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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues

Die Schulden der Bundesländer variieren deutlich. Während Bayern und Sachsen sich mit besonders niedrigen Pro-Kopf-Verbindlichkeiten auszeichnen, hat Bremen abgeschlagen die höchsten Schulden. Der Vergleich der Bundesländer zeigt eins: Mehr Schulden sorgen nicht für eine brummende Wirtschaft, anders als es zahlreiche Politikerinnen und Politker auf nationaler und internationaler Ebene immer wieder propagieren.

Die Schulden des deutschen Staates beliefen sich Ende 2016 auf knapp über 2 Billionen Euro oder etwa 64 % des Bruttoinlandsprodukts. Die Bundesländer zeichneten für etwa 30 % der gesamten Schulden des öffentlichen Gesamthaushalts verantwortlich. Die Verschuldungsgrade der Länder unterscheiden sich dabei jedoch zum Teil gravierend. Während Bayern und Sachsen kaum verschuldet sind, wiegt die Schuldenlast für Bremen und das Saarland besonders schwer. Niedrige Schuldenstände in erfolgreichen Bundesländern zeigen, dass „mehr Staatsverschuldung“ nicht Voraussetzung ist, um Bedingungen schaffen zu können, unter denen Menschen ihr Leben erfolgreich selbst in die Hand nehmen.

Deutliche Unterschiede: Schulden der Länder pro Kopf

Die Schulden des Bundes sanken in den vergangenen Jahren und repräsentierten Ende 2016 knapp 63 % der gesamten Schulden staatlicher Körperschaften. 7 % entfielen auf die Kommunen und der Rest auf die Länder, deren Schulden in den letzten Jahren ebenfalls rückläufig waren.

Die Schulden verteilten sich jedoch ungleichmäßig auf die Einwohner der 16 Bundesländer. In Bayern und Sachsen lag die Staatsverschuldung der Landesregierungen bei unter 5.000 Euro pro Einwohner. In Berlin, dem Saarland und Hamburg lag sie pro Kopf bei über 15.000 Euro, in Bremen gar bei über 30.000 Euro.

Neben den Stadtstaaten ist es das kleine Saarland, in dem die Verschuldung des Landes pro Kopf besonders hoch ausfiel. Dass sich die seit Jahrzehnten vom Bund unterstützten Sorgenländer Bremen und das Saarland auch 2016 im Keller wiederfanden, überrascht nicht.

Geografie nicht ausschlaggebend

Ein Blick auf das Verhältnis der Staatsschulden zum Bruttoinlandsprodukt der Länder offenbart, dass Stadtstaaten nicht dazu verdammt sind, eine höhere Staatsschuldenquote als Flächenländer aufzuweisen. Denn Hamburg findet sich bei dieser Betrachtung in der ersten Hälfte wieder.

Auch die Einwohnerzahl scheint nicht ausschlaggebend zu sein. So sind die in Bezug auf ihre Einwohnerzahl relativ kleinen Flächenländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg in der oberen Hälfte wiederzufinden, wohingegen das Saarland auf dem vorletzten Platz landet.

Die Unterschiede zwischen den östlichen und den westlichen Bundesländern scheinen für die Höhe der Staatsschuldenquote ebenfalls nicht maßgeblich zu sein. Sachsen wird nur durch Bayern unterboten, wohingegen das Nachbarland Sachsen-Anhalt mit dem 12. Platz Vorlieb nehmen muss.

Gute Landespolitik bedarf keiner hohen Schulden

Der Vergleich zwischen dem Spitzentrio und den drei höchstverschuldeten Ländern lässt darüber hinaus den Schluss zu, dass eine hohe Staatsverschuldung für eine gelungene Landespolitik nicht notwendig ist.

Auf der einen Seite herrscht in Bayern und Baden-Württemberg derzeit Vollbeschäftigung und Sachsen weist unter den Ost-Flächenländern real das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf. Auf der anderen Seite landet das Saarland in Bezug auf das Einkommen pro Kopf und die Arbeitslosenrate trotz hoher Schulden jeweils im Mittelfeld aller Bundesländer, während das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Berlin trotz Hauptstadtstatus niedriger ist als im Bundesdurchschnitt und die Arbeitslosenrate nur in Bremen noch höher ausfällt als in Berlin.

Zwar ist weder von der Hand zu weisen, dass die Staatsschuldenquoten in Bayern und Baden-Württemberg so niedrig sind, auch weil die wirtschaftliche Situation außergewöhnlich gut ist. Noch ist zu bestreiten, dass die Schuldenstände in Berlin und Bremen so hoch sind, auch weil die wirtschaftliche Situation in diesen Ländern relativ schlecht ist. Allerdings spricht ebenfalls nichts dafür, dass durch hohe Schulden finanzierte Staatsausgaben notwendig sind, um Voraussetzungen zu schaffen, die Menschen ihr Leben selbst erfolgreich gestalten lassen.

Staatsschulden: Skepsis ist stets angebracht

Angesichts der Verschuldungssituation der verschiedenen Bundesländer ist stets Skepsis angebracht, wenn Vertreter ihrer Regierungen sich für zusätzliche schuldenfinanzierte Staatsausgaben aussprechen. Selbiges gilt für die Regierungsvertreter von Nationalstaaten. Auch hier haben die jüngsten Erfahrungen in der Eurozone verdeutlicht, dass hohe Staatsschulden für das Wohlergehen der Bevölkerung eines Landes nicht notwendig sind, sondern wie in Portugal, Griechenland und Italien vielmehr Ausdruck einer verfehlten Politik sein können.

Zuerst erschienen bei IREF.

Photo: Arallyn! from flickr (CC BY 2.0)

Deutschland lebt von der Substanz. Nach Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln sind 27,4 Prozent der Schienenwege, 39,4 Prozent der Straßen und Brücken und 53,2 Prozent der Wasserstraßen älter als 30 Jahre. Über Jahre wurden die Investitionsmittel zurückgefahren. Noch heute liegen die realen Investitionen in die Fernstraßen unter dem Niveau des Jahres 2008. Seit 25 Jahren dümpelt die Investitionsquote des Gesamtstaates bei rund 2 Prozent dahin. Selbst die Anlageinvestitionen der Wirtschaft sind, den Werteverzehr berücksichtigend, von 9,3 Prozent (1991) auf 2,8 Prozent (2017) zurückgegangen. Private Investitionen in den Wohnungsbau nehmen zwar derzeit wieder zu, sie liegen aber immer noch unter dem Niveau der 1990er Jahre. Real sinkt der Kapitalstock in Deutschland wahrscheinlich derzeit.

Die öffentliche Wahrnehmung ist dagegen eine ganz andere. Wahrscheinlich ist es der relative Vergleich zu den anderen. Es herrscht eine allgemeine Zufriedenheit über den Standort Deutschland. Nach Zahlen des Instituts Allensbach halten 87 Prozent der Befragten den Standort Deutschland für „gut“ oder „sehr gut“ und lediglich 8 Prozent für „weniger gut“ oder „gar nicht gut“. Daher glauben auch 74 Prozent der Bevölkerung, dass Deutschland in 10 und 15 Jahren noch zu den führenden Wirtschaftsnationen gehören wird und 68 Prozent glauben sogar, dass Deutschland in dieser Zeit ökonomisch an Bedeutung gewinnen wird. Soviel Optimismus war selten. Und so viel Diskrepanz zur realen Wirklichkeit auch. Doch es gilt: Müßiggang ist aller Laster Anfang. Sattheit macht blind für die Zukunft. Die Erklärung dafür hat sehr viel mit der gemeinsamen Währung, dem Euro, zu tun.

Der real existierende Euro geht Deutschland an die Substanz. Er führt dazu, dass Deutschland Risiken außerhalb des Landes übernimmt, um insbesondere im Euroraum öffentliche und private Investitionen zu finanzieren. Durch die Nullzinspolitik der EZB werden unterschiedliche Risiken und deren Bepreisung innerhalb des Euro-Raumes nivelliert. Es ist egal, ob Investitionen in Italien, den Niederlanden oder Deutschland stattfinden. Sie sind in den Augen der EZB und der Finanzmärkte fast gleich sicher.

Auch das Zahlungssystem Target II der EZB dokumentiert diesen Umstand. Innerhalb des Target II-Systems hat die Bundesbank 923 Mrd. Euro Forderungen gegenüber anderen Notenbanken des Euro-Systems. Diese Forderungen werden bekanntlich nicht ausgeglichen, sondern unendlich fortgeschrieben. So ist es auch mit dem Europäischen Stabilitätsmechnismus ESM. Auch er verzerrt letztlich die Realität. Er vergemeinschaftet einen Teil der Schulden in der Eurozone. Die geplante europäische Einlagensicherung EDIS soll zusätzlich die Haftung bei Bankenschieflagen vergemeinschaften und dies die Einleger in der ganzen Euro-Zone bezahlen lassen. Auch dies schleift die Substanz.

Aus diesem Grund reicht sparen bei den öffentlichen Haushalten in Deutschland alleine nicht aus. Was nützt es in Deutschland, die öffentliche Verschuldung abzubauen, wenn gleichzeitig ex- und implizite neue Schulden im Euro-Raum übernommen werden. Unterm Strich steigt der Schuldenberg in Deutschland und die Infrastruktur wird noch schlechter.

So wichtig es ist, dass Kommunen, Länder und der Bund zurückhaltend mit dem Aufwuchs der Ausgaben sind, so entscheidend ist, dass verstärkt Investitionen in Deutschland notwendig sind. Hier bilden die Wähler und die politische Ebene noch am Ehesten eine Einheit. Hier fallen Haftung und Verantwortung noch am Wenigsten auseinander. Innerhalb der Euro-Zone ist dies nicht der Fall. Auf die Entscheidungen in Italien, Portugal oder Spanien hat der Bürger in Deutschland keinen Einfluss. Das ist gut und richtig so. Doch entscheidend ist dann aber auch, dass die Bürger in Deutschland nicht für die (Fehl-)Entscheidungen dort herangezogen werden dürfen. Viele dieser oben beschriebenen Konstruktionsfehler der Euro-Zone können nicht von heute auf morgen beseitigt werden. Sie können abgemildert, verändert oder wie bei EDIS verhindert werden.

Daher muss eine deutsche Regierung im eigenen Land das Beste daraus machen. So wichtig es ist, die staatliche Infrastruktur zu ertüchtigen, entscheidend sind die Rahmenbedingungen für private Investitionen. Sie übersteigen in einer Marktwirtschaft die öffentlichen Investitionen um ein Vielfaches. Wer den Verfall der Substanz in Deutschland daher verhindern will, muss Bürger und Unternehmen entlasten und sie damit einladen, hier zu investieren. Das sichert dauerhaft unseren Wohlstand für uns alle.

Erstmals veröffentlicht bei Tichys Einblick.

Photo: Van Gogh „Weber am Webstuhl“ (1884), gemeinfrei

In der deutschen Politik wird gerne gejammert: über Ungleichheit und Fremde und Neid. Rechts wie links wird der Eindruck erweckt, früher wäre alles besser gewesen. Das ist grundfalsch. Es ist an der Zeit für eine neue Fortschrittsbewegung.

Früher war alles besser?

Warum denken so viele Menschen in Deutschland, dass „früher alles besser war“? Der Wohlstand wächst seit Dekaden, unterbrochen nur von Episoden internationaler Krisen. Noch nie waren Güterausstattung, Lebenserwartung und Mobilität in Deutschland so gut wie heute. Es muss also darin liegen, könnte man meinen, dass all die positiven Informationen schlicht nicht durchdringen. Doch des Pudels Kern ist: so richtig sie sind, selbst wenn die Argumente durchdringen, erzeugen sind doch allenthalben Abwehrverhalten. Stichworte: Lügenpresse, Elitendenken, Fake News. Was sind die Ursachen der allgegenwärtigen Vergangenheitsverherrlichung?

Dauerndes Gejammer über Ungleichheit und das Fremde

Im Grunde bestimmen insbesondere zwei Themen das Lamento über die aktuelle Situation in Deutschland. Von linker Seite wird das Gefühl propagiert, weite Teil der Gesellschaft würden „abgehängt“, während sich die Champagner-Elite auf Kosten der ehrlichen Leute eine Yacht nach der anderen kaufe. Die rechte Seite des politischen Spektrums, traditionell häufig ein wenig wirtschaftsfreundlicher, hat ein anderes Feindbild: Das Fremde. Hier sind es nicht die Reichen, sondern Flüchtlinge und ausländische Konzerne, die dem ehrlichen Deutschen Arbeit, Wohlstand und vor allem die Leitkultur stehlen.

Klar ist: weder wird Deutschland zu einem kultur- und rechtslosen Raum, weil es eine ohne Frage große organisatorische Leistung vollbringt und natürlich auch gewisse Risiken eingeht, indem es über eine Million hilfesuchende Menschen aufnimmt. Klar ist auch, dass von Wirtschaftswachstum und marktwirtschaftlichen Regeln alle Teile der Gesellschaft profitieren. Gerade auch die Ärmsten. Trotz der unterschiedlichen Feindbilder, sind Motivation und vor allem Lösungsansätze beider Seiten des Spektrums eng verwandt.

Fantasieprobleme führen zu echter sozialer Spaltung und Empörungspolitik

Die Motivation ist der Neid. Dabei ist es vollkommen unerheblich, ob Björn Höcke und Katja Kipping diese Missgunst auch selber empfinden, oder ob sie sie nur schüren, um im politischen Wettbewerb besser gehört zu werden. Am Ende steht die soziale Spaltung als Ergebnis einer Solidarisierung mit der gefühlt moralisch haushoch überlegenen Gruppe, die den vom Staat bevorzugten Eliten oder Migranten geradezu hilflos ausgeliefert sei. Doch nicht durch das Gefühl der moralischen Erhabenheit macht diese Strömungen so attraktiv, es sind die einfachen Lösungen. Es sind Lösungen wie „Reiche besteuern!“ oder „Kriminelle Ausländer abschieben!“.

Doch einfache Lösungen sind häufig zu kurz gedacht. Sie befriedigen einen Impuls der aufgestachelten Massen und verkennen dabei die langfristigen und fast immer negativen externen Effekte. Der französische Ökonom Frédéric Bastiat (1801-1850) sah genau darin das Problem einfacher Lösungen:

Dies ist der ganze Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Ökonomen: Der eine klebt an der sichtbaren Wirkung, der andere berücksichtigt sowohl die Wirkung, die man sieht, als auch diejenige, die man vorhersehen muss. Aber dieser Unterschied ist enorm, denn es ist fast immer so, dass die unmittelbare Folge günstig ist und die letztendlichen Folgen unheilvoll und umgekehrt.

Am Ende führen die Fantasie-Probleme nicht nur zu echter sozialer Spaltung, sondern im schlimmsten Fall zur Umsetzung verheerender Politik: Aus Neid wird Abschottung, aus Missgunst Fortschrittsfeindlichkeit.

Der Fortschritt sollte wieder zur gesellschaftlichen Strömung werden

Was kann die adäquate Antwort der Verfechter einer offenen Gesellschaft auf die Neid-Politik von rechts und links sein? Gesellschaftliche Strömungen entstehen dadurch, dass sie immer und immer wieder aufgegriffen werden. Mit vereinzelten Hinweisen auf Fakten wie den steigenden Wohlstand wird nur Abwehrverhalten erzeugt. Stattdessen wäre es an der Zeit, den Glaube an den Fortschritt wieder zu einer gesellschaftlichen Strömung zu erheben. Ahnlich wie in der Zeit der industriellen Revolution, die große Teile der Bevölkerung aus Subsistenzwirtschaft und Armut befreite. Gründe dafür gibt es genug:

In den letzten 200 Jahren hat die Weltbevölkerung eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts wuchsen Bevölkerung und Lebensstandard kaum. Eine hohe Kindersterblichkeit, Hunger und eine geringe Lebenserwartung waren der Alltag der Menschen. Seit 1800 hat sich der Lebensstandard der Weltbevölkerung verfünfundvierzigfacht, bei gleichzeitig stetig wachsender Weltbevölkerung.

 

Charles I. Jones: “The Facts about Economic Growth” (2015) NBER Working Paper Series

Dieses Fortschritts-Wunder fußt auf genau dem, was ein wirrer Thüringer Ex-Geschichtslehrer und eine Stalinistin mit nationalen Vorlieben am liebsten beseitigen wollen: auf einer marktwirtschaftlich organisierten, offenen und pluralen Gesellschaft. Halten wir an diesen Institutionen fest, gibt es keinen Grund, warum das Fortschritts-Wunder nicht anhalten sollte. Dem Club of Rome zum Trotz: Ein Ende der absoluten Armut ist absehbar und wir müssen uns vor immer weniger Krankheiten fürchten.

Am Ende geht es aber auch darum, Alternativen anzubieten zum spalterischen Gejammer von rechts und links. Die Besinnung auf den Fortschritt, auf die eigene und die gesellschaftliche Entwicklung, ist dann hoffentlich sogar ein wirksames Mittel gegen den lodernden Populismus in der deutschen Politik.  Statt wehmütig in eine verklärte Vergangenheit zurückzublicken, sollten wir also die Zukunft in den Fokus nehmen, mit all ihren Herausforderungen. Keine neue Erkenntnis, sagte doch schon Seneca: „Es ist schon ein großer Fortschritt, den Willen zum Fortschritt zu haben.“

 

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus. 

Der Bundesbankgewinn wird zunehmend zum Politikum. Der Bund nutzt die Einnahmen mittlerweile wie eine Steuereinnahme. Doch der Gewinn einer Notenbank ist kein herrkömmlicher Gewinn, denn Geldschöpfung ist kein produktiver Akt. Der Überschuss führt dazu, dass die Geldmenge ausgeweitet wird. Nachhaltiger und transparenter für die Bürgerinnen und Bürger wäre deshalb, wenn die Bundesbank den Gewinn direkt vernichten würde.

Als im Frühjahr 2017 der Bundesbankpräsident Jens Weidmann einen merklich niedrigeren Gewinn der Bundesbank für das Jahr 2016 verkündete, wurde dieser Umstand in den Medien sehr bedauert. Auch Finanzminister Schäuble zeigte sich nicht gerade begeistert. Laut Bundesbankgesetz ist der Gewinn der deutschen Zentralbank an den Bund abzuführen. Ein hoher Gewinn der Bundesbank scheint erstrebenswert zu sein, trägt dieser doch zur Finanzierung staatlicher Leistungen bei. Da durch den Transfer der Geldeinheiten von der Zentralbank an den Bund kein realer Wert geschaffen wird, ist die Vorteilhaftigkeit für den Bürger jedoch fraglich.

Bundesbankgewinne: Entstehung

Wie auch andere Unternehmungen erzielen Zentralbanken Umsätze mit den Gütern und Dienstleistungen, die sie ihren Kunden zur Verfügung stellen. Zentralbanken stellen das Gut „allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel“ bereit – wir nennen es Geld. Direkt kommen Zentralbanken nicht mit ihren Endkunden, den Haltern und Nutzern des Geldes, in Kontakt, sondern mit Geschäftsbanken, die das Geld weiterreichen.

Zentralbanken vergeben an Geschäftsbanken Kredite. Im Gegenzug hinterlegen diese Sicherheiten und zahlen Zinsen an die Zentralbanken. Die Zinseinnahmen der Zentralbanken aus diesen Krediten und Zinsen auf andere von ihnen gehaltene Vermögenswerte sind ihre Haupteinnahmequelle. Im Jahr 2016 beliefen sich die Einnahmen der Deutschen Bundesbank aus Zinsen auf ca. 3,7 Milliarden Euro.

Die Kosten für die Bereitstellung einer zusätzlichen Einheit Geld belaufen sich für eine Zentralbank, die nicht durch reale Vermögenswerte gedecktes Geld ausgibt, auf etwa null. Eine mit einem Monopol auf die Notenausgabe ausgestattete Zentralbank ist also in der komfortablen Situation, durch die Ausgabe zusätzlichen Geldes Einnahmen zu erzielen, während ihre Grenzkosten für die Notenausgabe nahe null sind. Historisch haben die potentiell hohen Gewinne monopolistischer Geldproduktion schon früh Begehrlichkeiten bei Vertretern des Staates geweckt.

In Deutschland entstehen Zentralbankgewinne nicht nur bei der Bundesbank. Die Bundesbank ist Teil des Systems der europäischen Zentralbanken. In diesem System werden Aufgaben zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken aufgeteilt. Einige Geschäfte und die damit verbundenen Einnahmen fallen in den Bereich der nationalen Zentralbanken, andere fallen in den der EZB. Der größte Teil der konventionellen und unkonventionellen Geldpolitik wird von den nationalen Notenbanken abgewickelt, daher sind deren Einnahmen auch ergiebiger als die der EZB. So kaufen und halten nationale Notenbanken im Rahmen der unkonventionellen Geldpolitik 92% der Wertpapiere. Über den Gewinn, den die nationalen Zentralbanken erwirtschaften, können sie unmittelbar verfügen. Der Gewinn der EZB wird nach einem festen Schlüssel auf die nationalen Zentralbanken verteilt. So speist sich der jährlich überwiesene Bundesbankgewinn an den Bund aus den direkten Gewinnen der Bundesbank und ihrem Anteil am Gewinn der EZB.

Auszahlung an den Bund erhöht Geldmenge

Schüttet die Deutsche Bundesbank Gewinne an den Bund aus, erhöht sich die umlaufende Geldmenge. Dadurch verlieren alle bereits umlaufenden Euro etwas an Kaufkraft. Mehr Geldeinheiten jagen dieselbe Anzahl von Gütern. Es kann zu einem Anstieg des Preisniveaus kommen.

Die potentiell expansive Wirkung der Ausschüttung des Bundesbankgewinns an die Bundesregierung ist bekannt. So wurde 1984 der Gewinn der Bundesbank nur ratenweise ausgezahlt, damit die Bundesbank die zusätzlich entstandene Geldmenge besser an anderer Stelle wieder „einsammeln“ konnte.

Ausschüttung erhöht Einfluss des Bundes

Obwohl der Begriff Zentralbankgewinn den Eindruck vermittelt, durch die Ausschüttung werde etwas „gewonnen“, wird durch den Transfer kein Wert geschaffen. Es wird nichts produziert, wenn die Bundesbank die Mittel an den Bund überträgt. Es stehen somit keine zusätzlichen Güter und Dienstleistungen bereit.

Durch die Ausschüttung des Gewinns der Bundesbank an den Bund wird jedoch zusätzliche Kaufkraft an den Bund übertragen. Der Bund hat somit relativ zu privaten Haushalten und anderen staatlichen Einrichtungen durch die Ausschüttungen mehr Einfluss auf die Verwendung von Ressourcen hierzulande.

Der Bund könnte dem entgegenwirken, indem er auf Steuereinnahmen oder Neuverschuldung im Umfang des Bundesbankgewinns verzichtet. Eine derartige Zurückhaltung war in den letzten Jahrzehnten allerdings nicht wahrzunehmen. Vielmehr werden die Gewinnausschüttungen von der Bundesregierung anscheinend schlicht als zusätzliche Steuereinnahmen wahrgenommen.

Mehr Staatseinfluss nicht wünschenswert

Zum einen sollte die Höhe des Gewinns der Bundesbank den Einfluss des Bundes auf die Ressourcenverwendung nicht beeinflussen, weil das Ausmaß (bundes)staatlicher Aktivität Resultat des demokratischen Prozesses sein sollte, der auch eine transparente Darlegung der Finanzierung staatlicher Aktivität ermöglicht.

Zum anderen ist ein durch den Bundesbankgewinn determinierter zusätzlicher Einfluss des Bundes aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive nicht wünschenswert, weil auch der deutsche Staat nicht gerade bekannt dafür ist, Ressourcen außerhalb seiner Kernaufgaben effizienter einzusetzen als private Akteure. Das ist nicht sonderlich überraschend. Private Akteure haben einen Anreiz, mit Ressourcen sorgsam umzugehen, da sie im Erfolgsfall Gewinne erzielen und bei Misserfolg Verluste erleiden. Politiker und Angestellte des Staates hingegen müssen in der Regel negative Konsequenzen nicht selbst tragen und profitieren materiell nicht von Erfolgen.

Bundesbankgewinn vernichten

Würde die Bundesbank den Jahresgewinn nicht an den Bund überweisen, sondern den Gewinn schlicht „vernichten“, würden alle Halter von Geld davon profitieren. Der Wert der gehaltenen Banknoten würde in diesem Fall nicht durch die zusätzlichen Euros geschmälert und der bundesstaatliche Einfluss auf die Verwendung von Ressourcen nicht ausgeweitet..

Liefe in Deutschland weiterhin die vornehmlich von Inländern gehaltene D-Mark um, wäre die „Vernichtung“ des Bundesbankgewinns aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive eindeutig zu empfehlen. Im Kontext der gemeinsamen Währung im Euro-Raum ist die Situation verzwickter.

Euro-Gleichgewicht: Bundesbankgewinn ausschütten

Von der Vernichtung des Bundesbankgewinns würden alle Eurohalter profitieren. Diese sind außerhalb Deutschlands vor allem im Eurozonenausland zahlreich.

Nutzt die Bundesregierung den Gewinn der Bundesbank, tragen die Einwohner Deutschlands als eine Gruppe von Eurohaltern nur einen Teil der Verluste durch Kaufkrafteinbußen. Zugleich profitieren sie als Einwohner potentiell zumindest teilweise vom stärkeren Einfluss auf die Ressourcenverwendung des Bundes. Denn dessen Kaufkraft erhöht sich nicht nur relativ zu privaten Haushalten und anderen staatlichen Einrichtungen in Deutschland, sondern auch relativ zu Akteuren der gesamten Eurozone.

Im gemeinsamen Währungsraum ist es folglich wahrscheinlicher, dass nicht nur aus der Perspektive der Staatsvertreter, sondern auch aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive der einzelnen Staaten die Ausschüttung der Zentralbankgewinne an die jeweiligen Regierungen wünschenswert ist.

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht der Eurozone als Ganzes hingegen wäre es vorzuziehen, wenn keine der nationalen Notenbanken ihre Gewinne an ihre jeweilige Regierung überweisen würde. So würde der Staat in allen Mitgliedsländern seinen Einfluss mittels der Gewinne aus der Notenausgabe nicht ausweiten können und müsste sich auf die transparenteren Instrumente Steuereinnahmen und Schuldenaufnahme beschränken.

Eine europäische Lösung

Solange in den übrigen Mitgliedsländern Zentralbankgewinne an Regierungen transferiert werden, ist verständlich, dass die Bundesbank dies auch tut. Es muss also eine europäische Lösung her – wie es so oft heißt: Die Europäische Zentralbank könnte ihren Gewinn direkt vernichten und alle dem Eurosystem zugehörigen nationalen Zentralbanken könnten dazu verpflichtet werden, ihre Gewinne ebenfalls zu vernichten, um sie vor dem Zugriff von Politikern zu schützen. Wie so oft wird diese potentielle europäische Lösung vermutlich nur ein Gedankenexperiment bleiben.

Zuerst erschienen bei IREF.

Photo: Ur Cameras from flickr (CC 0)

Es soll niemand sagen, das billige Geld der EZB würde nicht wirken. Es wirkt sehr wohl. Es erhöht zwar nicht die Inflation – wie von Mario Draghi erhofft. Doch wer die aktuellen Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst anschaut, ahnt, dass auch das nur eine Frage der Zeit ist. Die Inflationsmessung ist eh ein schwieriges Feld, das hat sehr unterschiedliche Gründe. Einer ist die Definition. Der eingebaute technische Fortschritt verfälscht die Höhe, die Zusammenstellung des Warenkorbes ist kritikwürdig und das Nichtberücksichtigen der Vermögenspreisentwicklung ist einseitig.

Das billige Geld erhöht auch den Einfluss des Staates. Seine Zinsausgaben sinken und die Steuereinnahmen steigen. Die Wirtschaft ist wie angefixt und ruft nach immer mehr billigem Geld. Das lässt einen Scheinwohlstand entstehen, der sich auch bei den Steuereinnahmen bemerkbar macht. Allein der Bund hat in den letzten 10 Jahren 81 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern eingenommen. Ein sattes Plus von 35 Prozent. Bis 2021 kommen nochmals 33 Milliarden Euro hinzu. Gleichzeitig verteilt der Staat immer mehr um. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat das jetzt untersucht. Im vergangenen Jahr wurden die Finanzhilfen des Bundes um über 10 Prozent, auf insgesamt 55 Mrd. Euro erhöht. Die Steuervergünstigungen beziffert das Institut für Weltwirtschaft auf 62 Milliarden Euro. Insgesamt summiert sich der Kieler Subventionsbericht auf 117 Milliarden Euro.

Das Spiel des billigen Geldes geht schon viel zu lange. Seit 2009 hat die Europäische Zentralbank ihren Leitzins auf unter 2 Prozentpunkten gesenkt, seit 2012 unter 1 Prozentpunkt und seit März 2016 bei null festgesetzt. Diese Zinssenkungen der EZB dürfen nicht ohne ihr Anleihenkaufprogramm für Schulden von Staaten, Banken und Unternehmen gesehen werden. Bis September dieses Jahres wird die EZB dafür 2.500 Milliarden Euro frisches Geld in den Markt gepumpt haben. Von interessierter Seite wird behauptet, dies hätte nur einen geringen Einfluss auf den langfristigen Zins. Wenn es so wäre, könnte die EZB die Zinswende ja einleiten. Doch sie fürchtet die Zinswende, wie der Teufel das Weihwasser. Mit Recht. Käme sie, hätte Italien ein Problem und Griechenland stünde vor einem neuen Hilfsprogramm. Doch nicht nur Italien und Griechenland, sondern auch manche Ruhrgebietskommunen könnten ihre Kassenkredite, die sie derzeit faktisch ohne Zinsen bekommen, nicht mehr bedienen. Alle hätten ein Problem.

Da ist es doch viel einfacher, die üppigen Gelder in den Haushalten gönnerhaft zu verteilen. 2009 betrug der Rentenzuschuss des Bundes noch 78,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 wird die magische Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten. Dann beträgt der Zuschuss bereits 103,3 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung ist inzwischen bei 14,5 Milliarden Euro. 2001 waren es noch eine Milliarde Euro. Die Förderung der Elektromobilität schlägt mit 400 Mio. Euro zu Buche, was schon fast bescheiden ist. Die Finanzhilfen für die Land- und Forstwirtschaft und die Fischerei sind mit 2,7 Milliarden Euro von Seiten des Bundes und mit 5 Milliarden Euro von Seiten der EU dabei. Für alles gibt es eine Begründung, die mal sinnvoller und mal weniger einleuchtend ist. Doch eines ist klar, der Finanzminister ist ein Glückspilz. Er kann aus Wasser Wein machen, aus Stroh Gold und aus billigem Geld Wohlstand für uns alle. Egal wie er aktuell heißt, ob Schäuble, Scholz oder „Sonst wie“. Er ist beliebt bei den Subventionsempfängern, bei den Gehaltsempfängern des öffentlichen Dienstes, bei den Sozialpolitikern und selbst bei den Haushaltspolitikern. Alle sind zufrieden und glücklich.

Man klopft sich gegenseitig auf die Schulter, lobt und preist sich. Doch die Kollateralschäden werden immer deutlicher. Das Hamsterrad dreht sich nur, wenn die Zinsen weiter niedrig bleiben. Mario Draghi könnte, selbst wenn er wollte, die Zinswende gar nicht mehr ernsthaft einleiten. Er wird leichte Zinserhöhungen auch mal austesten. Kleine Trippelschritte können wir erwarten. Doch der Markt wird ihn schnell eines Besseren belehren. Er kann nicht mehr agieren, sondern nur noch matt reagieren. Es ist schon lange ein „lame duck“.

Das ist die Konsequenz aus der Manipulation des Zinses. Wird der Preis für Geld vernichtet, fehlt der wichtigste Indikator in einer Marktwirtschaft. Investitionen werden fehlgelenkt. Sonst erfolgte Korrekturen finden nicht mehr oder zu spät statt. Zombiebanken und Zombieunternehmen werden halbtot weiter beatmet. Geld ist ja genug da. Dabei wird der Staat immer fetter und die Bürger merken es nicht einmal. Es herrscht Geldsozialismus. Nicht ohne Grund soll Lenin gesagt haben: „Wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“