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Photo: SPD Saar from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Verbraucherschutz als Bollwerk gegen ausbeuterische und profitgierige Konzerne? Es wäre angebracht, die Aufmerksamkeit auch auf politische Akteure zu richten. Denn viele Nachteile für Verbraucher kommen aus Besteuerung und Regulierung und nicht von Marktakteuren.

Gierige Unternehmer? Gieriger Staat!

Ein großer deutscher Energiekonzern verschickte vor kurzem an seine Kunden einen Brief, in dem er Preiserhöhungen ankündigte. Im Brief und der beiliegenden Broschüre wird ohne Schaum vorm Mund, aber mit einer durchaus klaren Sprache herausgearbeitet, dass die Preiserhöhung nicht Ergebnis zunehmender Raffgier des Unternehmens ist. Dem Kunden wird verdeutlicht, dass 24 % des Strompreises Netzentgelte sind, 54 % durch staatliche Steuern, Abgaben und Umlagen entstehen und nur 22 % für Beschaffung und Betrieb anfallen, vom Stromversorger also tatsächlich zu beeinflussen sind. Derlei Informationen sollten dem Verbraucher viel öfter und deutlicher zur Verfügung gestellt werden!

Gesetzgeber und Bürokraten schildern die Macht der Konzerne oft in düsteren Farben. So entblödete sich etwa Verbraucherschutzminister Heiko Maas nicht, in einem Artikel aus dem Jahr 2014 der digitalen Industrie pauschal finstere Motive zu unterstellen: „so schnell wie im Silicon Valley neue Produkte erfunden werden, kann kein Staat der Welt Gesetze verabschieden“. Als ob jedes Produkt erst einmal dringend der Inspektion durch den Staat bedürfte … (Der Minister spricht hier übrigens von den Leuten, die unsere Informationsgesellschaft mit Google, Wikipedia & Co. exponentiell vorangebracht haben, Unterhaltung mit Diensten wie Netflix und Spotify für alle leichter zugänglich gemacht haben und die darüberhinaus auch unendlich viel forschen, um Medizin, Umweltschutz und Bildung zu verbessern.)

Energiewende – bezahlt vom Kindergeld

Natürlich gibt es gefährliche Konzernentscheidungen, verbrecherische Unternehmer und kurzsichtige Manager. Im Zweifel sollte aber doch nicht nur im rechtsstaatlichen, sondern auch im zwischenmenschlichen Umgang die Unschuldsvermutung gelten. Ersteres sollte gerade dem Justizminister bewusst sein, wenn er pauschale Verdächtigungen ausspricht – zumal er selber im vergangenen Jahr zurecht vor einem Pauschalverdacht gegenüber Flüchtlingen gewarnt hatte. Selbstverständlich sind in Unternehmen Menschen tätig, die ähnlichen Versuchungen ausgesetzt sind wie Politiker: den Versuchungen des Machtmissbrauchs. Insofern ist der aufmerksame Verbraucher durchaus gefragt. Aber eben auch der aufmerksame Bürger. Denn auch politische Maßnahmen wirken sich oft zum erheblichen Schaden des Verbrauchers und Bürgers aus.

Knapp 29 Euro im Jahr mehr fallen laut der Rechnung des Stromversorgers aufgrund der erhöhten Abgaben für den typischen Haushalt an. Unabhängig davon, ob Sie Rechtsanwalt oder Reinigungskraft sind. Da sind die zwei Euro Kindergelderhöhung auch gleich wieder futsch. Hier lässt sich sehr anschaulich verdeutlichen, wo das Problem staatlicher Interventionen für den Bürger liegt: Eine gigantische Summe Geld wird Jahr für Jahr aus den linken Taschen der Bürger genommen, um sie Ihnen anschließend mit großzügiger Geste in die rechte Hand zu drücken. Auf dem Umweg über den Staat kann die Politik dann noch bestimmen, wo diese vom Bürger erwirtschafteten Ressourcen besser eingesetzt werden können als wenn sie das Geld behalten hätten: bei der Unterstützung der Energiewende zum Beispiel oder im Kampf gegen den demographischen Wandel.

Der Bürger hat ein Recht zu wissen, wieviel Geld der Staat ihm abnimmt

Die (das zeigen gerade die populistischen Entwicklungen der jüngsten Zeit) brandgefährliche Pauschalschelte von Unternehmen sollten den vielen Menschen in unserem Land zu denken geben, die sich als Eigentümer oder verantwortliche Manager ehrlich und fleißig an der erheblichen Wertschöpfung in unserem Land beteiligen. Es könnte an der Zeit sein, sich gegen eine in Worten und Taten zunehmend übergriffige Politik auch deutlicher zur Wehr zu setzen. Mit fairen Mitteln, versteht sich, und ohne in dieselbe Polemik-Kiste zu greifen. Informationen wie diejenigen des Energiekonzerns sind wichtig – im Sinne des Verbraucherschutzes und der Wähler-Aufklärung. Der Bürger hat ein Recht zu wissen, wieviel Geld der Staat ihm abnimmt – nicht nur einmal im Jahr, wenn er sich durch seine Steuererklärung quält.

Hersteller von Produkten wie Energie, Treibstoff, Bier, Kaffee oder Tabak, die durch Steuern, Abgaben und Regulierungen einen hohen Staatsanteil am Preis zu verzeichnen haben, sollten deutlich auf den Steueranteil am Gesamtpreis hinweisen. In den Vereinigten Staaten werden Preise in der Regel ohne Mehrwertsteuer ausgezeichnet: Auch eine interessante Methode, um dem Bürger vor Augen zu führen, was der Staat nimmt. Nicht nur Unternehmen sollten sich vom Verbraucher stets observiert fühlen. Auch staatliche Akteure sollten sich unter beständiger Beobachtung wissen. An dieser Stelle ein kleiner Gruß an den Kanzlerkandidaten der SPD: Staatlich verursachte Preiserhöhungen wie beim Strom treffen vor allem die Geringverdiener hart. Während der Verbraucher in einer freien Marktwirtschaft in der Regel die Möglichkeit hat, betrügerischen Unternehmen aus dem Weg zu gehen, ist ihm dieser Weg beim Staat verwehrt. Umso mehr muss er sich schützen – vor den Übergriffen und Eingriffen der Politik. Hier ist Transparenz mindestens so wichtig wie bei Marktakteuren.

Photo: Wikimedia Commons

Eigentlich ist es eine stolze Bilanz, die Finanzminister Wolfgang Schäuble zum Ende dieser Legislaturperiode präsentieren kann. Seit drei Jahren „erwirtschaftet“ der Staat „Überschüsse“. Im vergangenen Jahr waren es 19,2 Milliarden Euro. Im Bundeshaushalt sind es allein 6,2 Milliarden Euro. Das Erwirtschaften von Überschüssen ist eigentlich eine Verballhornung des Bürgers. Sie beruht letztlich auf dem Verzicht der Bürger. Denn jede Ausgabe des Staates basiert darauf, dass die Bürger sie bezahlt haben. Deshalb bleibt spannend, worauf die Koalitionäre aus Union und SPD sich verständigen, was damit geschehen soll.

Schäuble will die Gelder zur Schuldentilgung nutzen. Die Kanzlerin ließ über ihren Regierungssprecher schnell erklären, dass sie diesen Vorschlag unterstütze und sie brachte ein klassisches Argument mit. Wenn die Konjunktur schwach sei, müsse der Staat mit schuldenfinanzierten Investitionsprogrammen die Wirtschaft ankurbeln. Wenn diese wieder läuft, dann würde der Staat Überschüsse erzielen, die zur Schuldenreduzierung genutzt werden müssten. Genau das sei jetzt diese Situation. Nun läuft es wieder, und daher müssten die Schulden zurückgeführt werden. Diese Konjunkturtheorie aus dem letzten Jahrhundert, die insbesondere in den 1970er-Jahren unter dem sozialdemokratischen Kanzler Helmut Schmidt besonders beliebt war, fußt auf den Lehren von John Maynard Keynes. Aus diesem Grund ist die Begründung des Kanzlersprechers etwas vergiftet.

Denn unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft hat es damals nicht funktioniert. Was an schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen aufgelegt wurde, war nur ein Strohfeuer und führte Ende der 1970er-Jahre dazu, dass sich die Staatsverschuldung innerhalb von zehn Jahren verdreieinhalbfacht hatte und die Arbeitslosigkeit dennoch auf einen damaligen Höchstwert stieg. Dennoch übt das „deficit spending“ immer noch eine Faszination auf die Sozialdemokratie aus.

SPD-Chef Gabriel passt das jedoch aktuell nicht in den Kram. Er will mit Geldausgeben punkten. Er hat daher sofort vorgeschlagen, die Mittel für die Schulsanierung zu nutzen. Sein Argument ist, dass es in Zeiten faktischen Nullzinses für den Bund keinen Sinn machen würde, Schulden zu tilgen. Schon heute zahlt der Bund über 22 Milliarden Euro weniger Zinsen pro Jahr als zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008. Hält das Niedrigzinsumfeld in Europa an, wovon auszugehen ist, dann schmilzt die Zinsbelastung des Staates weiter. Was ist nun sinnvoll in dieser für jeden Finanzminister komfortablen Situation?

Erstens: Ein Staat der immer mehr Geld hat, findet auch immer neue Ausgabenmöglichkeiten. Er wird immer größer und fetter. Im vergangenen Jahr sind seine Ausgaben um 4,2 Prozent gewachsen, die Wirtschaftsleistung lediglich um 1,9 Prozent. Dieses Verhältnis muss umgedreht werden. Die Staatsausgaben müssen künftig wieder langsamer wachsen als die Wirtschaftsleistung.

Zweitens: Schuldentilgung ist gut. Deutschlands Staatsschuldenquote liegt bei rund 70 Prozent der Wirtschaftsleistung und hat nach wie vor ein historisch sehr hohes Niveau. Dieses abzubauen, ist richtig und notwendig.

Drittens: Investitionen anzuregen, ist ebenfalls notwendig. Sie müssen aber nicht zwingend staatlicherseits erfolgen. Privates Investitionskapital sucht Anlagemöglichkeiten in Deutschland. Es für Infrastrukturmaßnahmen wie den Ausbau von Straßen, Schulen, Schienen und Breitbandnetz stärker zu öffnen, ist daher nicht eine Frage des Staatshaushaltes, sondern der Rahmenbedingungen für private Investoren.

Viertens: Über die Entlastung der Bürger wird von den Berliner Koalitionspartnern nicht gesprochen. Sie werden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet. Dabei steigt die Steuerquote immer weiter an. Sie erreicht in diesem Jahr fast 23 Prozent, den höchsten Wert seit der Deutschen Einheit. Das Geld muss an die Bürger zurück. Der Solidaritätszuschlag stünde dazu bereit, endlich abgeschafft zu werden. Noch nie war es so einfach wie heute.

Photo: Blue Mountains Local Studies from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Am Arbeitsmarkt läuft es rund: 43,4 Millionen Erwerbstätige gab es im vergangenen Jahr. So viele wie seit vielen Jahren nicht mehr. Davon waren alleine 39,1 Millionen Arbeitnehmer in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Die von der BA ausgewiesene Arbeitslosenzahl beträgt nur noch 2,5 Millionen Menschen – 2005 waren es noch 4,9 Millionen. Die offizielle Arbeitslosenzahl ist daher um fast 50 Prozent zurückgegangen. Daher steigen auch die Überschüsse, die die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg vorweisen kann: Sie betragen stolze 4,9 Milliarden Euro. Die Reserven steigen damit auf 11 Milliarden Euro. Der Beitragssatz beträgt 3 Prozentpunkt und ist seit 2011 konstant auf diesem Niveau. Soweit die Fakten.

Was völlig aus dem Blick gerät, ist der Umfang, in dem hierzulande durch den Staat Arbeitsvermittlung und Qualifizierung betrieben wird. Allein im letzten veröffentlichen Geschäftsbericht 2015 der BA sind 96.300 Vollzeitstellen ausgewiesen. Das sind 700 mehr als im Vorjahr. Wahrscheinlich arbeiten weit mehr als 100.000 Menschen für die Arbeitsagentur. An ihrem Personalbestand hat sich in den letzten 20 Jahren nicht viel getan, im Zweifel ging es nur nach oben, obwohl ihre Kernaufgabe, Arbeitslose in ein Beschäftigungsverhältnis zu bringen, summarisch eine immer kleinere Rolle spielt.

Es ist eigentlich ein Grundgesetz der Bürokratie, dass einmal geschaffenen Strukturen des Staates, bei einem Wegfall oder einer Abnahme der Aufgabe, nicht aufgegeben oder angepasst werden. Bürokratie sucht sich neue Aufgaben. Ganz wie es Ralf Dahrendorf einmal formuliert hat: „Wir brauchen Bürokratie, um unsere Probleme zu lösen. Aber wenn wir sie erst haben, hindert sie uns, das zu tun, wofür wir sie brauchen.“

So ist es jetzt auch wieder. Die Arbeitsministerin Nahles schlägt nun vor, dass die örtlichen Arbeitsagenturen sogenannte Weiterbildungsagenturen aufbauen sollen, um das lebenslange Lernen kontinuierlich durch die Arbeitsagentur begleiten zu lassen. Es soll so eine Art Lebensberatung durch den Staat werden, was sich die Regierung hier vorstellt. Das passt zum Bild des Nanny State, das die Regierung auch sonst beispielsweise in Verbraucherfragen pflegt. Von der Kinderkrippe über die Schule und Hochschule und nun auch in der Arbeitswelt bis zum Pflegeheim wird der Einzelne gehegt und gepflegt.

Nahles steckt jedoch in einem Dilemma. Der Weiterbildungssektor ist fest in der Hand des Tarifkartells aus Gewerkschaften und Arbeitgebern. Will sie verstärkt in diesen Markt eindringen, gerät sie mit dem Tarifkartell aus DGB-Gewerkschaften und der BDA in Konflikt. Bisher waren sich diese im Hintergrund immer einig, wenn es darauf ankam.

Die gute Arbeitsmarktsituation müsste jetzt eigentlich zum Anlass genommen werden, die BA zu verschlanken. Der Staat und seine Regierung haben keine natürlichen Anreize, zu sparen. Denn die Einnahmen steigen meist. Eine Krise wird schon heraufbeschworen, wenn die Einnahmen mal in einem Jahr stagnieren. Jetzt sprudeln sie und keiner denkt an das Sparen. Doch in vermeintlich guten Zeiten muss die Grundlage gelegt werden für schwierige Jahre. Auch diese werden auf dem Arbeitsmarkt wiederkommen. Dann braucht es eine schlanke Arbeitsagentur, und die Möglichkeit, dass  Aufgaben, die Dritte gleich gut oder besser machen können, von diesen erledigt werden. Das erfordert, dass der Personalbestand ab- und nicht weiter aufgebaut wird – im Zweifel mit dem Rasenmäher.

 Photo: EU2016 SK from Flickr (CC 1.0)

Sigmar Gabriel ist ein Mann starker Worte. Als 2014 bekannt wurde, dass amerikanische Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon in ihren europäischen Zentralen in Irland keine Unternehmenssteuern bezahlen, sprach er von einem asozialen Verhalten. Wer in Deutschland Gewinne erwirtschafte, müsse sie auch hier versteuern. Sonst fehle Geld für Infrastruktur und Bildung, so der Bundeswirtschaftsminister. Da kann man nur sagen: Gut gebrüllt Löwe. Man mag ihm kaum widersprechen. Doch muss er sich als Bundeswirtschaftsminister auch an seinen eigenen Maßstäben messen lassen. Und da hapert es beim Vorsitzenden der Arbeiterpartei SPD.

Eine der größten Industriebeteiligungen des Staates ist der Technologiekonzern Airbus. Der Bund hält über die Kreditanstalt für Wiederaufbau mehr als elf Prozent der Anteile. Mit fast 65 Milliarden Euro Umsatz und weltweit fast 140 000 Beschäftigten gehört das Unternehmen zu den ganz Großen. Die wesentlichen Produktionsstandorte des Konzerns sind in Bremen, Hamburg, München und im französischen Toulouse. Dort ist auch der Sitz der Konzernzentrale. Der rechtliche Sitz der Holding Airbus Group SE ist jedoch im niederländischen Leiden. Das ist wohl kein Zufall, denn die Niederlande gelten für Holdings als Steuerparadies. Dort gelingt es diesen, dank des dortigen Steuerrechts, trotz hoher Gewinne die Steuerlast auf Null zu drücken. So ist es wohl auch mit Airbus. Der Staat geht bei seinem eigenen Unternehmen nahezu leer aus, obwohl das Unternehmen 2015 einen Gewinn von fast 3,4 Milliarden Euro erzielt hat. Wer ist hier asozial, Herr Gabriel?

Das wird den heimischen Familienunternehmer oder den Handwerksmeister nicht freuen, wenn sie gleichzeitig in Deutschland in der Spitze als Unternehmen 30 Prozent und als Einzelunternehmer sogar rund 50 Prozent Steuern bezahlen. Reden und Handeln ist ein hohes Gut, auch in der Politik. Wenn Gabriel private Unternehmen als asozial bezeichnet, aber er selbst in seinem Zuständigkeitsbereich der Luft- und Raumfahrt zulässt, dass ein staatlich dominiertes Unternehmen selbst in eine Steueroase ausweicht, um sich dem Fiskus in Deutschland zu entziehen, dann ist das skandalös und ein Schlag in das Gesicht jedes Steuerpflichtigen in diesem Land. Es ist dieses Misstrauen in die Politik und ihre Handelnden, die zu Verdrossenheit und Frust führt. Politiker müssen sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen und nicht heute das sagen und morgen umgekehrt handeln. Diese Erosion des Vertrauens ist fatal.

Das ist unabhängig davon, dass die steuerliche Belastung für Bürger und Unternehmen in Deutschland zu hoch ist. Überall auf der Welt geht der Trend hin zu einer Entlastung der Steuerzahler. Donald Trump hat umfangreiche Steuerentlastungen für Unternehmen angekündigt. Der französische Präsidentschaftskandidat der Republikaner, François Fillon, hat im Falle seiner Wahl umfangreiche Steuersenkungen angekündigt und auch die britische Premierministerin Theresa May hat eine Senkung der Unternehmensteuern in Großbritannien angekündigt, um den dortigen Wirtschaftsstandort attraktiv zu machen.

Der Steuerwettbewerb nimmt international wieder Fahrt auf. Das ist richtig und notwendig, darf aber nicht bei der Unternehmensbesteuerung aufhören, sondern muss auch die Bürger insgesamt umfassen. Gründe für eine Entlastung gibt es genug. Allein in dieser Legislaturperiode hat der Staat über 100 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern eingenommen. Es geht letztlich um die Frage, ob der Staat immer mehr Bürgern und Unternehmen von ihrer Schaffenskraft wegnimmt, um es anschließend in einen großen Trichter zu werfen, an dessen Ende der Staat nach viel Bürokratie und Leerlauf nach Gutsherrenart ein wenig davon wieder über Umverteilung an die Bürger zurückgibt. Daraus folgt: Es gibt keine Leistung des Staates, die nicht auf dem Verzicht der Bürger beruht.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 3. Dezember 2016.

Photo: Erik Drost from Flickr (CC BY 2.0)

Die wirtschaftspolitische Agenda des kommenden US-Präsidenten Donald Trump ist durchaus differenziert. Innerhalb der USA setzt er auf Steuersenkungen und Investitionen und außerhalb der USA auf Abschottung. Auf Steuersenkungen zu setzen ist durchaus vernünftig. US-Unternehmen zahlen auf der Ebene des Unternehmens 35 Prozent Körperschaftsteuer an den Bund und eine nach Bundesstaat differenzierte Ländersteuer. In New York sind dies rund 5 Prozentpunkte, so dass Unternehmen dort mit fast 40 Prozent belastet werden. Das ist ein internationaler Spitzenwert und höher als in Hochsteuerländern wie Frankreich oder Belgien. Deutschland kommt auf einen Wert von knapp 30 Prozent (Körperschaftsteuer, Soli, Gewerbesteuer). Zwar ist die Bemessungsgrundlage der Steuern auf Unternehmensgewinne von Land zu Land unterschiedlich und daher nur schwer zu vergleichen, dennoch ist die Höhe für die US-Wirtschaft und den Investitionsstandort Amerika ein psychologisches Problem.

Trump hat im Wahlkampf angekündigt, die Bundessteuer auf 15 Prozent und damit die Gesamtbelastung für Unternehmen auf 20 Prozent (New York) zu reduzieren. Er würde damit bei der Unternehmensteuer sein Land vom internationalen Schlusslicht ins fordere Mittelfeld katapultieren und gleiche Steuersätze wie Großbritannien, Finnland oder die Schweiz (Zürich) erreichen. Das war auch der Weg von Ronald Reagan Anfang der 1980er Jahre, auf den Donald Trump ausdrücklich Bezug nimmt.  Reagan wird heute von Kritikern vorgeworfen, dass seine Amtszeit und der wirtschaftliche Aufstieg Amerikas mit einem massiven Schuldenaufbau einhergegangen sei. Tatsächlich haben sich die absoluten Staatsschulden in seiner Amtszeit verzweieinhalbfacht: von 1,3 Billionen auf 3,4 Billionen Dollar. Bezogen auf die Wirtschaftsleistung betrug die Verschuldung zu Beginn der Amtszeit Reagans 1981 rund 40 Prozent und 1989 60 Prozent. Mit diesen Werten würde Amerika heute gut dastehen.

Aber die Situation ist heute weitaus schlechter. Trump startet seine steuerpolitischen Visionen mit einem Schuldenstand von über 19 Billionen Dollar, einer Verschuldung zum BIP von über 106 Prozent und einem laufenden Staatsdefizit von fast 800 Milliarden Dollar in 2016.

Trump sieht die Ursache für die hohe Verschuldung und den geringen Beschäftigungsstand auch in der Stärke Chinas. Sein Vorwurf an die Asiaten ist, dass sie indirekt ihre Exportindustrie subventionieren, indem sie die chinesische Währung Renminbi abwerten und damit chinesische Exporte billiger machen. An diesem Argument ist etwas dran. Zwar verteuern sich dadurch auch die importierten Vorprodukte für China, doch in Zeiten frei manipulierbarer Währungen überwiegt der kurzfristige Vorteil. Die Antwort Trumps darauf ist, Einfuhrzölle für chinesische Waren von 45 Prozent vorzuschlagen. Wenn das käme, wäre es der Super-Gau für die Weltwirtschaft, der ein gegenseitiges Hochschaukeln von Gegenmaßnahmen zur Folge hätte.

Wahrscheinlich werden daher Zölle in dieser Größenordnung nicht kommen. Eher wird Trump verstärkt in den Abwertungswettlauf mit China eintreten. Aus seiner Sicht könnte er damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Würde er die amerikanische Notenbank FED dazu bringen, auf künftige Zinserhöhungen zu verzichten und stattdessen die Zinsen auch nominal am langen Ende niedrig zu halten, dann könnte er eine Steuerreform über neue Schulden finanzieren, die auch nominal nichts kosten. Die FED müsste dann den Weg Japans gehen, wo die dortige Notenbank die Zinsstrukturkurve über alle Laufzeiten kontrolliert. Das hätte aus Trumps Sicht sehr viel Charme, denn der größte Gläubiger von US-Staatsanleihen ist mit 2,5 Billionen Dollar die eigene Notenbank. Aber direkt danach kommt schon China mit 1,22 Billionen Dollar. China ist hier in einem Dilemma. Es kann die Anleihen nicht umfangreich auf den Markt werfen, ohne dass es an den Anleihemärkten zum Kollaps käme. Andererseits können sie gegen die Zinsmanipulation der FED nichts unternehmen. Gelänge es der FED die Zinsstruktur der Staatsanleihen über die jeweilige Laufzeit durch ihre Intervention zu steuern, dann würde China seine Exporterfolge mit einem immer weniger werthaltigen Anleihenportfolio von US-Staatsanleihen bezahlen.

Daher wird die FED unter ihrer Präsidentin Janet Yellen am 14. Dezember sicherlich nicht ihren Leitzins anheben. Stattdessen könnte nach dem Amtsantritt Trumps am 20. Januar die FED verstärkt in den Ankauf von Staatsanleihen einsteigen, um China und den Rest der Welt an der Finanzierung der Steuersenkung Trumps zu beteiligen. Die Politik Trumps unterscheidet sich nicht wesentlich von seinem Vorgänger. Dieser hat den Staatsapparat ausgeweitet und durch Zentralbankgeld finanziert. Trump senkt die Steuern, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Amerika zu verbessern und finanziert dies wohl ebenfalls durch die eigene Notenbank. Beides ist falsch und führt zu Verwerfungen und Gegenreaktionen. Daher ist eines klar, auch unter dem US-Präsidenten Donald Trump wird der Weg in den Geldsozialismus weitergehen – nur konsequenter.