Zum Sommersemester beginnt der neue Masterstudiengang „Entreprenuerial Economics“ an der Business and Information Technology School in Berlin (BiTS), den Prof. Stefan Kooths maßgeblich konzipiert hat und verantwortet. Prof. Kooths ist außerdem Leiter des Prognosezentrums im Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel. Wir haben ihm ein paar Fragen zu dem Studiengang gestellt.

Herr Professor Kooths, das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn beobachtet seit Jahren einen Rückgang von Unternehmensgründungen. Seit 2012 ist das Saldo von neu gegründeten und liquidierten Unternehmen negativ. Eine Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2014 hat gezeigt, dass jeder dritte Student ausschließlich bei einem staatlichen oder öffentlichen Arbeitgeber arbeiten möchte. Wie sehr ist Unternehmertum im Land des Mittelstands in der Krise?

Unternehmertum stand in der Tat hierzulande schon einmal höher im Kurs. Der Wohlstand wird brüchig, sobald man versucht, nur noch am Erreichten festzuhalten und nichts Neues mehr wagt. Der allzu üppige Nanny-Staat ist als Bewahrer angetreten – er verspricht eine Sicherheit, dessen Voraussetzungen er nicht nur nicht schaffen kann, sondern sogar ernstlich bedroht. Wenn ein Drittel der heutigen Studierenden im Staatsdienst ihre Wunschbeschäftigung sehen, ist das leider Teil des Symptoms. Allerdings bleiben dann ja immer noch zwei Drittel, für die das nicht gilt. Und an die wenden wir uns. Das werden nicht alles wilde Start-up-Gründer werden – auch wenn Berlin hier eine lebhafte Szene bietet. Unternehmerische Fähigkeiten sind auch bei der Unternehmensfortführung essentiell – denken Sie nur an die vielen Familienunternehmen, bei denen jetzt die Generationennachfolge ansteht. Und selbst in Großorganisationen, die sich neu ausrichten müssen, um Bestand zu haben, braucht es Unternehmertum – „embedded entrepreneurial teams“ ist hier das Stichwort, wenn es um radikales Change Management geht. Manch einer wird mit dem Rüstzeug aus diesem Studiengang möglicherweise auch eine akademische Karriere einschlagen.

In der verbreiteten Wahrnehmung muss ein Unternehmer ordentlich mit Zahlen umgehen können, innovative Ideen haben und vielleicht auch noch gut mit Menschen umgehen können. Was lernt er in Ihrem Studiengang, das ihn zu einem besseren Unternehmer macht?

Management Know-how und einschlägige Soft Skills gehören natürlich dazu. Dem widmen wir jeweils einen eigenen Modulstrang. Hinzutreten muss noch eine weitere Kompetenzklasse und zwar ein umfassendes Systemverständnis für die Umgebung, in denen sich Unternehmer bewegen und bewähren müssen. Ein Unternehmer, egal ob selbständig oder in anderen Führungsfunktionen, muss die Gesetze des Marktes und das weitere Umfeld verstehen. Wenn er die Mechanismen kennt, die das System als Ganzes beherrschen, dann kann er sich darauf einstellen und sieht klarer. Hierzu gehört auch die Kenntnis um die Grenzen des Wissens. Es geht also um ökonomisches Tiefenverständnis. Nur so lässt sich echte strategische Kompetenz entwickeln. Der auf diese Weise ausgebildete Ökonom kann etwas, was andere nicht können. Und dann ist da noch etwas: Wer bei uns studiert, wird so viele unterschiedliche Ideen kennenlernen, dass man ganz automatisch beginnt, jenseits der eingefahrenen und von außen vorgegebenen Muster zu denken. Man wird anfangen, Fragen zu stellen. Und mit jeder neuen Frage kommen neue Ideen. Mit dem Masterprogramm „Entrepreneurial Economics“ sollen Studierende so wieder die Faszination erleben, die von lebendigem und handlungsorientiertem ökonomischem Denken ausgehen kann. Ob Sie das dann VWL oder BWL nennen, ist mir egal. Kästchendenken gehört nicht zu unserer Philosophie.

Die Studenten werden sich in ihrem Studium auch verhältnismäßig ausführlich mit Ideengeschichte auseinandersetzen. Sie lernen die Grundlagen der Österreichischen Schule und beschäftigen sich intensiv mit dem Buch „Human Action“ des Ökonomen Ludwig von Mises. Ist das ein entschleunigendes Element? So etwas wie ein Aufenthalt im Zen-Kloster für Manager?

Mit Klöstern kenne ich mich nicht so aus. Klar ist: In diesem Studiengang geht es nicht um Esoterik, sondern um ökonomisches Systemverständnis und Know-how zu dessen erfolgreicher Anwendung. Dieses Wissen reicht dann in der Tat weit über manche Modewelle und kurzatmige Paradigmen hinaus. Wenn Sie wollen, können Sie das Entschleunigung nennen. Ideengeschichte ist hierzu unverzichtbar. Für den wissenschaftlichen Fortschritt wird gerne das Bild gebraucht, dass die heutige Generation auf den Schultern ihrer Vorgänger sitzt und daher – angereichert durch eigene Forschung – mehr sieht als diese. Das ist ein schönes Bild. Vor allem lehrt es, dass man zunächst auf die Schultern der großen Denker hinaufklettern muss, bevor die größere Perspektive entstehen kann. Bei diesem Aufstieg wollen wir die Studierenden begleiten. Wer diesen Studiengang durchlaufen hat, hat alle relevanten Strömungen der Wirtschaftswissenschaften verstehen und kritisieren gelernt. Auf diese Weise entsteht Unabhängigkeit im Denken. So lässt sich dann fundierter einordnen, was Berater sagen oder was in der Zeitung steht. Und man lernt Fragen zu stellen, die andere so nicht stellen. Ein solches, übergeordnetes Verständnis hilft das ganze Leben, es ist sicher zwei Studienjahre wert.

Unter dem Stichwort „Plurale Ökonomik“ wurde in den letzten zwei Jahren weltweit Kritik geübt an einer Tendenz der VWL-Lehrenden, nur eine einzige ökonomische Theorie zu lehren und alternative Modelle gar nicht erst vorzustellen. Wie kann die Verbindung aus BWL und VWL, Management und Economics, die sie in Ihrem Studiengang herstellen, auch dazu beitragen, Einseitigkeit und Tunnelblick in den Wirtschaftswissenschaften zu überwinden?

Vor allem dadurch, dass wir nicht die Schmalspur des Mainstreams durch eine andere ersetzen. Hier segelt so manches unter der Flagge der pluralen Ökonomik, was eher Nische als Neuorientierung ist. Der Unternehmer steht bei uns nicht zufällig im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern deshalb, weil Wirtschaft ohne unternehmerische Aktivität im umfassendsten Sinne überhaupt nicht vorstellbar ist. „Man acts“ – so hat Ludwig von Mises den Ausgangspunkt ökonomischen Denkens in der wohl besten und zugleich knappsten Form in einem Axiom auf den Punkt gebracht. Es geht also um nichts Geringeres als die Wissenschaft vom menschlichen Handeln. Ausgehend von dieser Perspektive erkennt man sehr schnell die Grenzen der mathematischen Ökonomie. Denn jede Handlung findet außerhalb des Gleichgewichts statt, wenn sie mehr sein soll als eine monotone Wiederholung des ewig gleichen. Im Gleichgewicht herrschen die Gesetze der Mechanik, menschliches Handeln ist dann nicht mehr gefragt. Bevor man Mittel optimal einsetzen kann, müssen diese Mittel erst einmal bekannt sein und daher entdeckt werden. Wenn man sich dem Methodenzwang der Gleichgewichtsmodelle nicht unterwirft, sondern auf der Rolle des Unternehmers besteht, dann gelangt man automatisch zu einer Prozesssicht, das heißt man analysiert die Prozesse, die theoretisch zu einem Gleichgewicht führen könnten, wenn die Welt sich nicht verändern würde. Dies ist erstens interessant, weil man auf diese Weise vielen Theorien Raum bieten kann, die nicht in das mathematische Korsett des Mainstreams passen, und zweitens, weil die ökonomischen Prozesse den Bereich abbilden, in dem Führungskräfte agieren. Genau deshalb kann der angehende Unternehmer hier so viel lernen und umgekehrt wird eine Führungsfunktion stets Fragen aufwerfen, die letztlich nur innerhalb der Prozesssicht zu beantworten sind. Und auch eine Integration der Wirtschaftswissenschaften kann im Grunde nur auf diese Weise gelingen.

Zum Schluss noch eine praktische Frage: Die BiTS ist eine private Hochschule und muss sich infolgedessen auch selbst finanzieren. Das Studienentgelt für „Entrepreneurial Economics“ können die wenigsten Studenten wohl aus der Portokasse bezahlen. Können Sie interessierten jungen Menschen ein paar Tipps geben, wie sich diese Hürde überwinden lässt?

Die Vorlesungen der BiTS-Masterprogramme finden in der Zeit von Mittwochnachmittag bis Samstagmittag statt. Es gibt also grundsätzlich die Möglichkeit, nebenbei zu arbeiten. Eine solche Tätigkeit könnte man sich im Übrigen auch als Praktikum anrechnen lassen, welches man nach dem dritten Semester ohnehin zu absolvieren hätte. Des Weiteren bieten wir Beratungen in Bezug auf Fördermöglichkeiten oder Studienkredite und werben in unseren Netzwerken für Stipendien. Unsere Studenten sind auch Unternehmer in eigener Sache. Sie werden den Wert ihrer Berliner Zeit an der BiTS erkennen und Wege finden, die ihnen diese Zeit ermöglichen.

Photo: Mohammad Jangda from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Die 62 reichsten Menschen haben so viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Welt. Mit dieser plakativen Behauptung wollte die Organisation Oxfam die Welt wachrütteln. Werfen wir doch einmal einen Blick auf diese 62 Mega-Reichen …

Verschiedene Arten von Reichen

Schon seit einigen Jahren steht ganz oben auf der vom Magazin Forbes erstellten Liste der reichsten Menschen der Welt Bill Gates. Knapp 80 Milliarden Dollar, also etwa 73 Milliarden Euro, soll sein Privatvermögen betragen. Das ist eine Menge Geld. Allerdings hat Gates dieses Geld nicht unrechtmäßig erworben: Heerscharen von Microsoft-Kunden haben ihm gerne und freiwillig etwas gezahlt für seine Produkte. Dass die Gewinnspanne bei einem so wenig materialintensiven Produkt wie Software ziemlich hoch ist, kann man ihm nun nicht zum Vorwurf machen. Und wo wir schon bei Zahlenspielchen sind: Die Gates-Stiftung, die sich weltweit in den Bereichen Entwicklung, Gesundheit und Bildung engagiert, gab im Jahr 2014 mehr als sechs Mal so viel für ihre Programme aus wie Oxfam.

An zweiter Stelle in der Forbes-Liste rangiert Carlos Slim Helú aus Mexiko. Slims Vater war ein Syrischer Christ, der 1902 aus dem Libanon geflohen war. Er baute sich mit viel Fleiß und Geschick ein Geschäft auf und investierte die Gewinne klug in Immobilien. Auf dieser Grundlage konnte sein Sohn aufbauen und schuf im Laufe der Jahre ein gigantisches Firmenimperium. Dabei ging und geht es jedoch nicht immer mit rechten Dingen zu. Die Telefongesellschaft, die ihn richtig reich machte, erwarb Slim Anfang der 90er Jahre zu einem sehr geringen Preis und profitiert nachhaltig von ihr, weil politische Unterstützung ihm eine Monopolstellung auf dem Kommunikationsmarkt sichert. Slims Vater verdient, soweit wir das überblicken können, unseren ungeteilten Respekt. Slim selber hingegen ist ambivalent zu beurteilen: Sein unternehmerisches Handeln schafft Arbeitsplätze und mithin Wohlstand. Aber seine monopolgestützte Preispolitik schadet den Verbrauchern, ist also tendenziell eher ein Armut als Wohlstand fördernder Faktor.

Gegen die Versuchungen von Geld, Macht und Einfluss ist keiner immun

An sechster Stelle der Liste stehen die Koch-Brüder, über die in den deutschen Medien immer wieder die wildesten Geschichten kursieren. Wie Slim haben auch sie ihren Reichtum auf der Grundlage aufgebaut, die ihr Vater gelegt hatte. Der verdiente sich sein erstes Geld Anfang des 20. Jahrhunderts als Wanderarbeiter in den Niederlanden und Deutschland. Die beiden Brüder sind überzeugt von dem Wert individueller Freiheit und den Vorzügen der Marktwirtschaft. Dafür geben sie große Summen von Geld aus. Zu ihren konkreten Anliegen und Überzeugungen gehören: Eine Ablehnung US-amerikanischer Militärinterventionen und staatlicher Überwachung wie des PATRIOT Act von Präsident Bush. Die Überzeugung, dass der Krieg gegen die Drogen beendet und die Ehe für alle geöffnet werden soll. Und im vergangenen Jahr haben sie wesentlich daran mitgewirkt, Präsident Obamas Justizreformen durchzubringen. Erst jüngst war von den traditionellen Republikaner-Unterstützern eine heftige Fundamentalkritik an Donald Trump und Ted Cruz zu hören. Von dem dämonischen Ausbeutertum, das ihnen deutsche Journalisten bisweilen unterstellen, keine Spur – dafür aber ein stark ausgeprägtes Gefühl der Verantwortlichkeit.

Auch die Vermögen der meisten anderen, die die Forbes-Liste anführen, ist entweder von ihnen selbst oder von ihren Eltern aufgebaut worden. Ob das die Familie Walton ist, denen Walmart gehört, Liliane Bettencourt, die Besitzerin von L’Oreal,, die Gründer von Amazon, Facebook und Google oder, ein paar Plätze, später die Familien der „Aldi-Brüder“. Diese Menschen haben ein bedeutsames Vermögen, weil sie Produkte anbieten, für die andere Menschen gerne und in den meisten Fällen freiwillig bezahlen. Keine Frage: es gibt da Grauzonen. Das lässt sich besonders anschaulich am Beispiel Carlos Slim sehen. Milliardäre sind eben weder Teufel noch Engel. Und den Versuchungen, die Geld, Macht und Einfluss auf uns Menschen immer wieder ausüben, ist weder Bill Gates gegenüber immun, noch der Geschäftsführer von Oxfam, weder der Verfasser dieser Zeilen noch der Slumbewohner aus der Dritten Welt. Letztlich kommt es immer auf die persönliche Integrität an, nicht auf die Summen, die sich auf dem Bankkonto befinden.

Der steinreiche Sechsjährige

Und deshalb täte Oxfam besser daran, sich auf diejenigen Reichen zu fokussieren, die ihren Reichtum nachweislich auf zumindest dubiose Weise erlangt haben, statt pauschale Reichenschelte zu betreiben. Problematisch können die Reichen sein, die, wie das wohl bei Slim der Fall ist, politische Entscheidungen beeinflussen, die zu ihren Gunsten den Wettbewerb verzerren oder aushebeln. Denn wer das tut, der nimmt wirklich den Armen etwas weg. Problematisch sind die Oligarchen, die sich mit den Mächtigen ihres Landes verbünden und somit dafür sorgen, dass die Menschen in den Schwellen- und Entwicklungsländern keinen oder wenig Anteil haben können am Wirtschaftswachstum. Problematisch sind die Reichen, die mit ihrem Geld Terroristen und Diktatoren, korrupte Politiker und Bürokraten fördern und stützen und so einem Umfeld der Instabilität und Rechtlosigkeit den Boden bereiten. Vielleicht können sich die Leute von Oxfam (und Occupy und Campact …) mal mit den Kollegen von Amnesty International zusammensetzen. Die sind nämlich am tatsächlichen Unrecht viel näher dran. Das eigentliche Unrecht ist nicht das Profitstreben in einer Marktwirtschaft. Das eigentliche Unrecht geschieht dort, wo ein Wohlstand für alle verhindert wird durch Korruption, Repression und Rechtlosigkeit. Das ist der beste Nährboden für Armut und Elend.

Es ist schon vieles geschrieben worden zu der Studie von Oxfam: Darüber, dass der Reichtum der einen auch vielen anderen zugutekommt: über Arbeitsplätze, Konsumgüter, Innovation und natürlich auch Wohltätigkeit. Darüber, dass es in der Regel den Armen nicht besonders viel hilft, wenn die Reichen weniger reich sind. Und auch darüber, dass solche Zahlenspielereien Unsinn sind, wie kürzlich auf diesem Blog. Eine besonders schöne Anmerkung zu letzterer These von dem Blogger Pixelökonom sei zum Schluss noch angeführt:

„Mein sechsjähriger Sohn verwaltet in seiner privaten Sparkasse mehr Vermögen (ca. 30 Euro) als das gesamte Vermögen der untersten 30 Prozent der Welt beträgt, weil 30 Prozent aller Menschen kein positives Nettovermögen (Saldo aus Vermögen und Schulden) haben.“

 

Photo: Hamed Al-Raisi from Flickr (CC BY 2.0)

Die Einschläge kommen immer näher und in kürzeren Abständen. Erst waren es nur Notenbanker und Wissenschaftler wie der Chef-Ökonom der Bank of England Andy Haldane und der Harvard-Professor Kenneth Rogoff, die die Abschaffung des Bargeldes forderten. Jetzt bescheinigte beim Treffen der Mächtigen in Davos Deutschbanker John Cryan Münzen und Scheinen keine gute Zukunft: Bargeld sei fürchterlich teuer und ineffizient. Bei der aktuellen Ertragssituation der größten deutschen Bank kann man da schon fast Verständnis oder sogar Mitleid haben.

Doch Mitleid ist ein schlechter Ratgeber. Denn immer dann, wenn der mediale Boden bereitet ist, springt auch die Politik auf das Thema auf. So will die SPD jetzt den 500-Euro-Schein abschaffen und Barzahlungen auf 5.000 Euro beschränken. Deren Sprecher Jens Zimmermann sagte dazu: „Der 500 Euro-Schein spielt in kriminellen und halbseidenen Milieus eine große Rolle“. Wer will sich schon mit kriminellen und halbseidenen Milieus identifizieren? Doch was ist mit 200 Euro-Scheinen, was ist mit den beliebten 100- und 50-Euro-Scheinen? Auch mit diesen werden Drogen gekauft, Menschenhandel finanziert und Beamte geschmiert.

Es gibt mächtige Interessen, die die Abschaffung des Bargeldes wollen. Alle diese Gruppen profitieren davon. Die Polizei kann Verbrecher, vom Schwarzarbeiter bis zum Terroristen, besser jagen, wenn alle Zahlungen über Konten abgewickelt werden müssen. Banken sparen Kosten, weil sie nicht ständig Bargeld sichern, herausgeben und verwalten müssen. Den Finanzminister freut es, weil er Einkommen leichter besteuern und kontrollieren kann. Und wenn die Überschuldung von Staaten und Banken offensichtlich wird und das Vertrauen in das staatliche Geldmonopol schwindet, dann kann man viel „effizienter“ mit Bankferien darauf reagieren. Argentinien, Griechenland und Zypern lassen grüßen.

Der Kollateralschaden ist erheblich: Ein wichtiges Stück Freiheit geht verloren. Denn Bargeld ist der in Münzen geschlagene Teil unserer Freiheit. Es geht zunächst einmal niemanden, keinen Finanzminister, keine Polizei, keinen Zentralbanker, keinen Deutschbanker und wen auch immer etwas an, was der Einzelne mit seinem Geld macht. Die Unschuldsvermutung ist ein Kernelement unseres Rechtssystems.

Das Bargeld hatte nicht immer so einen schlechten Ruf: Wer vor 40 Jahren einen neuen Fernseher gekauft hat, konnte diesen selbstverständlich mit einem 500 DM oder 1.000 DM-Schein bezahlen. Die Barzahlung war die Regel, die unbare Zahlungsweise die Ausnahme. Heute hat sich das Verhältnis umgedreht. Wer heute mit einem 500-Euro-Schein in einem Laden bezahlt, wird schräg angeschaut. Die psychologische Kriegsführung gegen das Bargeld hat das Unterbewusstsein erreicht. Das ist nicht gut für eine freie Gesellschaft. Daher muss all den Wissenschaftlern, Bankern und Politikern, die diese Entwicklung forcieren, Einhalt geboten werden. Ein freiheitlicher Rechtsstaat hat nicht das Recht der Überwachung jedes Einzelnen, weder unmittelbar noch mittelbar.

Die Antwort einer freien Gesellschaft muss eine Stärkung der Vertragsfreiheit sein. Sie ist Lebenselixier der Marktwirtschaft. Die Vertragsfreiheit sichert die Vielfalt. Sie bei der Wahl des jeweiligen Zahlungsmittels zu stärken, wäre die richtige Antwort auf den staatlichen Paternalismus. Schränken Regierung und Notenbank diese Vertragsfreiheit jedoch ein, dann ist ein weiterer Schritt in eine gelenkte Wirtschaft und den Überwachungsstaat bereitet.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

 

Photo: Sigfrid Lundberg from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Die Wirtschaftskrise im Euro-Club hält unvermindert an. Man muss kein Schwarzmaler sein, um zu erkennen: So wird das nix!

Wenige Zahlen verdeutlichen dies: In den letzten fünfzehn Jahren ist die Industrieproduktion in Griechenland um 28 Prozent, in Italien um 21 Prozent, in Spanien und Portugal um 18 Prozent und in Frankreich um 15 Prozent gesunken. Alle diese Länder sind meilenweit vom Peak in den Jahren 2007/2008 entfernt, ohne dass sich nennenswert etwas bei den Zahlen verbessert hat. Im Gegenteil: Italien ist auf dem Niveau von vor 30 Jahren. Damals hatte das Land eine vergleichbare Industrieproduktion wie heute (Quelle).

Zudem kommt hinzu, dass der italienische Bankensektor überschuldet ist. Die faulen Kredite in den Büchern der Banken erklimmen seit nunmehr sieben Jahren Monat für Monat ein neues Allzeithoch. Inzwischen liegt es bei 201 Milliarden Euro und entspricht 12,1 Prozent aller Kredite, die an private Haushalte und Unternehmen ausgereicht wurden. Die FAZ berichtete in dieser Woche sogar davon, dass „wackelige Kredite“ in einer Größenordnung von 150 bis 170 Milliarden Euro hinzugerechnet werden müssten. In der Spitze wären es dann über 22 Prozent aller Kredite an den Privatsektor, die problematisch sind. Normal wären 3 oder 4 Prozent. Italiens Banken und damit die gesamte Volkswirtschaft haben ein Riesenproblem. Von Griechenland will ich hier nicht ausführlicher sprechen. Dort ist Hopfen und Malz verloren. Nur so viel: Lediglich 3,6 Millionen der 11 Millionen Griechen sind erwerbstätig. Die Industrieproduktion ist in der Spitze seit November 2007 um 31,6 Prozent eingebrochen. Und auch im November letzten Jahres ist die Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahresmonat um 10,2 Prozent gesunken.

Umgekehrt ist in den letzten 15 Jahren die Industrieproduktion in Deutschland um 20 Prozent gestiegen. Deutschland hat das Vorkrisenniveau seiner Industrieproduktion wieder erreicht. Die deutsche Wirtschaft wächst und die Südländer des Euroclubs kommen nicht von der Stelle. Geht dies so weiter, werden die politischen Zentrifugalkräfte den Euro zerreißen.

Keiner konnte erwarten, dass die seit der ersten Griechenland-Hilfe 2010 getroffenen Maßnahmen sofort wirken. Schmerzhafte Reformen benötigen in der Regel zwei bis drei Jahre bis sie wirken. Das musste auch Gerhard Schröder bitter erfahren: die Erfolge von dessen radikalen Arbeitsmarktreformen konnte erst die Nachfolgeregierung ernten. Doch nunmehr sind sechs Jahre vergangen, ohne dass die getroffenen Maßnahmen in Griechenland Wirkung zeigen. Deshalb muss man schonungslos konstatieren, dass sie wirkungslos und daher falsch waren.

Das gleiche Schicksal droht den jüngsten Anstrengungen. Das Juncker-Programm der EU zur Investitionssteigerung in den Mitgliedsstaaten ist so ein Unsinn. Es funktioniert nach dem Motto: Wenn die Wirtschaft nicht saufen will, dann wird sie zur Tränke geführt. Es findet eine Art Investitions-„waterboarding“ statt.

Mit einem Mindestvolumen von 21 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und den Mitgliedsstaaten soll die Europäische Investitionsbank (EIB) weitere private Investoren finden, die dann ein Investitionsvolumen von 315 Milliarden Euro erzeugen sollen. Man erfährt nur selten etwas über geförderte Projekte der EIB. Doch sagt es schon vieles über die Sinnhaftigkeit der zurückliegenden Subventionen aus, wenn die EIB erklärt, sie überprüfe derzeit, ob die subventionierten Kredite der Bank an VW richtig waren. Nur zum Verständnis: Einer der größten Automobilkonzerne der Welt erhält subventionierte Kredite einer staatlichen Förderbank für Investitionen, die er sonst auch getätigt hätte. Seit 1990 seien 4,6 Milliarden Euro ausgegeben worden, um saubere Motoren zu erforschen! Na da kann man nur sagen: Das hat sich gelohnt!

Es gibt zwei Erkenntnisse aus der Krise. Erstens: die Krisenstaaten müssen selbst ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Sie – und kein anderer – müssen Staat und Gesellschaft reformieren. Dazu braucht es Reformen am Arbeitsmarkt, bei den Steuern, bei der Bürokratie und beim Schutz des Eigentums. Und zweitens: Geschieht ersteres nicht schnell und unmittelbar, wird der Euro-Club auseinander fallen wie jetzt der Schengen-Raum. Europa ginge dann schwersten Zeiten entgegen.

Photo: Robin Hood from Flickr (CC BY 2.0)

„62 Superreiche besitzen so viel wie die halbe Welt“, behauptet in dieser Woche die Lobbygruppe Oxfam und macht damit breite Schlagzeilen. Das Vermögen dieser 62 habe in den vergangenen fünf Jahren um eine halbe Billion zugenommen, wohingegen das Vermögen der ärmsten Hälfte der Weltbevölkerung um eine Billion US-Dollar geschrumpft sei. Das hört sich an wie „linke Tasche, rechte Tasche“, so eine Art Nullsummenspiel. Aber haben sich die Reichen wirklich auf Kosten der Armen gütlich getan?

Solche Vergleiche sind beliebt und dankbar, doch sie sind so richtig, wie wenn man sagt, das Aufkommen des Farbfernsehers Ende der 1960er Jahre sei ursächlich verantwortlich für den Rückgang der Geburtenrate in Deutschland. Es wird ein Ursachen-Wirkungs-Zusammenhang hergestellt, der mit der Realität herzlich wenig zu tun hat. Zufall und Notwendigkeit werden vertauscht. Oder anders ausgedrückt: Nicht jede Korrelation ist auch eine Kausalität.

Die Schlagzeile behauptet nicht nur eine wachsende Ungleichheit, sondern es wird auch unterschwellig die Botschaft mitgeschickt, dass Ungleichheit zu Armut führe. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Armut nimmt weltweit seit vielen Jahren ab. Wie die Weltbank mitteilt, lebten 1981 noch 44 Prozent der Weltbevölkerung unter der absoluten Armutsgrenze. Inzwischen hat sich der Anteil auf 12,7 Prozent reduziert. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass 1981 noch fast 2 Milliarden Menschen auf dieser Welt weniger als das absolute Existenzminimum pro Tag zur Verfügung hatten. Eine Generation später zählen 1,1 Milliarden Menschen auf dieser Welt nicht mehr zu den absolut Armen, obwohl die Grenze inzwischen von 1,00 auf 1,90 US-Dollar angehoben wurde und die Weltbevölkerung erheblich zugenommen hat. Allein in China sind über 750 Millionen Menschen aus bitterster Armut aufgestiegen. Die Ursache dafür ist die Globalisierung und der durch die internationale Arbeitsteilung wachsende Welthandel. In den vergangenen 10 Jahren ist das Bruttoinlandsprodukt auf der Welt um 60 Prozent gestiegen.

Die Beseitigung von Armut und die Schaffung von Wohlstand sind nicht durch Umverteilung und die wachsende Besteuerung der „Reichen“ erreicht worden. Wenn das so wäre, dann könnten die Länder mit der größten Vermögensgleichheit, besondere Wohlstandserfolge feiern. Doch Nordkorea gehört unzweifelhaft zu den ärmsten Ländern der Welt. Und auch die DDR ist nicht an ihrer Ungleichheit zugrunde gegangen.

Wohlstand für alle wird also nicht durch eine größtmögliche Umverteilung erreicht, sondern durch eine marktwirtschaftliche Ordnung in einem freiheitlichen Rechtsstaat. Wenn rechtssicher Verträge geschlossen werden können, Eigentum rechtssicher erworben und veräußert werden kann, wenn die Steuern nicht prohibitiv sind und die staatliche Bürokratie moderat ist, dann wird investiert, werden Arbeitsplätze geschaffen, Einkommen erzielt und Wohlstand geschaffen. Dieser Zusammenhang gilt global und ist das Erfolgsrezept der Marktwirtschaft. Sie zu behindern, würde erneut zu Armut und Elend führen. Das ist die Denke vieler Linken. Sie wollen, dass es schlechter wird, damit es „besser“ werden kann. Max Weber hat dies als Gesinnungsethik gebrandmarkt und sein Konzept der Verantwortungsethik dagegengestellt. Dies erfordere jedoch ein „starkes, langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“. Das gilt auch für die Offenlegung vermeintlicher Kausalitäten.