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Zwischen zwei Weltkriegen, als die Moderne ihren Triumph feierte und bevor es die Nationalsozialisten an die Macht schafften, ja, da gab es einen Augenblick in der Geschichte, in dem man wirklich frei fühlen konnte: Die „Goldenen Zwanziger“. Dieses Gefühl zieht sich zumindest durch Hemingways Memoiren.
Der Autor beschreibt in dem Buch sein Leben im Paris der 20er Jahre und seinen Weg zum Schriftsteller. Dabei begegnet er Gertrude Stein und ihrer Lebensgefährtin, bringt einem Bekannten Opium, fährt mit Scott Fitzgerald in einem kaputten Wagen durch Frankreich und lernt, anders zu schreiben als es die Schriftsteller vor ihm getan haben. Hemingway wollte mit dem Buch diese prägende Zeit einfangen und seine Freunde verewigen, aber er fängt damit auch einen Freiheitsgeist ein, der uns heute noch beflügeln kann.

Eines der spannendsten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, ist „Not Born Yesterday: The Science of Who We Trust and What We Believe“ des französischen Kognitionswissenschaftlers Hugo Mercier. Er beschäftigt sich in seiner Forschung mit der Frage, wie leicht Menschen verführbar und manipulierbar sind, und geht somit einem Narrativ auf den Grund, das im Zeitalter von Populismus und Extremismus besonders häufig verwendet wird. Dabei stehen seine Erkenntnisse oft quer zu den Intuitionen, die man zu diesem Themenkomplex hat – und die womöglich auch geprägt sind von beständig wiederholten Standarderzählungen. Kurz: der Mensch geht viel weniger auf den Leim als man denkt.

Eine Anekdote war für mich besonders lehrreich: Im Jahr 1969 kam in der Stadt Orleans das Gerücht auf, dass junge Mädchen in den Umkleidekabinen von Modegeschäften entführt und in die Zwangsprostitution gebracht würden; bald wurde auch noch eine antisemitische Komponente sichtbar. Das Gerücht erfasste die Stadt und in Windeseile das ganze Land. Aber am Ende hatte es nur die Funktion einer gut erzählbaren Geschichte und wurde nicht ernstgenommen. Das lässt sich daran erkennen, dass keiner sein Verhalten entsprechend umstellte. An den Taten von Menschen kann man in der Regel viel besser erkennen, wie ernst sie ein Problem wirklich nehmen, als nur an ihren Worten.

Photo: Amazon Prime

In den letzten Wochen, unterwegs zwischen Berlin und meinem Wohnort in den USA, fand ich endlich Zeit, die dritte Staffel der Amazon-Serie „Clarkson’s Farm“ zu schauen. Diese Dokumentation, die den aus Auto-Shows wie „Top Gear“ und „The Grand Tour“ bekannten Moderator Jeremy Clarkson in seinem neuen Leben als Farmer im britischen Oxfordshire zeigt, ist genau das Richtige, um angesichts der oben beschriebenen Lage nicht den Mut zu verlieren. Im Kern erzählt die Serie von Clarkson’s „Learning by Doing“ Entwicklung zum Landwirt, nachdem er zu Beginn der ersten Staffel von London auf seinen neuen Bauernhof zieht. Authentizität, unübertroffener britischer Humor und ansteckender Unternehmergeist machen die Serie zu einem meiner absoluten Favoriten.

Beinahe täglich denkt sich Clarkson etwas Neues aus, um der wie viele kleinere Höfe ums finanzielle Überleben kämpfenden Farm neue Einkommensquellen zu erschließen: Rinder, Schweine, Schaf- und Ziegenhaltung, Restaurants, Pilzzucht, ökologische Landwirtschaft – ja, sogar Brennnessel-Suppe. Vieles davon scheitert glorreich und erinnert daran, dass Clarkson als gemachter Mann nicht wirklich auf Erfolg angewiesen ist. Doch wenn ihm etwas gelingt, dann ruft er stets voller Begeisterung: „I did something!“ Und man nimmt ihm ab, dass ihm sein Betrieb, die Tiere und die oft urkomischen Landeier, die ihn umgeben, wirklich am Herzen liegen.

Es klingt kaum vorstellbar, dass eine Doku über einen britischen Bauernhof zum „Bingen“ einlädt, doch genau das schafft „Clarkson’s Farm“. Clarksons Tatendrang, seine Lust am Aufbauen und seine Empathie für Mensch und Tier sind einfach ansteckend. Und wenn uns als Menschen etwas ausmacht, dann doch die „I did something“-Momente.

Unser Namenspatron Prometheus bekommt gerade eine große Bühne. Auf Netflix wurde Ende August die britische Serie „Kaos“ veröffentlicht. Den Machern ist es gelungen, die antike Götter- und Mythenwelt bild- und erzählgewaltig in ein modernes Setting zu übertragen. Das tragikomische Epos, das sich in einem Gewirr aus unausgewogenen Emotionen, unabänderlichen Schicksalswendungen und unausgegorenen Lösungsversuchen entfaltet, nimmt den Zuschauer mit auf eine ganz herrliche Reise, in der die Zeitlosigkeit und die Jahrtausende sprengende narrative Prägekraft der alten Erzählungen deutlich wird. Inmitten dieses Chaos ist ausgerechnet der Charakter des Prometheus die Stimme der Vernunft und zugleich derjenige, der am meisterhaftesten mit dem Schicksal zu spielen weiß.

Die Serie ist prominent besetzt mit Schauspielern, die Freude an der genialen Burleske haben: Jeff Goldblum (Jurassic Park, The Grand Budapest Hotel) als Zeus, Janet McTeer (Ozark) als Hera, David Thewis (Harry Potter) als Hades und Stephen Dillane (Game of Thrones) in der Rolle unseres Namenspatrons. Ein wirkliches Sehvergnügen bei weitem nicht nur für Antike-Nerds. Wir hoffen natürlich auch deshalb auf eine zweite Staffel, weil wir gerne erfahren wollen, wie es Prometheus gelingt, weiter durch die Wirren zu lavieren …

Photo: BarthHaas from Latinometrics

Meine Empfehlung für alle Zahlen-Nerds und Lateinamerika-Freunde: Der X-Account Latinometrics (auch auf LinkedIn, als Website und andernorts) liefert regelmäßig faszinierende, visuell aufbereitete Statistiken rund um die Ökonomie Lateinamerikas. Die Meldungen bieten mir immer eine willkommene Abwechslung in meinem News-Feed – und passen hervorragend zu Themen wie Freihandel.

Besonders spannend fand ich diesen kürzlich veröffentlichten Thread –  wer hätte gedacht, dass Mexiko seit 2010 mit 35 Prozent der weltweit größte Bier-Exporteur ist? Bier ist eine Milliardenindustrie, und Lateinamerika spielt eine Schlüsselrolle in der globalen Produktion. Während China der größte Produzent ist, gehören inzwischen auch Brasilien und Mexiko mit fast 15 Milliarden Litern jährlich zu den führenden Biernationen. Bemerkenswert ist jedoch der Export: Mexiko dominiert den Weltmarkt und trägt mit über 6 Milliarden US-Dollar mehr als ein Drittel zu den globalen Bierexporten bei. Marken wie Corona und Modelo sind weltbekannt, was nicht zuletzt auf strategische Übernahmen großer Brauereien zurückzuführen ist. So hat Heineken 2010 die Cervecería Cuauhtémoc übernommen, und 2014 kaufte die belgische Anheuser-Busch InBev die mexikanische Grupo Modelo. Mexiko ist damit nicht nur Produktionsstandort, sondern eine zentrale Drehscheibe des weltweiten Bierhandels.