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Photo: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag from Flickr (CC BY 2.0)

Ein Chlorhühnchen nach dem anderen wird wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf gejagt. Neben dem guten Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, zahlt sich das für die großen Panikmacher auch finanziell aus. Wieviel „Profitgier“ steckt in der Hysterie-Industrie?

Ein blühendes Geschäft

Campact, Attac, Greenpeace, Deutsche Umwelthilfe – die Bilanzen dieser Unternehmen lesen sich respektabel: Greenpeace nahm im letzten Jahr 57,7 Mio. Euro ein, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) folgt mit 8,3 Mio., Campact mit 7 Mio. und schließlich Attac mit 1,8 Mio. Die DUH, Campact und sogar Attac fallen damit gemäß der Definition des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn in die Kategorie „mittlere Unternehmen“, während Greenpeace sogar als Großunternehmen gilt. Das Geschäft blüht: Campact etwa hat seine Einnahmen von etwa 2 Mio. in den Jahren 2011 und 2012 auf die 7 Mio. heute kontinuierlich und eindrucksvoll gesteigert.

Wie sich die einzelnen Kampagnen-Unternehmen finanzieren, unterscheidet sich durchaus. Am dubiosesten ist sicherlich die DUH unterwegs. Als sie vor einigen Jahren eine Kampagne zur Dieselfilter-Pflicht durchführten, wurde öffentlich, dass sie von Partikelfilterherstellern 100.000 Euro eingesammelt hatten. Neben diesen blanken Lobbyismus tritt dann noch die klassische Abmahn-Abzocke gerade von kleinen mittelständischen Unternehmen, wodurch im letzten Jahr 2,3 Mio. Euro direkt in ihre Kassen flossen. Im Jahresbericht wird diese Masche dann blumig umschrieben mit den Worten „Hinzu kommen Einnahmen des Verbraucherschutzes, die zum größten Teil aus der Kontrolle von Unternehmen stammen, die gegen die Regeln der Energieverbrauchskennzeichnung verstoßen haben.“

Der einfache Bürger öffnet sein Portemonnaie

Greenpeace und Campact nutzen solche Methoden nicht und finanzieren sich fast ausschließlich aus Spenden. Sie nehmen – das hat durchaus Anerkennung verdient – weder Gelder von der Industrie noch von der öffentlichen Hand. Attac schreibt auf seiner Website, dass sie sich „bei größeren Projekten auch durch die Akquise von Drittmitteln (öffentliche, kirchliche oder private Förderorganisationen)“ finanzieren. Ihre Finanzberichte weisen das freilich nicht auf. Prinzipiell könnte man den Impuls, sich durch Kleinspenden die Unabhängigkeit zu bewahren, für sehr lobenswert halten. Man könnte Respekt haben vor der Leistung, Hunderttausende von Spendern zum Einsatz zu motivieren.

Oder man könnte das ganze einmal durch die Logik-Brille der Agitatoren dieser Organisationen betrachten. Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe die Organisation „Marketpeace“, die sich durch hunderttausende von Kleinspenden finanziert. Man kann darauf wetten, dass sofort die Vorwürfe laut würden, dass hier einfache Bürger übers Ohr gehauen werden mit gefälschten Studien, tendenziösen Vereinfachungen und blanken Lügen. Man würde Marketpeace Manipulation und Täuschung vorwerfen mit dem Ziel, die eigenen Taschen zu füllen.

Profit- und Panikmache

Mit Slogans wie „Ceta ist brandgefährlich“ (Greenpeace), „Für ein anderes Europa – ohne Austerität und Rassismus!“ (Attac) und „TISA – Stoppt den Geheimplan der Konzerne“ (Campact) bewegen sich die Organisationen nicht nur auf dem vielgescholtenen „Bild-Zeitungs-Niveau“. Sie arbeiten auch vornehmlich mit Ängsten. Da wird mit einem Begriff wie „brandgefährlich“ an menschliche Fluchtinstinkte appelliert. Da werden „neoliberale Politik und die globalisierte kapitalistische Ökonomie“ in einer bizarren Volte mit Rassismus in Zusammenhang gebracht. Und da wird von „Geheimplänen“ gemunkelt, als hätte sich Campact mit dem Verschwörungstheoretiker-Magazin „Compact“ zusammengetan. Das ist Panikmache. Das ist verantwortungslose Polemik. Das ist Manipulation erster Güte, die mit den Ängsten von Menschen spielt, um sie auf die eigene Seite zu ziehen und so die Kampfkassen zu füllen.

Profitgier kann sehr unterschiedliche Züge annehmen. Derzeit werden wir beispielsweise wieder sehr deutlich daran erinnert, welche Blüten sie im Bankensektor getrieben hat und noch treibt. Profitgier ist übertriebenes Eigeninteresse und uns aus gutem Grund zuwider. Aber Profitgier muss sich nicht notwendigerweise auf Geld beziehen. Der Profit, den jemand gierig verfolgt, kann etwa auch in gesellschaftlicher Anerkennung bestehen, in der Zahl von Anhängern oder in der Durchsetzung der eigenen Vorstellungen. All das sind auch Profite. Man kann sie auf normalem Wege verfolgen und viele tun das auch, ohne dass es uns anstößig vorkommen würde. Man kann Profit aber auch in einer Haltung der Gier verfolgen, wenn man immer mehr davon will und immer weniger Rücksichten zu nehmen bereit ist.

Ängste statt Argumenten

Obwohl manche der Beschäftigten in den angeführten Organisationen nicht schlecht verdienen, häufen sie doch keine Reichtümer an. Viele von ihnen sind wahrscheinlich Idealisten, für die Geld nur eine untergeordnete Rolle spielt. Oberflächlich betrachtet wäre es also eigenartig, ihnen Profitgier vorzuwerfen. Ihre Gier bezieht sich aber auf eben diese nicht-materiellen Werte. Sie haben bereits früher Zehntausende gegen TTIP und CETA auf die Straße gebracht – nun sollen es Hunderttausende sein. Sie haben die eine Partei vor sich hergetrieben – nun soll die nächste an die Reihe kommen.

Von dieser Gier getrieben ist ihnen jedes Mittel recht: Verkürzungen und Verunglimpfungen, Hohn und Hysterie, Parolen und Propaganda. Sie wittern Verschwörungen, schwingen sich zu Fürsprechern der „kleinen Leute“ auf und schüren Ressentiments gegen Unternehmer und Konzerne. Sie arbeiten mit Ängsten statt mit Argumenten und bereiten so den Boden für die Gegner von Marktwirtschaft und offener Gesellschaft auf allen Seiten des politischen Spektrums. Insofern sind sie tatsächlich Gesellschaften mit beschränkter Haftung: denn die Folgen werden vergemeinschaftet. Sehr schade, denn Kritik ist wichtig – bei der Kontrolle von Regierungshandeln wie beim Schutz der Umwelt und vielen anderen Anliegen, die allen Menschen zugutekommen würden.

Photo: SPÖ Presse und Kommunikation (CC BY-SA 2.0)

Der Links-Populismus wird in Deutschland verklärt. Von rechts kommend ist er verwerflich und wird stigmatisiert. Von links kommend gilt er als hipp und fortschrittlich. Doch der linke und der rechte Populismus sind siamesische Zwillinge, die beide die Freiheit des Einzelnen bedrohen und deshalb eine Gefahr für unsere offene Gesellschaft sind. Populismus ist eine Spielart des Paternalismus, bei der eine Mehrheit den Staat in eine immer größere Betreuungsrolle bringen will. Beide Populismen eint der Weg dorthin. Sie dramatisieren und überspitzen die Lage, um die Gunst der Massen zu gewinnen. Beide Seiten sind Bewunderer der Vergangenheit und der Gegenwart. Und beiden Seiten ist das Neue suspekt. Für beide Seiten ist das Individuum unfähig, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen.

Der politische Populismus von Links und Rechts führt zu Kollektivismus und zu weniger Individualismus. Zu glauben, der Gegensatz von Populismus sei Paternalismus, ist daher völlig falsch. Der paternalistische Staat greift populistische Strömungen auf und nutzt sie, um die staatlichen Aktivitäten auszuweiten. Das wollen die Populisten von Links und Rechts auch. Beide schreiben dem Einzelnen vor, was gut und richtig im Sinne der Massen ist und dafür braucht es den Eingriff des Staates in das Eigentum und in die Vertragsfreiheit. Der gesetzliche Mindestlohn ist ein Beispiel dafür. Er ist zutiefst populistisch, suggeriert er doch, dass es damit Geringverdienern besser geht. Das Ganze wird dann in eine dicke Suppe gerührt, deren Zutaten „wachsende Ungleichheit“, „Umverteilung“, „Vermögensteuer“ und „Rente mit 63“ lauten. Doch es ist längst klar, dass Mindestlöhne Eintrittshürden in den Arbeitsmarkt sind und die Perspektive von Menschen ohne Arbeit eher verschlechtern. Man muss dazu nur die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa betrachten.

Auch die Ablehnung von Freihandelsabkommen ist zutiefst populistisch, weil sie mit dumpfen Ängsten über Gesundheitsgefahren und Verbraucherschutz arbeiten. Die Ablehnung dient wie der Mindestlohn dazu, dass die Masse, über den Staat, den Einzelnen in seinem Handeln einschränkt und behindert. Nicht mehr der Bürger wird betrachtet, ob dieser oder jene ganz bewusst eine Ware aus dem Ausland kaufen will, sondern die Gefühle der Massen werden als Maßstab für die Grundlage individueller Entscheidungen genommen.

Links- und Rechtspopulisten sind Marktabschottungen lieber als der Freihandel. Dazu muss man nur nach Frankreich schauen. Die französischen Rechtspopulisten des Front National um Marine Le Pen argumentieren gegen CETA und TTIP mit den gleichen Argumenten wie hierzulande ATTAC und Campact. Sie wollen ihre Landwirte, ihren Mittelstand und ihre Verbraucher schützen, als gehörten sie ihnen persönlich. Es ist eine Art Leibeigenschaft, die in diesem dumpfen Nationalismus zum Ausdruck kommt. Beide Populismen sind nicht bereit, neuen Ideen eine Chance zu geben. Sie wollen ihr Ideenmonopol durchsetzen und dadurch einen Wettbewerb der Ideen verhindern. Sie glauben, dass an ihrem Wesen die Welt genesen soll.

Der Widerstand gegen den linken Populismus ist bei uns gering. Das hat auch seine Ursache darin, dass große Konzerne in Deutschland die Linkspopulisten von Campact und Co. sogar anfänglich finanziert haben. Da muss man sich nicht wundern, wenn man jetzt aus den Vorstandsetagen nichts hört. Das Aufkommen des Linkspopulismus gerade in Deutschland ist auch ein Versagen der offenen Gesellschaft und deren Eliten. Sie sind nicht bereit mit offenem Visier gegen diesen Trend anzutreten, sondern sie verkriechen sich in ihre Elfenbeintürme und beklagen anschließend das Ergebnis. Doch eine offene Gesellschaft lebt vom Mitmachen, vom Einmischen und von der Macht der Ideen. Wo sind die Vorbilder, die sich dagegenstellen? Wo sind die Herrhausens oder die Rohwedders der heutigen Zeit? Wo sind die Unternehmenslenker, die mutig, entschlossen und wortmächtig gegen diesen Trend öffentlich sich zu Wort melden? Gibt es Sie noch? Es genügt nicht, wenn große Unternehmen teure „Corporate Social Responsibility“-Abteilungen einrichten, aber diese letztlich nur der Imagepflege und Marketing betreiben. Gesellschaftliche Verantwortung sieht anders aus. Die offene Gesellschaft braucht mehr Bekennermut und weniger Zuschauermentalität.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick am 22. September 2016.

Photo: James Vaughan from Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Die Werbung steht mal wieder im Fokus der Kritik. Die Alternative zu vermeintlich oder tatsächlich manipulativer Werbung ist jedoch nicht „Mutter Staat“, die ihre Kinder von allen Bedrohungen und Verlockungen abschirmt. Die Alternative ist der selbstbestimmte Bürger.

Wutbürger auf allen Seiten des politischen Spektrums

Im April dachte der Justizminister laut über ein Verbot sexistischer Werbung nach. In den vergangenen Tagen beschäftigt eine schlüpfrige Werbekampagne der Firma „true fruits Smoothies“ nicht mehr nur den Werberat und die Mitglieder der Wirtschaftsredaktionen, sondern inzwischen auch massenweise Feuilletonisten und Wortwitzkünstler. Und in der letzten Woche ließ sich das „Forum Rauchfrei“ eine Anzeige in der FAZ sportliche 33.000 € kosten, um ein „umgehendes Verbot der Außenwerbung für Tabakprodukte“ zu fordern. Hand in Hand, so könnte die Erzählung lauten, kämpfen Zivilgesellschaft und Politik gegen die übermächtige Interessenmacht der Industrie und ihrer Vermarkter. Die Realität sieht wohl anders aus.

Wutbürger finden sich mitnichten nur auf Pegida-Demonstrationen oder in den Wahlkabinen in Pforzheim und Greifswald. Es gibt sie in den verschiedensten Färbungen und Variationen. Den Wutbürger macht wesentlich aus, dass er sich einer Macht gegenübersieht, die ihn verkauft und verraten hat. Er kann sich kaum gegen sie wehren, weil sie größer und mächtiger ist als er. Aber er will es sich nicht mehr länger gefallen lassen. Darum erhebt er seine Stimme und wirft sich dem Gegner entgegen wie einst David dem Goliath. Im Falle der politisch nach rechts tendierenden Wutbürger sind die Gegner dann „die Eliten“ oder „die Meinungsmacher“. Der auf die linke Seite neigende Wutbürger sieht sich im Kampf gegen Großkonzerne und neoliberale Ausbeuter. Mehr Unterschied ist nicht.

Man muss sexistische Werbung nicht gut finden

Im Wut-Weltbild der Gegner des Neoliberalismus sind die „Gewinnmaximierer“ der Feind Nummer eins. Menschen, die nur nach ihrem eigenen Vorteil streben und das Wohl ihrer Mitmenschen auf dem Altar des Profits opfern. Die Begeisterung über die eigene moralische Erhabenheit in Verbindung mit fanatischem Eifer führt freilich oft dazu, dass Zusammenhänge falsch dargestellt, Ursache-Wirkungs-Ketten verkehrt und Verantwortlichkeiten durcheinandergenbracht werden. Wer das intensiv genug betreibt, wird im Laufe der Zeit immun gegen Argumente.

Nehmen wir sexistische Werbung. Es muss kein Ausweis von Spießigkeit sein, wenn man es als unangemessen empfindet, dass gewisse Zeitschriften auf jedem dritten Cover nackte Menschen abbilden, egal ob es beim Heft-Thema um Altersvorsorge, den Brexit oder das Dritte Reich geht. Man muss nicht prüde und verklemmt sein, um der Meinung zu sein, dass 10jährige Kinder nicht am laufenden Band mit unbekleideten Damen und Herren auf XXL-Plakaten konfrontiert werden müssen. Und man kann sogar der Organisation „Pinkstinks“, die Minister Maas bei seinem Vorschlag beraten hat, zustimmen, wenn sie beklagt, dass „Produkte, Werbe- und Medieninhalte … Kindern eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen“.

Gesetz erlassen – Problem beseitigt

Aber man sollte genauer hinsehen. Der Slogan „sex sells“ beruht eben auch auf sehr deutlicher empirischer Evidenz. Das liegt nicht nur an den Verkäufern, sondern auch an den Käufern. Offenbar ist der Einsatz von erotischer Bebilderung ein erfolgreiches Mittel, um Käufer anzulocken. Die sehr niedrige Hemmschwelle beim Gebrauch von nackter Haut hat zudem auch damit zu tun, dass die Käufer geprägt sind von einer Gesellschaft, in der es nur noch wenige Tabus auf dem Gebiet der Sexualität gibt. In den Marketing- und Werbe-Agenturen sitzen mitnichten lauter Machos, die konsequent den Masterplan verfolgen, die komplette Verdinglichung von Frauen zu erreichen. Es sitzen dort vielmehr Kinder ihrer tabulosen Zeit, die versuchen, einen möglichst breiten Geschmack zu treffen und sich deshalb an den Wünschen unserer Mitbürger orientieren. Und so platt das auch klingen mag: Wenn sie es nicht machen würden, würden es andere machen.

Werbung zu verbieten, die mit Nacktheit, Sexualität oder festgeschriebenen Rollenbildern operiert, löst keine Probleme. Ja, es kann sogar den Effekt haben, dass man die Augen vor tatsächlichen Problemen und vor allem vor deren Ursachen verschließt. Die Logik „Gesetz erlassen – Problem beseitigt“ gleicht der Vorstellung kleiner Kinder, dass sie nicht gesehen werden, wenn sie sich die Hände vor die Augen halten. Einem herablassenden Frauenbild kann man nur mit langfristiger Bewusstseinsveränderung entgegenwirken. Eine solche Veränderung kann Jahrzehnte dauern – da „wirkt“ ein Gesetz natürlich schneller. Aber es bleibt bei einer rein äußerlichen Veränderung. Jenseits der Frage, ob ein Gesetz ein wirksames Mittel sein kann, ist natürlich vor allem auch die Frage bedeutsam, ob es ein legitimes Mittel sein kann. Dürfen wir Gesetze nutzen, um unserem mitunter durchaus berechtigen Unmut über Sexismus Luft zu machen?

Aus der Herrschaft des Rechts in eine Herrschaft der Gesetze?

In unserer und anderen Gesellschaften hat es tiefgreifende Veränderungen gegeben in den letzten Jahrzehnten: von der Frauenemanzipation bis zur bewussteren Ernährung, von einer Verbesserung der Aufstiegschancen bis zum friedlichen Miteinander von Menschen unterschiedlichster Herkunft. Dass es zu diesen Veränderungen gekommen ist, liegt an Frauen und Männern, die dafür geworben haben; die ihre Ideale hochgehalten haben, zum Teil gegen massiven Widerstand; die Beharrungsvermögen und ein dickes Fell mitgebracht haben. Wenn in diesen Bereichen mit Gesetzen gearbeitet wurde (z. B. Frauenquote, Nichtraucherschutz, Antidiskriminierung), dann kamen diese oft lange nachdem die Veränderung bereits stattgefunden hatte und hatten kaum noch Einfluss auf das Verhalten, geschweige denn die Einstellung der Menschen.

Die Wutbürger, die heute für Werbeverbote kämpfen, sollten dringend abrüsten. Eine freie und offene Gesellschaft muss auf anderem Wege verändert werden. Aufklärung, öffentlicher Diskurs, Überzeugungsarbeit – das sind die einzigen Mittel, deren man sich in einer freiheitlichen Demokratie bedienen darf, wenn man dem Grundgedanken des selbstbestimmten, mündigen Bürgers treu bleiben möchte. Andernfalls drohen wir, aus der Herrschaft des Rechts in eine Herrschaft der Gesetze zu rutschen – aus der Gerechtigkeit in die Willkür. Und es kann übrigens auch sehr gut sein, dass die meisten Menschen in unserem Land nicht so einfältig, willenlos und manipulierbar sind, wie die Werbeverbots-Wutbürger meinen …

Photo: Wikimedia Comons

Sechs Millionen Deutsche machten im vergangenen Jahr Urlaub in Polen. Zwei Millionen Polen und Polnisch-Stämmige leben dauerhaft in Deutschlands. Polen ist unser siebtwichtigster Handelspartner. Aber nur wenige wissen um die leuchtende Vergangenheit des Landes.

Eine Ausnahmeerscheinung in finsteren Zeiten

Entgegen der üblichen Wahrnehmung war das Mittelalter gar nicht eine so finstere Zeit. Dagegen war die darauffolgende frühe Neuzeit in einer Weise düster, die sich oft durchaus mit den finsteren Zeiten des 20. Jahrhunderts messen kann. Die Epoche zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert war in Europa geprägt von blutigen Glaubenskämpfen, von der zunehmenden Konzentration von Macht im Absolutismus und vom rasanten Wachstum des starken Staates. Inmitten dieser erstickenden Atmosphäre war die „Adelsrepublik Polen“ ein einzigartiges Phänomen, in dem jene Werte gedeihen konnten, die erst heute, etliche hundert Jahre später, in ganz Europa unser Selbstverständnis prägen.

Das Königreich Polen und das Großfürstentum Litauen bildeten bereits ab 1385 eine Personalunion. 1569 wurden die bisher gemeinsam regierten beiden Reiche in einer Realunion zusammengeführt. Gleichzeitig gab es eine massive Verfassungs-Revision, die aus dem neu entstandenen Reich ein Staatswesen mit beispielloser Freiheit machte. Das erbliche Königtum wurde abgeschafft zugunsten eines Wahlkönigtums. Damit einher ging eine deutliche Schwächung der Stellung des Königs, der mehr ein oberster Beamter war als ein klassischer Herrscher. Diese Entwicklung war dem absolutistischen Trend im Rest Europas diametral entgegengesetzt. (Ausnahmen bildeten nur noch die Vereinigten Niederlande und, mit Abstrichen, ab der „Glorious Revolution“ von 1688 auch Großbritannien.)

Demokratie und Toleranz

Gewählt wurde der König vom Adel sowie von Vertretern der freien Städte. Der Adel war freilich in Polen nicht eine kleine Elitenkaste. Ihm gehörten etwa 15 % der Bevölkerung an. Zum Vergleich: In Großbritannien, dem selbsterklärten „Mutterland der Demokratie“ durften erst nach der großen Reform von 1832 vergleichbar viele Bürger wählen. Die Adligen fanden sich alle zwei Jahre für sechs Wochen zusammen im Sejm, einem der ältesten Parlamente der Welt. Ausgestattet mit umfangreichen Veto-Möglichkeiten bestimmten sie über Gesetzgebung und Fiskalfragen sowie über außenpolitische Angelegenheiten. In der Zeit zwischen den Sejm-Sitzungen wachten 16 gewählte Senatoren darüber, dass der König sich an die Beschlüsse des Parlaments hielt. Außerdem gab es ein verbrieftes Recht zum Widerstand, sollte der König gegen „Recht, Freiheit, Privilegien und Gebräuche“ verstoßen.

Seit dem „Warschauer Religionsfrieden“ von 1573 gab es in der Republik auch garantierte Religionsfreiheit. In einer Zeit höchster Intoleranz zwischen den großen Konfessionen, gegenüber freikirchlichen „Sekten“ und „Ketzern“ und natürlich gegenüber Juden lebten in Polen Angehörige unterschiedlichster Konfessionen und Religionen friedlich zusammen: Katholiken, Protestanten, Orthodoxe, Juden und Muslime. Für viele verfolgte Anhänger protestantischer Freikirchen war Polen der einzige Zufluchtsort in Europa. Neben den religiösen Traditionen konnten sich auch kulturelle Eigenheiten in dem Vielvölkerstaat halten: Polen, Litauer, Ukrainer, Weißrussen, Esten, Letten, Slowaken, Ungarn, Moldauer, Juden, Deutsche, Armenier und Tataren fanden sich in einem föderalistisch organisierten Gemeinwesen zusammen.

Friedliche Koexistenz, wenn Macht begrenzt ist

Inmitten der zentralstaatlich organisierten, absolutistischen und kriegslüsternen europäischen Monarchien hatte es die Freiheitsinsel Polen-Litauen zunehmend schwer. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde es aufgerieben zwischen den Großmächten in der Umgebung: Russland, Preußen, Österreich und Schweden bedrohten es von außen und durch Intrigen auch von innen. Auch der Versuch einer Verfassungsreform im Jahr 1791, die das Land modernisieren und noch weiter demokratisieren sollte, konnte den Untergang nicht abwenden. Nachdem bereits bei der ersten Polnischen Teilung 1772 bedeutende Teile des Landes von Russland, Preußen und Österreich annektiert worden waren, verschwand der Staat 1793 bis 1795 vollständig von der Landkarte. Die als „Goldene Freiheit“ bezeichnete Epoche war unwiderruflich vorbei.

Die beispiellose Freiheit, die über 200 Jahre hinweg in Polen-Litauen herrschte, sollte uns heute viel stärker wieder ins Bewusstsein kommen. Gerade in einer Zeit, in der sich nach dem Brexit-Votum die Gewichte innerhalb der EU verschieben könnten. Und gerade in einer Zeit, in der in vielen Staaten des östlichen Europas die Traditionen der Toleranz und Offenheit einen schweren Stand haben. Die Geschichte der „Goldenen Freiheit“ kann uns Warnung und Inspiration zugleich sein: Die Warnung lautet, dass die Freiheit immer bedroht ist durch die Macht. Die Entwicklungen in Russland in den letzten Jahren und in der Türkei in der jüngsten Zeit darf Europa nicht ignorieren. Zugleich zeigt die Geschichte aber auch vorbildhaft, dass eine friedliche Koexistenz vieler unterschiedlicher Lebensentwürfe möglich ist – gerade dann, wenn Macht nicht zentralisiert und absolutistisch ist. Das sei insbesondere den Verantwortlichen in Brüssel ans Herz gelegt …

Der Philosoph Karl Popper, dessen Geburtstag sich gestern jährte, stellte schon 1958 in einem Vortrag zum Thema „Woran glaubt der Westen“ (und die Geschichte Polen-Litauens beweist: auch der Osten glaubt daran!) fest:

„Unser Stolz sollte es sein, dass wir nicht eine Idee haben, sondern viele Ideen; dass wir nicht einen Glauben haben, nicht eine Religion, sondern viele, gute und schlechte. Es ist ein Zeichen der überragenden Kraft des Westens, dass wir uns das leisten können. Die Einigung des Westens auf eine Idee, auf einen Glauben, auf eine Religion, wäre das Ende des Westens, unsere Kapitulation, unsere bedingungslose Unterwerfung unter die totalitäre Idee.“

Photo: Exosphere

Rad und Buchdruck, Auto und Internet – kaum eine der wichtigen Erfindungen der Menschheit entstand auf dem Reißbrett oder in einem Bürosessel. Erfindergeist braucht auch eine Unternehmernatur. Archimedes und Johannes Guttenberg, Rudolf Diesel und Margarete Steiff, Coco Chanel und Bill Gates – diese Menschen waren durch und durch innovativ. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit als Unternehmer und ihrer Kreativität. Beides erfordert Flexibilität und Mut. Eine Idee weiterzudenken, nicht aufzuhören bei den Grenzen des momentan Denkbaren und Vorstellbaren – das sind wesentliche Eigenschaften, die Unternehmer und Erfinder ausmachen.

Ein Unternehmer ist oft dann besonders erfolgreich, wenn er seiner Zeit einen Schritt voraus ist. Alle anderen denken noch: „So einen Unsinn braucht kein Mensch“ oder „Diese Erfindung bedroht die Welt, in der wir uns gerade so gut eingerichtet haben“. Der Unternehmer erkennt hingegen das Potential, das im Unbekannten der Zukunft liegt, und wagt sich ins Dunkle vor, das die meisten anderen erschreckt.

In den letzten hundert Jahren waren diese dunklen Räume die Luftfahrt und der Minirock, Wolkenkratzer und die Mikrowelle. Heute sind es andere dunkle Räume, vor allem solche im Netz und in der digitalen Welt. Vor zehn Jahren waren etwa 7 Millionen Menschen auf Facebook – heute ist jeder fünfte Erdenbewohner dort aktiv. Es ist offensichtlich, dass auf diesen Gebieten noch unentdeckte Welten vor uns liegen, die unerschöpfliche Möglichkeiten an erfinderischer und unternehmerischer Initiative zu bieten haben.

Die Fähigkeiten, die man braucht, um in diesen Welten Erfolg zu haben, lernt man in den allerseltensten Fällen im BWL- oder Informatikstudium. Die meisten Ideen und Fähigkeiten findet man im Selbststudium, im Experimentieren und insbesondere auch im Austausch mit anderen. Diese Möglichkeiten bietet in hervorragender Weise das Programm Exosphere Academy 2016. Es ist, im besten Sinne, ein Programm für Aussteiger, die Aufsteiger werden wollen.

In acht intensiven Wochen lernen die Teilnehmer an dem Programm viel über sich selbst und ihre Stärken und Potentiale und wie sie diese ausbauen können. „Exosphere Academy“ ist mehr als ein akademisches Programm. Es ist ein Ort, an dem die Teilnehmer das entfalten können, was den Kern von Unternehmertum und Erfindergeist ausmacht: Kreativität in Kooperation. Weil Exosphere nicht eingebunden ist in ein sich selbst erhaltendes und genügendes System wie etwa die Fachhochschule, können die Teilnehmer dort den Ursprung dessen erfahren, was mit Universität gemeint war: Das lateinische „universitas“ beschrieb den Blick über den Tellerrand und die Suche, die sich nicht vom Vorgegebenen einschränken lässt.

Wir freuen uns, mit der „Prometheus Scholarship“ einer jungen Unternehmerpersönlichkeit die Gelegenheit zu geben, an diesem Programm teilnehmen zu können. Zusätzlich zum reduzierten Preis wird die Teilnehmerin oder der Teilnehmer ein individuelles Coaching Programm mit den beiden Gründern von Prometheus, Frank Schäffler und Clemens Schneider, absolvieren können. Starten Sie Ihre Unternehmerkarriere jetzt und bewerben Sie sich für die „Prometheus Scholarship“!

Die Prometheus Scholarship

Teilnahme an der Exosphere Academy 2016

Teilnahmegebühr ermäßigt um $ 1,000

Individuelles Coaching mit Frank Schäffler und Clemens Schneider

Weitere Informationen unter http://exosphe.re/application2016/