Photo: Indi Samarajiva from Flickr (CC BY 2.0)
Wer das Bankgeschäft und das Geldsystem verstehen will, muss sich vor Augen führen, wie Geld entsteht und wie nicht. Beginnen wir mit dem Letzteren. Die Summe allen Geldes besteht nicht aus einer festen Menge, die vorher definiert und festgelegt wurde. Wenn es so wäre, dann würde ein Sparer Konsumverzicht üben, sein Geld zur Bank bringen, für seinen Verzicht Zinsen vereinnahmen und die Bank würde dieses gleiche Geld an einen Dritten mit einem Zinsaufschlag verleihen. Von der Differenz zwischen Soll- und Habenzins lebt dann die Bank.
Doch dies naive Betrachtung des Bankgeschäftes mag vielleicht vor 200 Jahren oder im Wilden Westen Amerikas vorgeherrscht haben, mit dem aktuellen Bankgeschäft und unserem Geldsystem hat dies nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Das Sparen des einen hat mit der Kreditvergabe eines anderen, der Bank, nichts gemein. Dieser Zusammenhang ist völlig entkoppelt. Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, dann drückt sie einfach auf den Knopf. Dafür muss niemand vorher an anderer Stelle gespart haben. Wenn die Bank einen Kredit vergibt, dann schafft sie neues Geld. Dieses Buch- oder Giralgeld ist reines Kreditgeld, kann aber beim Kreditnehmer entweder konsumiert oder investiert bzw. gespart werden. Die Menge an Geld nimmt also zu. Theoretisch kann eine Bank beliebig viel Geld aus dem Nichts durch die Kreditvergabe schaffen. Was sie daran hindert, ist lediglich die Regulierung der Notenbanken und des Gesetzgebers. Bilanzierungsregeln, Kreditvergabestandards und Eigenkapitalvorschriften auf der einen und die geldpolitischen Instrumente und Aufsichtsregeln der Zentralbank auf der anderen Seite beschränken oder steuern diesen Prozess.
Die Aufsichtsregeln dienen im Wesentlichen nur einem Ziel, die Insolvenz und Illiquidität einer Bank zu verhindern. Denn in einer Welt der Geldschöpfung aus dem Nichts, ist der Untergang einer Bank der Super-Gau. Es ist wie in einem Pyramidenspiel. Je höher die Pyramide ist, je mehr Geld durch Kredit geschöpft wurde, desto weitreichender ist der Untergang einer Bank für alle anderen. Denn eines verträgt dieses Fiat-Geldsystem nicht – die Panik. Die Panik der Einleger. Wenn plötzlich alle Ihr Geld, das als Buchgeld auf den Konten der Bank liegt, abheben wollen, dann mag das bei einer kleineren Bank noch funktionieren, doch wenn es eine größere Bank oder mehrere Institute trifft, dann ist dieses Buchgeld nicht als Bargeld in den Tresoren der Banken vorhanden. Der Anteil des Bargeldes am gesamten Geldumlauf beträgt weit unter 10 Prozent.
Das ist der Grund, wieso die Regierungen im Euro-Club und die EZB die Insolvenz von Griechenland und seiner Banken nicht zulassen wollen. Sie befürchten ein überspringen auf andere Krisenländer. Deshalb springt die EZB auch als Kreditgeber der letzten Instanz ein. Wenn keiner mehr einer Bank Geld gibt, dann kann immer noch die EZB einspringen – im Zweifel unbegrenzt. Genau das hat sie in der Phase vor der Einigung der Regierung Tsipras mit der Troika gemacht. Sie hat der griechischen Notenbank erlaubt, immer ausreichend Kredite und damit Zentralbankgeld an den griechischen Bankensektor auszureichen.
Doch wenn keine Bank Pleite gehen kann, dann sind die Nebenwirkungen schnell offenkundig. Risiken werden plötzlich laxer eingeschätzt, die Fusion von Instituten ist leichter zu schultern, die Boni und Gehälter steigen immer weiter, weil die Institute immer größer werden. Es gibt kein marktwirtschaftliches Ausscheiden aus dem Markt mehr. Die Haftung durch die Eigentümer und Gläubiger wird faktisch ausgeschlossen. Regierungen und Notenbanken haben eine Lebensversicherung auf den Erhalt der jeweiligen Bank abgeschlossen. Relativ zur Realwirtschaft wachsen die Banken daher viel stärker. Gleichzeitig erhöhen die Regierung und die Zentralbank die Aufsicht, weil ihnen das schnelle Wachstum der Banken nicht mehr geheuer ist und sie sich bei einer Schieflage erpressbar machen. Die Banken flüstern den Regierungen fortlaufend ins Ohr: Wenn wir ein Problem haben, dann habt ihr ein noch viel größeres.
Letztlich hängt ein ganzes Land, ein Währungsraum oder sogar eine Weltwirtschaft am Tropf der Banken. Geht es ihnen schlecht, haben sie erhöhte Risiken angehäuft und drohen ihnen Wertberichtigungen darauf, weil die Kredite in dieser Höhe nicht mehr rückzahlbar sind, dann sind sie plötzlich vorsichtig, vergeben weniger neue Kredite aus dem Nichts und die Konjunktur bricht ein. Denn in dieser Geldwirtschaft entstehen Investitionen nicht in erster Linie aus ersparten Mittel, sondern aus Krediten aus dem Nichts. In diesem Umfeld kommt erneut die Zentralbank ins Spiel. Sie wird gedrängt, geschubst und genötigt, im Rahmen ihrer geldpolitischen Instrumente nachzuhelfen. Klassische Instrumente sind der Notenbankzins und der Mindestreservesatz. Beide Sätze legt die Zentralbank fest und sie sind Anreize für die Banken mehr Kredit zu vergeben. Ist der Notenbankzins und/oder der Mindestreservesatz gering, dann können Banken leichter und billiger Geld verleihen.
Doch genau das ist das Problem. Der Kreditzyklus, der jetzt in Europa stagniert und in Südeuropa zurückgeht, ist durch billiges Geld der EZB entstanden. Sie hat die Schleusen aufgemacht. Die Banken haben dann großzügig und lax die Kredite vergeben, Börsen boomten, Immobilienpreise stiegen, viele investierten und liehen sich dafür Geld, um an den steigenden Preisen zu partizipieren. Doch wenn die Preise für Vermögensgüter steigen, immer neue Glücksritter darauf setzen, dann ist irgendwann der Glaube der Investoren erschöpft, dass die immer weiter geht. Sie ziehen sich zurück, Investitionen brechen weg, Unternehmen verlieren Aufträge und Arbeit, Insolvenzen und Arbeitslosigkeit entstehen. Die Kredite der Banken werden dadurch notleidend und die sonst üblichen Wertberichtigungen von einzelnen Krediten werden zum Massenphänomen. Dadurch kommen ganze Volkswirtschaften ins Trudeln und Regierungen und Steuerzahler werden zur Kasse gebeten. Nach dem Platzen der letzten Kreditblase 2007/2008 ist die weltweite Verschuldung und damit auch das Kreditvolumen um fast 60 auf rund 200 Billionen Dollar gestiegen. Der Grund ist, dass alle Notenbanken auf dieser Welt auf die Krise von damals mit noch billigerem Geld und die Banken mit noch mehr Kredit geantwortet haben. Es wurde also noch mehr Luft in die Kredit- und Geldblase gepumpt in der Hoffnung, dass das Wachstum anspringt und die Verschuldung dadurch reduziert werden kann. Eine pure Illusion.
Doch was ist die Alternative zu dieser Planwirtschaft des Geldes. Die Marktwirschaft! Staatliche Monopole führen zu Pfründen, Mißwirtschaft und Elend. Alle Sozialismen haben dies in der Geschichte gezeigt. Warum soll es beim Geld anders sein? Daher ist die Lösung, den Wettbewerb des Geldes zuzulassen. Dafür bedarf es nicht viel. Es muss nur zugelassen werden. Die Regierungen müssen das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel Euro oder in den USA Dollar aufgeben und anderes ermöglichen. In einer Marktwirtschaft findet dann der Kampf der Ideen statt. Das kann vielleicht Gold oder Silber, vielleicht auch Bitcoin sein. Wer weiß? Es wird viele geben, die Neues ausprobieren, Erfolg haben oder scheitern – wie immer in einer Marktwirtschaft. Doch diejenigen die Scheitern ziehen nicht alle mit in den Abgrund, sondern nur die wenigen, die sich auf sie eingelassen haben. Scheitert das größte Experiment der Geldgeschichte – das Fiat-Geldsystem – , dann leiden alle darunter. Das ist der Wesenskern der Planwirtschaft. Sie nimmt alle bei ihrem Scheitern in Haftung und nicht nur diejenigen, die die Idee hatten.
Deshalb gilt das was der Ökonom Ludwig von Mises 1963 in seinem Buch „Human Action“ formulierte: „Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt worden ist. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung der Kreditexpansion – oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.“
Erstmals erschienen in Smart Investor.