Photo: Die Linke Nordrhein-Westfalen from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Gierige Investmentbanker und Heuschrecken tragen die Hauptverantwortung für die wachsende Ungleichheit in der Welt, lautet ein häufiger Vorwurf. Gewerkschaften bedienen aber bisweilen genau diese Instinkte auch. Vielleicht sollten sie mal rhetorisch abrüsten …

Das Bild vom gerechten Lohn

Die Theorien der Arbeitswertlehre, die im 19. Jahrhundert von den Ökonomen David Ricardo und Karl Marx konzipiert wurde, hat in einer sehr flachen und simplen Variante Eingang gefunden in die politische Rhetorik: durch die Vorstellung, es gebe einen „gerechten Lohn“. Also einen Lohn, den jemand erhalten solle, weil seine Arbeit objektiv so viel wert sei. Das Gut Arbeit sei also mithin nicht vergleichbar mit materiellen Gütern, deren Preis von Angebot und Nachfrage abhängt. Man kann einen solchen Standpunkt natürlich einnehmen – und er fühlt sich mitunter auch richtig an. Er verkennt freilich die Realität: Der Handwerksmeister oder Fabrikbesitzer wird nur willens sein – oder gar nur fähig –, einen bestimmten Preis für die Arbeit zu bezahlen. So wie der Kunde im Supermarkt auch irgendwo seine Schmerzgrenze definiert, spätestens dann, wenn das Portemonnaie leer ist.

Das Bild vom gerechten Lohn, das dank jahrzehntelanger Wiederholung verhältnismäßig tief in unseren Köpfen verankert ist, wird natürlich gerne von denjenigen verwendet, die als Vertreter von Arbeitnehmern fungieren. Also von Betriebsräten, Gewerkschaften und auch von Parteien, die sich hauptsächlich auf diese Klientel stützen. So rechtfertigte auch Jörg Hofmann, der Vorsitzende von IG Metall, seine Forderung nach einer Lohnerhöhung zwischen 4,5 und 5 Prozent: „Wir wollen mit unserer Entgeltforderung zur Verteilungsgerechtigkeit in unserer Gesellschaft beitragen. Die Forderung ist von den Unternehmen finanzierbar und sichert den Beschäftigten einen fairen und verdienten Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung.“

Gier ist kein exklusives Privileg der Reichen

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten ein Wachstum von etwa 1,8 Prozent vorausgesagt. Die Forderung der IG Metall liegt nicht nur erheblich über dem zu erwartenden Wirtschaftswachstum, sondern auch über der von den Forschern vorausgesagten Lohnsteigerung von 3,4 Prozent. Das liegt auch daran, dass die Gewerkschaftsfunktionäre der Idee eines gerechten Lohns anhängen. Aber es liegt auch noch an einem anderen Faktor. Natürlich will jeder Mensch gerne mehr und besseres haben: am Mittagstisch und in der Stammkneipe, bei Tarifrunden und bei Aktienkäufen. Und die Gewerkschafter wissen: Wenn sie ihren Mitgliedern mehr versprechen, steigern sie damit ihr eigenes Ansehen.

Was sie dabei freilich auch tun, ist ein menschliches Bedürfnis zu befriedigen, das nicht immer im besten Ruf steht. Das Verlangen nach mehr schlägt nämlich recht schnell um in Gier. Ebenso wie das Bild vom gerechten Lohn wird auch das Bild vom gierigen Banker so häufig verwendet, dass wir es unreflektiert in unseren Vorstellungsschatz übernehmen. Dabei entsteht der irrige Eindruck, Gier sei eine Unsitte, die exklusiv für eine bestimmte Menschengruppe reserviert sei. Gier – das sei nur etwas für Reiche und solche die es werden wollen. Der Beweis liegt ja schließlich in Form ihres Kontos, ihres Autos, ihrer Villa, ihrer Yacht und ihrer Uhr schon vor aller Augen sichtbar da …

Wenn sich das Streben nach mehr zu Gier verwandelt

Aber das ist natürlich eine Fehleinschätzung. Außer einigen asketischen Mönchen und hardcore-Hippies wollen alle Menschen gerne mehr. Und deshalb tragen auch fast alle den Samen der Gier in sich, ganz unabhängig von ihrer materiellen Situation. Es ist gar nicht so leicht zu bestimmen, wann sich der Wunsch nach mehr in Gier verwandelt. Klar ist aber: diese Verwandlung fängt nicht dort an, wo eine bestimmte Geld- oder Gütersumme überschritten wird, sondern dort, wo das Streben nach mehr einen Menschen verändert, wo es sein Verhalten anderen gegenüber negativ beeinflusst. (Für Kenner von Tolkiens Werk: der Übergang von Sméagol zu Gollum.) Wenn sich das Streben nach mehr zu Gier wandelt, dann hält Neid Einzug in unser Fühlen. Dann sind wir versucht, uns Vorteile zu Lasten anderer zu verschaffen. Dann vergessen wir, auf andere zu achten.

Die Trennlinien sind schwammig und die Motive für Außenstehende ohnehin nicht immer leicht zu erkennen. Und gerade deshalb sollten Gewerkschafter sich zurückhalten mit wüsten Anschuldigungen gegenüber gierigen Bankern und Heuschrecken. Denn zumindest die Versuchung ist auch für sie sehr groß, weniger auf das tatsächliche Wohl der von ihnen vertretenen Arbeiter zu schauen als an unser aller Neigung zur Gier zu appellieren. Und dann finden sie sich rasch im Glashaus wieder, wo das Steinewerfen nicht angeraten ist.

Übrigens: das Durchschnittseinkommen in der Metall- und Elektroindustrie beträgt 3.224 € bzw. 3.769 €. Da könnte ein Lohnaufschlag von 5 Prozent aus Sicht von ebenso hart arbeitenden Hotelangestellten (1.922 €), Pflegekräften (2.404 €) oder Angestellten in den Bereich Messebau (2.314 €), Optik (2.383 €) oder Transport und Logistik (2.462 €) auch gierig wirken. Zwar nicht in derselben Größenordnung wie Banker-Boni, aber doch im gleichen Geist. Es ist Aufgabe der verschiedenen Arbeitnehmervertretungen, für die Interessen ihrer Mitglieder einzutreten. Dieser Aufgabe werden sie aber mit Neid-Argumenten so wenig gerecht wie mit Forderungen, die in einem unangemessenen Verhältnis stehen zu dem, was unsere Wirtschaft derzeit leisten kann.

 

Photo: Yale Law Library from Flickr (CC BY 2.0)

Die ökonomischen Probleme in weiten Teilen Europas sind hausgemacht. Da beißt keine Maus einen Faden ab. Überbordende Bürokratie, mangelnde Rechtssicherheit, nicht vorhandener Schutz des Eigentums, prohibitive Steuern und falsche Anreize in den Sozialsystemen sind nur einige der Ursachen. Die derzeitige Politik in Europa versucht, dies durch Druck zu ändern. „Zuckerbrot und Peitsche“ sollen die am Tropf der Gemeinschaft hängenden Krisenstaaten gefügig machen.

Und das läuft dann so: Veränderungen, die sich Bürokraten im fernen Brüssel ausgedacht haben, müssen zunächst umgesetzt werden, damit man dann weitere finanzielle Hilfen durch die Staatengemeinschaft erhält. So zumindest die Theorie. Doch das funktioniert nicht – und zwar aus zwei Gründen: Erstens sind Risiko und Verantwortung entkoppelt. Wer nicht selbst für sein Handeln haftet, sondern die Haftung auf eine größere Gemeinschaft abwälzen kann, geht meist den vermeintlich einfacheren Weg. Zweitens: die Möglichkeiten einer Insolvenz innerhalb des oder eines Ausscheiden aus dem Euro-Club werden gar nicht erst in Erwägung gezogen. Dadurch kommen die Retter in eine Erpressungssituation gegenüber den Geretteten. Je länger sie anhält, desto schlimmer wird sie. In den vergangenen 6 Jahren der vermeintlichen Rettung war das so.

Doch wie wäre es, wenn man von einem zentralistischen Reformansatz zu einem non-zentralistischen übergehen würde? Vorbilder gibt es einige. Die ökonomischen Erfolge Singapurs und Hongkongs sind Beispiel dafür, wie sich kleine und flexible Staaten im unmittelbaren Umfeld von zentralistischen Ländern wesentlich besser entwickeln können als die großen Platzhirsche in der Nachbarschaft. Auch in Europa tun sich Länder wie Luxemburg, die Schweiz oder die baltischen Staaten wesentlich leichter als Russland, Frankreich oder Italien. Die Entwicklung Hongkongs oder Singapurs ist jedoch besonders anschaulich. Denn sie hatte nicht nur ökonomische Vorteile für die dortige Bevölkerung, sondern für die ganze Region. Ohne den ökonomischen Druck Hongkongs hätte es wahrscheinlich kein Wirtschaftswunder in China gegeben. Es war der tagtägliche Anschauungsunterricht, der der chinesischen Nomenklatura das Scheitern der staatlichen Planwirtschaft vor Augen führte und sie offen für die Marktwirtschaft machte.

Die Vorteile der Kleinstaatlichkeit enden jedoch nicht an den Außengrenzen des jeweiligen Landes. Die Idee, eine marktwirtschaftliche Ordnung zu schaffen, kann auch innerhalb eines Staates oder in Teilgebieten eines Staates verwirklicht werden. Die Antwort Chinas auf den ökonomischen Erfolg Hongkongs war zum Beispiel die Schaffung von Freihandelszonen, wie zum Beispiel in Shanghai. Dort werden wirtschaftliche Reformen in einem abgesteckten Areal realisiert, ohne sie sofort auf das ganze Land zu übertragen. So werden diese Zonen nicht nur Versuchslabor, sondern sehr oft eben auch Avantgarde.

Warum sollen solche Freihandelszonen nicht auch in Europa entstehen? Wieso nicht in Teilen Griechenlands, Portugals oder auch Deutschlands? Und die Idee der Freihandelszonen muss nicht nur auf Investitionserleichterungen konzentriert werden. Warum kann in solchen Regionen nicht viel mehr ausprobiert werden? Der US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Paul Romer schlug vor einigen Jahren ein Konzept vor, das er „Charter City“ nannte. Der Grundgedanke dieser Idee besteht darin, in einer bestimmten Region eines ökonomisch angeschlagenen Landes ein fremdes Rechtssystem zu implementieren, um damit Vertrauen bei Investoren zu schaffen und diese zu Investitionen zu animieren. In Teilen Griechenlands würde man dann entscheiden, dass dort zum Beispiel englisches Recht gilt. Das englische Recht ist in Griechenland nicht gänzlich fremd. Ein Teil der griechischen Staatsschulden wurden nach englischem Recht emittiert. Im Vergleich zu Anleihen, die nach griechischem Recht herausgegeben wurden, genießen diese ein wesentlich höheres Vertrauen. Als 2012 die privaten Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten mußten, galt dies nur für die Gläubiger, die Anleihen nach griechischem Recht gekauft hatten. Das griechische Parlament enteignete die Gläubiger einfach durch die Einführung einer nachträglichen Umschuldungsklausel bei bestehenden Anleihen. Wer sich nicht „freiwillig“ auf eine Forderungsverzicht von 53,5 Prozent einlassen wollte, konnte unter bestimmten Bedingungen dazu gezwungen werden. Bei den Anleihen nach englischem Recht gelang eine rückwirkende Änderung des Rechts nicht. Diese wurde ordnungsgemäß bedient und zurückgezahlt.

Was in bestimmten Regionen möglich ist, könnten auch auf einzelne Bürger, Unternehmen oder Vertragspartner heruntergebrochen werden. Warum sollten Vertragspartner sich nicht ihren Gerichtsstand frei wählen können? Im Handelsrecht ist dies bei uns heute schon möglich. Aber wieso soll die Wahl des Rechtssystems nicht auch im Steuerrecht, im Mietrecht oder im Arbeitsrecht möglich sein? Am Ende entstünde ein Wettbewerb des Rechts. Es wäre stabiler und weniger missbrauchsanfällig als viele derzeitige Rechtssysteme in Europa. Derzeit wird in Griechenland unter anderem nicht investiert, weil es keine ausreichende Eigentumsgarantie gibt, weil die Behörden korrupt sind und das Arbeitsrecht kompliziert ist. Diese Mängel könnten durch eine freie Wahl des Rechts durch die jeweiligen Vertragsparteien auf einen Schlag überwunden werden.

Wird Schindluder mit einem Rechtssystem getrieben, dann wird es bei neuen Verträgen nicht mehr angewandt und verschwindet. Ist der Gerichtsstand mit korrupten Richtern bestückt, dann wird er von den Vertragsparteien gemieden. Werden Baugenehmigungen verschleppt, verzögert und nur mit hohen Auflagen möglich, dann suchen sich Vertragspartner künftig die Bauordnung ihrer Wahl. Und dauert der Handelsregistereintrag beim örtlichen Amtsgericht zu lange, wird künftig ein anderes gewählt. Der Druck des Marktes und des Wettbewerbs erzeugt ein besseres Rechtssystem für alle. Es wäre ein atmender Rechtsrahmen, der schlechtes Recht verschwinden ließe und gutem Recht zum Durchbruch verhelfen würde. Ludwig von Mises hat dies sehr gut auf den Punkt gebracht: „Aller Fortschritt der Menschheit vollzog sich stets in der Weise, dass eine kleine Minderheit von den Ideen und Gebräuchen der Mehrheit abzuweichen begann, bis schließlich ihr Beispiel die anderen zur Übernahme der Neuerung bewog.“

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

 

Photo: Gage Skidmore from Flickr

Die Vorwahlen zur Bestimmung der Präsidentschaftskandidaten in den USA sorgen mal wieder auf dem ganzen Globus für Schlagzeilen. Neben den Damen und Herren, die oft in den Medien präsent sind, gibt es auch einen sehr spannenden Außenseiter: Wer ist dieser Gary Johnson?

Republikaner: Das Überleben der Rabauken

Insbesondere die Vorwahlen bei den Republikanern erregen große Aufmerksamkeit, weil das Kandidatenfeld nicht nur erheblich größer ist als bei den Demokraten, sondern auch ein ganzes Stück volatiler. Hinzu kommt noch der Unterhaltungsfaktor: Donald Trump sorgt weltweit für Erstaunen, Entsetzen, Kopfschütteln und ungläubige Heiterkeit, dass selbst ein Berlusconi neidisch werden muss. Eine Zeit lang sah es so aus, als ob der konsequent liberale Senator Rand Paul gute Chancen haben könne. Dieser Streiter für einen schlanken Staat, Ausgabendisziplin und Zurückhaltung bei staatlicher Überwachung und Militäreinsätzen hätte den USA sicher guttun können. In den letzten Monaten ist er inmitten eines zunehmend schrillen Wahlkampfs und vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und der Bedrohungen durch den Terror leider zunehmend zwischen die Fronten geraten. Nach den ersten Vorwahlen in Iowa hat er seine Kandidatur zurückgezogen.

Diejenigen Republikaner, die übriggeblieben sind, stimmen nicht gerade hoffnungsfroh: Die meisten von ihnen sind geneigt, eine robuste Außenpolitik zu betreiben – dazu gehört dann in der Regel auch komplementär eine Neigung zum Überwachungsstaat. Überhaupt ist individuelle Freiheit für die meisten von ihnen kein Herzensanliegen. In rein ökonomischer Hinsicht finden sich bei ihnen in der Regel freiheitsfördernde Ideen, die in Richtung Steuersenkungen und Deregulierungen weisen. Allerdings sind die Spielräume der Präsidenten auf diesem Gebiet traditionell ohnehin eher eingeschränkt, weil sie von den Mehrheitsverhältnissen in den beiden Kammern des Kongresses abhängig sind. Entscheidend für die politischen Entscheidungen sind dann ohnehin mehr Image und Rhetorik eines Kandidaten als die im Wahlkampf vorgetragenen Standpunkte. Und da sind die drei derzeitigen Top-Favoriten Cruz, Trump und Rubio allesamt nicht auf der zurückhaltenden und mithin freiheitlichen Seite.

Ein Überzeugunstäter

Ein ehemaliger Republikaner, der sich auch um die Präsidentschaft bewerben will, hat freilich in vielerlei Hinsicht eine sehr eindrucksvolle Bilanz vorzuweisen: Gary Johnson. Als Student finanzierte er sich als Gelegenheitsarbeiter. Die Firma, die er mit 23 gründete, war keine 20 Jahre später eine der größten Baufirmen in seiner Heimat New Mexiko. Mit Anfang 40 wurde der Politikneuling 1995 mit dem Wahlkampfmotto „People before politics“ auf Anhieb zum Gouverneur von New Mexiko gewählt – und zwar mit sehr deutlicher Mehrheit in einem Staat, in dem die Demokraten traditionell sehr stark sind. In den ersten sechs Monaten im Amt hat er aus der festen Überzeugung heraus, dass man Probleme nur selten durch staatliche Intervention lösen kann, 200 von 424 Gesetzesinitiativen durch sein Veto blockiert. Am Ende hatte er 750 von Demokraten wie von Republikanern eingebrachte Gesetze abgewiesen, und damit mehr als all seine 49 Kollegen zusammen. Beständig und erfolgreich arbeitete er daran, Staatsausgaben und Staatsaufgaben zu reduzieren.

Nach seiner sehr klaren Wiederwahl 1999 versuchte er, ein System von Schulgutscheinen durchzubringen, um die Bildungsprobleme in seinem Staat in den Griff zu bekommen, der zu den ärmsten der USA zählt. Die demokratische Mehrheit in den beiden Kammern des Staates haben dieses Vorhaben jedoch verhindert. Schon damals, als das Thema noch bei weitem nicht so prominent war wie heute, sprach er sich klar für eine Legalisierung von Marihuana aus und dafür, den Krieg gegen die Drogen durch mehr Prävention und Betreuung Suchtkranker zu ersetzen. Parteiübergreifend wurde sein Krisenmanagement bei einem desaströsen Flächenbrand in den höchsten Tönen gelobt, der den Staat 2000 heimsuchte. Am Ende seiner Amtszeit war der Staat nicht nur substantiell verschlankt, sondern konnte im Haushalt einen Überschuss von 1 Milliarden Dollar vorweisen.

Konsequent freiheitliche Politik

Nach seiner Amtszeit widmete sich der begeisterte Sportler wieder intensiver seinem Ehrgeiz auf diesem Gebiet, nahm an Marathons, Triathlons und Fahrradrennen teil und bestieg die höchsten Berge der sieben Kontinente. Natürlich ließ ihn auch seine Unternehmerleidenschaft nicht los – jetzt in Verbindung mit seinen politischen Überzeugungen: 2009 gründete er die „Our America Initiative“, um seine Ideen weiter zu verbreiten. Zu den Grundanliegen dieser Denkfabrik gehören in seinen Worten „eine effiziente Regierung, Steuererleichterungen, ein Ende des Kriegs gegen die Drogen, der Schutz bürgerlicher Freiheiten und die Förderung von Unternehmertum“. Er engagierte sich auch bereits sehr früh bei der freiheitlichen Studentenorganisation „Students for Liberty“, die in den vergangenen Jahren zu einem großen weltweiten Netzwerk angewachsen ist.

2011 kündigte er an, sich um die Präsidentschaftskandidatur bei den Republikanern zu bewerben, zog die Kandidatur jedoch einige Monate später zurück und ließ sich stattdessen für die Libertarian Party aufstellen, die für eine konsequent freiheitliche Politik eintritt. Bei der Wahl stimmten schließlich 1,3 Millionen Amerikaner für ihn. Vor einem Monat hat er nun angekündigt, auch bei der diesjährigen Wahl wieder für die Libertarian Party antreten zu wollen. Einer seiner innovativsten Vorschläge betrifft das Steuerrecht: An die Stelle aller Einkommens-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuern soll eine FairTax treten. Diese Steuer soll mit einem Satz von 23 % auf alle Güter erhoben werden, die nicht lebensnotwendig sind. Ein entscheidender Pfeiler seiner Überzeugungen ist auch die hohe Skepsis gegenüber der US-Notenbank Fed, die er einer strengen Kontrolle durch das Parlament unterwerfen möchte.

Der Wind der Freiheit

Viele der Programme, die heute von der Regierung in Washington finanziert und organisiert werden, möchte er zurück auf die Ebene der einzelnen Bundesstaaten verlagern und somit auch einen Wettbewerb um die am besten funktionierenden Lösungen ermöglichen. Überhaupt sollen die Staaten seiner Meinung nach wieder mehr Verantwortlichkeiten übernehmen, dafür aber zugleich auch die Haftung tragen. Johnson ist ein erklärter Gegner militärischer Interventionen und würde das Militärbudget der Vereinigten Staaten radikal um über 40 % kürzen wollen. Auch auf dem Gebiet staatlicher Überwachung tritt er für eine erheblich stärkere Zurückhaltung ein als sie derzeit in den USA geübt wird. Johnson ist ein Gegner der Todesstrafe, tritt für eine offene Migrationspolitik ein und ist der Überzeugung, dass es nicht Sache des Staates sein kann, zu definieren, was eine Ehe ist.

Selbst wenn die zwei extremsten Protagonisten der beiden großen Parteien, Donald Trump und Bernie Sanders, sich durchsetzen würden, hätte Gary Johnson wohl keine Chance auf das Amt. Dennoch ist sein Beitrag für die nächsten Jahrzehnte amerikanischer Politik von großer Bedeutung. Die Bewegung, für die er und Politiker wie die Senatoren Rand Paul und Jeff Flake und die Abgeordneten Justin Amash und Thomas Massie stehen, wächst beständig. Diese libertäre Bewegung, die für weniger Staat und mehr Eigenverantwortung steht, findet gerade unter jungen Menschen immer mehr Anklang. Ein Mann wie Gary Johnson gibt dieser Bewegung eine Stimme und ein Gesicht. Der weltweite Trend zu mehr Staat, befeuert von Linken wie von Rechten, wird eines nicht allzu fernen Tages einem Gegenwind ausgesetzt sein, dem er sich letztlich nicht wird widersetzen können. Denn dieser Wind der Freiheit hat schon zu allen Zeiten die Menschen stärker bewegen können als die Last, die aus den süßen Verlockungen der Linken und Rechten erwächst.

 

Photo: shanmuga varadan asoka fro Flickr (CC BY 2.0)

Vor einem Jahr haben wir unser ehrgeiziges Projekt gestartet: Prometheus – Das Freiheitsinstitut ging am 2. Februar an den Start, im März konnten wir unser Büro in Berlin eröffnen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Welt und das Handelsblatt berichteten darüber. Unsere ersten Kampagnen „Zwangsbeitrag? Nein Danke“, zur Barzahlung des Rundfunkbeitrags und die für ein konföderales Europa fanden ebenfalls ein breites Echo in den überregionalen Medien und den sozialen Netzwerken. Auch unsere regelmäßigen Kommentare auf unserem eigenen Blog und Gastbeiträge in anderen Blogs tragen dazu bei, unsere Botschaft für ein entschiedenes Eintreten für Marktwirtschaft, Recht und Freiheit nach außen zu tragen. Wir sind mit Vorträgen und Podiumsteilnahmen fast wöchentlich unterwegs. Unser erfolgreicher Start ermutigt uns: auf diesem Fundament können wir weiterbauen.

Prometheus soll Veränderungen in unserer Gesellschaft einen Boden bereiten. Wie einst der Titan Prometheus in der griechischen Mythologie wollen wir das Feuer der Selbstbestimmung und der Freiheit bei den Menschen entfachen. Der Weg dahin ist weder kurz noch einfach. Deutschland ist geprägt von staatlicher Fürsorge: der Staat dringt vor in alle Bereiche unseres Lebens, unterstützt von einem erschreckend weit verbreiteten Glauben an die Allmacht der Politik. Doch wir sehen auch, dass eine wachsende Zahl von Bürgern diese Entwicklung mit großer Sorge beobachtet. Sie wollen sich nicht dauernd bevormunden lassen, wollen nicht ständig zu vermeintlich richtigem Verhalten angestupst werden und wollen nicht allenthalben mit Bürokratie, hohen Steuern und Abgaben konfrontiert werden. Sie wollen selbst über ihr Leben bestimmen.

In einem Land, wo der Bürger immer kleiner wird, braucht es eine Stimme, die diesen Prozess nicht nur aufhält, sondern eine Gegenbewegung einleitet. Das verstehen wir von Prometheus als unsere Aufgabe. Wir wollen in Deutschland an die große Tradition der angelsächsischen Think Tanks anknüpfen und orientieren uns an Vorbildern wie dem Cato Institute in den USA und dem Institute of Economic Affairs in Großbritannien.

Wir werden oft gefragt, wie man Prometheus unterstützen kann. Anlässlich unseres einjährigen Jubiläums haben wir uns etwas ausgedacht: Werden Sie Fackelträger! Als Fackelträger sind Sie unser Botschafter, der für unsere Ideen brennt und uns regelmäßig unterstützt. Als Fackelträger tragen Sie dazu bei, eine Gegenbewegung der Freiheit groß zu machen und das Feuer zu entfachen, das unser aller Zukunft erleuchten kann.

Wie können auch Sie Fackelträger werden? Ganz einfach: Fördern Sie uns monatlich mit 10, 25 oder 50 Euro, je nach Ihren Möglichkeiten. Die Förderbeiträge für unsere Arbeit sind steuerlich absetzbar. Wir bedanken uns dafür:

  • mit einem exklusiven Willkommenspaket: darin finden Sie einen Fackelträger-Pin, eine Fackelträger-Urkunde und ein handsigniertes Exemplar von „Nicht mit unserem Geld – Die Krise unseres Geldsystems und die Folgen für uns alle“,
  • mit exklusiven und regelmäßigen Informationen über unsere anstehenden Kampagnen,
  • mit exklusiven Einladungen zu unseren Events.

Melden Sie sich als Fackelträger an und unterstützen Sie uns, indem Sie einen Dauerauftrag einrichten.

Wir brauchen einander! Die Arbeit, die wir Tag für Tag im Sinne der Freiheit verrichten, lebt auch wesentlich von Ihrer Unterstützung: ideell wie materiell. Werden Sie Teil einer Bewegung, die für eine hellere Zukunft streitet. Zünden Sie eine Fackel an und werden Sie Fackelträger!

Zur Anmeldung: Fackelträger werden!Fackel_3D_transparent

 

Photo: Maria Morri from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Wer sich in diesem Land mit dem Verbraucherschutz und seinen Institutionen anlegt, hat meist schlechte Karten. Gelten er und seine Helfer doch als wichtig und objektiv. Die Marktwirtschaft und ihre Nebenwirkungen müssen daher kontrolliert und beobachtet werden. Inzwischen sind zahlreiche Institutionen geschaffen worden, die die vermeintliche Objektivität in die Kaufentscheidung jedes Einzelnen bringen soll. Die Verbraucherzentralen in Deutschland können pro Jahr über 100 Millionen Euro ausgeben und beschäftigen hauptamtlich über 1800 Mitarbeiter. Alleine die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen beschäftigt 785 Mitarbeiter und hat einen Etat von über 40 Millionen Euro pro Jahr. Würden sie ihre Mittel selbst erwirtschaften, wären sie ein größeres mittelständisches Unternehmen. Jedoch finanzieren mindestens 90 Prozent der Ausgaben der Bund, die Länder und Kommunen in Deutschland.

Und auch die personellen Verflechtungen sprechen für eine sehr geringe Staatsferne. Der für Verbraucherschutz im Justizministerium in Berlin zuständige Staatssekretär ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Sein Nachfolger beim Bundesverband der Verbraucherzentralen ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete und grüne Landesminister in Schleswig-Holstein, Klaus Müller.

Von der Energiesparberatung über gesundes Essen bis zur richtigen Geldanlage kümmern sich die staatlich finanzierten Verbraucherschützer um unser aller Wohl. Sie folgen dabei einem Leitbild, das der Wissenschaftliche Beirat „Verbraucher- und Ernährungspolitik“ beim Bundesjustizminister Heiko Maas formuliert hat. Die Verbraucher sollen „ökologisch nachhaltig und sozial verantwortungsvoll handeln“. Doch der Verbraucher sei dazu alleine nicht in der Lage. Das realistische Bild sei, so der Beirat, eher ein überlasteter, zeitknapper, wenig kompetenter, bedingt interessierter und nicht immer disziplinierter Verbraucher. Kurz: der Verbraucher ist ignorant, doof und bestenfalls überfordert. Jedoch nicht alle. Daher teilen die Verbraucherschützer die Bürger in „Idealtypen“ ein: in den „vertrauenden“, den „verletzlichen“ sowie den „verantwortungsvollen“ Verbraucher. Der „vertrauende“ Verbraucher ist mindestens naiv, wenn nicht beschränkt. Der „verletzliche“ Verbraucher ist Teil des wachsenden Prekariats in der Gesellschaft und muss daher von den gierigen Klauen des Kapitalismus beschützt werden. Nur der „verantwortungsvolle“ Verbraucher verhält sich im Sinne der Verbraucherschützer richtig. Er isst weniger Fleisch, greift zu Bio-Produkten, vermeidet Zucker und legt sein Geld in ethisch-ökologische Fonds an, die das Gute in der Welt unterstützen.

Man muss sich ernsthaft fragen, wie die Menschen in den letzten Jahrzehnten in diesem Land durchs Leben gekommen sind. Doch weitere Rettung naht. Die SPD in Bayern hat jetzt einen unabhängigen Verbraucherschutz-Beauftragten gefordert, und vor wenigen Tagen hat die Verbraucherzentrale Bundesverband eine Internet-Plattform „Marktwächter“ aus der Taufe gehoben. Damit wird eine alte Forderung aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag in Berlin umgesetzt. Es soll noch einer sagen, die Merkel-Regierung würde nicht liefern.

All das erinnert an George Orwells „Farm der Tiere“. Wie die Tiere der „Herren-Farm“ wollen die Verbraucherschützer das Joch der Unterdrückung abwerfen. Hinter jedem Finanzprodukt, hinter jedem Konzern und hinter jedem Suppenhuhn sehen sie den kapitalistischen Ausbeuter. Doch wenn dies die Regel wäre, dann würden wir keinen Wohlstand, keine Innovationen und Fortschritt kennen. Denn dieser beruht auf dem Prinzip von „Versuch und Irrtum“ des Einzelnen. Diese Alternative aber ist eine Technokratie, die eher an Platons Wächterstaat erinnert. Dort werden Entscheidungen in einer Gesellschaft aufgrund von Expertenwissen getroffen. Doch der entscheidende Nachteil dieser geschlossenen Gesellschaften, in denen der Staat, seine Regierung und deren Beauftragten die Bürger an die Hand nehmen, ihnen schwierige Entscheidungen abnehmen und Sicherheit und Geborgenheit versprechen, ist der Umstand, dass bei Nichterfüllung alle die Folgen tragen müssen. So war es auch bei Orwells Fabel. Dort übernehmen am Ende die Schweine die Macht und errichten eine Gewaltherrschaft neuen Ausmaßes.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 30. Januar 2016.