Photo: Tim Green from Flickr (CC BY 2.0)

Die deutsche Regierung hat die Schlacht um die Sozialisierung der Einlagensicherung in der Europäischen Union längst verloren. Sparkassen und Volksbanken, aber auch Privatbanken in Deutschland und letztlich die Einleger bei diesen Banken, haften bald für die Schieflage von Banken in Griechenland, Italien oder Spanien. Lange galt die Institutssicherung der Volksbanken und Sparkassen als rote Linie in den Verhandlungen in Brüssel. Volksbanken und Sparkassen retten dabei nicht den einzelnen Sparer bei der Schieflage eines Instituts, sondern sie stützen das jeweilige Institut in Eigenregie und damit mittelbar auch dessen Einleger und Sparer. Die Logik dahinter ist, dass Sparkassen in Deutschland nicht Volksbanken und Privatbanken im eigenen Land helfen, sondern jede Sparte für sich haftet.

Aus diesem Grund stellen sich die Institute in Deutschland berechtigt die Frage, warum sie und deren Sparer für Banken und deren Sparer in Nikosia, Athen oder Palermo haften sollten, wenn dies nicht einmal im eigenen Land vorgesehen ist? Diese Frage ist sehr berechtigt, denn auf das wirtschaftliche Gebaren in den übrigen Euro-Ländern hat das Genossenschaftsmitglied der örtlichen Volksbank oder der Aktionär eines kleinen Geldhauses in Deutschland gar keinen Einfluss. Und auch der Deutsche Bundestag hat auf die nationale Gesetzgebung in Griechenland, Italien oder Spanien keinen Einfluss. Ob die Finanzaufsicht dort lax, streng oder korrupt ist, kann von hier aus nicht wirklich verändert werden.

Dem geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier wird deshalb vorgeworfen, er würde die Einlagensicherung auf dem Altar der EU opfern. Das stimmt! Denn die Roadmap bis zum Sommer, die er jetzt beim Treffen der Finanzminister in Brüssel vorgeschlagen hat, ist die Fortsetzung des Rückzugsgefechts, das bereits sein Vorgänger Wolfgang Schäuble eingeleitet hat. Altmaier stellt vier Vorbedingungen für die Zustimmung Deutschlands für eine europäische Einlagensicherung auf: Notleidende Kredite sollen im Euroraum weiter abgebaut, die Insolvenzordnungen für Banken im Euro-Raum harmonisiert, Risikopuffer in den Bankbilanzen aufgebaut und der hohe Bestand an Staatsanleihen des eigenen Landes in den Bankbilanzen reduziert werden. Das ist alles richtig und vernünftig.

In Griechenland und Zypern wird fast jeder zweite Kredit nicht mehr oder nicht mehr regelmäßig bedient. Auch in Italien ist das Problem der faulen Kredite besorgniserregend hoch. Im Zweifel wird gerade dort immer wieder ein Auge zugedrückt, wenn es um die Abwicklung von Banken und die Beteiligung der Eigentümer und Gläubiger der Banken geht. Wer viele faule Kredite in der Bilanz hat, muss sie irgendwann wertberichtigen und zu Lasten des Eigenkapitals abschreiben. Doch gerade das Eigenkapital der Banken ist nur mager vorhanden. Schon deshalb flüchten Banken in die Staatsanleihen, insbesondere des eigenen Landes, da hierfür, anders als bei Unternehmenskrediten, kein Eigenkapital bereitgestellt werden muss. Es ist also ein dankbares Geschäft sowohl für die überschuldeten Staaten als auch für die Banken. Erstere werden ihre Anleihen los und Zweitere müssen kein Eigenkapital für den Kauf bereitstellen. Beide sind wie siamesische Zwillinge, die sich gegenseitig brauchen. Wenn das alles nicht hilft, dann hilft die EZB, die bis Ende des Jahres für 2.500 Milliarden Euro Anleihen von Staaten, Banken und Unternehmen gekauft haben wird. Inzwischen ist der Markt dafür fast leergefegt, daher kauft die EZB bevorzugt die Anleihen, die noch verfügbar sind. Das sind die Länder, die ihre Verschuldung weiter ausweiten, also die Problemländer.

Deutschland ist auch deshalb auf dem Rückzugsgefecht, weil die europäische Einlagensicherung auch gegen Deutschland durchgesetzt werden kann. Bereits Anfang 2016 hat der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Rates die von der Europäischen Kommission gewählte Rechtsgrundlage für den Richtlinienentwurf gebilligt. Danach braucht es keine Einstimmigkeit im Europäischen Rat, sondern lediglich eine qualifizierte Mehrheit. Es müssen mindestens 55 Prozent der Staaten also mindestens 15 bei 28 Staaten mit mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU zustimmen. Für eine Sperrminorität sind die Stimmen von mindestens vier Ratsmitgliedern, die mindestens 93 Stimmen im Rat aufbringen, notwendig. Dies gelingt nur, wenn sich ein Teil der bevölkerungsreichen Staaten Frankreich, Spanien oder Italien dem deutschen Widerstand anschließen. Das ist schon deshalb nicht zu erwarten, weil ja gerade diese Länder die Vergemeinschaftung anstreben.

Die Regierung hat bislang versäumt, die Rechtsgrundlage generell anzuzweifeln und dafür Verbündete in der EU zu suchen. Das fällt uns jetzt auf die Füße. Der nächste Schritt des Zentralismus in der EU ist daher vorbereitet. Mit dem ESM wurden erst die Schulden kollektiviert und mit der europäischen Einlagensicherung folgt bald das Sparvermögen. Sobald die neue Regierung in Berlin vereidigt ist, kann die Kommission einen Gang zulegen und muss keine Rücksicht mehr nehmen.

Erstmals veröffentlicht in Tichys Einblick.

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