Photo: Daniel Fallenstein für Prometheus

Am vergangenen Montag wäre Wolfgang Clement 84 Jahre alt geworden. Der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Bundeswirtschaftsminister war ein Macher in der Politik. Ein Typ mit klarem Kompass: „Du musst durch eigene Bildung, durch eigenes Handeln versuchen, dein Leben zu gestalten, sonst wirst du gestaltet.“
Wahrscheinlich trieb ihn auch dieser Geist bei den Arbeitsmarktreformen Anfang der 2000er Jahre an, die ihre segensreiche Wirkung am Arbeitsmarkt bis weit in die Merkel-Jahre entfachten und die jetzt wieder auf der politischen Tagesordnung stehen. Fördern und Fordern sind dabei das Stichwort.
Als wir 2018 unser Buch „Freihandel für eine gerechtere Welt: Mehr als TTIP, Fracking und Chlorhühnchen – ein Plädoyer für eine gemeinsame Welt“ vorstellten, war er mit dabei und unterstütze unser Anliegen. Gerade jetzt ist der Freihandel wieder in Gefahr. Gerade hat die EU Strafzölle für E-Autos aus China erlassen. Das Freihandelsabkommen mit Südamerika stockt. TTIP liegt auf Eis. Doch der Freihandel hat nicht nur eine ökonomische Wirkung, sondern auch eine friedensstiftende. Wer Handel treibt, lernt den anderen zu verstehen, baut Vorurteile ab und schafft eine gegenseitige Abhängigkeit, die zum Wohlstand aller führt.

Buchpräsentation „Freihandel – für eine gerechtere Welt“
Ludwig Erhards Meisterschüler

Photo: Rita Chou from Unsplash (CC 0)

Auf Obama folgte Trump und nun droht auf Macron LePen zu folgen. Bedeutende westliche Demokratien erleben veritable Achterbahnfahrten: Von progressiven jungdynamischen Hoffnungsträgern, die über weite Teile des politischen Spektrums vermittelbar scheinen, kippt es zu populistischen Angstmachern, die autoritäre Lösungen in Aussicht stellen, um Gesellschaften wieder zu schließen.
Die Ursachenforschung füllt inzwischen Bibliotheken. Und jedes Land ist ja auch unterschiedlich. Doch sticht ins Auge, dass Typen, die von sich selbst und von anderen als Heilsbringer stilisiert werden, offenbar diese Erwartungen nicht so recht erfüllen können. Die Enttäuschung, die sich daraus ergibt, liefert womöglich dem Populismus neues Futter. Könnten Obama und Macron mit ihrem Auftreten und ihren Versprechen mitverantwortlich sein für eine frustrierte Wählerschaft?
Beiden ist zumindest gemeinsam, dass sie Politik eine entscheidende Rolle zugewiesen haben in ihrer Botschaft. Sie haben genau das ausgestrahlt, was Ronald Reagan einmal augenzwinkernd als “the nine most terrifying words in the English language” bezeichnete: “I’m from the Government, and I’m here to help.”
Nachdem die Wähler das Gefühl hatten, dass die eine Seite ihnen nicht die Ergebnisse geliefert hatte, die ihnen versprochen worden waren, wandte man sich der entgegengesetzten Seite zu, die nicht nur noch mehr verspricht, sondern auch sehr viel geschickter mit Feindbildern agiert, die man im Zweifel immer dafür verantwortlich machen kann, dass man noch nicht geliefert hat.
Hier hat das liberale Lager leider auch eklatant versagt: Man hätte die selbstbestimmte Bürgerin viel stärker in Stellung bringen müssen, die nicht glaubt, dass die Politik ihre Probleme lösen könne und auch gar nicht solle. Als Gegenentwurf zu populistischer Politik darf nicht nur noch mehr (aber dafür endlich „gute“) Politik zur Verfügung stehen, sondern auch das Gegenteil: weniger Politik – mehr Bürger. Darüber habe ich auch früher schon geschrieben:

Der Fluch der Weltenretter
Das Heilversprechen der Hoffnungslosen
Starke Männer? Nein danke, starke Bürger!