Photo: Wikimedia Commons

Die Digitalindustrie wird von US-amerikanischen Konzernen dominiert, Europa hinkt weit hinterher. Eine europäische Digitalsteuer sollte für mehr Gerechtigkeit sorgen. Doch es regt sich Widerstand. Zu Recht.

Digitalsteuer: Der Wind scheint sich zu drehen

Noch vor kurzem galt die Einführung einer europäischen Steuer auf digitale Dienstleistungen (Digital Service Tax, kurz DST) als sicher. Bis zu 5 Milliarden Euro sollten dem europäischen Haushalt jährlich durch die Digitalsteuer zufließen. So plante die EU eine Bruttoumsatzsteuer in Höhe von 3% für Digitalunternehmen mit mindestens 50 Millionen Euro Umsatz in Europa und gleichzeitig 750 Millionen Euro weltweit. Eine fundamentale Erneuerung des Steuerregimes: Steuern würden nicht mehr dort anfallen, wo Unternehmen physisch tatsächlich präsent sind, sondern in jenen Ländern, in denen sich die digitalen Nutzer aufhalten.  Mittlerweile scheint sich der Wind jedoch zu drehen. Nach anfänglicher Begeisterung auch auf deutscher Seite, scheint sich zumindest die Bundesregierung von der Idee der DST abzuwenden.

Das ist ein gutes Zeichen in Zeiten, in denen Handelskriege und von nationalen Eitelkeiten geleitete Handelspolitik wieder en vogue zu werden scheint. Ihre Befürworter begründen die DST nämlich vor allem mit einer scheinbaren Steuerungerechtigkeit durch amerikanische Technologiekonzerne. So würden amerikanische Internetunternehmen zwar von europäischen Kunden profitieren, aber keine entsprechenden Steuern zahlen. Und tatsächlich schätzt die EU, dass in etwa die Hälfte der betroffenen Konzerne ihren Sitz in den Vereinigten Staaten haben würden: Technologiegiganten wie Google, Facebook und Amazon.  Das ist nichts anderes als Handelspolitik aus dem 17. Jahrhundert auf Kosten der Verbraucher.

Der wahre Verlierer: Der Konsument

Unabhängig davon, wie eine europäische Digitalsteuer am Ende tatsächlich aussehen könnte, würde sie vor allem auch die sogenannte „Sharing Economy“ treffen. Die Digitalisierung ermöglicht es Menschen aus aller Welt, Besitz ressourcenschonend zu teilen. Es ist heute nicht mehr notwendig ein eigenes Auto, eine eigene Ferienwohnung oder eine gigantische CD- oder DVD-Sammlung zu besitzen. Man nutzt und zahlt auch nur, was man wirklich braucht, und dieses Prinzip ist aus den Leben vieler Europäer nicht mehr wegzudenken. Einer Studie von PwC zufolge nutzen bereits 40 % der Deutschen regelmäßig Angebote der Sharing Economy. Und der Markt wächst exponentiell, könnte sich in den nächsten 10 Jahren gar verzwanzigfachen. Bereits heute stehen den 1 Millionen Hotelzimmern in Italien 190.000 Airbnb-Unterkünfte entgegen. Und in den Niederlanden erreichen digitale Fahrdienstleister mit 1,8 Millionen Nutzern im Jahr 2018 bereits eine Marktdurchdringung von über 10 %.

Davon profitieren vor allem die Konsumenten, für die sowohl niedrigere Preise als auch Ressourcenschonung ausschlaggebend sind. Aber auch die Bedeutung für kleine und mittlere Unternehmen ist nicht zu unterschätzen. Viele könnten ohne die neuen Plattformen im Wettbewerb mit etablierten Branchengrößen nicht existieren. Und gerade kleine Startups nutzen selbst häufig die Dienste der Sharing Economy. Wie jede andere Umsatzsteuer, würde auch die europäische Digitalsteuer direkt an den Endkunden weitergereicht werden. Die kolportieren 5 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinkünften gingen am Ende wieder einmal mehrheitlich zu Lasten der Konsumenten. Und zu Lasten des Digital-Standortes Europa, der sich schon seit Jahren mit Verboten und Innovationsfeindlichkeit lächerlich und damit zum Abstellgleis der Prä-Digitalisierung macht.

Der neue digitaler Nationalismus

Und das ist des Pudels wahrer Kern: Die europäische Digitalsteuer wirkt wie ein verzweifelter Versuch, den in der Digitalisierung enteilten Amerikanern etwas entgegenzusetzen. Es ist vielen europäischen Entscheidungsträgern ein Dorn im Auge, dass US-amerikanische Unternehmen in nahezu allen digitalen Geschäftsfeldern die Nase weit vorn haben. Erst jüngst verkündete ARD-Chef Ulrich Wilhelm seine Idee eines „europäischen Youtube“, das, getragen von europäischen Medienhäusern, ein Gegengewicht zur amerikanischen Alphabet-Tochter schaffen soll. Wilhelm sieht dabei Parallelen zur Gründung des Flugzeugbauers Airbus, der ein europäisches Gegengewicht zum früher unangefochtenen Weltmarktführer Boeing bildet.

Sowohl die steten Forderungen nach europäischen Versionen erfolgreicher amerikanischer Plattformen als auch im besonderen die Digitalsteuer zeigen vor allem eins: Die europäischen Entscheidungsträger sind weit davon entfernt die Digitalwirtschaft zu verstehen. Mal eben das europäische Steuermodell auf den Kopf zu stellen und dabei die ohnehin fragilen transatlantischen Beziehungen weiter zu belasten, nur um den amerikanischen Internetkonzernen eins auszwischen? Das wirkt genau so verzweifelt wie der rückständige digitale Nationalismus von Wilhelm und Co.

Innovation statt Kopieren und Besteuern

Derweil bietet die Digitalwirtschaft einen gigantischen Vorteil für Europa. Anders als die klassische Industrie mit Ihren Fahrzeug-Fabriken und Stahlhütten, ist sie flexibel und innovationsfreundlich. Wer eine gute Idee hat, kann diese innerhalb kürzester Zeit auf der ganzen Welt vermarkten – die richtigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt. Dafür muss das Rad nicht neu erfunden werden wie das derzeit erfolgreichste europäische Sharing Economy-Unternehmen „Transferwise“ zeigt, das den Markt für internationale Überweisungen auf simple Art revolutioniert hat.  Aufholen ist möglich. Aber nicht durch Kopieren und Besteuern, sondern durch die Schaffung von investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen.

 Dieser Artikel erscheint in Zusammenarbeit mit „Americans for Tax Reform“. Co-Autor: Andreas Hellmann.

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert