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Photo: Konrad-Adenauer-Stiftung from Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

Um es vorweg zu sagen. Peter Altmaier ist ein schlechter Wirtschaftsminister. Wohl der schlechteste, den dieses Land seit vielen Jahrzehnten hat. Doch er passt in die Zeit. Wenn Donald Trump „Amerika First“ ruft und China die „neue Seidenstraße“ vorantreibt, dann dürfe auch ein deutscher Wirtschaftsminister nicht untätig sein – glauben viele. Altmaier meint zu wissen, woran es hakt: „Wer neue Technologien verpennt, wird zur verlängerten Werkbank der Länder, die rechtzeitig gehandelt haben.“ Wer will da widersprechen? Es klingt auch so wohlfeil, wenn er in seinem Handlungspapier für eine Industriestrategie 2030 dazu schreibt: Das Ziel der „Nationalen Industriestrategie 2030 besteht darin, gemeinsam mit den Akteuren der Wirtschaft einen Beitrag zu leisten zur Sicherung und Wiedererlangung von wirtschaftlicher und technologischer Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit und Industrie-Führerschaft auf nationaler, europäischer und globaler Ebene in allen relevanten Bereichen.“ Dazu soll der Staat für einen befristeten Zeitraum auch Unternehmensanteile kaufen können, deren Mittel aus einem staatlichen Beteiligungsfonds stammen sollen.

Gerne wird das Beispiel Airbus für diese erfolgreiche Industriestrategie genannt. Das deutsch-französische Luftfahrtunternehmen gilt als Vorzeigeprojekt. Zwar hat es über viele Jahrzehnte nur Verluste gemacht, aber inzwischen ist es durchaus erfolgreich. Daher wurde der Holdingsitz vor einigen Jahren auch in das niederländische Leiden verlegt. Gibt es dort doch die Möglichkeit, die Ertragssteuern unter bestimmten Bedingungen auf nahe Null zu verrechnen. Schön, wenn sich die Bundesregierung über die Amazons, Googles und Apples beschwert und mit einer neuen Digitalsteuer droht, wenn die eigenen Staatsunternehmen vor der lästigen Steuerzahlung geschützt werden. Klar ist das eine sehr interessante Industriestrategie, die die „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Industrieführerschaft“ sichert. Leider funktioniert sie nur für wenige Staatsunternehmen.

Eigentlich ist das Vorgehen Altmaiers eine Form des Sozialismus. Im Ernst. Das ist wahrlich nicht zu weit hergeholt. Denn der Sozialismus, also die Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, kann auf verschiedene Arten erfolgen. Die wohl bekannteste ist die, die mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion fast zu Ende ging. Einige Ausprägungen, wie aktuell in Venezuela, gibt es zwar noch, aber auch diese neigen sich dem Ende zu. Dort ging es um einen gewaltsamen Umsturz der bestehenden Eigentumsordnung. Mit einem Schlag wurde das Privateigentum verstaatlicht und die Vergesellschaftung der Produktionsmittel vollzogen. Das Ende ist bekannt.

Die andere Form des Sozialismus ist eine schleichende Aushöhlung und Zerstörung der Eigentumsordnung. Durch Regulierung, Ge- und Verbote und eine prohibitive Besteuerung muss nicht einmal eine formale Eigentumsübertragung auf den Staat erfolgen, sondern es reicht schon, wenn das private Eigentum nur noch eine leere Hülle ist, aber der Staat die Richtung und die Art der Produktion steuert. Und genau dieses Ziel strebt Altmaier an – ob bewusst oder unbewusst. Das klingt hart, ist aber die Konsequenz seines Handelns. Der Sozialismus ist letztlich daran gescheitert, dass er die Komplexität des arbeitsteiligen Wirtschaftens nicht lösen und in einem Produktionsplan für eine ganze Wirtschaft nicht abbilden konnte. Denn kein Zentralplaner, kein noch so intelligenter Denker und selbst ein deutscher Wirtschaftsminister haben nicht das Wissen, welches Millionen von Menschen haben und in ihrem täglichen Agieren anwenden. Deshalb weiß Altmaier auch nicht „welche Technologien verpennt“ werden, und ob Deutschland zur „verlängerten Werkbank“ wird. Selbst seine Berater im Ministerium sind dazu nicht in der Lage. Wenn die Regierung nunmehr Siemens, ThyssenKrupp, BWM, VW und Daimler als nationale Champions einstuft und deren Wohlbefinden als im „nationalen politischen und wirtschaftlichen Interesse“ definiert, dann sollten alle skeptisch sein.

Denn wieso diese Unternehmen und nicht andere? Gibt es nicht tausende von „Hidden Champions“ in Deutschland, die es zu fördern gilt, damit „wir“ keine Technologie „verpennen“? Sitzen viele der Innovationstreiber in unserem Land nicht in Göppingen, Freiberg und Minden? Oder wäre es nicht schlauer, wenn sich ein Wirtschaftsminister für bessere Rahmenbedingungen für Unternehmer einsetzen würde. Wie ist es mit Bürokratieabbau? Wie mit der Senkung der Abgabenbelastung? Wie sorgt die Regierung für eine attraktive Infrastruktur? Wie schützt die Regierung das private Eigentum? Das sind die Fragen, mit denen sich ein Wirtschaftsminister beschäftigen sollte. Wie weit ist es schon gekommen, wenn der amtierende Wirtschaftsminister der Vergemeinschaftung von Großunternehmen das Wort redet! Stattdessen sollte er eigentlich die Speerspitze der Marktwirtschaft in der Regierung sein. Man kann sich nur entsetzt die Augen reiben und an den ersten Wirtschaftsminister Ludwig Erhard erinnern, der gesagt hat: „Was sind das für Reformen, die uns Wände voll neuer Gesetze, Novellen und Durchführungsverordnungen bringen? Liberale Reformen sind es jedenfalls nicht. Es sind Reformen, die in immer ausgeklügelterer Form Bürger in neue Abhängigkeiten von staatlichen Organen bringen, wenn nicht sogar zwingen.“

Photo: Ken Bosma from flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre. 

Die Relikte des Protektionismus aus der alten Welt, Zölle, sollten abgeschafft werden. Zum Wohle der Verbraucher kann dies bei zu großem politischen Widerstand in anderen Ländern auch unilateral geschehen. Doch sollen weitere substanzielle Fortschritte für einen freieren Welthandel erreicht werden, muss vor allem der Abbau nichttarifärer Maßnahmen, wie Subventionen oder Lokalisierungsmaßnahmen in Angriff genommen werden.

Die jüngsten Zollstreitigkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und China sowie der Europäischen Union könnten den Eindruck erwecken, dass alleine Zölle den internationalen Handel behindern. Doch auch Maßnahmen, die häufig weniger transparent sind als Zölle, erschweren den Austausch von Gütern über Landesgrenzen hinweg. Diese nichttarifären Handelshemmnisse haben in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Während Zollbarrieren in den letzten Jahrzehnten erfolgreich abgebaut wurden, besteht die Herausforderung der weiteren Liberalisierung des internationalen Handels vor allem im Rückbau nichttarifärer Handelsbarrieren, denen ein aktuelles IREF Policy Paper gewidmet ist.

Trotz Trump: Zölle auf dem Rückzug

Die durchschnittlichen weltweiten Zölle sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken. Befördert wurde der Zollabbau vor allem durch das Inkrafttreten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) im Jahre 1947 und die Fortführung multilateraler Liberalisierungsbemühungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) seit 1994. Multilaterale und regionale Abkommen trugen dazu bei, dass der durchschnittliche Zollsatz weltweit heute bei etwa fünf Prozent liegt.

Verdeckter Protektionismus: Nichttarifäre Maßnahmen

Doch nicht nur Zölle schränken den Handel über Grenzen hinweg ein, auch zollfremde Maßnahmen wirken handelshemmend. Nichttarifäre Handelshemmnisse umfassen eine ganze Reihe von Regierungsmaßnahmen. Sie können sowohl Exporte als auch Importe direkt betreffen, etwa durch Einfuhrkontingente, Einfuhrverbote, Einfuhrlizenzen, Zollverfahren oder Verwaltungsgebühren. Zudem können Regulierungen, die augenscheinlich nur den inländischen Markt betreffen, handelshemmende Wirkung haben, wenn sie ausländische Anbieter stärker belasten als inländische. Diese Maßnahmen „hinter der Grenze“ können Gesundheits-, Technik-, Produkt-, Arbeits-, Umweltnormen sowie Steuern, Gebühren und inländische Subventionen sein.

Gerade den Maßnahmen „hinter der Grenze“ ist zu eigen, dass ihre Wirkungsweise undurchsichtiger ist als die von Zöllen. Darüberhinaus werden Maßnahmen, die Einfuhren nicht explizit zahlenmäßig beschränken, sondern lediglich erschweren, von Regierungen nicht zwingend als solche gekennzeichnet – im Gegenteil. Regierungen führen zur Rechtfertigung protektionistischer Maßnahmen andere legitime Ziele an, um sich dem Vorwurf des Schutzes einheimischer Unternehmen zum Nachteil ausländischer Produzenten zu entziehen.

Trotz der Schwierigkeiten, nichttarifäre Handelshemmnisse zu identifizieren, erlauben die Daten zweier Quellen, die Entwicklung ihres Einsatzes über die Zeit zu beurteilen: Die WTO stellt Daten zu de jure nichttarifären Handelshemmnissen bereit. Die Initiative Global Trade Alert der Universität St. Gallen stellt Daten zu de facto handelshemmenden tarifären und nichttarifären Maßnahmen zur Verfügung.

WTO: De jure nichttarifäre Handelshemmnisse

Zahlen der Welthandelsorganisation zeigen, dass die Anzahl jährlich gemeldeter nichttarifärer Handelshemmnisse seit dem Jahr 2000 deutlich zunahm. Neue potentiell handelsbeschränkende Maßnahmen müssen von allen Mitgliedern der Welthandelsorganisation an diese gemeldet werden. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Anzahl der jährlichen Meldungen deutlich erhöht – von 750 im Jahr vor dem Eintritt Chinas in die WTO auf 1480 im letzten abgeschlossenen Jahr 2017.

Fast 80 Prozent aller neu eingeführten nichttarifären Maßnahmen sind im Bereich Hygiene- und Gesundheitsschutz zu verorten. Diese Maßnahmen betreffen vor allem Agrarprodukte wie Grundnahrungsmittel. Technische Barrieren, die diskriminierende technische Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertungsverfahren umfassen, machten 17 Prozent aller neuen Maßnahmen im Jahr 2017 aus.

Die jährliche Anzahl gemeldeter neuer Maßnahmen gibt nur einen groben Hinweis auf die Entwicklung der Beschränkung von internationalem Handel durch nichttarifäre Maßnahmen seit dem Jahr 2000. Zum einen wird nur die Anzahl der Maßnahmen erfasst. Der Wirkungsgrad einzelner Maßnahmen bleibt unberücksichtigt. Zum anderen unterscheidet sich die Meldepraxis von Land zu Land. Unter der Annahme, dass sich das Meldeverhalten einzelner Länder über die Zeit nicht systematisch geändert hat, lassen die Daten dennoch den Schluss zu, dass nichttarifäre Handelsmaßnahmen mit potentiell handelshemmender Wirkung seit der Jahrtausendwende zugenommen haben.

Global Trade Alert: De facto handelshemmende Maßnahmen

Die Daten der Initiative Global Trade Alert an der Universität St. Gallen basieren nicht auf offiziellen Meldungen der jeweiligen Regierungen an die WTO. Die Wissenschaftler untersuchen stattdessen systematisch offizielle Regierungsverlautbarungen in 55 Ländern auf Maßnahmen, die ausländische Anbieter gegenüber inländischen Anbietern benachteiligen. Sie unterscheiden 44 verschiedene Kategorien protektionistischer Maßnahmen. Die Initiative wurde 2008 ins Leben gerufen. Daten für den Zeitraum davor stehen deshalb nicht bereit.

Die Forscher bewerten jede Meldung potentiell handelshemmender Maßnahmen nach einem festen Schema hinsichtlich ihrer zu erwartenden tatsächlichen Wirkung. Es müssen sechs Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Maßnahme als handelshemmend in den Datensatz aufgenommen wird. Erstens sind nur Maßnahmen zulässig, die ausländische Anbieter relativ zu inländischen Anbietern schlechter stellen. Zweitens müssen die Änderungen den Handel substanziell behindern. So werden finanzielle Hilfen in Form von Subventionen, Krediten oder Bailouts erst ab einem Volumen von 10 Millionen US-Dollar berücksichtigt. Auch kleinere Änderungen, die den bürokratischen Aufwand für ausländische Unternehmen nur leicht erhöhen, werden nicht als substanziell eingestuft. Drittens müssen die Maßnahmen umgesetzt oder von den Gesetzgebern beschlossen sein. Die vierte Voraussetzung ist, dass die Maßnahme aus kommerziellem Interesse heraus eingeführt wurde. Maßnahmen, die de jure etwa der inneren Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit dienen, werden nicht aufgenommen. Schließlich werden Maßnahmen nur einmal aufgenommen und nur, wenn sie nach dem 1. November 2008 verkündet wurden.

Der Vorteil der Daten ist, dass sie ein deutlich breiteres Feld an Maßnahmen abdecken als die Daten der WTO. Zudem sind die Daten nicht von der Meldezuverlässigkeit der Regierungen abhängig.

Insgesamt machen Zollmaßnahmen nur 23 Prozent aller protektionistischen Maßnahmen seit dem Jahr 2009 aus. Gut drei Viertel aller handelsbeschränkenden Maßnahmen sind folglich nichttarifärer Natur.

Neue Welt: Nichttarifäre Maßnahmen gewinnen an Bedeutung

Obwohl die Datensätze der Welthandelsorganisation und der Initiative Global Trade Alert sich in ihrer Natur maßgeblich unterscheiden, illustrieren beide die Zunahme des Einsatzes nichttarifärer Handelsbeschränkungen in den vergangenen Jahren.

Auch ohne diese Zunahme hat sich angesichts sinkender Zölle die Relevanz nichttarifärer Handelsbarrieren für den internationalen Handel erhöht. Der frühere Generaldirektor der WTO und EU-Kommissar für Handel, Pascal Lamy, erachtet nichttarifäre Maßnahmen in der neuen Welt des Handels mit ihren international verwickelten Wertschöpfungsketten ebenfalls als die maßgebenden Handelsbarrieren. In der alten Welt seien dagegen vornehmlich Fertigprodukte gehandelt worden und Zölle gaben den protektionistischen Ton an.

Die Relikte des Protektionismus aus der alten Welt, Zölle, sollten abgeschafft werden. Zum Wohle der Verbraucher kann dies bei zu großem politischen Widerstand in anderen Ländern auch unilateral geschehen. Doch sollen weitere substanzielle Fortschritte für einen freieren Welthandel erreicht werden, muss vor allem der Abbau nichttarifärer Maßnahmen in Angriff genommen werden. Konkrete Maßnahmen zum Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse stellen wir in unserem neuen IREF Policy Paper vor.

Erstmals erschienen bei IREF

Photo: Franz Venhaus from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues, und Justus Lenz, Leiter Haushaltspolitik bei Die Familienunternehmer/Die Jungen Unternehmer.

Der Staat sollte ausschließlich die Umsetzung solcher Regeln in Betracht ziehen, die sich per se positiv auswirken, indem sie unerwünschtes Verhalten unterdrücken, wünschenswertes Verhalten befördern und zusätzliche Kooperationsmöglichkeiten schaffen.

Bürokratie: Notwendig, aber ein Übel

Die Bürokratie hat keinen guten Ruf – lange Warteschlangen beim Bürgeramt, komplizierte Formulare sowie langwierige Genehmigungsverfahren sind (un-)beliebte Themen für den Smalltalk. Auch fehlt in keiner politischen Sommerrede der Hinweis auf die Notwendigkeit, bürokratische Belastungen zu reduzieren. Unternehmer reihen sich ein und identifizieren „Bürokratie“ regelmäßig als großes Problem. Ohne Bürokratie geht es jedoch nicht. Das Zusammenleben in unserer komplexen Gesellschaft basiert auf Regeln – staatlichen und nicht-staatlichen – und wenn sie formeller Natur sind, müssen sie bürokratisch um- und durchgesetzt werden. Allerdings sind weder alle bestehenden Regeln noch alle Maßnahmen zur Um- und Durchsetzung derselben wünschenswert. Die in den Verantwortungsbereich des Staates fallenden Regeln gehören deshalb samt ihres bürokratischen Beiwerks immer wieder auf den Prüfstand.

Zu hoher und zunehmender bürokratischer Aufwand

Auf die Frage, mit welchen Projekten die Große Koalition am besten die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen steigern könnte, antworteten jüngst 57 Prozent der vom Verband DIE FAMILIENUNTERNEHMER befragten Unternehmer mit dem Vorschlag, Bürokratie abzubauen. Damit landete das Thema an der Spitze.

Das etwas dran ist an der Wahrnehmung der Unternehmer, zeigen die Ergebnisse des seit 2011 erhobenen Erfüllungsaufwandsmonitors des Normenkontrollrats. Der jährliche bürokratische Aufwand im Zusammenhang mit Gesetzesänderungen des Bundes nahm seit 2011 um über 8 Milliarden Euro zu.

Der bürokratische Aufwand trifft Bürger nicht nur indirekt durch höhere Verwaltungskosten beim Staat und bei privaten Organisationen, sondern teilweise auch direkt: Bei der Beantragung des Personalausweises über die Kfz-Anmeldung bis hin zum Steuerrecht.

Ohne Bürokratie geht es nicht

Für das Zusammenleben von Menschen bedarf es Regeln. Sie geben uns Planungssicherheit bezüglich des Handels anderer und fördern im besten Fall kooperatives Verhalten. Das gilt für kleinere Gruppen und erst Recht für große komplexe Gesellschaften. Staatliche Regeln strukturieren Lebensbereiche wie Wohnen, Leben und Arbeiten, aber formulieren auch Abwehrrechte gegenüber dem Staat selbst – das Wort Rechtsfrieden kommt nicht von ungefähr. Eine Welt ohne Regeln wäre schrecklich. Ordnungspolitisch: Kein gutes Spiel ohne Spielregeln.

Regeln und ihre bürokratische Umsetzung: Nutzen und Kosten

Auf Märkten können Regeln die Erwartungssicherheit für Unternehmen und das Vertrauen von Kunden erhöhen. So profitieren in Deutschland alle Marktteilnehmer von Regeln, die Eigentumsrechte ordnen und die Übertragung von Eigentumsrechten durch Kauf- und Verkauf strukturieren.

Der Staat sollte ausschließlich die Umsetzung solcher Regeln in Betracht ziehen, die sich per se positiv auswirken, indem sie unerwünschtes Verhalten unterdrücken, wünschenswertes Verhalten befördern und zusätzliche Kooperationsmöglichkeiten schaffen.

Um zu beurteilen, ob eine Regel erstrebenswert ist, müssen jedoch auch ihre Umsetzungs- und Durchsetzungskosten berücksichtigt werden – die notwendige Bürokratie beim Staat, privaten Organisationen und den Bürgern direkt. Übersteigen diese bei staatlichen Einheiten und privaten Akteuren anfallenden Transaktionskosten den Nutzen der Regel, sollte sie nicht angestrebt werden.

Ideale Regulierung?

Nutzen und Kosten von Regeln und ihrer Anwendung abzuschätzen, ist ein heikles Unterfangen. Wie resultierende Nutzen und Kosten gewichtet werden, entscheidet mit darüber, ob eine zur Diskussion stehende Regel für erstrebenswert erachtet wird. Verschiedene Gutachter werden regelmäßig zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen. Und dennoch lässt sich basierend auf der analytischen Trennung zwischen Regeln auf der einen Seite und ihrer Durchsetzung sowie Umsetzung auf der anderen Seite festhalten, dass Regeln gesetzt werden sollten, die nicht nur per se wünschenswert, sondern auch einfach um- und durchsetzbar sind.

Einige Beispiele: Bei Umweltregulierungen ist es besser, Ziele vorzugeben, als detaillierte Vorgaben zu machen, wie Ziele erreicht werden sollen. Im Bereich des Steuer- und Sozialrechts, sind häufig großzügige Pauschalen dem Versuch vorzuziehen, Einzelfallgerechtigkeit bis auf Centbeträge herzustellen.

Es versteht sich von selbst, dass es Aufgabe des Staates ist, die günstigste mögliche Alternative der Um- und Durchsetzung seiner Regeln zu gewährleisten, beziehungsweise zu ermöglichen. Leider verfehlt der deutsche Staat dieses Ideal regelmäßig. So kam der Normenkontrollrat in einem Gutachten 2015 zum Schluss, dass sich 30 Prozent der staatlichen Verwaltungskosten durch eine konsequente Umsetzung von E-Government-Lösungen einsparen ließen. Seitdem hat sich nicht viel getan. Die Einsparungen durch eine konsequentere Umsetzung von E-Government wären gewiss auch auf Seiten privater Akteure erheblich.

Tendenz zu übermäßiger Regulierung

In Demokratien werden nicht nur staatliche Regeln eingeführt, die auch ein unparteiischer Beobachter für eine große Mehrheit der Gesellschaft für wünschenswert erachtet. Politiker können sich durch die Einführung neuer Regeln profilieren und Interessengruppen mit eng abgegrenzten Partikularinteressen können Regeln zu ihrem Vorteil beeinflussen. In beiden Fällen kann der parlamentarische Prozess neue Regelungen mit negativem gesellschaftlichen Nettonutzen zutage fördern.

Zudem haben Mitarbeiter staatlicher Organisationen, die mit der Um- und Durchsetzung von Regeln betraut sind, ein Interesse an ihrer fortwährenden (ressourcenintensiven) Umsetzung, um ihre Existenz rechtfertigen zu können – auch wenn die Regeln aus gesellschaftlicher Perspektive nicht (mehr) angewandt werden sollten. Das trifft auf Bundes- und Landesverwaltungen ebenso wie auf Verwaltungen auf EU-Ebene zu.

Eine über die Zeit zunehmende Regelungsdichte und ein mit ihr steigender Erfüllungsaufwand überraschen also nicht. Sie sind aus politökonomischen Gründen zu erwarten. Vieles spricht dafür, dass die Vertragsfreiheit durch staatliche Regeln heute zu sehr eingeschränkt und der verursachte bürokratische Aufwand zu hoch ist.

Institutionelle Sklerose vermeiden

Umso mehr sollten nicht direkt am politischen Prozess Beteiligte darauf pochen, Regeln per se Prüfungen zu unterziehen und Kosteneinsparpotentiale bei ihrer Umsetzung beispielsweise durch den Einsatz von E-Government-Lösungen konsequent zu nutzen, um eine institutionelle Sklerose zu vermeiden.

Dass Aufmerksamkeit und öffentlicher Druck dazu beitragen können, das politökonomische Kalkül zu verändern, zeigt sich am Beispiel der EU-Kommission: Als Reaktion auf die Kritik, die EU würde zu viele und zu detailverliebte Regeln setzen, wurde in der aktuellen Kommission der erste Vizepräsident und Stellvertreter vom Kommissionspräsidenten, Frans Timmermanns, mit der Aufgabe betreut, die Regeldichte einzudämmen – ein kleiner Schritt, aber immerhin in die richtige Richtung.

Erstmals erschienen bei IREF

Photo: Fabien WI from Unsplash (CC 0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.

Daten weisen darauf hin, dass die wirtschaftspolitische Unsicherheit in Deutschland seit 2009 durchschnittlich deutlich höher ausfällt als in den Jahren zuvor – Bankenkrisen, die Eurokrise, die Brexitentscheidung und Trumps Wahl trugen dazu bei. Mehr wirtschaftspolitische Langeweile wäre aufgrund der zukünftigen Wirkungen heutiger Investitionen vor allem auf lange Sicht mit Sicherheit wünschenswert.

Was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Wie unsicher die Zukunft ist, hängt jedoch auch von der Politik ab. Eine verlässliche Wirtschaftspolitik gibt Planungssicherheit und regt Haushalte und Unternehmen zu Investitionen an. Eine unstete Wirtschaftspolitik hingegen hemmt Investitionen und so langfristig auch das Wirtschaftswachstum. Daten weisen darauf hin, dass die wirtschaftspolitische Unsicherheit in Deutschland seit 2009 durchschnittlich deutlich höher ausfällt als in den Jahren zuvor – Bankenkrisen, die Eurokrise, die Brexitentscheidung und Trumps Wahl trugen dazu bei. Mehr wirtschaftspolitische Langeweile wäre aufgrund der zukünftigen Wirkungen heutiger Investitionen vor allem auf lange Sicht mit Sicherheit wünschenswert.

Mehr Unsicherheit: Weniger Investitionen, Beschäftigung und Output

Konsum- und Investitionsentscheidungen werden stets angesichts einer unsicheren Zukunft getroffen. Haushalte und Unternehmen sind deshalb im Umgang mit Unsicherheit geübt. Sie stehen aber dem Grad der Unsicherheit keinesfalls gleichgültig gegenüber, auch nicht der wirtschaftspolitischen. Darauf deuten auch die Ergebnisse eines noch jungen, aber bereits häufig zitierten Papiers (unbeschränkter Zugriff) aus dem Jahre 2016 hin.

Für die USA untersuchen die Autoren Effekte eines Anstiegs wirtschaftspolitischer Unsicherheit auf Ebene einzelner Unternehmen. Mehr Unsicherheit geht mit weniger Investitionen und weniger Beschäftigung einher. Für zwölf Länder inklusive China, Deutschland, Frankreich, Indien, Japan, Russland und die USA untersuchen sie die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Unsicherheit auf das makroökonomische Outputniveau und die Gesamtbeschäftigung. Beides fällt in dieser Gruppe von Ländern, wenn die wirtschaftspolitische Unsicherheit steigt.

Seit 2009: Höhere wirtschaftspolitische Unsicherheit in Deutschland

Wirtschaftspolitische Unsicherheit messen die Autoren von den Universitäten Northwestern (Baker), Stanford (Bloom) und Chicago (Davis), indem sie zählen, wie viele Artikel monatlich in Zeitungen der verschiedenen Länder erscheinen, in denen Schlagwörter wie „Wirtschaft“, „Wirtschaftspolitik“, „Regulierung“ in Verbindung mit „unsicher“ oder „Unsicherheit“ auftauchen. Ihre aktuellen und historischen Daten stehen online zur Verfügung.

Für Deutschland werden die Frankfurter Allgemeine Zeitung und das Handelsblatt ausgewertet. Die Daten für die beiden Zeitungen werden in einem Index zusammengefasst, der für die Jahre von 1993 bis einschließlich 2011 auf einen Durchschnitt von 100 normalisiert wird.

Die für Deutschland gemessene wirtschaftspolitische Unsicherheit schwankte auch in den Jahren vor 2009. Allerdings war sie durchschnittlich deutlich niedriger als seit 2009. Insbesondere die 2011 und 2012 wieder aufflammende Eurokrise, das Brexit Referendum sowie jüngst die Wahl und Handelspolitik Trumps trugen zu einer erhöhten Unsicherheit bei.

Höhere Unsicherheit in Europa

Es ist angesichts globaler und europäischer Interdependenzen nicht überraschend, dass auch ein Index für mehrere Länder in Europa auf ein in den vergangenen Jahren höheres Niveau an Unsicherheit hindeutet.

Erst ab 2001 in der aktuellen Zusammensetzung verfügbar, basiert der Europaindex auf Auswertungen von jeweils zwei Tageszeitungen der fünf größten Länder der EU: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien.

Konstante Wirtschaftspolitik zahlt sich aus – vor allem langfristig

Vordergründig ist die wirtschaftliche Lage in Deutschland derzeit zufriedenstellend – ähnlich wie in Großbritannien. Die Arbeitslosenquote ist historisch niedrig und das reale Wirtschaftswachstum fiel mit 2,2 Prozent in 2017 solide aus. Hinter der Fassade sieht es jedoch nicht ganz so rosig aus.

Zum einen basiert der Aufschwung der letzten Jahre in Teilen auf einer durch die Geldpolitik der Zentralbanken ermöglichten Ausweitung der Kreditvergabe an Haushalte, Unternehmen und Regierungen – nicht so sehr in Deutschland, aber in vielen anderen Ländern, in die deutsche Exporte fließen.

Zum anderen ist zu erwarten, dass die ungewöhnlich hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit das Investitionsverhalten von Unternehmen und Haushalten beeinflusst. Sie investieren weniger – entziehen also weniger reale Ressourcen dem Konsum, um sie dem in der Zukunft Früchte tragenden Kapitalstock hinzuzufügen – und sie investieren weniger in Bereichen, die von wirtschaftspolitischen Entscheidungen potentiell stark betroffen sind, wie beispielsweise Gesundheit und Infrastruktur. Geringere und fehlgelenkte Investitionen machen sich vor allem langfristig bemerkbar. Aufgrund erhöhter Unsicherheit heute ist ein kleinerer und weniger gut zu den Präferenzen der Konsumeten passender Kapitalstock in der Zukunft zu erwarten.

Schon Walter Eucken erklärte die „Konstanz der Wirtschaftspolitik“ in seinem posthum veröffentlichten Klassiker Grundsätze der Wirtschaftspolitik zu einem der konstituierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung. Auch hier findet sich eine Konstante. Was während der sogenannten Wirtschaftswunderjahre der Nachkriegszeit galt, gilt noch heute.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: tom_mathews  from  pixabay (CC 0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre. 

Während der Nutzen aktivistischer Handelspolitik ungewiss und potenziell gering ist, sind die Kosten potenziell groß. Sobald sie einmal errichtet sind, ist der Abbau von Handelsbarrieren politisch mühsam.

Die Welthandelsordnung ist im Umbruch: Das Freihandelsabkommen TTIP liegt auf Eis; die nach dem 2. Weltkrieg prägende Welthandelsorganisation (WTO) mit ihrem multilateralem Regelwerk hat an Bedeutung verloren; die USA, die EU und China drohen sich an einem Tag höhere Zölle an, um am nächsten Tag Zollsenkungen in Aussicht zu stellen. Aus Sicht von Konsumenten und Produzenten ist eine höhere Volatilität der Handelspolitik für sich genommen nicht begrüßenswert.

Wie von einer vorhersehbaren Steuerpolitik profitieren Marktteilnehmer auch von einer Handelspolitik, die Zölle sowie andere tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse konstant hält oder gemäß getroffener Vereinbarungen verlässlich reduziert. Der mögliche Nutzen einer aktivistischeren Handelspolitik in Form eines beschleunigten Abbaus von Handelsbarrieren ist dagegen ungewiss und fällt potenziell gering aus. Konsumenten und Produzenten, die die Kosten volatiler Handelspolitik tragen, sollten sich für eine stärkere Regelbindung und langfristige Vertragswerke einsetzen.

Verlässliche Handelspolitik vorteilhaft

Nicht nur möglichst niedrige tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse, sondern auch eine möglichst vorhersehbare Entwicklung dieser Handelshemmnisse ist aus Sicht von Konsumenten und Produzenten wünschenswert. Sie schafft Planungssicherheit und macht damit langfristige Investitionen sowie den Einstieg in ausländische Märkte attraktiver. Darüber hinaus verhindert die Regelbindung opportunistischen, an Partikularinteressen ausgerichteten Protektionismus, etwa kurz vor Wahlen.

Einige Studien illustrieren die Vorzüge einer an langfristigen Verträgen gebundenen Handelspolitik empirisch. Beispielsweise zeigen Handely und Limão (2017), dass US-Konsumenten von Chinas WTO-Beitritt in 2001 deutlich profitierten, obwohl die bilateralen Handelshemmnisse unverändert blieben. Importe aus China in die USA wurden zwar schon seit den 1980ern gemäß der „Most Favored Nation“-Klausel wie Importe aus WTO-Ländern behandelt, doch der WTO-Beitritt Chinas beseitigte die Unsicherheit über die zukünftige Handelspolitik seitens der USA. Auch Handely und Limão (2015)Handley (2014)Pelc (2013) sowie Bacchetta und Piermartini (2011) finden empirische Hinweise auf Wohlfahrtsgewinne durch eine regelgebundene Handelspolitik.

Von der Regelbindung zum Aktivismus

Niedrigere Zölle sind wünschenswert. Eine vorhersehbare Entwicklung der Zölle ebenfalls. Können beide Ziele gleichzeitig realisiert werden? Lange Zeit sah es so aus, als ob dem nichts entgegenstünde. So sanken die durchschnittlichen Zollniveaus nach dem 2. Weltkrieg im Rahmen des auf Selbstbindung und Reziprozität basierenden Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) bzw. seines Nachfolgers, der WTO, kontinuierlich und vorhersehbar.

Trotz seines historischen Erfolgs hat dieses multilaterale Vertragswerk an Unterstützung eingebüßt und wird durch regionale oder bilaterale Handelsabkommen ersetzt, in deren Rahmen Partnerländern bevorzugte Konditionen zugestanden werden können, ohne dabei WTO-Regeln zu verletzen. Weltweit sind Handelspolitiker zunehmend nicht bereit, sich an langfristige Verträge zu binden und behalten sich den Einsatz handelspolitischer Instrumente zugunsten strategischer Ziele vor.

Können Konsumenten und Produzenten trotz der genannten Kosten auch Vorteile aus der wachsenden Volatilität erwarten?

Durch Drohungen zu niedrigeren Handelsbarrieren?

Einige Beobachter hoffen, dass der zunehmende Aktivismus langfristig zu einem freieren Welthandel beiträgt. Freihandelsbefürwortende Politiker könnten protektionistische Politiker durch die Androhung höherer Handelsbarrieren unter Druck setzen und so zum Abbau bestehender Barrieren bewegen. Bestenfalls findet ein beidseitiger Abbau von Handelshemmnissen statt, der sich im Rahmen der behäbigen WTO nicht mehr erreichen lässt.

Bewahrheitet sich diese Hoffnung, erwartet Konsumenten und Produzenten zwar eine volatilere Handelspolitik, aber auch die Chance auf langfristig sinkende Hemmnisse – ein Second Best. Sollte dieses Kalkül allerdings nicht aufgehen – etwa, weil protektionistische Politiker auf die Androhung höherer Barrieren mit neuen Handelshemmnissen antworten -, so erwartet Konsumenten und Produzenten eine volatilere Handelspolitik bei gleichzeitig wachsenden Hemmnissen – kein attraktives Szenario.

Nutzen aktivistischer Handelspolitik unsicher

Bedauerlicherweise spricht wenig für das optimistische Szenario. In weiten Teilen der Öffentlichkeit herrschen Mythen über die Wirkung von Handel und Zöllen vor, etwa die irrtümliche Vorstellung, dass Länder mit Handelsbilanzdefiziten im Welthandel an Länder mit Handelsbilanzüberschüssen „verlieren“ würden. Auch Politiker in höchster Verantwortung sind vor derartigen Trugschlüssen nicht gefeit.

Während die Hoffnung auf eine durch aktivistische Handelspolitik herbeiführbare Freihandelsordnung nur realistisch ist, wenn mindestens ein einflussreicher freihandelsorientierter Handelspolitiker zum Vabanquespiel bereit ist, bieten multilaterale Vertragswerke wie die WTO Mechanismen, die selbst merkantilistisch orientierten Politikern Anreize zum Barriereabbau bieten.

Aktivismus zügeln, der Politik Grenzen setzen

Während der Nutzen aktivistischer Handelspolitik ungewiss und potenziell gering ist, sind die Kosten potenziell groß – das gilt sowohl für die gewissen Kosten durch geringere Planungssicherheit und opportunistischen Protektionismus, als auch für die ungewissen und schwerer abzuschätzenden Kosten durch eine zu höheren Zöllen führende Auseinandersetzung. Sobald sie einmal errichtet sind, ist der Abbau von Handelsbarrieren politisch mühsam. Selbst wenn Zolldrohungen geeignet sein mögen, um protektionistische Politiker in anderen Ländern zum Einlenken zu bewegen, werden sich profitierende Interessengruppen im Inland für den Fortbestand der Barrieren einsetzen.

Die aus Sicht von Konsumenten und Produzenten geringe Attraktivität aktivistischer Handelspolitik sollte Anlass geben, der Politik neue handelspolitische Spielräume im Zweifel nicht zu gewähren und stattdessen eine Rückorientierung auf multilaterale Verträge mit langfristig bindender Wirkung einzufordern. Auf den begleitenden unilateralen Abbau von Handelshemmnissen müsste nicht verzichtet werden. Verlässlichkeit ließe sich diesbezüglich auf nationaler Eben etwa durch die Regel herstellen, nach der die Erhöhung einmal abgebauter Handelsbarrieren und die Einführung neuer Barrieren unterbleiben müssen.

Erstmals erschienen bei IREF.