzuziehen. Wann immer möglich, sollten jedoch allgemeine Steuersenkungen erwogen werden, die anders als selektive Vergünstigungen keine Allokationsverzerrung hervorrufen.

Subventionsstaat Deutschland

Der deutsche Staat subventioniert zahlreiche Wirtschaftssektoren und gesellschaftliche Gruppen. Laut Subventionsbericht der Bundesregierung machten Subventionen 2016 etwa 0,7 % des BIP aus. Diese Zahl dürfte allerdings zu niedrig gegriffen sein. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft kommt in seinem neuesten unabhängigen Subventionsbericht, der einen breiteren Subventionsbegriff verwendet, für das Jahr 2015 auf rund 6 % des BIP – das sind fast 170 Milliarden Euro.

Etwa 64 % der Subventionen werden in Form von direkten Finanzhilfen ausgeschüttet. Die restlichen 36 % erfolgen als selektive Steuervergünstigungen, in deren Genuss privilegierte Unternehmen und Privatpersonen gelangen.

Subventionen: So gering wie möglich halten

In der sozialen Marktwirtschaft sollten Subventionen grundsätzlich so gering wie möglich ausfallen, da sie stets mit Anreizverzerrungen verbunden sind, die Verhaltensänderungen hervorrufen und so die gesellschaftliche Wohlfahrt schmälern können. Gerechtfertigt sind sie nur dann, wenn ihre Kosten durch positive Konsequenzen mehr als aufgewogen werden – etwa durch die Verwirklichung wichtiger verteilungspolitischer Ziele oder um Marktversagen zu korrigieren.

Direkte Finanzhilfen werden häufig anders bewertet als selektive Steuererleichterungen. Unter Liberalen ist die von Milton Friedman formulierte Vorstellung verbreitet, dass „Steuersenkungen immer und unter allen Umständen wünschenswert“ sind. Viele Kommentatoren auf der linken Seite des politischen Spektrums halten selektive Steuervergünstigungen dagegen – anders als ebenfalls selektiv wirkende direkte Finanzhilfen – für ein grundsätzliches Problem.

Finanzhilfen und Steuererleichterungen: Wirkung auf den Staatshaushalt unterschiedlich

Die unterschiedliche Bewertung beider Subventionsformen mag verwundern, wirken diese aus ökonomischer Sicht in erster Annäherung doch gleich. Will der Staat Ressourcen von einer Gruppe zu einer anderen Gruppe umverteilen, so ist es zunächst irrelevant, ob die Subvention in Form einer direkten Finanzhilfe oder einer selektiven Steuervergünstigung erfolgt. In beiden Fällen wird einer speziellen Gruppe ein geldwertes Privileg verschafft, das durch eine höhere Belastung anderer Gruppen – über höhere Steuern und Schulden und/oder niedrigere Transfers – finanziert werden muss. Beide Formen der Subvention können darüber hinaus allokationsverzerrend wirken, wenn sie etwa lediglich Spezialinteressen bedienen.

Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die präferierte Form der Subvention langfristig unterschiedlich auf den Staatshaushalt auswirkt. Zusätzliche direkte Finanzhilfen gehen in der Regel nicht mit Ausgabensenkungen gleicher Höhe an anderer Stelle einher und lassen tendenziell die Staatsausgaben sowie die Steuerlast wachsen. Zusätzliche selektive Steuervergünstigungen hingegen gehen in der Regel nicht mit zusätzlichen Steuereinnahmen gleicher Höhe an anderer Stelle einher und tragen so tendenziell zur Senkung der Staatsausgaben sowie der Steuerlast bei.

Allgemeine Steuersenkungen sind vorzuziehen

Niedrigere Steuereinnahmen sind begrüßenswert, denn sie gehen mit mehr direkter Kontrolle einzelner Mitgliedern der Gesellschaft über die Verwendung realer Ressourcen einher. Angesichts ihres Privilegiencharakters und der potenziell allokationsverzerrenden Wirkung sind selektive Steuervergünstigungen allerdings nur bedingt als Mittel zur Senkung der Steuerquote geeignet. Vorzuziehen wären stets allgemeine, gleichmäßig verteilte Steuersenkungen mit allokationsentzerrender Wirkung.

Beispiele Erbschaftsteuer und Pendlerpauschale

Die Erbschaftsteuer illustriert die ambivalente Rolle selektiver Steuervergünstigungen. Umfangreiche Ausnahmeregelungen für sogenannte Familienunternehmen verschaffen diesen ein Privileg und senken das Steueraufkommen und damit die Ausgaben des Staates. Die Ausnahmeregelungen bewirken darüber hinaus, dass Investments in Familienunternehmen relativ zu Investments in Nicht-Familienunternehmen, etwa Aktiengesellschaften in Streubesitz, attraktiver werden – eine Anreizverzerrung, die durch eine allgemeine Senkung der Erbschaftsteuer verringert werden könnte.

Auch die sogenannte Pendlerpauschale stellt eine selektive Steuervergünstigung dar. Für viele Arbeitnehmer ist sie ein Instrument zur Reduzierung der Steuerlast. Sie ist direkten Finanzhilfen zur Subvention des Berufsverkehrs vorzuziehen. Hinsichtlich der Wohn- und Arbeitsplatzwahl induziert sie jedoch Fehlanreize, die sich in auf Autobahnen verbrachter Lebenszeit, höherem Ressourcenverbrauch und der Notwendigkeit von Infrastruktur in entlegenen Wohnorten äußern. Würde die Pendlerpauschale durch eine aufkommensneutrale Einkommensteuersenkung ersetzt, könnten diese Fehlanreize vermieden werden.

Direkte Finanzhilfen abbauen

Allgemeine Steuersenkungen sind der Königsweg zur Senkung der Steuerquote, da sie im Gegensatz zu selektiven Steuererleichterungen eindeutig allokationsentzerrend wirken und einzelnen Gruppen keine Privilegien verschaffen. Doch auch selektive Vergünstigungen können einen Beitrag zum Abbau eines überbordenden Staatshaushalts leisten. Wo eine Abschaffung bestehender direkter Finanzhilfen nicht erzielt werden kann, ist folglich eine Umwandlung in entsprechende selektive Steuererleichterungen wünschenswert.

Zuerst erschienen bei IREF.

Photo: Jaromir Kavan from Unsplash (CC 0)

Die enge Verzahnung von Kirchen und Staat ist ein Relikt, das beseitigt werden müsste. Es ist nicht nur fraglich geworden in einem Land, das zunehmend von Religionsvielfalt und Säkularisierung geprägt ist. Auch den Kirchen täte eine Frischzellenkur gut.

Eine Serie von PR-Debakeln

Hamburg, Freiburg, Eichstätt – die drei katholischen Bistümer haben in den letzten Monaten Schlagzeilen gemacht im Zusammenhang mit dem sehr irdischen Mammon. Das Hamburger Erzbistum hat die Schließung von bis zu acht Schulen in kirchlicher Trägerschaft verkündet – ausgerechnet in sozial schwachen Gegenden. Das Erzbistum Freiburg hat jahrelang darauf „verzichtet“, Sozialversicherungsabgaben für geringfügig Beschäftigte abzuführen. Und in Eichstätt hat sich ein veritabler Krimi abgespielt: Zwei ehemalige Angestellte des Bistums befinden sich derzeit in Untersuchungshaft, weil sie in den USA rund 56 Millionen Dollar des Kirchenvermögens in dubiosen Immobilienprojekten angelegt hatten – und dabei wohl selber auch gut verdient haben.

Auch aus anderen Gründen kommen die Kirchen immer wieder in die Schlagzeilen. Etwa im Bereich des Arbeitsrechts. Da wird geschiedenen Mitarbeitern gekündigt, weil sie mit einem neuen Partner zusammenleben. Das wäre prinzipiell vielleicht noch gar nicht so problematisch, wenn man kein glühender Anhänger des „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“ ist. Allerdings sind die kirchlichen Arbeitgeber oft nicht in einer vergleichbaren Stellung wie ein Privatunternehmer. Häufig werden ihre Einrichtungen auch in erheblichem Maße durch staatliche Zuschüsse subventioniert und profitieren von staatlichen Privilegien. Umso unfairer ist es, dass sie Ausnahmen beim Arbeitsrecht machen dürfen, die einem vollständig privaten Unternehmer nicht gestattet sind.

Kirchensteuern: das Gegenteil von Großherzigkeit

Am anschaulichsten wird die Privilegierung der Kirchen bei der Kirchensteuer. Im Jahr 2016 hat die Katholische Kirche auf diesem Weg 6,15 und die Evangelische 5,45 Milliarden Euro eingenommen. Das sind inflationsbereinigt 1,3 Milliarden bzw. 600 Millionen Euro mehr als vor dreißig Jahren. Und das, obwohl in der Zeit die Katholische Kirche 2,65 Millionen Mitglieder verloren hat und die Evangelische 3,49 Millionen. Die schieren Zahlen sind sehr eindrucksvoll. Nun muss man der Fairness halber sagen, dass das Verschwinden von Millionen in dubiosen Immobilien in Miami und Minneapolis nicht der Regelfall ist. Und auch die goldene Badewanne des ehemaligen Bischofs von Limburg ist keine übliche Investition in Kirchenkreisen. Ein erheblicher Teil des Geldes wird auch durchaus begrüßenswerten Zwecken zugeführt.

Dennoch ist die Kirchensteuer ein Problem. Anders als bei einer Spende an eine wohltätige Vereinigung hat der Steuerzahler keine Kontrolle über die Mittelverwendung. Es fehlt auch an einer bewussten Entscheidung, so dass er das Geld eher missvergnügt verschwinden sehen wird als es mit frohem Herzen und echter Großzügigkeit zu verschenken. Aus religiöser Sicht ist das größte Problem, dass der Ärger über die Kirchensteuer viele zum Kirchenaustritt führt. Theologisch gesehen ist der Austritt aus einer Kirche freilich nicht ein Verwaltungsakt, sondern kann eigentlich nur durch eine bewusste und dauerhafte Entscheidung des Menschen gegen Gott geschehen. Es grenzt aus theologischer Sicht an eine Perversion, dass die deutschen katholischen Bischöfe die Weigerung, die Kirchensteuer zu bezahlen, wie eine Entscheidung gegen Kirche und damit gegen Gott behandeln. So treibt man die Menschen erst recht aus der Kirche.

Kirchen und Staat: Zeit für den Einstieg in den Ausstieg

Es wäre unsinnig bis unmöglich, die vielfachen Verquickungen von Staat und Kirche von heute auf morgen zu lösen. Allerdings sollten sich beide Seiten – politische und kirchliche Akteure – darauf einstellen, dieses Relikt des 19. Jahrhunderts schrittweise abzubauen und perspektivisch ganz zu beseitigen. In dem Zusammenhang wäre es angebracht, darüber nachzudenken, wie etwa das Steuerrecht so gestaltet werden kann, dass Geldzuwendungen für kirchliche Aufgaben, die andernfalls vom Staat übernommen werden müssten, noch viel stärker privilegiert werden. Wobei dann freilich auch Waldorf-Schulen, islamische Wohltätigkeitsvereine und private Kältebusse für Obdachlose die gleichen Privilegien genießen sollten.

Die Hamburger Katholiken planen gerade genossenschaftliche Lösungen zum Erhalt der Schulen, die das Bistum schließen möchte. Die orthodoxe Kirche, viele evangelische Freikirchen und die allermeisten nichtchristlichen Gemeinschaften in Deutschland erheben keine Kirchensteuern. In den allermeisten Ländern der Welt leben die Kirchen einzig und allein von Spenden und Engagement ihrer Gläubigen. Diese aktive Einbindung anstelle der zwangsweisen Verpflichtung kann übrigens ganz erstaunliche Kräfte freisetzen und ein ganz neues Gefühl der Verantwortlichkeit und Loyalität gegenüber der Religionsgemeinschaft erzeugen. Ein Ausstieg aus der engen Verflechtung von Kirchen und Staat ist nicht nur angemessen wegen der abnehmenden Bedeutung der Kirchen in unserem Land, sondern kann auch aus kirchlicher Sicht eine echte Chance der Erneuerung sein. Das hat schon der ehemalige Papst Benedikt erkannt, als er – zum Entsetzen der versammelten Berufskatholiken Deutschlands – in einer Rede im September 2011 in Freiburg feststellte:

Die Geschichte kommt der Kirche in gewisser Weise durch die verschiedenen Epochen der Säkularisierung zur Hilfe, die zu ihrer Läuterung und inneren Reform wesentlich beigetragen haben. Die Säkularisierungen – sei es die Enteignung von Kirchengütern, sei es die Streichung von Privilegien oder ähnliches – bedeuteten nämlich jedesmal eine tiefgreifende Entweltlichung der Kirche, die sich dabei gleichsam ihres weltlichen Reichtums entblößt und wieder ganz ihre weltliche Armut annimmt.