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Die Digitalindustrie wird von US-amerikanischen Konzernen dominiert, Europa hinkt weit hinterher. Eine europäische Digitalsteuer sollte für mehr Gerechtigkeit sorgen. Doch es regt sich Widerstand. Zu Recht.

Digitalsteuer: Der Wind scheint sich zu drehen

Noch vor kurzem galt die Einführung einer europäischen Steuer auf digitale Dienstleistungen (Digital Service Tax, kurz DST) als sicher. Bis zu 5 Milliarden Euro sollten dem europäischen Haushalt jährlich durch die Digitalsteuer zufließen. So plante die EU eine Bruttoumsatzsteuer in Höhe von 3% für Digitalunternehmen mit mindestens 50 Millionen Euro Umsatz in Europa und gleichzeitig 750 Millionen Euro weltweit. Eine fundamentale Erneuerung des Steuerregimes: Steuern würden nicht mehr dort anfallen, wo Unternehmen physisch tatsächlich präsent sind, sondern in jenen Ländern, in denen sich die digitalen Nutzer aufhalten.  Mittlerweile scheint sich der Wind jedoch zu drehen. Nach anfänglicher Begeisterung auch auf deutscher Seite, scheint sich zumindest die Bundesregierung von der Idee der DST abzuwenden.

Das ist ein gutes Zeichen in Zeiten, in denen Handelskriege und von nationalen Eitelkeiten geleitete Handelspolitik wieder en vogue zu werden scheint. Ihre Befürworter begründen die DST nämlich vor allem mit einer scheinbaren Steuerungerechtigkeit durch amerikanische Technologiekonzerne. So würden amerikanische Internetunternehmen zwar von europäischen Kunden profitieren, aber keine entsprechenden Steuern zahlen. Und tatsächlich schätzt die EU, dass in etwa die Hälfte der betroffenen Konzerne ihren Sitz in den Vereinigten Staaten haben würden: Technologiegiganten wie Google, Facebook und Amazon.  Das ist nichts anderes als Handelspolitik aus dem 17. Jahrhundert auf Kosten der Verbraucher.

Der wahre Verlierer: Der Konsument

Unabhängig davon, wie eine europäische Digitalsteuer am Ende tatsächlich aussehen könnte, würde sie vor allem auch die sogenannte „Sharing Economy“ treffen. Die Digitalisierung ermöglicht es Menschen aus aller Welt, Besitz ressourcenschonend zu teilen. Es ist heute nicht mehr notwendig ein eigenes Auto, eine eigene Ferienwohnung oder eine gigantische CD- oder DVD-Sammlung zu besitzen. Man nutzt und zahlt auch nur, was man wirklich braucht, und dieses Prinzip ist aus den Leben vieler Europäer nicht mehr wegzudenken. Einer Studie von PwC zufolge nutzen bereits 40 % der Deutschen regelmäßig Angebote der Sharing Economy. Und der Markt wächst exponentiell, könnte sich in den nächsten 10 Jahren gar verzwanzigfachen. Bereits heute stehen den 1 Millionen Hotelzimmern in Italien 190.000 Airbnb-Unterkünfte entgegen. Und in den Niederlanden erreichen digitale Fahrdienstleister mit 1,8 Millionen Nutzern im Jahr 2018 bereits eine Marktdurchdringung von über 10 %.

Davon profitieren vor allem die Konsumenten, für die sowohl niedrigere Preise als auch Ressourcenschonung ausschlaggebend sind. Aber auch die Bedeutung für kleine und mittlere Unternehmen ist nicht zu unterschätzen. Viele könnten ohne die neuen Plattformen im Wettbewerb mit etablierten Branchengrößen nicht existieren. Und gerade kleine Startups nutzen selbst häufig die Dienste der Sharing Economy. Wie jede andere Umsatzsteuer, würde auch die europäische Digitalsteuer direkt an den Endkunden weitergereicht werden. Die kolportieren 5 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinkünften gingen am Ende wieder einmal mehrheitlich zu Lasten der Konsumenten. Und zu Lasten des Digital-Standortes Europa, der sich schon seit Jahren mit Verboten und Innovationsfeindlichkeit lächerlich und damit zum Abstellgleis der Prä-Digitalisierung macht.

Der neue digitaler Nationalismus

Und das ist des Pudels wahrer Kern: Die europäische Digitalsteuer wirkt wie ein verzweifelter Versuch, den in der Digitalisierung enteilten Amerikanern etwas entgegenzusetzen. Es ist vielen europäischen Entscheidungsträgern ein Dorn im Auge, dass US-amerikanische Unternehmen in nahezu allen digitalen Geschäftsfeldern die Nase weit vorn haben. Erst jüngst verkündete ARD-Chef Ulrich Wilhelm seine Idee eines „europäischen Youtube“, das, getragen von europäischen Medienhäusern, ein Gegengewicht zur amerikanischen Alphabet-Tochter schaffen soll. Wilhelm sieht dabei Parallelen zur Gründung des Flugzeugbauers Airbus, der ein europäisches Gegengewicht zum früher unangefochtenen Weltmarktführer Boeing bildet.

Sowohl die steten Forderungen nach europäischen Versionen erfolgreicher amerikanischer Plattformen als auch im besonderen die Digitalsteuer zeigen vor allem eins: Die europäischen Entscheidungsträger sind weit davon entfernt die Digitalwirtschaft zu verstehen. Mal eben das europäische Steuermodell auf den Kopf zu stellen und dabei die ohnehin fragilen transatlantischen Beziehungen weiter zu belasten, nur um den amerikanischen Internetkonzernen eins auszwischen? Das wirkt genau so verzweifelt wie der rückständige digitale Nationalismus von Wilhelm und Co.

Innovation statt Kopieren und Besteuern

Derweil bietet die Digitalwirtschaft einen gigantischen Vorteil für Europa. Anders als die klassische Industrie mit Ihren Fahrzeug-Fabriken und Stahlhütten, ist sie flexibel und innovationsfreundlich. Wer eine gute Idee hat, kann diese innerhalb kürzester Zeit auf der ganzen Welt vermarkten – die richtigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt. Dafür muss das Rad nicht neu erfunden werden wie das derzeit erfolgreichste europäische Sharing Economy-Unternehmen „Transferwise“ zeigt, das den Markt für internationale Überweisungen auf simple Art revolutioniert hat.  Aufholen ist möglich. Aber nicht durch Kopieren und Besteuern, sondern durch die Schaffung von investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen.

 Dieser Artikel erscheint in Zusammenarbeit mit „Americans for Tax Reform“. Co-Autor: Andreas Hellmann.

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Eigentlich ist man sich von Regierung bis Opposition einig: Das Kindergeld für Ausländer, deren Kinder im Heimatland leben, muss nach den dortigen Lebenshaltungskosten indexiert werden, also möglichst reduziert werden. Denn es sei doch ungerecht, dass das Kindergeld in gleicher Höhe auch im Ausland ausgezahlt würde, obwohl dort die Lebenshaltungskosten erheblich niedriger seien. Das ist zwar in Stralsund im Vergleich zu München auch so, aber die Forderung ist populär, insbesondere wenn mögliche Betrugsfälle in Südosteuropa öffentlich werden. Letztere müssen natürlich geahndet und verfolgt werden, dennoch sollte man das Kindergeld nicht gleich mit dem Bade ausschütten. Denn die Zahlen sind sehr überschaubar. Im Juni dieses Jahres wurde für 15,29 Millionen Kinder Kindergeld ausgezahlt. Davon beziehen Eltern von 268.336 Kindern, die im europäischen Ausland leben, Kindergeld, also 1,8 Prozent.

Erwerbstätige im Inland, egal ob Ausländer oder Inländer, sind in der Regel unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben und hier arbeiten. Übersteigt die Steuerersparnis aus dem Kinderfreibetrag das Kindergeld, wird dieses vom Finanzamt verrechnet. Ist der Steuervorteil geringer als das Kindergeld, dann kommt das Kindergeld voll zum Tragen. Das Kindergeld ist in seiner Wirkung also eigentlich eine negative Einkommensteuer. Es kann auch nicht beliebig eingeschränkt werden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat lediglich den Teil des Kindergeldes als disponibel dargestellt, der das steuerliche Existenzminimum übersteigt. Alles andere ist verfassungsrechtlich geschützt.

Indexiert man das Kindergeld für Ausländer, deren Kinder im Ausland leben, an den dortigen Lebenshaltungskosten, dann diskriminiert man nicht nur diese steuerlich, sondern verkompliziert das Steuerrecht erheblich und kommt zusätzlich noch mit den Vorgaben des Verfassungsgerichts in Konflikt.

Diese negative Einkommensteuer ist auch nicht bedingungslos, sondern setzt an der Erwerbstätigkeit an. Diejenigen, die Sozialleistungen beziehen, müssen sich das Kindergeld anrechnen lassen.  Allein in 2017 waren dies 4,9 Milliarden Euro.

Der ehemalige britische Premier David Cameron hatte vor der Brexit-Entscheidung auf europäischer Ebene durchgesetzt, dass Sozialleistungen für EU-Ausländer eingeschränkt werden können. Das war sicherlich seine größte Leistung. Er wollte dies zwar erstmal nur den Briten bei einem Verbleib in der EU anbieten. Die übrigen EU-Staaten haben dann aber nach einem ersten Grummeln diese Regelung auch für sich angewandt. Personen, die kein materielles Aufenthaltsrecht nach dem europäischen Freizügigkeitsgesetz besitzen, haben auch in Deutschland keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Das Gesetz sieht vor, dass Ausländer erst nach fünf Jahren einen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende oder auf Sozialhilfe haben.

Unabhängig von der ungelösten Migrations- und Flüchtlingsfrage sind innerhalb der Europäischen Union damit die Anreize gemildert worden, die Sozialsysteme des anderen Landes durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa zu schröpfen. Wer die Hand an das Kindergeld legt, sollte das wissen. Statt derlei Schattengefechte auszukämpfen, sollten sich die Verantwortlichen besser darum bemühen, ein nachhaltiges und kluges Einwanderungsgesetz zu erarbeiten. Die Einsparungen, die sich durch ein indexiertes Kindergeld ergäben, sind Peanuts im Vergleich zu den Chancen, die eine Migrationspolitik bieten würde, die Arbeitgebern und Ausbildern bei ihrer händeringenden Suche nach Arbeitnehmern Verlässlichkeit und Flexibilität ermöglicht.

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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.

Inflationsbereinigt hat der Staat im Jahr 2016 so viele Steuern pro Kopf eingenommen wie noch nie. Trotzdem klagen viele Menschen über schlechte öffentliche Sicherheit, Altersarmut und eine marode Infrastruktur. Doch an der Einnahmenseite kann es kaum liegen. Das Problem sind öffentliche Verschwendung von Steuergeldern. Während private Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, können staatliche Institutionen prinzipiell unbegrenzt Geld verbrennen.

Der deutsche Staat nahm 2016 pro Kopf über 8.500 Euro Steuern ein. Damit liegen die Steuereinnahmen nach Berücksichtigung der Inflation höher als je zuvor. Während die realen Steuereinnahmen pro Person von 1989 bis 2010 leicht um den Wert von 7.000 Euro schwankten, stiegen sie über einen Zeitraum von nur sechs Jahren um über 20 % an. Passend dazu berichtet die FAZ via Spiegel jüngst von 14 Milliarden Euro „zu hoher“ Einnahmen des Bundes für 2017. Angesichts dieser Entwicklung liegt es nahe, den Grund für als unzureichend wahrgenommene staatliche Leistungen nicht bei zu niedrigen Steuereinnahmen und mit ihnen einhergehenden Ausgaben zu suchen, sondern bei der Verwendung staatlicher Mittel. Steuersenkungen könnten die für einen effektiveren Einsatz von Ressourcen notwendige Selbstbeschränkung der Vertreter des Staates sein.

Steuereinnahmen pro Person 2016: 8.500 Euro

Die Steuereinnahmen des Staates sprudelten in den vergangenen Jahren. Seit 2009 sammelte der deutsche Staat von Jahr zu Jahr real pro Person mehr Steuermittel ein.

Die Daten berücksichtigen Veränderungen des Preisniveaus und lassen sich somit über die Zeit vergleichen. Über den Zeitraum von 1960 bis 2016 verdreifachten sich nicht nur die Steuereinnahmen pro Person, sondern auch das Bruttoinlandsprodukt pro Person. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Steuerquote über diesen Zeitraum in etwa konstant blieb.

Der deutliche Anstieg der Steuereinnahmen pro Kopf seit 2009 rührt vor allem aus dem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes her, der durch progressive Steuern wie die Einkommensteuer auch einen Anstieg der Steuerquote nach sich zog.

Diese Betrachtung lässt Einnahmen aus den Beiträgen zu den Sozialversicherungen ebenso unberücksichtigt wie Einnahmen aus Abgaben an den Staat. Der Anstieg der Beiträge zu den Sozialversicherungen ist dafür verantwortlich, dass die alle Einnahmen des Staates umfassende Abgabenquote seit 1960 von 33,4 % auf über 39 % stieg.

Nicht die Höhe zählt, sondern die Verwendung

Dem Staat fehlt es gewiss nicht an Einnahmen. Das spiegelt sich auch im Ausgabeverhalten des Staates in den vergangenen Jahren wider. Denn mit den Steuereinnahmen legten auch die Ausgaben des Staates deutlich zu. Auch die Diskussion um die schwarze Null weist darauf hin, dass sich Staatseinnahmen und Staatsausgaben in den letzten Jahren in etwa im Gleichschritt miteinander bewegten. Dabei verringerte das niedrige Zinsniveaus seit der Finanzkrise die Last des Schuldendienstes des Staates und trug dazu bei, dass zusätzliche Mittel auf andere Aufgabenbereiche verwandt werden konnten.

Trotz der seit 2009 deutlich höheren Einnahmen und Ausgaben lassen die heutigen Leistungen des Staates in den Augen vieler Beobachter zu wünschen übrig. Kritik wird unter anderem an unzureichender öffentlicher Sicherheit, maroden Schulen, zerfallender Infrastruktur, einem überforderten Justizwesen, weit verbreiteter Kinderarmut und zunehmender Altersarmut geübt.

Eine scheinbare Lösung für ausgemachte Missstände ist schnell formuliert. Der Staat solle mehr Mittel für Sicherheit, Schulen, den Bau von Straßen, die Justiz, Familien und Rentner bereitstellen.

Wie soeben gesehen, nimmt der Staat heute allerdings mehr Mittel ein und gibt sie wieder aus als je zuvor. Es könnte zielführender sein, nicht die Höhe der vom Staat für gewisse Aufgaben aufgewandten Mittel auf den Prüfstand zu stellen, sondern die Verwendung der Mittel.

Kosten staatlicher Aktivität: Was hätte sein können

Wie andere Akteure auch, hat der Staat durch den Einsatz seiner finanziellen Mittel einen Einfluss auf die Verwendung realer Ressourcen. Der noch nicht für den Flugbetrieb bereite Flughafen Berlin Brandenburg soll hier als Beispiel dienen. Der Mitteleinsatz des Staates führte dazu, dass tausende Arbeitsstunden von Ingenieuren, Architekten, Bauarbeitern und Stadtplanern sowie tausende Tonnen Baumaterial wie Stahl und Zement in den Bau des Flughafens flossen. In Abwesenheit des BER-Bauprojektes wären diese Ressourcen allesamt auf andere Projekte verwandt worden. Die Kosten des BER belaufen sich auf die Nicht-Realisierung dieser unsichtbaren alternativen Projekte.

Die in den BER geflossenen Ressourcen hätten effektiver eingesetzt werden können, beispielsweise für den Bau eines betriebsbereiten Flughafens oder zusätzliche Wohngebäude in Berlin. Der Fall des BER illustriert einen vom Staat herbeigeführten fraglichen Einsatz von Ressourcen besonders anschaulich, wie auch die vom Bund der Steuerzahler alljährlich zusammengetragenen Fälle.

Staat: Kein Wettbewerb, keine Reallokationen von Ressourcen

In der Regel bleibt der ineffiziente Ressourceneinsatz durch den Staat der Öffentlichkeit und häufig auch politischen Entscheidungsträgern jedoch verborgen. Private Unternehmen werden auf Märkten vom ineffizienten Einsatz realer Ressourcen abgehalten, indem sie verschwinden. Air Berlin beispielsweise wird zukünftig keine Arbeitszeit, Flugzeuge, Sprit oder Landeslots mehr an sich binden. Die Ressourcen können anderswo effektiver eingesetz werden. Verantwortlich dafür sind auch die Entscheidungen der potentiellen Kunden von Air Berlin, die dazu beitrugen, dass die Einnahmen Air Berlins die Ausgaben nicht deckten.

In der politischen Sphäre wird der ineffiziente Einsatz von Ressourcen nicht durch das Verschwindenen misswirtschaftender Organisationen verhindert. Ineffiziente Schulen und Universitäten verschwinden nicht, zu teure Polizeidienststellen werden nicht aufgrund überlegener Wettbewerber geschlossen, erfolglose Verkehrsministerien enden nicht in der Insolvenz, verschwenderische Staatsanwaltschaften verlieren ihre Finanzierung nicht und ineffektive Jugendämter werden nicht abgewickelt. Ineffiziente staatliche Organisationen bestehen in der Regel fort und binden weiterhin reale Ressourcen an sich, die woanders eingesetzt werden könnten.

Niedrigere Steuern: Effizienzsteigernde Selbstbeschränkung

Gerade weil in der politischen Sphäre Akteure kein direktes Feedback durch erzielte Gewinne oder erlittene Verluste erhalten, sollte die Verwendung von Ressourcen dort stets explizit auf dem Prüfstand stehen. Genügt eine staatliche Leistung den Ansprüchen nicht, sollte nicht der Ruf nach dem Einsatz zusätzlicher Ressourcen folgen, sondern eine kritische Betrachtung des bereits erfolgenden Ressourceneinsatzes.

Allzu hoffnungsvoll sollte man diesbezüglich allerdings nicht sein. Niemand – Vertreter des Staates eingeschlossen – ist sonderlich geneigt, bei der Analyse der eigenen beruflichen Aktivitäten zum Schluss zu kommen, dass sie eingestellt werden sollten. Im Falle privater Unternehmen wiegen derartige Befindlichkeiten nicht sonderlich schwer. Findet sich niemand, der als Kunde oder Geldgeber freiwillig den Fortbestand eines Unternehmens sicherstellt, verschwindet es – es sei denn, der Staat springt ein. In der politischen Sphäre werden Organisationen jedoch nicht durch freiwillige Zahlungen finanziert, sondern vornehmlich durch Steuereinnahmen.

Den Steuerzahlern bleibt, sich für eine niedrigere Steuerlast und so niedrigere Steuereinnahmen einzusetzen, aus der sich für sie potentiell zwei positive Konsequenzen ergeben. Erstens, niedrigere Steuereinnahmen lassen den Steuerzahlern mehr direkte Kontrolle über die Verwendung realer Ressourcen, die sie aus den angeführten Gründen tendenziell wirkungsvoller einsetzen. Zweitens, nimmt der Staat keine zusätzlichen Schulden auf, zwingen niedrigere Steuereinnahmen ihn dazu, die Kontrolle über den Einsatz einiger Ressourcen aufzugeben. Dabei sollte es in einem von Korruption nicht allzu sehr geplagten Staat wie Deutschland gerade die nutzlosesten unter den staatlichen Aktivitäten treffen und so zu einem insgesamt effektiveren Einsatz von Ressourcen kommen.

Zuerst erschienen bei IREF.

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Man kann der EU-Kommission nicht mangelnde Kreativität unterstellen. Zumindest was ihr Ziel betrifft, endlich eine eigene Steuer erheben zu dürfen, ist sie unendlich ideenreich. Seit vielen Jahren versucht sie es und macht es sehr geschickt. Denn es ist ja nicht populär, Steuern zu erheben. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um völlig neue Steuern handelt.

Zu Beginn der Finanzkrise schlug die Kommission vor, eine Finanztransaktionsteuer in der EU zu erheben. Alles schimpfte damals auf die ach so unbelehrbaren Banken. Da lag es sehr nahe, diese über eine Art Umsatzsteuer vermeintlich zu belasten. Bis heute ist sie zum Glück nicht realisiert, da deren Erhebung zu komplex ist, sie die Ursachen der Finanzkrise nicht beseitigen und die Altersvorsorge der Menschen belasten würde.

Jetzt startet die Kommission einen neuen Versuch, ihre Eigenmittel zu erhöhen. Mit dem Austritt der Briten aus der EU klafft eh eine Einnahmelücke in Milliardenhöhe, und der Druck auf die Ausgaben ist hoch. Da liegt es doch nahe, die eigenen Einnahmen zu erhöhen. Alleine über die Zölle kann die Kommission derzeit die Höhe ihrer Einnahmen bestimmen, der Rest wird ihr durch die Mitgliedsstaaten zugewiesen. Vielleicht ist das auch der Grund wieso die EU beim Abbau der Zölle nicht gerade internationaler Vorreiter ist. Der Kommission in Brüssel ist halt das Hemd näher als der Rock.

Über den künftigen mehrjährigen Finanzplan wird gerade intensiv verhandelt. Den Druck aus dem Kessel könnte daher eine populäre Steuer nehmen, die direkt in den EU-Haushalt fließt. Und schon ist die Plastik-Steuer auf dem Präsentierteller. Auf den Weltmeeren schwimmen Tonnen von Plastikmüll, die einfach so ins Meer geworfen werden. Fische und andere Meerestiere nehmen den Müll auf, und er wandert schließlich auch noch über die Nahrungskette in unsere Lebensmittel. Das ist ohne Zweifel ein wirkliches und drängendes Problem.

EU-Vizekommissionspräsident Jyrki Katainen schlägt daher für die Kommission vor, zehn Einwegprodukte zu verbieten, die seiner Aussage nach 70 Prozent alle Abfälle im Meer verursachten. Ob das den Fischen im Pazifik oder Indischen Ozean hilft? EU-Kommissar Oettinger will erreichen, dass die EU-Länder, die nicht eine Recyclingquote von mindestens 80 Prozent erreichen, für jedes Kilo eines nicht wiederverwerteten Kunststoffs 80 Cent an die EU zahlen müssen. Ein Trinkhalm müsse ja nicht aus Plastik sein, so der Schwabe. Oettinger erhofft sich rund 4 bis 8 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen der EU. Damit hätte er als zuständiger Haushaltskommissar einen Großteil seiner Haushaltsprobleme gelöst. Doch bei all dieser fiskalischen Akribie ist es schon notwendig, den Vorschlag insgesamt einmal zu bewerten.

Unter den 10 größten Verschmutzern der Ozeane mit Plastikmüll ist kein einziges Land der EU. Auf Platz 1 steht China, gefolgt von Indonesien, den Philippinen und Vietnam. Dass heimischer Plastikmüll über die Werra, Weser und die Nordsee in den Atlantik gespült wird, ist eher unwahrscheinlich. Und dass Plastikmüll aus Österreich über die Donau, das Schwarze Meer und das Mittelmeer in den Atlantik gelangt ebenfalls. Noch unwahrscheinlicher ist es, wenn ein Luxemburger seinen Plastikmüll einfach in die Landschaft schmeißt, dass dieser im Ozean landet.

Ist die Müllentsorgung überhaupt eine Aufgabe der EU? Es wäre vielleicht der Fall, wenn Müll aus einem Land in ein anderes Land der EU gekippt würde. Das Problem scheint nicht zu existieren. In Deutschland herrscht ein sehr ausgeklügeltes System der Mülltrennung – vom Dosenpfand bis zum Grünen Punkt ist alles geregelt. Über den Sinn und Unsinn der Trennung in Deutschland in zahlreiche Müllfraktionen macht man sich auf der ganzen Welt lustig. Aber so sind wir halt. Die Wiederverwertungsquoten sind hoch und die thermischen Verbrennungsanlagen entsprechen dem Stand der Technik. Gibt es überhaupt einen Handlungsbedarf? Auf nationaler und insbesondere auf europäischer Ebene sicherlich nicht.

In Ländern, wo die Meere mit Plastikmüll verschmutzt werden, fehlt es an einem ausreichenden Schutz des Eigentums. Nur wer rechtssicher Eigentum erwerben und behalten kann, hegt und pflegt dieses, auch über Generationen hinaus. Der Hotelbesitzer am Strand hat ein Interesse, seinen Strand von Müll sauber zu halten. Der Fischer an der Küste hat generell ein Interesse an sauberen Fanggründen und der Landwirt möchte nicht, dass seine Äcker und die angrenzenden Bäche vollgemüllt werden. Sie alle haben auch kein Interesse daran, dass andere Plastikmüll auf offener See verklappen. Rational unterstützen sie deshalb Parteien und Regierungen in ihrem Land, die ihre Lebensgrundlagen erhalten und gegen Umweltsünder vorgehen. Daher sind Demokratie, Rechtsstaat und die Marktwirtschaft tragende Säulen dieses Eigentumsschutzes.

Wenn es nur darum geht, möglichst schnell sein Grund und Boden auszubeuten, weil man nicht gewiss sein kann, dass es einem noch übermorgen gehört, landet man unweigerlich in der verantwortungslosen Gesellschaft. Dort muss man keine Rücksicht darauf nehmen, was später passiert. Grund und Boden und mittelbar dann auch die Meere können erst zum Opfer der „Tragik der Allmende“ werden, wenn Verantwortungslosigkeit herrscht. Wer die Weltmeere retten will, muss daher das Eigentum schützen.

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus. 

Der Bundesbankgewinn wird zunehmend zum Politikum. Der Bund nutzt die Einnahmen mittlerweile wie eine Steuereinnahme. Doch der Gewinn einer Notenbank ist kein herrkömmlicher Gewinn, denn Geldschöpfung ist kein produktiver Akt. Der Überschuss führt dazu, dass die Geldmenge ausgeweitet wird. Nachhaltiger und transparenter für die Bürgerinnen und Bürger wäre deshalb, wenn die Bundesbank den Gewinn direkt vernichten würde.

Als im Frühjahr 2017 der Bundesbankpräsident Jens Weidmann einen merklich niedrigeren Gewinn der Bundesbank für das Jahr 2016 verkündete, wurde dieser Umstand in den Medien sehr bedauert. Auch Finanzminister Schäuble zeigte sich nicht gerade begeistert. Laut Bundesbankgesetz ist der Gewinn der deutschen Zentralbank an den Bund abzuführen. Ein hoher Gewinn der Bundesbank scheint erstrebenswert zu sein, trägt dieser doch zur Finanzierung staatlicher Leistungen bei. Da durch den Transfer der Geldeinheiten von der Zentralbank an den Bund kein realer Wert geschaffen wird, ist die Vorteilhaftigkeit für den Bürger jedoch fraglich.

Bundesbankgewinne: Entstehung

Wie auch andere Unternehmungen erzielen Zentralbanken Umsätze mit den Gütern und Dienstleistungen, die sie ihren Kunden zur Verfügung stellen. Zentralbanken stellen das Gut „allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel“ bereit – wir nennen es Geld. Direkt kommen Zentralbanken nicht mit ihren Endkunden, den Haltern und Nutzern des Geldes, in Kontakt, sondern mit Geschäftsbanken, die das Geld weiterreichen.

Zentralbanken vergeben an Geschäftsbanken Kredite. Im Gegenzug hinterlegen diese Sicherheiten und zahlen Zinsen an die Zentralbanken. Die Zinseinnahmen der Zentralbanken aus diesen Krediten und Zinsen auf andere von ihnen gehaltene Vermögenswerte sind ihre Haupteinnahmequelle. Im Jahr 2016 beliefen sich die Einnahmen der Deutschen Bundesbank aus Zinsen auf ca. 3,7 Milliarden Euro.

Die Kosten für die Bereitstellung einer zusätzlichen Einheit Geld belaufen sich für eine Zentralbank, die nicht durch reale Vermögenswerte gedecktes Geld ausgibt, auf etwa null. Eine mit einem Monopol auf die Notenausgabe ausgestattete Zentralbank ist also in der komfortablen Situation, durch die Ausgabe zusätzlichen Geldes Einnahmen zu erzielen, während ihre Grenzkosten für die Notenausgabe nahe null sind. Historisch haben die potentiell hohen Gewinne monopolistischer Geldproduktion schon früh Begehrlichkeiten bei Vertretern des Staates geweckt.

In Deutschland entstehen Zentralbankgewinne nicht nur bei der Bundesbank. Die Bundesbank ist Teil des Systems der europäischen Zentralbanken. In diesem System werden Aufgaben zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken aufgeteilt. Einige Geschäfte und die damit verbundenen Einnahmen fallen in den Bereich der nationalen Zentralbanken, andere fallen in den der EZB. Der größte Teil der konventionellen und unkonventionellen Geldpolitik wird von den nationalen Notenbanken abgewickelt, daher sind deren Einnahmen auch ergiebiger als die der EZB. So kaufen und halten nationale Notenbanken im Rahmen der unkonventionellen Geldpolitik 92% der Wertpapiere. Über den Gewinn, den die nationalen Zentralbanken erwirtschaften, können sie unmittelbar verfügen. Der Gewinn der EZB wird nach einem festen Schlüssel auf die nationalen Zentralbanken verteilt. So speist sich der jährlich überwiesene Bundesbankgewinn an den Bund aus den direkten Gewinnen der Bundesbank und ihrem Anteil am Gewinn der EZB.

Auszahlung an den Bund erhöht Geldmenge

Schüttet die Deutsche Bundesbank Gewinne an den Bund aus, erhöht sich die umlaufende Geldmenge. Dadurch verlieren alle bereits umlaufenden Euro etwas an Kaufkraft. Mehr Geldeinheiten jagen dieselbe Anzahl von Gütern. Es kann zu einem Anstieg des Preisniveaus kommen.

Die potentiell expansive Wirkung der Ausschüttung des Bundesbankgewinns an die Bundesregierung ist bekannt. So wurde 1984 der Gewinn der Bundesbank nur ratenweise ausgezahlt, damit die Bundesbank die zusätzlich entstandene Geldmenge besser an anderer Stelle wieder „einsammeln“ konnte.

Ausschüttung erhöht Einfluss des Bundes

Obwohl der Begriff Zentralbankgewinn den Eindruck vermittelt, durch die Ausschüttung werde etwas „gewonnen“, wird durch den Transfer kein Wert geschaffen. Es wird nichts produziert, wenn die Bundesbank die Mittel an den Bund überträgt. Es stehen somit keine zusätzlichen Güter und Dienstleistungen bereit.

Durch die Ausschüttung des Gewinns der Bundesbank an den Bund wird jedoch zusätzliche Kaufkraft an den Bund übertragen. Der Bund hat somit relativ zu privaten Haushalten und anderen staatlichen Einrichtungen durch die Ausschüttungen mehr Einfluss auf die Verwendung von Ressourcen hierzulande.

Der Bund könnte dem entgegenwirken, indem er auf Steuereinnahmen oder Neuverschuldung im Umfang des Bundesbankgewinns verzichtet. Eine derartige Zurückhaltung war in den letzten Jahrzehnten allerdings nicht wahrzunehmen. Vielmehr werden die Gewinnausschüttungen von der Bundesregierung anscheinend schlicht als zusätzliche Steuereinnahmen wahrgenommen.

Mehr Staatseinfluss nicht wünschenswert

Zum einen sollte die Höhe des Gewinns der Bundesbank den Einfluss des Bundes auf die Ressourcenverwendung nicht beeinflussen, weil das Ausmaß (bundes)staatlicher Aktivität Resultat des demokratischen Prozesses sein sollte, der auch eine transparente Darlegung der Finanzierung staatlicher Aktivität ermöglicht.

Zum anderen ist ein durch den Bundesbankgewinn determinierter zusätzlicher Einfluss des Bundes aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive nicht wünschenswert, weil auch der deutsche Staat nicht gerade bekannt dafür ist, Ressourcen außerhalb seiner Kernaufgaben effizienter einzusetzen als private Akteure. Das ist nicht sonderlich überraschend. Private Akteure haben einen Anreiz, mit Ressourcen sorgsam umzugehen, da sie im Erfolgsfall Gewinne erzielen und bei Misserfolg Verluste erleiden. Politiker und Angestellte des Staates hingegen müssen in der Regel negative Konsequenzen nicht selbst tragen und profitieren materiell nicht von Erfolgen.

Bundesbankgewinn vernichten

Würde die Bundesbank den Jahresgewinn nicht an den Bund überweisen, sondern den Gewinn schlicht „vernichten“, würden alle Halter von Geld davon profitieren. Der Wert der gehaltenen Banknoten würde in diesem Fall nicht durch die zusätzlichen Euros geschmälert und der bundesstaatliche Einfluss auf die Verwendung von Ressourcen nicht ausgeweitet..

Liefe in Deutschland weiterhin die vornehmlich von Inländern gehaltene D-Mark um, wäre die „Vernichtung“ des Bundesbankgewinns aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive eindeutig zu empfehlen. Im Kontext der gemeinsamen Währung im Euro-Raum ist die Situation verzwickter.

Euro-Gleichgewicht: Bundesbankgewinn ausschütten

Von der Vernichtung des Bundesbankgewinns würden alle Eurohalter profitieren. Diese sind außerhalb Deutschlands vor allem im Eurozonenausland zahlreich.

Nutzt die Bundesregierung den Gewinn der Bundesbank, tragen die Einwohner Deutschlands als eine Gruppe von Eurohaltern nur einen Teil der Verluste durch Kaufkrafteinbußen. Zugleich profitieren sie als Einwohner potentiell zumindest teilweise vom stärkeren Einfluss auf die Ressourcenverwendung des Bundes. Denn dessen Kaufkraft erhöht sich nicht nur relativ zu privaten Haushalten und anderen staatlichen Einrichtungen in Deutschland, sondern auch relativ zu Akteuren der gesamten Eurozone.

Im gemeinsamen Währungsraum ist es folglich wahrscheinlicher, dass nicht nur aus der Perspektive der Staatsvertreter, sondern auch aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive der einzelnen Staaten die Ausschüttung der Zentralbankgewinne an die jeweiligen Regierungen wünschenswert ist.

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht der Eurozone als Ganzes hingegen wäre es vorzuziehen, wenn keine der nationalen Notenbanken ihre Gewinne an ihre jeweilige Regierung überweisen würde. So würde der Staat in allen Mitgliedsländern seinen Einfluss mittels der Gewinne aus der Notenausgabe nicht ausweiten können und müsste sich auf die transparenteren Instrumente Steuereinnahmen und Schuldenaufnahme beschränken.

Eine europäische Lösung

Solange in den übrigen Mitgliedsländern Zentralbankgewinne an Regierungen transferiert werden, ist verständlich, dass die Bundesbank dies auch tut. Es muss also eine europäische Lösung her – wie es so oft heißt: Die Europäische Zentralbank könnte ihren Gewinn direkt vernichten und alle dem Eurosystem zugehörigen nationalen Zentralbanken könnten dazu verpflichtet werden, ihre Gewinne ebenfalls zu vernichten, um sie vor dem Zugriff von Politikern zu schützen. Wie so oft wird diese potentielle europäische Lösung vermutlich nur ein Gedankenexperiment bleiben.

Zuerst erschienen bei IREF.