Photo: Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Von Marc Jacob, Betriebswirt, tätig im Bereich der Unternehmensfinanzierung.

Rekordeinnahmen und niedrige Arbeitslosenzahlen. Die Bundesrepublik Deutschland steht zu Beginn des Jahres 2018 in einer hervorragenden Position, um sich für die Aufgaben von Morgen bereit zu machen.  Doch die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD haben gezeigt – die Volksparteien haben keine neuen Ideen und verschlafen die Zukunft.  Dies ist tragisch.

Es ist nicht anzunehmen, dass bei den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD die Lektüre Sokrates zitiert wird oder eine andere Abhandlung jenes griechischen Philosophen, welcher einst die Stagnation als den Anfang vom Ende bezeichnete und mit dieser Feststellung die Koalitionsverhandlungen erheblich bereichern könnte. Denn die ersten Ergebnisse zeigen – den Parteien fällt nichts Neues ein, mehr als „Weiter so“ wird es mit der GroKo nicht geben.

Während die deutsche Wirtschaft weiter mit über 2% wächst und auch unsere europäischen Nachbarn mit substanziellen Verbesserungen der wirtschaftlichen Entwicklung glänzen können, trifft exakt diese Stagnation den politischen Betrieb in Berlin. Auch nach über 130 Tagen, seit der Bundestagswahl im vergangenen September, gibt es keine neue Bundesregierung. Während die Sondierungsgespräche und die Koalitionsverhandlungen, in denen nun endlich eine Regierung gebildet werden soll, von der alles überstrahlenden Flüchtlingsdiskussion dominiert werden, fällt das Thema der zukünftigen wirtschaftlichen Ausrichtung völlig unter den Tisch. Dabei sorgt die aktuelle hervorragende wirtschaftliche Situation überhaupt erst dafür, dass die Grundvorrausetzung für ein erfolgreiches Meistern der Flüchtlingssituation gegeben ist.

Sprudelnde Staatseinnahmen könnten dabei auch helfen, die Schwierigkeiten, vor denen die Bundesrepublik steht, zu lösen. In den verschiedensten Bereichen nagen andere Länder an der Substanz der Bundesrepublik. Die US-Steuerreform ist dabei nur eine Aktion von vielen, welche die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands angreift und dringenden Handlungsbedarf erzeugt.  Doch Deutschland ruht sich auf seiner aktuellen Position aus, neue Impulse für ein substanzielles Wachstum werden nicht gesendet.

Mit neuen Ideen für die Bildung, einer Verschlankung unserer Bürokratie und effektiven Maßnahmen in der Infrastruktur könnten substanzielle Investitionen getätigt werden. Besonders im Bereich der Infrastruktur könnten damit auch Impulse des Aufbruchs an die europäischen Nachbarstaaten gesendet werden. Stattdessen wurden schon in der letzten Wahlperiode mit falschen Entscheidungen, getriebenen durch ideologische Verbohrtheit, Branchen wie die Immobilienbrache und die Energiewirtschaft, mit Regularien überhäuft. Dies gilt auch für den Automobilbereich, jenen Sektor, welcher in Deutschland mit über 800.000 Beschäftigten einer der Motoren des aktuellen Aufschwungs ist.  Mit neuen Gesetzesvorhaben wird die Position Deutschland als uneingeschränkter Marktführer im Bereich Automobil nun von innen heraus angegriffen. Deutschland muss sich somit nicht nur der internationalen Konkurrenz stellen, sondern schafft seine Probleme selbst, eine groteske Situation.

Ein Ausblick nach vorne wird es in der kommenden Legislaturperiode nicht geben. Das Prinzip-Merkel, welches die Maxime der pragmatischen Politik vertritt, widerspricht dem Fortschrittsgedanken grundsätzlich. Dies ist besonders für die junge Generation tragisch, welche die Grundvoraussetzungen für eine prosperierende Zukunft überreicht bekommen sollten und stattdessen Probleme erben werden.

Während die Bundeskanzlerin in Davos noch mit ihrer Rede glänzte und zur zukünftigen Ausrichtung feststellte: „Wir müssen eher aufholen, als dass wir an der Spitze stehen“, wirken ihre Worte Zuhause eher wie Phrasen, als wie eine Ankündigung für neue Impulse. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche erzeugen hierbei eher den Eindruck, dass Deutschland nicht bereit gemacht werden soll für Industrie 4.0 und Digitalisierung. Es ist fast tragisch dabei zu sehen, dass eine CDU, welche sich einst durch wirtschaftliche Kompetenz auszeichnete, heute keine wirtschaftliche Agenda mehr zu haben scheint.

Es ist nun an der Zeit, dass diese Probleme erkannt und angepackt werden.  Start-ups treffen auf Regularien von Vorgestern, innovative Unternehmen verzweifeln an ineffizienten Behörden und das schon lange nötige Einwanderungsgesetz kommt über das Dasein als Diskussionsobjekt nicht hinweg.

Sokrates lehrte einst die Jugend das eigenständige Denken und die Strukturen zu hinterfragen, damit zog er den Zorn der Herrschenden auf sich. Auch heute wäre es die Aufgabe der jungen Generation, für neue Ideen und Denkanstöße zu sorgen. Die Entscheidungen von heute sind die Basis von Morgen, deshalb müssen die vorhandenen Spielräume dazu genutzt werden, um Chancen zu ergreifen und nicht um Klientelpolitik zu betreiben.

Die Weichen für den Erfolg von Morgen werden schon heute gestellt. In den kommenden Tagen haben Union und SPD noch die Chance, den Auftrag zur Gestaltung Deutschlands anzunehmen und damit die richtigen Weichen zu stellen. Sollte dies nicht geschehen, werden die kommenden vier Jahre nichts anderes als verlorene Jahre sein.

Photo: aitoff from Pixabay (CC 0)

Vor 200 Jahren wurde Karl Marx geboren. Der Marxismus ist am Ende, doch die Idee, die noch immer in geschlossenen, intoleranten und elitären Gesellschaften mündete, lebt fort. Der Kapitalismus könnte eine Gegenbewegung sein.

Marx und der Himmel auf Erden

Während Karl Marx in seiner Rolle als Mitbegründer der modernen Soziologie allzu häufig und sträflicher Weise unter den Tisch gekehrt wird, scheint die auf seinen Arbeiten aufbauende politische Ideologie doch mit Recht vollkommen aus der Zeit gefallen. Jede auch nur scheinbar nach marxistischen Prinzipien organisierte Gemeinschaft hat sich entweder insgeheim von Ursprungsidealen abgewandt (China) oder wird durch verheerende Armut zu Kompromissen gezwungen (Kuba).  Die Forderungen des kommunistischen Manifests reißen heute kaum noch jemanden vom Hocker. Es wirkt so als stünden wir tatsächlich an Fukuyamas „Ende der Geschichte“.

Doch das wahre Problem ist ein anderes: Es ist die Idee einer allumfassenden Lösung für die drängenden Probleme unserer Zeit. Bei Marx war dies Problem die (scheinbare) Armut der Arbeiterklasse, heute sind es Klimawandel und Globalisierung. Gerade in der jüngsten Generation sind diese Probleme sehr präsent. Eigentlich ein gutes Zeichen. Doch vielen reicht der individuelle Handlungsraum nicht mehr. Forderungen nach gesamtgesellschaftlichen Lösungen finden viel Zuspruch. Aber um es mit den Worten des österreichischen Philosophen Karl Popper zu sagen, „der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, erzeugt stets die Hölle. Dieser Versuch führt zu Intoleranz, zu religiösen Kriegen und zur Rettung der Seelen durch die Inquisition.“

Die geschlossene Gesellschaft: Elitär und intolerant

Popper erläutert in seinem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, wie universelle Heilsversprechen in sogenannte „geschlossene“ Gesellschaften führen. Die geschlossene Gesellschaft ist ideologisch festgelegt, etwa auf eine bestimmte Form der Güterverteilung, während sich die offene Gesellschaft im steten Diskurs weiterentwickelt. Es sind Mammutprojekte wie der Marxismus, die die negativen Folgen einer geschlossenen Gesellschaft besonders anschaulich machen.

Die geschlossene Gesellschaft ist zuallererst ein Elitenprojekt. Einige wenige sind derart überzeugt von ihren Visionen, dass sie sie einer ganzen Gesellschaft aufzwingen. Selbst wenn einige Lösungen vorrübergehend die Leben der Menschen positiv beeinflussen, so führt eine solche „top-down“ Organisation doch zwangsläufig zu Stillstand. Denn anstatt die Individuen, mit ihren Erfahrungen und Fehlern und dem daraus resultierenden Wissen in die Organisation der Gemeinschaft einzubeziehen, entscheiden hier nur die Eliten.

Gleichzeitig ist die geschlossene Gesellschaft zutiefst intolerant. Der Wert des Individuums ist für sie untergeordnet. Sie erkennt das Individuum letztlich nur an als Mittel zum Zweck, zum Aufbau und Erhalt des Systems. Der Wert individueller Lebensentwürfe, insbesondere, wenn sie von der Gemeinschaftsvorgabe abweichen, spielt keine Rolle. Verwirklichen kann sich in der geschlossenen Gesellschaft nur, wer der Norm entspricht. Das gilt paradoxerweise auch und gerade für geschlossene Gesellschaften, die sich die Verbesserung der individuellen Lebenssituation auf die Fahnen schreiben.

Der Kapitalismus ist ein Projekt der offenen Gesellschaft

Unter diesem Gesichtspunkt erscheinen viele Äußerungen in einem anderen Licht. Etwa die Forderung der ehemaligen Juso-Vorsitzenden  Johanna Uekermann, die mittlerweile im Präsidium der Bundes-SPD sitzt:

Ich möchte ein Wirtschaftssystem, das für die Menschen arbeitet und nicht für Konzerne und Profite und die Interessen von einigen wenigen. Menschen mit ihren Bedürfnissen und Wünschen in den Mittelpunkt stellen, das geht im Kapitalismus nicht.

Johanne Uekermann schreibt sich die „Bedürfnisse“ der Menschen auf die Fahnen und verkennt dabei, dass sie eigentlich eine brennende Kapitalistin sein müssten. Denn: Unter den richtigen Rahmenbedingungen, das heißt, wenn Rechtsstaatlichkeit und die Möglichkeit zum friedlichen Machtwechsel garantiert sind, ist der Kapitalismus ein Projekt der offenen Gesellschaft. Gerade in einer Marktwirtschaft werden die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Unabhängig von vermeintlichen Systemzielen, wie sie in geschlossenen Gesellschaften propagiert werden. Man darf nur nicht den Fehler begehen und hinter jedem nicht befriedigten Bedürfnis eine unmenschliche Gemeinschaftsordnung vermuten.

Im Kapitalismus werden Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen und bottom-up-Entwicklung wie in keiner anderen gemeinschaftlichen Organisationsform gelebt. Nahezu jedes Lebensziel ist in einer markwirtschaftlichen Ordnung verwirklichbar. Es ist mit anderen Lebensentwürfen vereinbar. Egal ob Investment-Banker, Öko-Aktivist oder Perpetual Traveller, alle können im Kapitalismus in einer Gemeinschaft leben, voneinander lernen und profitieren. Und vielleicht noch wichtiger: Der gut organisierte Kapitalismus funktioniert dezentral. Er überträgt möglichst wenige Kompetenzen an den zentral organisierten Staat. Das ermöglicht einen gemeinschaftlichen Innovationsprozess, der auf den individuellen Erfahrungen aller Menschen beruht.

Den Wettstreit der Ökonomen hat der Kapitalismus schon vor geraumer Zeit gewonnen, den Wettstreit der Herzen noch lange nicht. Gerade junge Menschen begeistert oft die Vision einer geplanten und mithin geschlossenen Gesellschaft, die mit alternativen Wirtschaftsformen all unsere Probleme löst. Der Kapitalismus sollte eine Gegenbewegung begründen. Nicht (nur), weil er zu mehr Wohlstand führt und ökonomisch Sinn ergibt. Sondern weil er als Projekt der offenen Gesellschaft, geprägt von Toleranz und Pluralismus, die Herzen erobern kann; vielleicht dann ja auch das von Johanna Uekermann.

Photo: Flickr, Tyrone Daryl unter CC BY 2.0 Lizenz

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues, und Kevin Spur, Student der Ökonomie an der Freien Universität Berlin.

Entgegen jeglicher Intuition und Medienberichte sind die Hauspreise in Deutschland in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht explodiert. Im Gegenteil, Deutschland verzeichnet einen sehr moderaten und im Verleich zu anderen EU-Staaten unterdurchschnittlichen Anstieg. Das hat spezifische Gründe.

In den letzten Jahren sind die Immobilienpreise hierzulande für deutsche Verhältnisse vor allem in Ballungsgebieten recht deutlich gestiegen. Darauf wies die Bundesbank erst in ihrem jüngsten Monatsbericht hin. Von einer „Immobilienpreisblase“ ist vielerorts die Rede. Die jüngste Entwicklung täuscht allerdings darüber hinweg, dass verglichen mit anderen europäischen Ländern Deutschland seit vielen Jahrzehnten durch eine außergewöhnlich stabile Hauspreisentwicklung hervorsticht. Die Hauspreise im letzten Jahr lagen nur vergleichsweise geringfügig über denen von 1970 und auch massive Preisschwankungen waren auf dem deutschen Häusermarkt seitdem nicht zu beobachten. Dagegen schwankten beispielsweise in den Niederlanden oder Frankreich die Hauspreise nicht nur stärker, sie sind heute zudem real mehr als doppelt so hoch als noch 1970. Die Sonderstellung des deutschen Wohnungsmarkts gibt Rätsel auf. Was unterscheidet ihn von anderen? Verschiedene Erklärungsansätze leisten gemeinsam einen Beitrag zur Lösung des Rätsels.

Hauspreise: Ungewöhnlich stabile Entwicklung in Deutschland

Für die Jahre von 1970 bis 2016 hält die OECD für Deutschland und andere Länder preisbereinigte Hauspreisdaten von Wohnimmobilien bereit. Der Hauspreis im ersten Quartal 1970 ist auf 100 standardisiert.

Die stabile und recht flache Hauspreisentwicklung in Deutschland sticht ins Auge. Unter allen abgebildeten Ländern stiegen die Hauspreise über die letzten 46 Jahre in Deutschland am schwächsten. Vom ersten Quartal 1970 bis zum dritten Quartal 2016 sind die Hauspreise hierzulande um etwa 19 % gestiegen.

Die auffällig konstanten Hauspreise in Deutschland sind zudem keine Besonderheit der letzten fünf Jahrzehnte. In einem kürzlich im American Economic Review veröffentlichten Papier wird die Hauspreisentwicklung international für 14 Länder untersucht. Es zeigt sich, dass Deutschland schon seit dem Ende des ersten Weltkriegs eine relativ unspektakuläre Hauspreisentwicklung zu verzeichnen hat.

Hauspreise schwächer gestiegen als Mieten und Einkommen

Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich bezüglich des Verhältnisses von Hauspreisen zu Mieten. Deutschland ist das einzige Land, in dem das Verhältnis im Vergleich zu 1970 sank. Im dritten Quartal 2016 war es 11 % niedriger als 1970.

Auch verglichen mit dem durchschnittlich verfügbaren Einkommen zeigt sich eine außergewöhnliche Hauspreisentwicklung in Deutschland.

Das Verhältnis von Hauspreisen zu Einkommen in Deutschland lag 2016 gar 32 % unter dem Niveau von Anfang 1980. Auch in Irland fiel das Verhältnis knapp unter das Niveau von 1980. Im Gegensatz zu Deutschland lag es jedoch zwischenzeitlich 63 % über dem Ausgangsniveau.

Diese Beobachtungen geben Rätsel auf. Sie lassen darauf schließen, dass sich der Wohnungsmarkt in Deutschland maßgeblich von denen anderer entwickelter Volkswirtschaften unterscheidet. Es folgt ein Erklärungsversuch.

Zurückhaltende Kreditvergabe

Die Anforderungen an Kreditnehmer in Bezug auf das von ihnen eingebrachte Eigenkapital und ihre Einkommen sind im internationalen Vergleich relativ hoch. So sind Eigenkapitalquoten zwischen 20 und 30 % üblich, obwohl auch schon vor der Finanzkrise ein deutlich höherer Fremdfinanzierungsanteil möglich war. Hauskäufe trotz geringem oder gar keinem Eigenkapital sind jedoch beispielsweise in den USA deutlich üblicher. So war vor der Finanzkrise gar die Federal Housing Adminstration der USA bereit, Hypothekengeber gegen Ausfallrisiken zu versichern, auch wenn die Hypothekennehmer nur 3 % Eigenkapital einbrachten.

Hohe Anforderungen an Kreditnehmer tragen zu einer geringen Volatilität der Hauspreise bei. Bekommen auch in einem konjunkturellen Aufschwung nur relativ wenige Personen einen Hauskredit, steigen die Preise während des Aufschwungs weniger stark. Zudem fallen sie weniger deutlich, wenn einige Hauskäufer aufgrund einer Rezession ihre Kredite nicht mehr bedienen können und ihre Häuser verkaufen.

Relativ schwache staatliche Förderung

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wird in Deutschland privates Wohneigentum staatlich nur schwach gefördert. Förderungen in Form direkter Subventionen, Steuererleichterungen für Zinszahlungen auf Baudarlehen und günstiger Kredite beispielsweise von der KfW fallen relativ gering aus. Dass die 1997 eingeführte Eigenheimzulage, die zu zusätzlicher Bauaktivität führte, Ende 2005 eingestellt wurde, passt zu der Zurückhaltung des Staates auf diesem Feld.

Durch die relative schwach ausgeprägte staatliche Förderung von Wohneigentum wirken die üblichen hohen Anforderungen an Kreditnehmer als bindende Restriktion. Der Staat hilft nur wenigen Personen mit schwacher Eigenkapitalausstattung und niedrigem Einkommen über die Schwelle zum Wohneigentum. Möglicherweise werden dadurch in Zeiten steigender Hauspreise Personen mit relativ schlechten Voraussetzungen für Wohneigentum vom Kauf abgehalten und tragen so nicht zusätzlich zu steigenden Preisen bei. Es ist bezeichnend, dass es im Englischen für den Kauf und Verkauf von Häusern mit „house flipping“ ein Wort gibt, während es in Deutschland üblich ist, im Leben höchstens ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen.

Mortgage-Backed-Securities unüblich

In Deutschland sind die während der Finanzkrise berühmt gewordenen mortgage-backed-securities nicht weit verbreitet. Das heißt, deutsche kreditgebende Institute nutzen die ausgegebenen Hypotheken relativ selten, um auf Grundlage der mit den Hypotheken einhergehenden Forderungen neue Wertpapiere entstehen zu lassen und diese zu verkaufen. Hierzulande verbleibt die Hypothek häufig in der Bilanz der kreditgebenden Bank. Das gibt der Bank einen starken Anreiz, Kredite mit Bedacht zu vergeben und Kreditanträge weniger gut geeigneter Personen häufiger abzulehnen.

In anderen Ländern dagegen werden die Forderungen gegenüber dem Darlehensnehmer häufiger via mortgage-backed-securities verkauft. So war das Volumen bestehender mortgage-backed-securities mit etwa 20 Milliarden Euro in Deutschland 2014 recht gering: In Frankreich war das Volumen mehr als doppelt so hoch und im Vereinten Königreich und gar in den viel kleineren Niederlanden mehr als zehnmal so hoch.

Elastisches Angebot

Ein positiver Nachfrageschock kann die Preise für Häuser in die Höhe schnellen lassen. Die Volatilität der Hauspreise ist dann umso höher, je langsamer die Angebotsseite reagiert und zusätzliche Häuser und Wohnungen auf den Markt kommen. In Großbritannien beispielsweise verlangsamen strikte Bebauungsvorschriften und ein schleppender Baugenehmigungsprozess die Reaktion der Angebotsseite. In Deutschland hingegen kann recht zügig neuer Wohnraum zur Verfügung gestellt und so dazu beitragen werden, dass Hauspreise in Reaktion auf einen positiven Nachfrageschock nicht allzu stark steigen.

Stabile Geldpolitik

Zu lockere Geldpolitik führte in der Vergangenheit wiederholt zu kreditfinanzierten Booms, die in Wirtschaftskrisen endeten. Im Vergleich zu den Notenbanken anderer europäischer Länder stand die Bundesbank im Ruf, eine konservative Geldpolitik zu fahren. Und tatsächlich, Inflationsschwankungen waren in Deutschland relativ schwach ausgeprägt. Da Hauspreise in Boomzeiten steigen und in Krisenzeiten fallen, trug die Bundesbank wahrscheinlich mit einer antizyklischen Geldpolitik zu der niedrigen Volatilität auch der Hauspreise in Deutschland bei.

Gefahren: EZB-Politik und Regulierungen

Die genannten Faktoren leisteten vermutlich nicht nur zur außergewöhnlichen Preisentwicklung einen Beitrag, sondern auch zu einer niedrigen Quote eigentümerbewohnter Wohnungen in Deutschland. 2011 waren es 45 %. Zum Vergleich: In den Niederlanden lag die Quote bei 56 % und in Frankreich bei 58 %. In Großbritannien waren wie im EU-Durchschnitt 64 % aller Wohnungen vom Eigentümer bewohnt. Für Italien betrug das Verhältnis 72 %, während es in Spanien gar bei 79 % lag.

In dem gleichen Maße, wie Wohneigentum in Deutschland selten ist, sind Mietverhältnisse häufig anzutreffen. Trotz starker mietrechtlicher Restriktionen, wie jüngst der Mietpreisbremse, die die Situation der Mieter stärken, ist die Teilnahme am Mietmarkt anscheinend für viele Vermieter weiterhin attraktiv. Der Mietmarkt in Deutschland zeichnet sich durch sein breites und vielfältiges Angebot aus. Da Wohnen zur Miete eine attraktive Alternative zum Wohneigentum ist, kann sich das Gleichgewicht mit einer niedrigen Quote eigentümerbewohnter Wohnungen selbst verstärken.

Die in der Vergangenheit begrüßenswert wenig volatilen Hauspreise in Deutschland garantieren jedoch keine Stabilität in der Zukunft. Die Stabilität der Vergangenheit wird durch die aktuellen Maßnahmen der EZB und staatlich getriebenen Kostensteigerungen im Hausbau gefährdet. Wenn es weiterhin für wünschenswert erachtet wird, dass Hauspreise relativ niedrig bleiben und wenig schwanken, sollte der Staat nicht als Kostentreiber auftreten, sondern Barrieren abbauen, die das Angebot zusätzlichen Wohnraums einschränken.

Artikel erstmals erschienen bei IREF

Photo: Tim Green from Flickr (CC BY 2.0)

Die deutsche Regierung hat die Schlacht um die Sozialisierung der Einlagensicherung in der Europäischen Union längst verloren. Sparkassen und Volksbanken, aber auch Privatbanken in Deutschland und letztlich die Einleger bei diesen Banken, haften bald für die Schieflage von Banken in Griechenland, Italien oder Spanien. Lange galt die Institutssicherung der Volksbanken und Sparkassen als rote Linie in den Verhandlungen in Brüssel. Volksbanken und Sparkassen retten dabei nicht den einzelnen Sparer bei der Schieflage eines Instituts, sondern sie stützen das jeweilige Institut in Eigenregie und damit mittelbar auch dessen Einleger und Sparer. Die Logik dahinter ist, dass Sparkassen in Deutschland nicht Volksbanken und Privatbanken im eigenen Land helfen, sondern jede Sparte für sich haftet.

Aus diesem Grund stellen sich die Institute in Deutschland berechtigt die Frage, warum sie und deren Sparer für Banken und deren Sparer in Nikosia, Athen oder Palermo haften sollten, wenn dies nicht einmal im eigenen Land vorgesehen ist? Diese Frage ist sehr berechtigt, denn auf das wirtschaftliche Gebaren in den übrigen Euro-Ländern hat das Genossenschaftsmitglied der örtlichen Volksbank oder der Aktionär eines kleinen Geldhauses in Deutschland gar keinen Einfluss. Und auch der Deutsche Bundestag hat auf die nationale Gesetzgebung in Griechenland, Italien oder Spanien keinen Einfluss. Ob die Finanzaufsicht dort lax, streng oder korrupt ist, kann von hier aus nicht wirklich verändert werden.

Dem geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier wird deshalb vorgeworfen, er würde die Einlagensicherung auf dem Altar der EU opfern. Das stimmt! Denn die Roadmap bis zum Sommer, die er jetzt beim Treffen der Finanzminister in Brüssel vorgeschlagen hat, ist die Fortsetzung des Rückzugsgefechts, das bereits sein Vorgänger Wolfgang Schäuble eingeleitet hat. Altmaier stellt vier Vorbedingungen für die Zustimmung Deutschlands für eine europäische Einlagensicherung auf: Notleidende Kredite sollen im Euroraum weiter abgebaut, die Insolvenzordnungen für Banken im Euro-Raum harmonisiert, Risikopuffer in den Bankbilanzen aufgebaut und der hohe Bestand an Staatsanleihen des eigenen Landes in den Bankbilanzen reduziert werden. Das ist alles richtig und vernünftig.

In Griechenland und Zypern wird fast jeder zweite Kredit nicht mehr oder nicht mehr regelmäßig bedient. Auch in Italien ist das Problem der faulen Kredite besorgniserregend hoch. Im Zweifel wird gerade dort immer wieder ein Auge zugedrückt, wenn es um die Abwicklung von Banken und die Beteiligung der Eigentümer und Gläubiger der Banken geht. Wer viele faule Kredite in der Bilanz hat, muss sie irgendwann wertberichtigen und zu Lasten des Eigenkapitals abschreiben. Doch gerade das Eigenkapital der Banken ist nur mager vorhanden. Schon deshalb flüchten Banken in die Staatsanleihen, insbesondere des eigenen Landes, da hierfür, anders als bei Unternehmenskrediten, kein Eigenkapital bereitgestellt werden muss. Es ist also ein dankbares Geschäft sowohl für die überschuldeten Staaten als auch für die Banken. Erstere werden ihre Anleihen los und Zweitere müssen kein Eigenkapital für den Kauf bereitstellen. Beide sind wie siamesische Zwillinge, die sich gegenseitig brauchen. Wenn das alles nicht hilft, dann hilft die EZB, die bis Ende des Jahres für 2.500 Milliarden Euro Anleihen von Staaten, Banken und Unternehmen gekauft haben wird. Inzwischen ist der Markt dafür fast leergefegt, daher kauft die EZB bevorzugt die Anleihen, die noch verfügbar sind. Das sind die Länder, die ihre Verschuldung weiter ausweiten, also die Problemländer.

Deutschland ist auch deshalb auf dem Rückzugsgefecht, weil die europäische Einlagensicherung auch gegen Deutschland durchgesetzt werden kann. Bereits Anfang 2016 hat der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Rates die von der Europäischen Kommission gewählte Rechtsgrundlage für den Richtlinienentwurf gebilligt. Danach braucht es keine Einstimmigkeit im Europäischen Rat, sondern lediglich eine qualifizierte Mehrheit. Es müssen mindestens 55 Prozent der Staaten also mindestens 15 bei 28 Staaten mit mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU zustimmen. Für eine Sperrminorität sind die Stimmen von mindestens vier Ratsmitgliedern, die mindestens 93 Stimmen im Rat aufbringen, notwendig. Dies gelingt nur, wenn sich ein Teil der bevölkerungsreichen Staaten Frankreich, Spanien oder Italien dem deutschen Widerstand anschließen. Das ist schon deshalb nicht zu erwarten, weil ja gerade diese Länder die Vergemeinschaftung anstreben.

Die Regierung hat bislang versäumt, die Rechtsgrundlage generell anzuzweifeln und dafür Verbündete in der EU zu suchen. Das fällt uns jetzt auf die Füße. Der nächste Schritt des Zentralismus in der EU ist daher vorbereitet. Mit dem ESM wurden erst die Schulden kollektiviert und mit der europäischen Einlagensicherung folgt bald das Sparvermögen. Sobald die neue Regierung in Berlin vereidigt ist, kann die Kommission einen Gang zulegen und muss keine Rücksicht mehr nehmen.

Erstmals veröffentlicht in Tichys Einblick.

Photo: Skeyndor from Flickr (CC 0)

Was unterscheidet Donald Trumps America-First-Politik eigentlich von der Handelspolitik der Europäischen Union? Einzig das Marketing …! Beide sind protektionistisch. Beide schotten sich gegen sogenannte Billigimporte ab. Die Empörung, die sich in Deutschland gegenüber der Handelspolitik breit macht, ist verlogen. Und die amtierende Bundesregierung stimmt in den wohlfeilen Gesang ein. Gegenüber den jüngsten Strafzöllen auf Solarmodule und Waschmaschinen lässt sich die geschäftsführende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries mit den Worten zitieren: „Die Entscheidung von Präsident Trump, Schutzzölle auf Waschmaschinen und Solaranlagen zu verhängen, sehe ich daher mit Sorge. Diese Maßnahmen könnten zu einem neuen Handelskonflikt mit China und Südkorea führen“, warnte die Wirtschaftsministerin. Wer im Glashaus sitzt, sollte die Steine liegen lassen. War es nicht die noch amtierende Bundesregierung, die gegenüber „Billigstahl“ aus China Schutzzölle durchgesetzt hat? Auf Stahl und Stahlprodukte aus China werden seitdem Zölle von bis zu 91 Prozent verlangt. Um die heimische Solarindustrie zu schützen, setzte die Regierung gegenüber China Schutzzölle von 65 Prozent durch. Geholfen hat das dem heimischen Hersteller Solarworld am Ende auch nicht. Das Unternehmen ging 2017 in die Insolvenz. Allein auf 53 Produkte fallen Schutzzölle für chinesische Produkte an: vom Bügelbrett (42 Prozent) übers Keramikgeschirr (36 Prozent) bis zu Einlagen für Ringbücher (78,8 Prozent). Da sind wohl echte Schlüsselindustrien in Deutschland betroffen. Allein an dieser Produktauswahl sieht man den Unsinn der Maßnahmen.

Und war es nicht Zypries Vorgänger im Amt, Sigmar Gabriel, der den Ausverkauf von Schlüsseltechnologien in Deutschland befürchtete und chinesische Übernahmen unter den Zustimmungsvorbehalt der Bundesregierung stellen wollte? So als sei es ein volkseigener Betrieb, der dort an chinesische Unternehmen verkauft wurde, und das technische Know-How ein unveräußerliches Weltkulturerbe. Das Beispiel Kuka wird da gerne angeführt. Zweifelsohne ist der Roboterhersteller aus Augsburg ein höchst eindruckvolles Technologieunternehmen. Doch es gehörte weder Sigmar Gabriel, noch der Bundesregierung oder allen Deutschen, sondern zum großen Teil den Familienunternehmen Voith aus Heidenheim und Loh aus Haiger, die das Unternehmen an die Meistbietenden verkauft haben. Jeder war eingeladen, mehr für das Unternehmen zu bieten. Es ist eine Anmaßung der Regierungen, Schlüsselindustrien zu definieren und durch Zölle schützen zu wollen. Dem amerikanischen Konsumenten ist es in der Regel völlig egal, ob die Waschmaschine aus Benton Harbor, Michigan oder Gütersloh kommt. Hauptsache sie funktioniert und wird nicht durch Zölle verteuert. Und kaum ein deutscher Konsument achtet darauf, ob sein Geschirr aus China, Berlin oder sonst wo herkommt. Es muss ihr oder ihm gefallen und einen vernünftigen Preis haben.

Schutzzölle sind der Ausdruck von Partikularinteressen einzelner zu Lasten der Konsumenten. Sie sind es, die diese ungerechtfertigten Vorteile teuer bezahlen müssen. Wohl die schönste und eindrucksvollste Beschreibung dieser Politik hat der französische Liberale Frédéric Bastiat 1846 mit seiner Glosse „Schutz der Sonne“ beschrieben.  In einer Petition an das Parlament forderten darin die Kerzenmacher den Schutz vor der Konkurrenz der Sonne. Darin heißt es: „Wir bitten sie daher, dass es ihnen gefallen möge, ein Gesetz zu erlassen, welches die Schließung der Fenster, Läden, Luken, Klappen, Vorhänge, Kutschenladen, Gucklöcher, Rouleaux, mit einem Wort aller der Öffnungen und Spalten anbefiehlt, durch welche das Sonnenlicht in die Häuser zu dringen pflegt, zum Nachteil der schönen Industriezweige, mit denen wir das Land beschenkt zu haben uns schmeicheln, das uns jetzt ohne Undankbarkeit nicht einem so ungleichen Kampfe preisgeben kann.“

Josef Schumpeter nannte Bastiat später den „brillantesten Wirtschaftsjournalisten, der je gelebt hat“.  Damit hat er zweifelsohne recht. Denn Bastiat schloss seine Glosse mit einem Aufruf an die Abgeordneten, der heute ebenso an das EU-Parlament und den Deutschen Bundestag gerichtet werden könnte: „Wählen Sie, aber verfahren Sie logisch, denn wenn Sie schon Steinkohle, Eisen, Getreide und ausländisches Gewerbe ausschließen, je mehr sich ihr Preis der Null nähert, wie konsequent würde es da sein, den ganzen Tag lang das Sonnenlicht zuzulassen, dessen Preis gleich Null ist.“