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Wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, hat nicht unbedingt etwas mit unverständlichen Zahlen- und Buchstaben-Salaten zu tun. Für eine funktionierende Demokratie und Marktwirtschaft sind freilich Grundkenntnisse über Ökonomie unerlässlich.

Wirtschaft ist nicht nur etwas für Spezialisten

„Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen“, klagte vor anderthalb Jahren eine Schülerin auf Twitter und löste damit eine Diskussionslawine aus. Machen wir unsere Kinder in unserem Bildungssystem lebenstauglich genug? Brauchen wir mehr Wirtschaftsunterricht in der Schule? Und ganz speziell: Muss nicht vielleicht im Unterricht eine detaillierte und umfassende Vorbereitung auf die Herausforderungen der modernen Welt gewährleistet werden (Stichwort: „Steuern, Miete oder Versicherungen“)?

Gerade diese praktischen Fragen sind eigentlich mit einer Nachfrage bei den Eltern oder Freunden und im Zweifel fast immer mit einer Google-Suche zu lösen. Viel wichtiger und grundlegender als Steuererklärung und Mietvertrag sind aber eigentlich Grundkenntnisse darüber, wie der Markt funktioniert. Ist das nicht eher etwas für die Spezialisten, könnte man einwenden, für die Zeitungsleser und Politiker? Reicht es für den Normalbürger denn nicht, wenn er die Klippen des täglichen Lebens in Bürokratie und Geschäftswelt umschiffen kann? Nein, sicher nicht!

Wirtschaft: menschliches Handeln schlechthin

Beim Mietvertrag übers Ohr gehauen zu werden, kann sehr weh tun. Wochen mit der Steuererklärung zuzubringen, kann viele Nerven kosten. Die falsche Versicherung abgeschlossen zu haben, kann mitunter sogar ruinös sein. Sich in all diesen Fragen zu informieren und zu bilden, ist sehr wichtig. Aber es ist auch naheliegend. Gerade weil man unmittelbar von einer fehlerhaften Kaufvereinbarung betroffen sein kann, sehen viele Menschen da genau hin. Sie verwenden aber meist viel weniger Sorgfalt auf die Beurteilung wirtschaftlicher und politischer Zusammenhänge. Entweder aus einer grundfalschen Bescheidenheit heraus, aus Frustration oder schlicht aus Desinteresse.

Wirtschaft – das ist nicht eine Domäne, die nur von Großfürsten der DAX-Konzerne und ihren entsprechenden politischen Gegenspielern beherrscht wird. Wirtschaft – das ist auch nicht nur das, was schlaue Wissenschaftler sich ausdenken und in immer komplexere Formeln packen bis sie endlich den Nobelpreis in Händen halten. Wirtschaft – das ist zunächst einmal, wie der Ökonom Ludwig von Mises es formulierte, „menschliches Handeln schlechthin“. Unser ganzes Leben ist bestimmt von Handlungen, die wir mit einem bestimmten, von uns selbst gewählten Ziel ausführen. Die Logiken von Tausch, Arbeitsteilung und Unternehmertum bestimmen letztlich alle Bereiche unseres Lebens. Der Ökonomie-Nobelpreisträger Gary Becker hat in seinen Forschungen diese Logiken sogar auf Bereiche ausgedehnt, die mit Wirtschaft im Verständnis der meisten Menschen gar nichts zu tun haben wie etwa Familienstrukturen, Rassendiskriminierung und Drogenabhängigkeit.

Bildung schützt gegen Parolen und leere Versprechungen

So berechtigt die hochkomplexen Forschungen der Ökonomen auch sind, so kann man doch schon auf einem wesentlich einfacheren Niveau wirtschaftliches Geschehen verstehen. Der Verfasser selbst hat seine ersten ökonomischen Einsichten als Achtjähriger bei Bergwanderungen mit seinem Vater gewonnen, der ihm am Beispiel des Bonbonfabrikanten Tausch und Arbeitsteilung erklärte. Zentral ist das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge vor allem aus zwei Gründen: Wirtschaftliches Handeln bestimmt und prägt unser ganzes Leben vom Kindergarten bis ins Altenheim. Wer es besser versteht, wird die Potentiale und Möglichkeiten, die sich ihm bieten, besser nutzen können. Und insbesondere ist es auch unverzichtbar, um als verantwortlicher Bürger in einem demokratischen Gemeinwesen Entscheidungen treffen zu können.

Populismus verfängt, weil viele Bürger darauf verzichten, sich in Bezug auf Wirtschaft zu bilden und zu informieren: Der Protektionismus von Trump und LePen genauso wie die Freihandels-Feindlichkeit von Attac und Campact. Aber auch schon im weniger extremen politischen Spektrum können nachhaltig schädliche Entscheidungen vor allem deswegen getroffen werden, weil die Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge nicht weit genug verbreitet ist: von der Rettung Griechenlands in der Euro-Krise bis zur Mietpreisbremse. Wir brauchen für das Funktionieren unserer freiheitlichen Demokratie zwar nicht mehr promovierte Volkswirte. Aber wir brauchen Menschen, die einfach nur ihren gesunden Menschenverstand bewusst einsetzen, um keinen Parolen und leeren Versprechungen zum Opfer zu fallen.

Prometheus bietet Wirtschafts-Kurs für Schüler an

Es hat im Laufe der Geschichte der modernen freiheitlichen Demokratien immer wieder Menschen gegeben, die es geschafft haben, diese wirtschaftlichen Zusammenhänge allgemeinverständlich zu formulieren: Etwa Frédéric Bastiat im 19. Jahrhundert, Henry Hazlitt und Milton Friedman im 20. Jahrhundert und Johan Norberg in unserer Zeit. Zu diesen Vermittlern gehört auch Leonard Read, der Gründer der Foundation for Economic Education (FEE). Er verfasste 1958 die berühmte Kurzgeschichte „I, pencil“ – „Ich, der Bleistift“. Hier bekommt der Leser einen Einblick darein, wie ein Bleistift hergestellt wird, und vor allem, welches Ausmaß an Kooperation und Zusammenarbeit hinter einem so einfachen Gegenstand steckt.

Die Geschichte des Bleistifts greift auch der Kurs „Unsere Wirtschaft. Verständlich erklärt an einem Tag“ auf, der jungen Menschen auf spielerische Weise wirtschaftliches Grundverständnis nahebringen kann. Dieser Kurs wird von Prometheus ab heute zum kostenlosen Download zur Verfügung gestellt und ist der Beginn einer Serie, die wir unter „Prometheus Akademie“ anbieten werden. Konzipiert von Mitarbeitern der FEE haben wir den Kurs ins Deutsche übersetzt und entsprechend angepasst. Wir laden alle unsere Leser herzlich ein, sich den Kurs einmal anzusehen (sie finden ihn hier: https://prometheusinstitut.de/akademie/). Und besonders freuen wir uns natürlich, wenn Sie ihn weiterempfehlen an Lehrer und andere Personen, die sich in der Jugendarbeit engagieren!

3 Kommentare
  1. Claudia Westphal
    Claudia Westphal sagte:

    Kinder müssen lernen, wie man mit Geld umgeht. Auskommen mit dem Einkommen, eine ganz einfache Formel. Um es zu lernen, ist das regelmäßige Taschengeld die beste Schulung. Gebe ich alles am Anfang der Woche aus, habe ich am Ende nichts mehr. Ein Teil des Geldes gehört in die Spardose, nicht nur zum Sparen, aber auch für die Erkenntnis, dass ich nie alles ausgeben kann, was
    ich einnehme. Ein Teil geht immer drauf für Miete, Nebenkosten, Internet und sonstige regelmäßige Ausgaben.

    Kinder müssen nicht Wirtschaft lernen, zumal nicht mal geklärt ist, welche. Wirtschaft ist zur Religion des 21. Jahrhunderts aufgestiegen mit unterschiedlichen Bekenntnissen, die mit unterschiedlicher Vehemenz verteidigt werden. Keynes versus Hayek z.B. und dazwischen ein Querdenker wie Heinsohn,
    der ganz banal feststellt, dass 80 Nobelpreise auf eine herrschende Lehre gefallen ist, die eigentlich niemand wirklich begriffen hat. Und weil sie niemand verstanden hat, crasht es immer wieder.

    Was sollen die Kinder lernen? Mikroökonomie gegen Makroökonomie? Privat macht es Sinn, wenn alle sparen, aber in der globalen Wirtschaft eben nicht. Welche Auswirkungen hat es auf ein
    Schuldgeldsystem, wenn keiner mehr Schulden macht und alle nur noch sparen? Sollen das Kinder lernen?

    Meiner Ansicht nach nicht. Auskommen mit dem Einkommen, ja. Versicherungen können gut sein, wenn man sie wirklich braucht, auch das. Vergleiche lohnen bei der Geldanlage – auch das immer. Wenn dir jemand überdurchschnittlich hohe Zinsen anbietet, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Hochrisikoanlage und du kannst alles verlieren – einverstanden. Aber das war es dann auch. Ich sehe keinen Sinn darin, dass Kinder sich schon mit der Monstranz Wettbewerbsfähigkeit auseinandersetzen müssen, oder damit, dass es gut für alle sein soll, wenn es nur genug Geringverdiener gibt, usw… kurzum die 10 Gebote des Wirtschaftens. Wenn so etwas in der Schule schon angeboten würde, würde ich mich als Eltern dafür einsetzen, dass meine Kinder davon befreit werden und statt dessen am Ethikunterricht teilnehmen.

    Wenn sich Kinder dann als Erwachsene dafür entscheiden, die Religion des 21. Jahrhunderts zu studieren, ist immer noch Zeit für Bekenntnisfindung und Auseinandersetzung und es ist ihre persönliche Entscheidung.

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  2. Andreas Mueller-Alwart
    Andreas Mueller-Alwart sagte:

    Wenn wir das System so belassen, wie es ist, dann hat dieser Beitrag völlig Recht, dann müssen die Menschen auf diese Welt der Vertragsklauseln, Pferdefüßen, Nepper, Bauernfänger, usw. vorbereitet und geschult werden.

    Ich gebe aber etwas zu bedenken: Die Trickser und Vertragsgestalter, die Fallensteller im Internet und andernorts, sind den Verbrauchern immer einen Schritt voraus. Nehmen wir alleine mal die Banken-AGB: Kaum wurden unzulässige Gebühren als illegal erkannt, wird die Gebühr unter anderem Namen von der Bank wieder weiter betrieben. Und von automatischen Rückerstattung der zuviel erhobenen Bankgebühren an die Kunden, ist natürlich keine Rede. Also lohnt sich diese Trickserei seit Jahrzehnten und ergaunert fortlaufend Millionen… Insofern werden Verbraucher immer in die stressige Lage geraten, sich ständig über Neuland und neue Fallen informieren zu müssen. Da nützt auch die beste Schulbildung wenig – sie kann nur eine Grundlage sein, um besser Mitdenken und selbst die Fallen erkennen zu können.

    Und ich möchte mit einer kleinen Provokation enden: Geht es Euch nicht auch manchmal so, dass Ihr gar keine Lust mehr habt, einen neuen Vertrag abzuschließen oder ein neues Produkt zu kaufen, weil die AGB und Produktbedingungen gar nicht mehr zu überblicken sind? Und sind wir nicht mittlerweile an einem Punkt angekommen, an dem man sich am besten beim Produktkauf schon dazu erkundigt, wie man das Produkt/den Service wieder aufgekündigt bekommt oder wie man im Falle eines Falles reklamieren kann? Was nützen die besten Vertrags- und Gewährleistungsrechte, wenn z. B. der Hersteller eines Sofas 3 Monate nach der Lieferung desselben Pleite ist?

    Mein Fazit ist: Ich kaufe mir immer weniger und immer bewusster, weil ich keine Luste mehr habe mich mit den Folgen dieser Produktkäufe und Serviceverträge zu beschäftigen bzw. rumzuärgern. Und dementsprechend heißt mein Appell an die Politik: Macht Wirtschaft einfacher, macht den Umgang mit Geld und Finanzdienstleistungen verständlich. Und mein Appell an uns Verbraucher: Kauft nur nach reichlicher Überlegung, was Euch wirklich einen Mehrwert bietet und nicht ständige Folgekosten oder Ärger verursacht. Kauft nicht, was ihr nicht versteht… Wenn man in der Schule etwas lernen könnte, so wäre es diese grundsätzliche Herangehensweise, also das Nachdenken BEVOR man etwas tut.
    Diese Erkenntnis hat aber mit Wirtschaftswissen wenig zu tun, sondern hilft jederzeit.

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  3. Susanne Helsing
    Susanne Helsing sagte:

    Die Geschichte des Bleistifts greift auch der Kurs „Unsere Wirtschaft. Verstandlich erklart an einem Tag“ auf, der jungen Menschen auf spielerische Weise wirtschaftliches Grundverstandnis nahebringen kann. Dieser Kurs wird von Prometheus zum kostenlosen Download zur Verfugung gestellt.

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