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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre. 

Die aufgebauten Rentenansprüche zeigen, dass die meisten Menschen in Deutschland erfolgreich für ihr Alter sparen. Vermögen außerhalb der Renten sind nicht nur Einkommensgrundlage im Alter, sondern geben Menschen auch Flexibilität und Eigenverantwortung. Es sollte ihnen leichter gemacht werden, Selbiges selbstbestimmt aufzubauen und zu verwalten.

Der Median des Nettovermögens deutscher Haushalte lag 2014 bei 60.400 Euro, wie die Deutsche Bundesbank berichtet. Wird – wie einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung – der Versuch unternommen, die Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einzuberechnen, nimmt das Nettovermögen der Haushalte in der Mitte und am unteren Ende der Vermögensverteilung relativ stark zu. Doch Rentenansprüche bringen im Vergleich zu anderen Vermögensformen bedeutende Nachteile mit sich. So können sie beispielsweise nicht als Eigenkapital beim Hauskauf eingesetzt werden. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn auch abhängig Beschäftigte die Möglichkeit hätten, über einen Großteil ihres Vermögens frei zu verfügen. Eine Reduzierung der verpflichtenden Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung auf ein Minimum wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung. Menschen hätten dadurch mehr Raum für die Altersvorsorge mittels flexibel verwendbarer Vermögensformen.

Vermögensverteilung in Deutschland

Die Studie des DIW aus dem Jahr 2017 bietet einen aktuellen Einblick in die Vermögensverteilung in Deutschland. Die Forscher verwendeten Daten des Sozioökonomischen Panels aus den Jahren 2012 und 2013. Das durchschnittliche Nettovermögen der 10 Prozent der Haushalte, die am wenigsten Vermögen besaßen, betrug demnach inklusive privater und betrieblicher Renten und ohne gesetzliche Rentenansprüche durchschnittlich 6.670 Euro. Die Haushalte mit dem höchsten Vermögen besaßen netto im Durchschnitt 945.809 Euro.

 

Vermögensverteilung inklusive Renten- und Pensionsansprüchen

Die Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung machen vor allem für weniger Vermögende einen bedeutenden Teil ihres gesamten Vermögens aus. Dies zeigt sich, wenn die gesetzlichen Renten- und Pensionsansprüche mit in die Vermögensstatistik einbezogen werden. Das Median-Nettovermögen steigt auf über 169.000 Euro und die Vermögensverteilung wird gleicher.

 

Für das unterste Dezil erhöht sich das Nettovermögen um über 100.000 Euro. Auch im zehnten Vermögensdezil erhöhen sich die Nettovermögen, wenn die Renten- und Pensionsansprüche miteinbezogen werden, allerdings fällt der relative Anstieg hier geringer aus, weil die Rentenansprüche einen kleineren Anteil am Vermögen ausmachen. Dass Personen mit den höchsten Vermögen in Deutschland im Sozioökonomischen Panel nicht erfasst werden, ist für unsere Betrachtung nicht bedeutend, weil wir primär interessiert sind an der Auswirkung der Berücksichtigung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und weniger an der Vermögensverteilung per se.

Rentenansprüche: Vermögen zweiter Klasse

Auf den ersten Blick scheint es keinen großen Unterschied zwischen verschiedenen Formen der Altersvorsorge zu geben. Vorsorgende Menschen verzichten heute darauf, einen Teil ihres Einkommens für Konsum auszugeben, um in der Zukunft mehr konsumieren zu können.

Doch die Unterschiede zwischen Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung – sowie zum großen Teil auch Vermögen aus der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge – und anderen fungibleren Vermögenswerten sind enorm. Anders als beispielsweise bei einem Guthaben bei einer Bank, Aktien oder einem Eigenheim kann der Sparer bei Rentenansprüchen nicht stets auf sein Vermögen zugreifen. Zugang zum eigenen Vermögen zu haben, ist jedoch an sich wertvoll, denn nur dann kann es in vielen Situationen eingesetzt werden.

Anders als klassische Vermögensformen können Rentenansprüche weder als Sicherheit für ein Kredit dienen, noch vererbt oder verschenkt werden. Sie können zudem nicht als finanzieller Puffer in schlechten Zeiten dienen. Sie können nicht zur Hilfe für Freunde und Verwandte eingesetzt werden. Sie können nicht den altersgerechten Umbau der Wohnung erleichtern oder die Gründung einer Unternehmung finanzieren.

Rentenansprüche ersetzen klassisches Vermögen nicht

Anstatt die Mehrheit der Bevölkerung dazu zu verpflichten, den Großteil ihres gesamten Vermögens in Form eines imperfekten Substituts für klassisches Vermögen zu halten, wären Maßnahmen wünschenswert, die allen den Aufbau klassischen Vermögens erleichtern. Die derzeitige weitreichende Verpflichtung, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, nimmt den Menschen die Möglichkeit, das volle Potential ihrer Ersparnisse zu nutzen.

Deutlich attraktiver wäre es, die Verpflichtung, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, auf ein Minimum zu beschränken. Dadurch wäre die Mindestsicherung im Alter sichergestellt. Über die Mindestsicherung hinaus könnten Menschen zusätzlich vielseitig einsetzbares Vermögen aufbauen und die Sparform wählen, die am besten zu ihrer Lebensplanung passt. Dies würde die Nachteile, die aus den nur unflexibel einsetzbaren Rentenansprüchen resultieren, reduzieren und mehr Gestaltungsspielraum beim Aufbau von Vermögen lassen.

Vermögen für alle

Die aufgebauten Rentenansprüche zeigen, dass die meisten Menschen in Deutschland erfolgreich für ihr Alter sparen. Die relativ niedrigen sonstigen Vermögen sind daher zum Teil auf die umfangreiche Verpflichtung zurückzuführen, Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu tätigen.

Vermögen außerhalb von Rentenansprüchen ist nicht nur Einkommensgrundlage im Alter, sondern kann für viele Zwecke eingesetzt werden: als Sicherheit für einen Kredit, als Notgroschen für Ernstfälle und als Startkapital für eine Selbständigkeit. Klassiches Vermögen gibt Menschen Flexibilität. Es sollte ihnen leichter gemacht werden, Selbiges eigenverantwortlich aufzubauen.

 

Zuerst erschienen bei IREF.

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Die Deutschen sparen. Und sie sparen viel. Allerdings landet das Ersparte entweder in festverzinslichen Sparkonten und Wertpapieren oder aber als zukünftiger Anspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das wird vom Fiskus begünstigt und im Falle der gesetzlichen Rente sogar erzwungen. Dabei hätte eine eigenkapitalbasierte Vorsorge beispielsweise mit Aktien deutliche Vorteile.

Die Deutschen sind weltweit als Sparfüchse bekannt, aber auch als Aktienmuffel mit einer Präferenz für festverzinste Spar- und Sichteinlagen. Deutsche halten einen relativ geringen Anteil ihres Vermögens in Form von veräußerlichen Anlagen mit Eigenkapitalcharakter, obwohl derartige Anlageformen langfristig vor allem im derzeitigen Nullzinsumfeld deutlich höhere Renditen abwerfen.

Ein Grund für die geringe Rolle des Eigenkapitals im Portfolio deutscher Sparer liegt in der gesetzlichen Rentenversicherung, die einen großen Teil der Vermögen weniger betuchter Haushalte repräsentiert. Ein weiterer Grund für die geringe Rolle des Eigenkapitals liegt in der gesetzlichen Anreizstruktur bei der privaten Altersvorsorge. Der deutsche Gesetzgeber privilegiert Anlageformen steuerlich, in deren Genuss individuelle Direktanleger nicht kommen.

Auf individueller Ebene führen die Zwangsersparnis in der gesetzlichen Rentenversicherung und die Fehlanreize in der privaten Altersvorsorge zu Renditeeinbußen. Gesamtwirtschaftlich verzerren sie die Allokation von Ersparnissen. Um daraus resultierende Wohlfahrtsverluste zu verringern, empfiehlt sich der Abbau der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten einer Mindestsicherung sowie eine Korrektur der Anreize für die private Vermögensbildung. Ihre neu gewonnene Freiheit könnten auch weniger begüterte Sparer nutzen, um mehr Eigenkapitalvermögen aufzubauen.

Deutschland: Hohe Sparquote, wenig Eigenkapitalvermögen

Deutschland ist eine Sparernation. Seit Beginn des Jahrtausends liegt die Sparquote deutscher Haushalte stabil bei rund 9-10 % – deutlich über den Quoten der meisten anderen europäischen Länder. Hinsichtlich des langfristigen individuellen Kapitalstockaufbaus sind das gute Voraussetzungen: Viele Deutsche sind bereit, heute auf Konsum zu verzichten, um morgen zusätzlichen Konsum aus ihren Ersparnissen finanzieren zu können.

Das aufgebaute Vermögen konzentriert sich stark in der oberen Hälfte der Vermögensverteilung. Das bedeutet jedoch nicht, dass weniger begüterte Haushalte kaum Ersparnisse bilden. Vielmehr sparen sie vornehmlich zwangsläufig in Form von Ansprüchen gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung, die nicht in die Sparquote einbezogen werden.

Bei freiwilliger Ersparnis setzen deutsche Sparer – neben Immobilien und Bausparverträgen – vor allem auf das Sparschwein, Sicht- und Termineinlagen. Dazu kommen Lebens- und Altersvorsorgeversicherungen, die hauptsächlich auf geringverzinsten Produkten basieren. Eine untergeordnete Rolle spielen dagegen Aktien- und Fondsinvestments.

Im internationalen Vergleich verfolgen deutsche Sparer damit eine konservative Strategie: Geringes Risiko, geringe Rendite – das gilt sowohl bezüglich der gesetzlichen als auch bezüglich der privaten Altersvorsorge. Zum Ausdruck kommt dieses Anlageverhalten unter anderem in der niedrigen Aktienquote. Als Fremdkapitalgeber und Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung tragen deutsche Sparer zwar relativ geringe Risiken, profitieren langfristig aber auch weniger stark vom technischen Fortschritt, dessen Früchte eher Eigenkapitaleigner ernten.

Die Renditedifferenz zu Sparern in den USA, Großbritannien oder der Schweiz dürfte vor allem bei den weniger Vermögenden höher ausfallen. Wohlhabende Deutsche investieren einen höheren Anteil ihres Vermögens in Anlagen mit Eigenkapitalcharakter.

Anlagestrategie: Präferenzen oder Regulierung?

Angesichts der Klagen über die langanhaltende Niedrigzinsphase und den damit verbundenen Renditeeinbußen bei Sicht- und Spareinlagen, stellt sich die Frage: Weshalb setzen die Deutschen bezüglich ihrer Altersvorsorge nicht stärker auf Eigenkapitalvermögen?
Der geringe Eigenkapitalanteil im deutschen Sparportfolio könnte auf die Präferenzen der Sparer zurückgehen. Die Bundesbank etwa attestiert deutschen Sparern eine „ausgeprägte Risikoaversion“. Die Ursprünge mutmaßlich konservativer Präferenzen sind indes nicht leicht zu ergründen. Die viel zitierte kollektive Erinnerung an die Hyperinflation nach dem ersten Weltkrieg etwa sollte eher Investments in Sachwerte und inflationsgeschützte Anlagen fördern, nicht aber in Bargeld und Sichteinlagen.

Resultierten die Sparentscheidungen der Deutschen schlicht aus ihren risikoaversen Präferenzen, gäbe es an der geringen Rolle des Eigenkapitalvermögens nichts auszusetzen. Doch es deutet einiges darauf hin, dass diese maßgeblich durch staatliche Anreize herbeigeführt wird: Zum einen durch den Zwang zu Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung und zum anderen durch die Bevorteilung nominal verzinster Anlagen relativ zu Immobilien und Aktien im Rahmen der freiwilligen Altersvorsorge.

Sparzwang: Umlagefinanzierte Rentenversicherung

Neben der privaten Altersvorsorge sammeln die meisten Deutschen im Laufe ihres Lebens zwangsläufig Rentenansprüche, die sie durch Beiträge finanzieren, welche folglich nicht mehr für die private Vermögensbildung zur Verfügung stehen.

Diese Anwartschaften können als Anspruch gegenüber zukünftigen Generationen interpretiert werden. Die Rendite dieser Form von Zwangsersparnis hängt unter anderem von der Entwicklung der Reallöhne ab. Da Arbeitnehmer auch zukünftig durch steigende Reallöhne vom wachsenden Kapitalstock und technischen Fortschritt profitieren werden, ist die umlagefinanzierte Rente prinzipiell geeignet, eine breite Partizipation an den Früchten des Wachstums zu ermöglichen. Sie ähnelt diesbezüglich Aktien und anderen Formen von Eigenkapitalvermögen, die anders als die Rente zusätzlich jedoch den Vorteil haben, veräußerlich und beleihbar zu sein. Zudem impliziert die demographische Entwicklung Deutschlands eine steigende Belastungsquote, die die individuelle Rendite der Zwangsersparnis und damit deren Attraktivität im Vergleich zu direktem Eigenkapitalerwerb weiter schmälern wird.

Es empfiehlt sich daher, die gesetzliche Rentenversicherung in eine Mindestsicherung umzuwandeln. Die neu entstehende Wahlfreiheit könnten Sparer nutzen, um vermehrt in Aktien und Immobilien zu investieren und damit den Eigenkapitalanteil ihres Portfolios zu erhöhen.

Anlage über institutionelle Investoren wird gefördert

Ein großer Teil des Vermögensaufbaus erfolgt im Rahmen der freiwilligen Altersvorsorge. Spätestens seit den Rentenreformen unter der Regierung Schröder ist die staatliche Förderung privater Vorsorge über institutionelle Anleger wie Pensionskassen ein explizites politisches Ziel.

Die staatliche Förderung privater Vorsorge, etwa über Riester-Zuschüsse, kommt hauptsächlich versicherungsförmigen Produkten zugute. Individuelle Direktanlagen am Aktienmarkt hingegen sind von der Förderung ausgeschlossen. Im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes kommen außerdem bestimmte, der privaten Altersvorsorge dienende Finanzprodukte, in den Genuss der nachgelagerten Besteuerung. Für den Sparer ergeben sich dadurch deutliche Steuervorteile. Doch entsprechend zertifizierte Produkte werden typischerweise nur von Altersvorsorgeeinrichtungen angeboten.

Der deutsche Staat kanalisiert private Ersparnis somit systematisch hin zu institutionellen Investoren und weg von einer direkten individuellen Anlage. Begründet werden diese Anreize mit Verbraucherschutzargumenten – naive Anleger sollen vor besonders riskanten Anlageformen bewahrt werden.

Private Altersvorsorge setzt kaum auf Eigenkapital

Per se führt die Anlage via institutioneller Investoren zwar nicht zu einer niedrigen Eigenkapitalquote im Portfolio. Doch institutionelle Anleger, die privates Vermögen zu Altersvorsorgezwecken verwalten, verfolgen in Deutschland besonders konservative Anlagestrategien. Sie setzen verstärkt auf nominal verzinste Vermögenswerte, etwa Staatsanleihen.

Die Gründe für die wenig renditeträchtige Portfoliowahl sind komplex. Unstrittig ist, dass der Gesetzgeber aktienschwache Portfolios systematisch fördert. So sind für deutsche Altersvorsorgeeinrichtungen Mindestverzinsungen oder die Garantie einbezahlter Beiträge üblich, die wiederum eine risikoferne, aktienschwache Anlagestrategie bedingen.

Zudem unterliegen Altersvorsorgeeinrichtungen in Deutschland weitgehend der Versicherungsaufsicht, was in anderen europäischen Ländern nicht der Fall ist. Die Versicherungsaufsicht beinhaltet Mindestkapital- bzw. Solvenzvorschriften, die risikoaversere Anlagestrategien wahrscheinlich machen.

Verzerrungsfreie Altersvorsorge

Festverzinsliche Anlageformen sollten im Rahmen der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge nicht privilegiert werden und Sparern sollte es freistehen, wie sie den Großteil ihrer derzeit in die gesetzliche Rentenversicherung fließenden Beiträge anlegen. Dann würden auch die möglicherweise besonders risikoaversen deutschen Sparer mehr Vermögen mit Eigenkapitalcharakter aufbauen. Das würde insbesondere Sparer besser für die Zukunft wappnen, die heute nahezu ausschließlich Vermögen in Form unveräußerlicher Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung halten.

Zuerst veröffentlicht bei IREF.

Photo: Anthony Quintana from flickr (CC BY 2.0)

André Kostolany war eine Börsenlegende. Er war in den 1980er und 1990er Dauergast in den abendlichen Talkshows, wo er in einfachen Sätzen die Börsenwelt erklärte, und die Menschen von der Aktie als Altersvorsorge überzeugen wollte. Seine Weisheiten werden heute noch viel zitiert. Eine davon lautet: „Ein Anleger soll in ein solides, internationales Aktiendepot investieren, dann Schlaftabletten nehmen und schlafen, und wenn er nach fünf oder sechs Jahren aufwacht, wird er meist eine angenehme Überraschung erleben.“ Sein kongenialer Partner war Gottfried Heller, mit dem er 1971 die FIDUKA, eine unabhängige Vermögensverwaltung in München, gründete, die bis heute zu den Großen der Branche gehört. Heller, ein überzeugter Anhänger der Marktwirtschaft im Erhardschen Sinne, hat jetzt ein Buch vorgelegt, das die Idee Kostolanys aufgreift und heutigen Lesern zugänglich macht. Nicht mehr und nicht weniger als „Die Revolution der Geldanlage“ schwebt ihm dabei vor. Dabei ist das Buch nicht ein typisches Anlegerbuch, sondern es ist autobiographisch, politisch und visionär. Das unterscheidet es von vielen anderen auf dem Büchermarkt. Wahrscheinlich gibt es kaum jemanden in Deutschland, der so viele Erfahrungen als Investor gesammelt hat. Daher ist schon alleine der Rückblick auf ein erfolgreiches Leben als Vermögensverwalter lesenswert.

Was Gottfried Heller umtreibt, ist der Umstand, dass die Deutschen ihr Geld falsch anlegen, damit Chancen für die Zukunft verspielen und so vielfach Altersarmut droht. Diese Ängste haben historische und politische Gründe. Die historischen Währungsreformen 1923 und 1948 haben sich tief in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingeprägt. Über diese Ängste schreibt er ein ganzes Kapitel. Die Angst vor Inflation, vor dem Verlust mit Lebensversicherungen und von der dauerhaften Nullzinspolitik der EZB. Nicht alles wischt er als unbegründet einfach weg. Denn die Währungsunion in Europa ist tatsächlich ein Sprengsatz für den Kontinent. Der Euro habe die Europäische Union in zwei Lager gespalten. Durchhalteparolen im Merkelschen Sinne hält er für gefährlich.

Er schlägt vor, eine flexible Währungsunion zu bilden, die einen geregelten Austritt, aber auch einen Wiedereintritt erlaubt. Speziell für Griechenland hält er den Austritt für erforderlich, damit das Land außerhalb des Euros seine neue Währung abwerten und selbstbestimmte Reformen durchführen kann. Die Glaubwürdigkeit der EZB sieht er schwer beschädigt. Der Ankauf von Staatsanleihen in Billionenhöhe ist für ihn eine Staatsfinanzierung durch die Hintertür. Er schlägt eine Stimmgewichtung nach der Größe der Haftung der einzelnen Notenbanken vor. Ob das hilft, wenn alle im Glashaus sitzen?

Die Revolution der Geldanlage sieht er in den ETFs (exchange-traded funds), also börsengehandelten Fonds. Sie ermöglichen es inzwischen auch Kleinanlegern, in breitgestreute Portefeuilles und Indizes zu investieren. Was früher nur großen Vermögensverwaltern oder Fonds möglich war, ist heute mit geringen Beträgen und geringen Kosten jedem Anleger möglich. Er ist geradezu begeistert von dieser Anlagekategorie. „Wenn es um Einfachheit, niedrige Kosten und eine solide Performance geht, sind ETFs unschlagbar.“ Inzwischen gibt es über 1.000 ETFs, die an deutschen Börsen gehandelt werden. Alleine mit 15 ETFs könnten so 8.000 bis 10.000 Einzeltitel abgebildet werden.

Der Regierung liest der Grandseigneur der deutschen Vermögensverwalter die Leviten. Die einseitige Förderung der Riester-Rente hält er für grundfalsch. Er zitiert Horst Seehofer, der 2016 die Riester-Rente für gescheitert erklärt hat. Ähnlich wie Rürup-Renten und die vielen Pensionskassen leiden diese Instrumente an der übermäßigen Anlage in Zinspapieren und an der Verrentungspflicht am Ende ihrer Laufzeit. Dies mache die Produkte unrentabel und teuer. Zahlreiche Länder machen es da wesentlich besser. Als Beispiel nennt er die USA, wo in die so genannten 401(k)-Pläne bis zu 15 Prozent des Jahreseinkommens steuerfrei auch in Aktien- und gemischte Fonds investiert werden können.

Letztlich plädiert Gottfried Heller in seinem Buch für mehr Freiheit des Einzelnen. Der Staat solle die Menschen nicht an die Hand nehmen, sondern jedem einzelnen die Chance für ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das ist das eigentliche Bekenntnis dieses sehr lesenswerten Buches. Daher zitiert er auch die Philosophie Erhards: „Jeder ist seines Glückes Schmied. Es herrscht die individuelle Freiheit und dies umso mehr, je weniger sich der Staat anmaßt, den einzelnen Staatsbürger zu gängeln oder sich zu seinem Schutzherren aufspielen zu wollen.“

Gottfried Heller: Die Revolution der Geldanlage – Wie Sie mit einfachen Methoden erfolgreich investieren, FinanzbuchVerlag, München, 2018.

Photo: Predi from Flickr (CC BY-ND 2.0).

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus. 

Die Einnahmen aus Beiträgen für die Rentenversicherung machen im Jahr 2016 mehr als ein Drittel der Gesamteinnahmen der Sozialversicherungen aus. Eine Reduzierung der verpflichtenden Rentenversicherung auf eine Mindestversorgung wäre ein Weg, um die Altersvorsorge vom Arbeitsmarkt zu entkoppeln und mehr Wahlfreiheit bei der Altersvorsorge zu ermöglichen.

Die Einnahmen des Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt haben sich von 32 % im Jahr 1950 auf 43 % im Jahr 2016 erhöht. Fast der gesamte Anstieg ist auf die Einnahmen der Sozialversicherungen zurückzuführen. Dadurch ist die Belastung von Arbeit durch Steuern und Abgaben in Deutschland heute schon höher als in nahezu allen übrigen OECD-Ländern. Nimmt die demographische Entwicklung wie erwartet ihren Lauf, wird der Anteil der Einnahmen der Sozialversicherungen am Bruttoinlandsprodukt weiter steigen. Eine Reduzierung der verpflichtenden Rentenversicherung auf eine Mindestversorgung im Alter wäre ein Weg, um die Altersvorsorge vom Arbeitsmarkt zu entkoppeln, reguläre Tätigkeiten attraktiver zu machen und mehr Wahlfreiheit bei der Altersvorsorge zu ermöglichen.

Sozialversicherung: 1950 noch 9 % des BIP, heute 19 %, 2040 gar 23,5 %

Der Anteil der Einnahmen der Sozialversicherungen am Bruttoinlandsprodukt hat sich seit 1950 von 9 % auf 19 % mehr als verdoppelt. Die Einnahmen aus Beiträgen für die Rentenversicherung in Höhe von 215 Milliarden Euro machten dabei im Jahre 2016 mehr als ein Drittel der Gesamteinnahmen der Sozialversicherungen aus. Hinzu kommt ein Zuschuss des Bundes in Höhe von 41 Milliarden Euro, mit dem sich der Anteil der Einnahmen der Rentenversicherung an den gesamten Sozialversicherungseinnahmen auf über 42 % summiert.

Seit 2010 sank der Anteil der Einnahmen der Sozialversicherungen an den Gesamteinnahmen des Staates, weil das hohe Beschäftigungsniveau für hohe Steuereinnahmen sorgt und der Beitragssatz der Rentenversicherung aufgrund der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt schrittweise von 19,6 % auf 18,7 % gesenkt wurde.

Das Bundesfinanzministerium prognostiziert, dass durch Erhöhungen der Beitragssätze die Sozialversicherungsbeiträge bis 2040 etwa 23,5 % des Bruttoinlandsprodukts ausmachen werden. Dadurch würden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse weiter an Attraktivität einbüßen und (teilweise) sozialversicherungsbefreite Tätigkeiten in abhängiger Beschäftigung oder Selbständigkeit relativ attraktiver werden.

Rentenversicherung: Pflicht auf Mindestsicherung beschränken

Eine Linderung bietet die Beschränkung der Einzahlungspflicht für jedermann ― unabhängig von der Erwerbstätigkeit ― einer verpflichtenden Rentenversicherung auf ein Minimum, welches sicherstellt, dass Menschen im Alter nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Eine derartige Mindestsicherung könnte im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung oder im Rahmen einer privaten Altersvorsorge erfolgen. Die Vorsorge über das Existenzminimum hinaus läge von der Natur der Mindestsicherung unabhängig in der Verantwortung jedes einzelnen.

Alle Erwerbstätigen hätten die Möglichkeit, nach ihren Bedürfnissen fürs Alter vorzusorgen. Wäre eine verpflichtende Rente auf die Grundsicherung beschränkt, könnten Menschen freier entscheiden, was zu ihrem Lebensentwurf passt: Ein selbstgenutztes Eigenheim, eine Lebensversicherung, ein Aktienportfolio, Staatsanleihen oder eine Mischung aus diesen Anlageformen.

Würde der Beitragssatz für die gesetzliche Rente deutlich sinken, wäre auch der Anreiz für Schwarzarbeit schwächer, wenn die Beitragszahler die jetzige gesetzliche Rentenversicherung zumindest teilweise als Steuer und nicht Altersvorsorge wahrnehmen, für die sie sich auch entschieden hätten, wenn sie eine Wahl gehabt hätten. Die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit hingegen würde attraktiver werden.

Beschränkung auf Mindestsicherung reduziert Ungleichheit

Eine derartige Rentenreform würde ferner die Vermögensungleichheit in Deutschland senken. Derzeit ist ein großer Teil der Vermögen abhängig Beschäftigter in Form zukünftiger Zahlungsansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung gebunden. Diese Form des Vermögens kann jedoch nicht als Eigenkapital beim Wohnungskauf, in finanziellen Notlagen oder als Sicherheit für einen Kredit eingesetzt werden.

Der Präsident des DIW, Marcel Fratzscher, weist gerne und zutreffend darauf hin, dass “… Rentenanwartschaften keine klassischen Vermögen sind.” Deshalb sollten Menschen nicht dazu gezwungen werden, mehr Vermögen in einer verpflichtenden Altersvorsorge zu binden, als für die Mindestsicherung im Alter nötig ist.

Finanzierung: Langfristig per Umlage oder kapitalgedeckt…

Derzeit werden die Renten der aktuellen Rentnergeneration durch die laufenden Beiträge der Beitragszahler finanziert. Eine auf die Mindestsicherung im Alter begrenzte Rentenversicherung könnte weiterhin mit einem Umlagesystem finanziert werden und dabei alle Personen unabhängig von ihrer Erwerbstätigkeit einschließen. Die Mindestsicherung könnte auch Kapitalgedeckt sein und den Versicherten eine Wahl zwischen privaten Anbietern geben, ähnlich wie im Rahmen der Riester-Rente. Problematisch wäre lediglich die Umstellung auf die Mindestsicherung, da die bestehenden Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung weiter finanziert werden müssten.

… und in der Übergangszeit via Steuern

Für den Übergang von der jetzigen gesetzlichen Rente zu einer auf die Mindestsicherung im Alter reduzierten verpflichtenden Rentenversicherung müsste die Finanzierungsstruktur angepasst werden, damit aktuelle Erwerbstätige nicht die Zahlungen an derzeitige Rentner finanzieren müssen, während sie deshalb selbst nur beschränkt privat vorsorgen können.

Im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung geht der Staat fortlaufend Zahlungsversprechen an derzeitige Beitragszahler ein, die durch die Beiträge zukünftiger Beitragszahler zu decken sein werden. Wer Zahlungsansprüche gegen den Staat hält, wird dadurch offenbar. Wer die den Ansprüchen gegenüberstehenden Verpflichtungen in der Zukunft übernehmen wird, ist hingegen unsicher. Es ist nicht ersichtlich, warum gerade die nachfolgenden Generationen abhängig Beschäftigter für Versprechen des Staates geradestehen sollen, die vom Staat an frühere Generationen von abhängig Beschäftigten gemacht wurden.

Die Finanzierung der Auszahlung von bestehenden Rentenansprüchen könnte stattdessen in Form von langlaufenden Staatsanleihen erfolgen. Dadurch würde die Finanzierung der bestehenden Rentenansprüche auf alle heutigen Steuerzahler und zukünftige Generationen von Steuerzahlern unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus verteilt werden.

Wünschenswerter Nebeneffekt: Die derzeit versteckten Staatsschulden durch Zahlungsversprechen des Staates im Rahmen der Rentenversicherung würden zu transparenten expliziten Staatsschulden werden.

Mehr Verantwortung und mehr Wahlfreiheit

Die derzeitige Ausgestaltung der Rentenversicherung reduziert die Attraktivität sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und schränkt die Flexibilität bei der Altersvorsorge letzterer ein. Außerdem macht sie vielen abhängig Beschäftigten den Zugriff auf den größten Teil ihres Vermögens unmöglich.

Die Reduzierung der verpflichtenden Rentenversicherung auf eine Mindestsicherung im Alter für alle Personen würde diese Probleme deutlich reduzieren – unabhängig davon, ob sie durch Umlagen oder kapitalgedeckt finanziert würde. Die Mindestsicherung würde Trittbrettfahren durch Nicht-Vorsorge effektiv verhindern, reguläre Erwerbstätigkeiten attraktiver machen, Menschen mehr Gestaltungsspielraum bei ihrer Altersvorsorge geben und abhängig Beschäftigten erlauben, über einen Großteil ihres Vermögens frei zu verfügen.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: xflickrx from flickr.com (CC BY-SA 2.0)

Von Dr. Hubertus Porschen, Bundesvorsitzender des Wirtschaftsverbands Die Jungen Unternehmer.

Wohin geht es mit Deutschland?

Wir werden immer älter. Wir bekommen weniger Kinder. Der demographische Wandel und die Alterspyramide zeigen: Deutschland ist ein Land der Alten, welches immer älter wird. Für den einzelnen ist das nicht dramatisch. Im Gegenteil, der medizinische Fortschritt führt zu einer längeren Lebenserwartung und auch dazu, dass sich ältere Menschen länger fit fühlen. Die Digitalisierung vereinfacht den Alltag und auch das Berufsleben, sodass Menschen länger arbeiten können. Was jedoch bedenklich ist, ist die Verschiebung der gesellschaftlichen Prioritäten zugunsten der Älteren. Junge Menschen wählen den Fortschritt, den Wandel und die Zukunft. Alte Menschen sind da kritischer. Neue Technologien werden mit Argwohn betrachtet und langfristige Projekte, die das Leben kurzzeitig einschränken und langfristig die Lebensqualität stark erhöhen, kommen nicht in Frage. Große Veränderungen in der Infrastruktur, wie Flughäfen oder Windparks, sind solche Beispiele. Sicher, es nicht bei jedem so, doch wer sich die Änderung des Wahlverhaltens im Alter und Teilnehmer von bestimmten Demos anschaut oder sich einfach selbst reflektiert, sieht: Wir werden mit dem Alter konservativer und treffen weniger mutige Entscheidungen.

Wie reagiert die Politik?

Den großen Parteien bleibt – besonders in Wahljahren – diese Entwicklung nicht verborgen. Anstatt die Fragen, die der demographischen Wandel aufwirft, mutig anzugehen und beispielsweise das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln, wird die zuverlässigste und größte Wählergruppe mit Rentengeschenken im Wahlkampf umgarnt. So geschah es vor vier Jahren mit der abschlagsfreien Rente mit 63 und der Mütterrente. Nach dem Motto: „Ich will Oma nicht die Rente kürzen“ oder „Das Thema Rente ist noch soweit weg“, schauen die Jüngeren entweder zu, oder dürfen noch nicht wählen, weil sie unter 18 Jahren sind. Nur wenige lehnen sich auf. Es bleibt unbeachtet, dass die Parteien zu Lasten der künftigen Generationen die Staatsschulden so sehr in die Höhe treiben, dass Zukunftsthemen, wie Digitalisierung, Infrastruktur und Bildung, völlig untergehen. Die Parteien brauchen wieder Anreize, um solche Themen in Angriff zu nehmen und kommenden Generationen einen stabilen Haushalt zur freien Entfaltung in der Gesellschaft zu bieten.

Was fordern Die Jungen Unternehmer?

Die Politik muss die Jugend ernst nehmen, um selbst ernst genommen zu werden. Das politische Selbstvertrauen der jungen Generation ist auf einem Tiefstand: Das Brexit-Veto, die U.S.-Wahl und auch das Referendum zum Präsidialsystem Erdogans in der Türkei, wurden von vielen jungen Wählern verpasst. Mal aus Desinteresse, mal bewusst aus Politikverdrossenheit. Der Glaube, etwas in der Politik bewegen zu können, schwindet. Daran ist auch die Klientelpolitik für Leute ab 50 plus verantwortlich. Zukunftsthemen bleiben auf der Strecke. Die Jugend muss Politik mitgestalten, sonst geht Deutschland bald am Stock. Wir möchten als Verband das Kernthema unseres politischen Handels, Generationengerechtigkeit, im Grundgesetzt verankert sehen. Politiker haben keinen Anreiz jetzt sparsam zu sein. Wir sollten Sie mit dieser Maßnahme die Regierenden in aller Regelmäßigkeit an die Verantwortungen für die nächsten Generationen erinnern.

Unsere Aktion im Wahljahr

Um das politische Selbstbewusstsein der Jugend zu wecken und auch die Verdrossenheit gegenüber der Politik in Zeiten Trumps, Erdogans und des Brexit zu bekämpfen, haben Die Jungen Unternehmer die Aktion „Germany´s next Bundeskanzler/in“ gestartet. Hier wird die Stimme der jungen Generation gesucht, die die Interessen der Erst- und Zweitwähler am besten vertritt. Die Aktion soll junge Wähler für Politik begeistern. Politik muss wieder erkennen, dass es neben den Interessen der Alten noch die der Jungen gibt. Die politische Agenda braucht neue Prioritäten.