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Am Donnerstag, dem 29. Januar, war Frank Schäffler zu Gast bei Maybrit Illner im ZDF. Anläßlich der Wahl in Griechenland diskutierte er mit Günther Oettinger, Gregor Gysi, Beatrice Weder di Mauro und Silvia Wadhwa über das Thema „Aufstand in Athen – scheitert Merkel, scheitert der Euro?“

Schäffler stellte fest, dass die bisherigen Rettungsmaßnahmen nicht nur versagt haben, sondern auch massive negative Auswirkungen auf die Altersvorsorge in Deutschland haben: „Es wird ja so getan wie wenn das uns jetzt alles nichts kostet. Das ist ein Ammenmärchen. Natürlich kostet das uns was: nämlich unsere Altervorsorge. Die leidet darunter. Die Menschen in Deutschland und Europa werden enteignet durch die Geldpolitik der Notenbank und gleichzeitig durch die Rettungsschirme. Und das ist der Sprengsatz für unsere Gesellschaft!“

Darüber hinaus kritisierte er, dass sich viele EU-Staaten nicht mehr an vertragliche Vereinbarungen halten. Die Auflagen, die mit den Rettungsmaßnahmen verbunden waren, werden ignoriert, während die Hilfsgelder und insbesondere die Finanzierung durch die Notenbanken selbstverständlich weiter laufen. „Wir leben in einem Europa des kollektiven Rechtsbruchs.“

Die ganze Sendung können Sie sich hier ansehen.

„Wir müssen ein neues liberales Programm anbieten, das sich an die Vorstellungskraft wendet. Wir müssen den Aufbau einer freien Gesellschaft wieder zu einem intellektuellen Abenteuer machen, zu einem Akt des Mutes. Was uns fehlt, ist eine liberale Utopie, ein Programm, das weder eine bloße Verteidigung bestehender Verhältnisse ist noch ein verwässerter Sozialismus, sondern ein wirklich liberaler Radikalismus, der die Mächtigen nicht schont, der nicht allzu pragmatisch ist, und der sich nicht auf das beschränkt, was heute politisch durchsetzbar erscheint. Wir brauchen intellektuelle Führungspersönlichkeiten, die bereit sind, sich für ein Ideal einzusetzen, mögen die Aussichten auf ihre baldige Umsetzung auch noch so gering sein. Es müssen Menschen sein, die bereit sind, an ihren Prinzipien festzuhalten und für deren volle Verwirklichung zu kämpfen, mag der Weg auch noch so lang erscheinen.
Die Aussichten für die Freiheit sind in der Tat dunkel, wenn es uns nicht gelingt, die philosophischen Begründungen einer freien Gesellschaft wieder in den intellektuellen Diskurs einzubringen; wenn es uns nicht gelingt, die Einrichtung einer freien Gesellschaft zu einer Aufgabe zu machen, die die Genialität und Vorstellungskraft unserer fähigsten Köpfe herausfordert. Wenn es uns aber gelingt, jenen Glauben an die Kraft der Ideen wiederzuerlangen, der das Kennzeichen des Liberalismus zu seinen Glanzzeiten war, dann ist der Kampf nicht verloren.“

Friedrich A. von Hayek, The Intellectuals and Socialism

„Was uns fehlt, ist eine liberale Utopie“

Uns treibt eine Vision an und um. Die Vision einer freien Gesellschaft. Wir verfolgen, wie Hayek es so wunderbar beschreibt, eine „liberale Utopie“. In seinen oben zitierten Worten ist genau das beschrieben, was wir mit „Prometheus“ sein und machen wollen: Vordenker sein; einen liberalen Radikalismus vertreten; uns für ein Ideal einsetzen; und Mut und Geduld aufbringen, die dafür erforderlich sein werden.

Eine Utopie ist eine Vorstellung von etwas, das noch nicht existiert. Nicht, wie manche meinen, von etwas, das nicht existieren kann. Menschen wie William Wilberforce, Richard Cobden oder Louise Otto-Peters haben maßgeblich dazu beigetragen, dass ihre Utopien zur Realität wurden. Es ist durchaus sinnvoll, sich Utopien zu verschreiben, die realistischer Weise auch verwirklicht werden können. Eine Gesellschaft, in der Selbstverantwortung und Freiheit einen höheren Stellenwert einnehmen, ist derzeit eine Utopie – aber eben eine, die man verwirklichen kann.

„Weder eine bloße Verteidigung bestehender Verhältnisse noch ein verwässerter Sozialismus“

Die Gegner und Feinde einer offenen Gesellschaft sitzen an beiden Enden des politischen Spektrums. Es sind die Sozialingenieure jeder Couleur. Es sind diejenigen, die am Reißbrett eine schöne neue Welt erschaffen wollen, die sich natürlich komplett nach ihren Idealen ausrichtet. Und genauso sind es diejenigen, die der Entwicklungsfähigkeit des Menschen zutiefst misstrauen und einen vergangenen Zustand mit Macht erhalten oder wiederherstellen wollen.

Wir hingegen wollen nicht einstimmen in den ängstlichen Chor derer, die befürchten, die Dinge und vor allem die Menschen nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Wir wollen uns aufmachen zu dem „intellektuellen Abenteuer“, von dem Hayek schreibt. Wir sind bereit, wie Karl Popper es so treffend formulierte, „ins Unbekannte, ins Ungewisse und ins Unsichere weiterzuschreiten.“ Diese Bereitschaft war schon immer der Nährboden der Freiheit.

„Die Einrichtung einer freien Gesellschaft zu einer Aufgabe zu machen“

Marktwirtschaft ist zweifellos eine wesentliche Säule des freiheitlichen Denkens. Ganz besonders deshalb, weil sie Ausdruck eines Prinzips menschlicher Interaktion ist, das weit über den Handel hinausgeht. Dennoch ist der Liberalismus meistens schlecht gefahren, wenn er sich als „crony liberalism“ ausschließlich zum Interessenvertreter derjenigen gemacht hat, die von Linken gemeinhin als Kapitalisten bezeichnet werden. Das Universum der Freiheit hat noch so viel mehr zu bieten!

Es gilt, den Rechtsstaat gegen diejenigen zu verteidigen, die Staat und Politik über das Prinzip des Rechts stellen wollen. Wir müssen werben für das eigentliche Wesen der Demokratie, das – so Lord Acton – darin besteht, dass jeder Bürger Wächter seiner eigenen Interessen sein kann. Wir sollten uns einsetzen für eine Gesellschaft, in der Menschen ihren eigenen Wertvorstellungen entsprechend leben können – nicht unter der Fuchtel der linken und rechten Sozialingenieure. Wir setzen uns nicht nur für die Freiheit des Marktes ein, sondern für eine freie Gesellschaft.

„Jenen Glauben an die Kraft der Ideen wiedererlangen“

Wir dürfen freilich nicht den Fehler machen, von vornherein die Fragen zu verwerfen, die unsere linken und rechten Gegner stellen, nur weil uns ihre Lösungsvorschläge nicht gefallen. Stattdessen müssen wir nach freiheitlichen Antworten suchen auf die Fragen, die oft genug sehr legitim sind. Der Schutz unserer Umwelt, die faire Behandlung von allen Menschen, ein friedliches Zusammenleben in unserem Land und darüber hinaus, Wohlstand für alle – das sind alles Ziele, die wir auch mit unseren politischen Gegnern teilen. Und es sind richtige Ziele. Arbeiten wir daran, Lösungen zu finden, die uns tatsächlich diesen Zielen näher bringen und nicht auf Kosten der Freiheit gehen!

Wir möchten uns auch dafür einsetzen, die Kraft der Freiheit erlebbar zu machen. Nur zu verkünden, dass Staat und Politik sich zu Unrecht Aufgaben anmaßen, reicht nicht aus. Es muss anschauliche Gegenkonzepte geben – „Freiheitsinseln“, wie sie Frank Schäffler so schön nennt. Ziel ist es nicht, den Staat zu zerstören – Ziel ist es, den Staat überflüssig zu machen.

„Ein neues liberales Programm anbieten, das sich an die Vorstellungskraft wendet“

Schon Ludwig von Mises hat in seiner Schrift „Liberalismus“ vor einer lethargischen und letztlich denkfaulen Nostalgie gewarnt: „Ebenso wenig kann es heute genügen, den Liberalismus aus den Schiften seiner großen Begründer zu studieren. Der Liberalismus ist keine abgeschlossene Lehre, er ist kein starres Dogma; er ist das Gegenteil von all dem.“ Die Arbeit von Prometheus wird auch ein Lernprozess sein. Wir werden nicht von Anfang an alles richtig machen. Der Markt ist ein Entdeckungsverfahren und wir lassen uns im Wettbewerb der Ideen auf diesen Markt ein, in der Hoffnung uns zu verbessern.

Ganz wesentlich gehört dazu, die richtige Sprache zu finden. Wir dürfen nicht stehenbleiben bei Adam Smith und John Locke oder bei Mises oder Hayek – so wichtig diese alle für unser Denken sind. Ihre Gedanken müssen in einer Sprache und in Bildern formuliert werden, die heute Menschen ansprechen. Und natürlich müssen wir sie auch weiterdenken, so wie sie selber weitergedacht haben. Die Macht von Bildern kann kaum überschätzt werden. Und es gibt sehr viele Bilder, die uns unsere Gegner entrissen haben. Wir sollten sie zurückholen: Der Kampf der Kleinen gegen die Großen und der Schwachen gegen die Mächtigen; der Wert menschlicher Solidarität; die Vision einer besseren Zukunft – das sind alles Bilder, die wir nutzen können und sollten!

„… dann ist der Kampf nicht verloren“

Die Lage des Liberalismus krankt auch daran, dass es eine gewisse Tendenz zur Lethargie gibt. Viele Freunde der Freiheit glauben, dass sie ohnehin nichts ausrichten können. Geradezu schädlich wird es, wenn man sich nur noch ständig selbst bestätigt, wie sehr man doch Recht hat und sich in der Folge zum Richter über andere aufschwingt – über Gegner wie über Mitstreiter. Veränderung ereignet sich nur, wenn Menschen handeln. Die Freiheit braucht Zupacker, nicht Nörgler. Wir wollen mit Prometheus unseren Beitrag dazu leisten, dass sich wirklich etwas tut in unserer Gesellschaft. Wir müssen aufhören, uns nur um uns selbst zu drehen und müssen unsere Ideale auf die Straßen und Plätze tragen, damit auch andere Menschen sie kennenlernen und sich dafür begeistern können.

Die freiheitliche Bewegung muss wieder zur Avantgarde werden. Sie muss neue Ideen liefern, die an Hirn und Herz der Menschen appellieren. Wie die großen Helden der Freiheit müssen wir die Herzen der Menschen gewinnen, indem wir attraktive Alternativen im Denken und Handeln anbieten. Schon 1927 stellte Ludwig von Mises fest: „Aller Fortschritt der Menschheit vollzog sich stets in der Weise, dass eine kleine Minderheit von den Ideen und Gebräuchen der Mehrheit abzuweichen begann, bis schließlich ihr Beispiel die anderen zur Übernahme der Neuerung bewog.“

All das schaffen wir nicht alleine – selbst dann nicht, wenn Prometheus größer geworden sein wird. Wir setzen auf alle, denen die Freiheit ein Herzensanliegen ist. Wir setzen auf Euch! Zusammen lässt sich ein gesellschaftlicher Wandel durchsetzen und das Tor der Freiheit aufstoßen. Was Hayek schon im Jahr 1949 schrieb, gilt auch heute noch: Wenn wir Mut, Geduld und Idealismus aufbringen, dann ist der Kampf nicht verloren!

Der Sage nach brachte der Titan Prometheus den Menschen das Feuer, das ihnen der Göttervater Zeus als letzte Gabe zu einem guten Leben versagen wollte. Ab heute wollen wir mit „Prometheus – Das Freiheitsinstitut“ bei Ihnen das Feuer der Freiheit entfachen, um den vergötterten Vater Staat in seine Schranken zu weisen.

Wir leben in einer Zeit der geistigen Monokultur, wo der Wert der individuellen Freiheit vergessen scheint. Die Saat der staatlichen Willkür hat überall ihre Wurzeln geschlagen. Heraus kommt immer das gleiche Gestrüpp: Paragraphen und Vorschriften. Doch wenn immer das gleiche Saatgut in den Köpfen der Menschen gepflanzt wird, verkümmert die Bereitschaft, neue, andere Wege zu gehen. Freiheit schwindet und wird vergessen.

Prometheus – Das Freiheitsinstitut“ will Freiheitskeime pflanzen. Diese Freiheitskeime sollen sprießen und sich entwickeln – überall. Wir wollen sie gießen, düngen, hegen und pflegen, so dass sie irgendwann zu großen und starken Pflanzen der Freiheit werden. Diese Pflanzen heißen individuelle Freiheit, Recht und Marktwirtschaft. Sie gedeihen besonders gut auf dem Feld der offenen Gesellschaft. Wir wollen die geistige Monokultur durch eine vielfältige Fruchtfolge bekämpfen. Die verschieden Früchte heißen Freihandel, Non-Zentrismus, Selbstverantwortung, Bürgergesellschaft und offene Grenzen.

Unseren ersten Freiheitskeim pflanzt Dr. Thomas Mayer, der Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und Kuratoriumsvorsitzender von „Prometheus – Das Freiheitsinstitut“.

Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen über unsere neue Homepage, auf Facebook, Twitter oder bei einer persönlichen Begegnung.

Helfen Sie uns, Freiheitskeime in Deutschland zu pflanzen. Nur wer pflanzt, kann auch die Früchte der Freiheit ernten.

Photo: Gene Selkov from Flickr

Photo: Wikipedia Commons

Von Dr. Thomas Mayer, Kuratoriumsvorsitzender von „Prometheus“, Gründungsdirektor des „Flossbach von Storch Research Institute“ und Autor des Buches „Die neue Ordnung des Gelds„.

J.W. Goethe, Faust II, Erster Akt, Lustgarten

Marschalk: Durchlauchtigster, ich dacht‘ in meinem Leben
Vom schönsten Glück Verkündung nicht zu geben
Als diese, die mich hoch beglückt,
In deiner Gegenwart entzückt:
Rechnung für Rechnung ist berichtigt,
Die Wucherklauen sind beschwichtigt,
Los bin ich solcher Höllenpein;
Im Himmel kann’s nicht heitrer sein.

Heermeister: Abschläglich ist der Sold entrichtet,
Das ganze Heer aufs neu‘ verpflichtet,
Der Landsknecht fühlt sich frisches Blut,
Und Wirt und Dirnen haben’s gut.

Kaiser: Wie atmet eure Brust erweitert!
Das faltige Gesicht erheitert!
Wie eilig tretet ihr heran!

Schatzmeister: Befrage diese, die das Werk getan.

Faust: Dem Kanzler ziemt’s, die Sache vorzutragen.

Kanzler: Beglückt genug in meinen alten Tagen.
So hört und schaut das schicksalschwere Blatt,
Das alles Weh in Wohl verwandelt hat.
Er liest: „Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt:
Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,
Sogleich gehoben diene zum Ersatz.“

Kaiser: Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!
Wer fälschte hier des Kaisers Namenszug?
Ist solch Verbrechen ungestraft geblieben?

Schatzmeister: Erinnre dich! Hast selbst es unterschrieben;
Erst heute nacht. Da standst als großer Pan,
Der Kanzler sprach mit uns zu dir heran:
„Gewähre dir das hohe Festvergnügen,
Des Volkes Heil, mit wenig Federzügen.“
Du zogst sie rein, dann ward’s in dieser Nacht
Durch Tausendkünstler schnell vertausendfacht:
Damit die Wohltat allen gleich gedeihe,
So stempelten wir gleich die ganze Reihe,
Zehn, Dreißig, Fünfzig, Hundert sind parat.
Ihr denkt euch nicht, wie wohl’s dem Volke tat.
Seht eure Stadt, sonst halb im Tod verschimmelt,
Wie alles lebt und lustgenießend wimmelt!
Obschon dein Name längst die Welt beglückt,
Man hat ihn nie so freundlich angeblickt.
Das Alphabet ist nun erst überzählig,
In diesem Zeichen wird nun jeder selig.

Kaiser: Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold?
Dem Heer, dem Hofe genügt’s zu vollem Sold?
So sehr mich’s wundert, muss ich’s gelten lassen.

Marschalk: Unmöglich wär’s, die Flüchtigen einzufassen;
Mit Blitzeswink zerstreute sich’s im Lauf.
Die Wechslerbänke stehen sperrig auf:
Man honoriert daselbst ein jedes Blatt
Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.
Nun geht’s von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken;
Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken,
Wenn sich die andre neu in Kleidern bläht.
Der Krämer schneidet aus, der Schneider näht.
Bei „Hoch dem Kaiser!“ sprudelt’s in den Kellern,
Dort kocht’s und brät’s und klappert mit den Tellern.

Man sagt, die Deutschen verstünden nichts von moderner Geldpolitik und seien vom Sparen besessen. Martin Wolf schreibt dazu in der Financial Times vom 21. Januar diesen Jahres: „Die Betonung der Schlechtigkeit von Schuld, unabhängig davon, was sie kostet, ist – man kann es nicht anders nennen – pathologisch. Es hängt nun alles an der EZB. Sie mag scheitern, aber nicht, weil sie zu unabhängig ist, sondern weil sie nicht unabhängig genug ist. Gleichermaßen mag die Eurozone scheitern, nicht wegen unverantwortlicher Verschwendung, sondern wegen pathologischer Konsumverweigerung. Letztlich muss die EZB ihre Arbeit machen. Wenn Deutschland damit ein Problem hat, muss es überlegen, dem ‚Schweizer Austritt‘ aus der EWU zu folgen.“

Kann es sein, dass man in Deutschland, dem Land Goethes und der Hyperinflation, nur zu gut über die vermeintlichen Segnungen der Geld- und Schuldenvermehrung Bescheid weiß? Kann es sein, dass dies weniger an den deutschen Genen als an einem anderen Verständnis des Geldes liegt, das auch anderswo anzutreffen ist? Kann es sein, dass dieses Verständnis nur deshalb als „pathologisch“ bezeichnet wird, weil es der von John Law über John Keynes bis zu den heutigen Zentralbankern vertretenen Geldlehre widerspricht?

Der Schotte John Law, der von 1671 bis 1729 lebte, war nicht nur ein Abenteurer und Glücksspieler, sondern auch ein höchst origineller Geldtheoretiker. Er verstand Geld als Anspruch auf Waren, der vom Staat geschaffen werden konnte, um die Warenproduktion und Zirkulation anzuregen. Gedeckt werden sollte dieses Geld durch das Vermögen des Staates, das nicht nur aus Gold und Silber, sondern auch aus Land und künftigen Steuereinnahmen bestand. Laws Geld sollte atmen: Wenn das Staatsvermögen stieg, dann sollte damit auch der Geldbestand wachsen.

Im frühen 18. Jahrhundert konnte Law seine geldtheoretischen Überlegungen als Generalkontrolleur der Finanzen des französischen Staats in die Praxis umsetzen. Er bündelte die amerikanischen und asiatischen Besitzungen des französischen Staates in eine Aktiengesellschaft, die auch das Recht zur Einnahme der indirekten Steuern in Frankreich erhielt. Gegen die Aktien dieser Firma gab er Banknoten aus. Mit dem zunächst schnell steigenden Aktienvermögen der Firma stieg auch der Geldumlauf. Als sich jedoch Zweifel am wirtschaftlichen Erfolg der überseeischen Besitzungen des Unternehmens einstellte, stürzte der Aktienpreis ab und das dagegen ausgegeben Geld verlor an Wert. In der kurzen Zeit von 1716 bis 1720 durchlief Laws atmendes Geldsystem den Glanz und das Elend eines künstlichen geschaffenen Geldes.

Dies hielt seinen geistigen Nachfahren John Maynard Keynes in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht davon ab, Gold als „barbarisches Relikt“ zu bezeichnen und ebenfalls einem atmenden Geldsystem das Wort zu reden. Keynes sah dabei noch ein weiteres Problem: Erwartete das Publikum insgesamt sinkende Preise, so würde es Geld zurückhalten, um damit in der Zukunft billiger einkaufen zu können. Auch eine noch so große Geldvermehrung könne die Geldhortung nicht überwinden. Folglich müsse der Staat durch „deficit spending“ die Nachfragelücke füllen und die Wirtschaft aus der Schrumpfung reißen. „Deficit spending“ wurde denn auch nach der Abkoppelung des globalen Geldsystems vom Gold in den siebziger Jahren eine beliebte Staatstätigkeit. Geldmangel war nicht das Problem, man konnte ja drucken, so viel man brauchte: „Damit die Wohltat allen gleich gedeihe, so stempelten wir gleich die ganze Reihe, Zehn, Dreißig, Fünfzig, Hundert sind parat. Ihr denkt euch nicht, wie wohl’s dem Volke tat.“

Doch die Blüte entpuppte sich als Scheinblüte. Am Ende der siebziger Jahre blieben wie bei John Law nur erdrückende Schulden und Geldentwertung. Man hätte meinen können, dass damit die Frage nach dem Nutzen des atmenden Geldsystems ein für alle Mal beantwortet gewesen sei. Schön wär’s gewesen. Schon in den neunziger Jahren fand die Welt an der Geldvermehrung wieder Gefallen und trieb es bis zum Platzen der großen Kreditblase im Jahr 2007 besonders bunt.

Und auch seither sehen die meisten die Lösung der durch die Geldvermehrung verursachten Probleme in einer weiteren Geldvermehrung. Allenfalls haben sich die Quellen der Geldschöpfung geändert: Waren es vor der Finanzkrise die privaten Banken, die über die Vergabe von Krediten Geld produziert haben, so nehmen heute die Zentralbanken wegen der Schwäche der Geschäftsbanken die Sache selbst in die Hand. Noch ist es zu früh, zu sagen, wohin die Reise diesmal gehen und auf welche Art sie enden wird. Aber dass es ein Happy End werden wird, ist nicht sehr wahrscheinlich.

Das Problem des Systems des atmenden Geldes ist, dass Geld darin ein Finanzierungsinstrument darstellt. Wird es über die Kreditvergabe der Geschäftsbanken geschaffen, dann ist es privates Schuldgeld, wird es von der Zentralbank im Auftrag des Staates herausgegeben, dann hat es Ähnlichkeit mit dem Eigenkapital einer Unternehmung. Immer findet die Geldproduktion im Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit eines knappen Angebots zum Erhalt des in das Geld gesetzten Vertrauens und der Versuchung der Ausweitung des Angebots zur Stimulierung von Wirtschaftsaktivitäten und Finanzierung von Staatsausgaben statt.

Meist kommt es dabei zu Zyklen in der Geldproduktion. Weil Vertrauen auf Vorschuss erhältlich ist, kann das Geldangebot lange Zeit scheinbar ohne Schaden und zum Nutzen aller ausgeweitet werden: „Seht eure Stadt, sonst halb im Tod verschimmelt, wie alles lebt und lustgenießend wimmelt! Obschon dein Name längst die Welt beglückt, man hat ihn nie so freundlich angeblickt. Das Alphabet ist nun erst überzählig, in diesem Zeichen wird nun jeder selig“ – bis der Vorschuss an Vertrauen aufgebraucht ist und schließlich eingefordert wird.

Dem Geldkonzept John Laws steht diametral das Geldverständnis des Liberalen John Locke gegenüber (1632-1704). Für ihn ist Geld kein Finanzierungsinstrument sondern ein Instrument zur Verwahrung von Eigentum. Folglich kann es auch nicht vom Staat oder von im Staatsauftrag handelnden Geschäftsbanken geschaffen werden, ohne in die Eigentumsrechte des Einzelnen einzugreifen. Für Locke war Gold Geld, weil es aufgrund gesellschaftlicher Übereinkunft zum Instrument für die Aufbewahrung von Eigentum wurde. Papiergeld war nur dann rechtmäßig, wenn es einen Verwahrschein für hinterlegtes Gold (oder je nach gesellschaftlicher Übereinkunft andere zu Geld gewordene Waren) darstellte. Bei Locke setzt die Fähigkeit, geborgtes Geld wie eine geborgte Ware mit Leihgebühr wieder zurückgeben zu können, der Verschuldung enge Grenzen. Ebenso ist die Vermehrung von Geld durch nicht manipulierbare, äußere Gegebenheiten begrenzt. Oder der Vermehrung von Geld können Grenzen durch den Wettbewerb gesetzt werden: Wenn mehrere Währungen um die Gunst der Nutzer konkurrieren, dann gewinnen diejenigen, die den Nutzern als Mittel zum Tausch und zur Wertaufbewahrung am besten dienen.

Heute prallen diese beiden Geldkonzepte in der Währungsunion aufeinander. Die Mehrheit der Mitglieder und die Europäische Zentralbank hängen dem Law’schen Geldkonzept an. Mehr durch Verschuldung geschaffenes künstliches Geld schafft den die Mehrheit stellenden Schuldnern direkten Nutzen: Sie erhalten Waren und Dienstleistungen gegen die über ihre aufgenommenen Kredite geschaffene Ansprüche. Die Minderheit der Gläubiger hält nominale Ansprüche, die in realen Werten gerechnet, mit der Zeit verfallen. Die Beschimpfung der Gegner des Law’schen Geldsystems ist nur folgerichtig. Denn Law verspricht: „Los bin ich solcher Höllenpein; im Himmel kann’s nicht heitrer sein.“

Wer für eine freie Marktwirtschaft ist, behauptet nicht, dass diese ideal, gut oder frei von Verwerfungen wäre. Wer für eine marktwirtschaftliche Ordnung eintritt, behauptet auch nicht, dass jeder Staatseingriff einer Minderung der Wirtschaftskraft gleichkommt und deshalb abzulehnen sei. Die Kritik bezieht sich lediglich darauf, dass mit den „Eingriffen“ jene Ziele, die ihre Urheber und Helfershelfer durch sie erreichen wollen, nicht erreicht werden können. Stattdessen werden durch die Eingriffe Wirkungen erzielt, die auch ihre Urheber und insbesondere deren Unterstützer nicht wollen. Sie laufen sogar ihren Absichten zuwider.

Die fortwährenden staatlichen Eingriffe in die Marktwirtschaft verändern alles: die Zinsen, die Preise, das Angebot, die Nachfrage, den Konsum und die Investitionen. Genau dies ist gewollt, da Regierungen einen Mangel im Jetzt feststellen und diesen durch staatliche Intervention beheben wollen.

Es ist wie beim Monopoly-Spiel. Werden die Rahmenbedingungen durch eine „Ereigniskarte“ zugunsten eines Spielers verändert und kommt er gleichzeitig über „Los“, dann hat er plötzlich einen Vorteil und kann aus dem Vollen schöpfen. Er kann Straßen in bester Lage kaufen, Häuser und Hotels darauf bauen und anschließend die Mieten erhöhen. Seine Investitionen stammen also nicht aus einem vorangegangenen Sparprozess, der die Basis der Investition in Straßen, Häuser und Hotels wäre, sondern es ist ein Zufallsprodukt, ein Willkürakt des Regelsetzers in der Spielanleitung. Es ist gleichbedeutend mit einem Wohlstand ohne Anstrengung, der Einzelnen in den Schoß fällt und anderen nicht. Den drohenden Bankrott der anderen verhindert der Regelsetzer dadurch, dass er alle Mitspieler vorerst am Leben lässt. Er schenkt allen frisches Geld, wenn sie über „Los“ gehen. Doch auch hier gilt, die die zuerst über „Los“ gehen, profitieren als Erste vom neuen Geld und können es zuerst ausgeben. Dann können sie die überhöhten Mieten bezahlen, selbst noch Häuser und Hotels bauen und erhalten dadurch einen einseitigen Vorteil gegenüber ihren Mitspielern. Dieser Schein-Wohlstand, verbunden mit den Marktverzerrungen, geht durch die Intervention noch einige Runden weiter, bis der Spielbetrieb durch noch so willkürliche Akte des Regelsetzers nicht mehr gerettet werden kann. Dann ist das Spiel aus.

Wie in der Monopoly-Welt verändern auch in der realen Welt staatliche Interventionen das Wirtschaftssystem. Sie verbreiten sich wie ein Virus in der Marktwirtschaft, verseuchen und zerstören sie. Die marktwirtschaftliche Ordnung ist anschließend nicht mehr frei und deshalb kann auch nicht mehr von einer solchen gesprochen werden. Besser wäre es, von einer Schein-Wirtschaft zu sprechen. Denn sie wird nur noch zum Schein aufrechterhalten, um den Marktteilnehmern etwas vorzugaukeln, was es nicht mehr gibt.

Und das Instrument dieses Scheins sind Scheine – Geldscheine überwiegend aus Papier. Das heutige Papiergeld-System ist der Nukleus der Intervention in die Marktwirtschaft. Es ist gekennzeichnet durch die Geldschöpfung aus dem Nichts, also die Schaffung von Kreditgeld über die Banken, die durch die Geldpolitik der Notenbanken gesteuert werden. Dieser Geldschöpfung durch die Kreditvergabe steht kein Sparvorgang gegenüber. Es ist wie beim Monopoly-Spiel der Gang über „Los“ oder das Ziehen der richtigen „Ereigniskarte“. Die Geldmenge und deren Verteilung wird lediglich über die Regulierungsvorschriften der Regelsetzer bestimmt. Doch wer die Menge und den Preis des Geldes bestimmt, verändert alles. Deshalb ist unsere Wirtschaftsordnung nur noch eine Schein-Wirtschaft.

Welche „Blüten“ diese Schein-Wirtschaft treibt, zeigt die Diskussion über die anstehende quantitative Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank. Wahrscheinlich wird der EZB-Rat in seiner Sitzung am 22. Januar die Entscheidung treffen, Schulden der Euro-Staaten mit neu gedrucktem Geld der EZB zu kaufen. Das Ziel, die Bilanz der Währungshüter um 50 Prozent durch das Drucken von 1.000 Mrd. Euro auszuweiten, ist ein beispielloser Akt in der jungen Euro-Geschichte. Die Diskussion über das „wie“ ist dabei unter den „Hohepriestern des Geldes“ und ihren Jüngern heftig umstritten. Jedoch zeigt die Diskussion darüber das ganze Dilemma der Schein-Wirtschaft. Welche Schulden soll die EZB ankaufen? Nach dem Anteil der jeweiligen Notenbanken an der EZB-Bilanz; nach dem Anteil der ausstehenden Schulden der jeweiligen Euro-Staaten; oder doch nur die Staatsanleihen mit der höchsten Bonität; vielleicht sollte nicht die EZB, sondern die jeweiligen Notenbanken auf eigenes Risiko die Anleihen kaufen? Fragen über Fragen, die in den Gazetten rauf und runter diskutiert werden. Welche Vor- und welche Nachteile hat die jeweilige Intervention? Hilft es? Und wenn ja, wem? Bei dieser Auseinandersetzung um die nächste Interventionsstufe geht es längst nicht mehr um das ursprüngliche Ziel der Überwindung der Wachstumsschwäche im Euro-Club, sondern nur um den kleinen „Geländegewinn“ des einen oder anderen. Doch selbst wenn, was ist das für ein armseliges Wachstum, das anschließend wieder auf der Kreditexpansion aus dem Nichts beruht?

Letztlich soll der Eindruck einer funktionierenden Marktwirtschaft vorgespielt werden, die der Staat durch das Drehen der einen oder anderen Schraube wieder ins Lot bringen kann. Es soll die Fiktion aufrechterhalten bleiben, dass der Staat als Hüter der marktwirtschaftlichen Ordnung den Rahmen setzt, aber dennoch die Marktkräfte wirken lässt. Doch es ist das Gegenteil dessen. In einer Marktwirtschaft ist die Rolle des Staates abstrakte, allgemeine Regeln zu schaffen, die für alle gleich sind. Die aktuelle Geldpolitik, die Mutter aller Interventionen, schafft Regeln, die Einzelne willkürlich bevorteilt, andere nach Gutdünken benachteiligt und wieder andere in Investition und Risiken treibt, die sie unter normalen Umständen nie eingegangen wären.

Zu Weihnachten haben mir Freunde eine Ergänzung zum klassischen Monopoly-Spiel geschenkt. Mit neuen Ereignis- und Gemeinschaftskarten kommt damit neue Fahrt ins Spiel. Der Regelsetzer kann plötzlich eine Währungsreform verordnen und alles umlaufende Geld verliert seinen Wert. Dann muss erst wieder jeder peu à peu über „Los“ und neues frisches Geld erhalten und der ganze Wahnsinn beginnt von vorne.

Ich hätte auch schon eine eigene „Erweiterungsidee“: Freies Geld, das jeder Teilnehmer in Umlauf bringen kann. Die Solidität und das Vertrauen in das jeweilige freie Geld schafft eine dezentral verteilte Sicherheit, die kein staatlicher Geldmonopolist jemals dauerhaft gewährleisten kann. Na gut, das Spiel dauert jetzt länger, Straßen, Häuser und Hotels werden nicht so schnell gebaut. Es gibt auch nicht ständig neues Geld aus dem Nichts, wenn man über „Los“ kommt, aber eines ist gewiss: es wäre eine freie Marktwirtschaft.

Photo: Jason Devaun from Flickr