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Von Norbert Häring, Journalist.
Am Mittwoch den 27.3. hat das Bundesverwaltungsgericht über meine Klage auf Barzahlung des Rundfunkbeitrags beraten. Das Gericht hat entschieden, den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vorzulegen und das Verfahren bis dahin auszusetzen. Dabei machte das Gericht deutlich, dass es in meinem Sinne und entgegen dem zweitinstanzlichen Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs aus Paragraph 14 Bundesbankgesetz einen Zwang zur Annahme von Bargeld für öffentliche Stellen ableitet.

Der EuGH soll nun klären, ob §14 Bundesbankgesetz, der Euro-Banknoten zum alleinigen unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel in Deutschland erklärt, gilt und anzuwenden ist, falls er sich in seinen Rechtsfolgen irgendwie vom entsprechenden Artikel 128 AEUV (EU-Vertrag) unterscheidet, oder ob nur letzter gilt. Falls nur Artikel 128 AEUV anwendbar ist, soll der EuGH klären, was genau aus diesem Artikel für einen etwaigen Annahmezwang für Euro-Bargeld folgt.

Artikel 128 Abs 1 Satz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) lautet:

„Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.“

§ 14 Abs 1 Satz 2 des Bundesbankgesetzes lautet:

 „Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.“

Dabei stellt das Bundesverwaltungsgericht klar, dass die Beitragssatzungen der Rundfunkanstalten, die die Annahme von Bargeld ausschließen, §14 Bundesbankgesetz widersprechen und ungültig sind – jedenfalls dann, wenn §14 selbst gültig ist.

Damit die Rundfunkanstalten weiter die Annahme von Bargeld verweigern können, müsste nach meinem Verständnis folgendes passieren: Der EuGH müsste entscheiden, dass aus Artikel 128 AEUV keine Bargeld-Annahmepflicht für hoheitliche Stellen im Euro-Währungsraum folgt, und außerdem, dass der ganz ähnlich formulierte $14 Bundesbankgesetz nicht anzuwenden ist, weil er wegen Kompetenzvorrang der EU ungültig ist.

Alternativ könnte der EuGH natürlich entscheiden, dass auch aus Artikel 128 AEUV ein Annahmezwang für öffentliche Stellen folgt. Oder aber, er könnte einen Widerspruch zum Bundesbankgesetz feststellen, aber urteilen, dass das Bundesbankgesetz gilt, bis es im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens geändert wird.

Mir scheint am naheliegendsten, dass der EuGH – wie das Bundesverwaltungsgericht aus dem Bundesbankgesetz – aus Artikel 128 AEUV einen Bargeldannahmezwang ableitet. Das hätte sehr weitreichende Konsequenzen. Es würde bedeuten, dass auch Finanzämter und andere Behörden die Annahme von Bargeld nicht länger verweigern dürfen. Über der Rechtmäßigkeit der  in einigen Ländern der EU eingeführten Barzahlungsobergrenzen würde ein sehr großes Fragezeichen auftauchen. Als das würde der Kampagne zur Abschaffung des Bargelds einen schweren Rückschlag versetzen.

Noch ist nichts entschieden. Bis zur Beschlussfassung des EuGH ist das Verfahren ausgesetzt.

Die Schlüsselsätze aus der Pressemitteilung des Gerichts lauten:

„Die Entscheidung über die Revisionen der Kläger setzt die Klärung der Frage voraus, ob die Festlegung der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel in Art. 128 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV – und weiteren Vorschriften des Unionsrechts ein Verbot für öffentliche Stellen eines Mitgliedstaats enthält, die Erfüllung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht mit solchen Banknoten abzulehnen, oder das Unionsrecht Raum für Regelungen lässt, die für bestimmte hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten eine Zahlung mit Euro-Banknoten ausschließen.“

Und

„Weiter soll der EuGH klären, ob die ausschließliche Zuständigkeit, die die Union im Bereich der Währungspolitik für die Mitgliedstaaten hat, deren Währung der Euro ist (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV), einem Rechtsakt eines dieser Mitgliedstaaten entgegensteht, der eine Verpflichtung öffentlicher Stellen des Mitgliedstaats zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten vorsieht. Einen solchen Annahmezwang regelt nach der – von den Vorinstanzen abweichenden – Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind. Zur Rechtswidrigkeit des Ausschlusses der Barzahlungsmöglichkeit in der Beitragssatzung des Beklagten führt diese bundesrechtliche Regelung jedoch nur dann, wenn die ausschließliche Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik den Mitgliedstaaten noch eine Gesetzgebungskompetenz für die Bestimmung von Rechtsfolgen der Qualifizierung der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel lässt.“

Allen, die sich am Kampf für den Erahlt des Rechts auf die Nutzung von Bargeld und damit eines Rests von Privatsphäre beteiligen möchten, sei aus diesem Anlass das Mitmachen bei der #BargeldChallenge ans Herz gelegt. Knapp 70.000 Menschen haben die Seite bereits aufgerufen. Das nächste Ziel sind 100.000.

Ich danke Prometheus – Das Freiheitsinstitut für die finanzielle Unterstützung meines Gangs durch die Gerichtsinstanzen und meinem Anwalt Carlos A. Gebauer für seine hervorragende Arbeit.

Erstmals erschienen bei norberthaering.de.

Photo: Prometheus

Von Norbert Häring, Journalist.

Am Faschingsdienstag den 13. Februar hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel in zweiter Instanz über mein Begehren zu urteilen, den Rundfunkbeitrag mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zu begleichen. Das Gericht ließ sich offenbar von dem besonderen Datum zu argumentativen Bocksprüngen inspirieren. Im Folgenden die Highlights der nun zugestellten Urteilsbegründung. Rechtskundige sollten sich setzen und anschnallen, um nicht vom Stuhl zu fallen.

Der Hessische Rundfunk will mein Bargeld nicht annehmen, weil in seiner Satzung geschrieben steht, dass man nur mit Banken-Buchgeld seinen Rundfunkbeitrag begleichen kann. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte dem hr Recht gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof gibt zu Anfang (aber nur zu Anfang) immerhin noch §14 Abs 1 Satz 1 Bundesbankgesetz korrekt und vollständig wieder:

Nach Satz 2 der Vorschrift, sind auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. (Hervorhebungen durchgängig von mir).

Dann geht’s schon los:

Die letztgenannte Vorschrift dient offensichtlich der Klarstellung, dass etwa Sachwährungen (Edelsteine, Edelmetalle und dergleichen) und Wertpapiere ebenso wie auf andere Währungen als Euro lautende Banknoten (…) kein gesetzliches Zahlungsmittel sind. Dies gilt sowohl für Banknoten ausländischer Währungen ebenso wie auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland früher gültig gewesene historische Währungen (Reichsmark, Deutsche Mark, Mark der DDR etc.).

In der Interpretationsvariante „dient auch“  könnte man dem Satz ohne weiteres zustimmen, auch mit dem „offensichtlich“ darin. Argumentiert wird hier aber, ohne es ausdrücklich zu sagen, es sei offensichtlich, dass es der Vorschrift nur um die Abgrenzung gegenüber Gold, Wertpapieren oder Schecks (die später noch genannt werden) geht, nicht aber um die Abgrenzung gegenüber Giroverbindlichkeiten von Banken (Buchgeld). Nichts daran ist mir offensichtlich. Dem Bundesgerichtshof auch nicht, wie wir noch sehen werden.

Auch wenn dies gleichzeitig bedeuten mag, dass grundsätzlich jedermann Eurobanknoten als ordnungsgemäße Erfüllung einer monetären Verbindlichkeit zu akzeptieren hat, gilt dies jedenfalls nur, soweit in der jeweils zu beurteilenden Rechtsbeziehung eine Begleichung im Wege der Barzahlung vereinbart, vorgeschrieben oder nach der Verkehrssitte allgemein üblich und zu erwarten ist.

Aha. Jeder muss grundsätzlich Bargeld akzeptieren, wenn dieses entweder vereinbart ist ( wenn §14 Abs. 1 Satz 2 also unnötig ist), wenn es anderweitig vorgeschrieben ist (§14 Abs. 1 Satz 2 also wieder unnötig ist) oder wenn es nach der Verkehrssitte allgemein üblich und zu erwarten ist (§14 Abs. 1 Satz 2 also unnötig ist). Aus §14 Abs. 1 Satz 2 folgt also, dass jedermann Bargeld annehmen muss, wenn und nur wenn er es schon aus anderen Gründen muss. Helau.

Hieraus folgt sodann, dass sich der Gläubiger etwa nicht mit der Entgegennahme eines Schecks oder eines Wechsels begnügen muss, sondern auf Barzahlung mit Euro-Banknoten bestehen und auch Banknoten anderer Währung ablehnen kann.

Aha. Schecks kann man ablehnen, und auf Bargeld bestehen, wenn man vertraglich oder anderswie Barzahlung vereinbart hat. Schecks sind kein Bargeld, das wussten wir.

Dann kommt der wilde und äußerst kreative Kern der Argumentation:

So wie im Privatrechtsverkehr vertraglich eine andere Abrede getroffen werden kann (..), kann im öffentlich-rechtlichen – durch das Über-/Unterordnungsverhältnis geprägten –Bereich die Rechtsbeziehung zwischen (…) öffentlich-rechtlichen Institutionen und rechtsunterworfenen Bürgern eine Rechtsvorschrift ebenfalls anderes regeln und eine von der Barzahlung abweichende Zahlungsweise ausdrücklich vorschreiben, ohne dass hierdurch der Anwendungsbereich des §14 Abs. 1 Satz 2 BBankG tangiert wird.

Dass Private auf freiwilliger vertraglicher Basis vereinbaren können, was sie wollen, solange es nicht gegen die guten Sitten verstößt oder eine Seite unfair übervorteilt wird, ist unbestritten. Dass der Staat das gleiche dann auch vorschreiben darf, wird hier noch nicht begründet, aber schon einmal einfach so behauptet. Der Anwendungsbereich der §14 Abs. 1 Satz 2 wird nur dann nicht tangiert, wenn man diesen begründungslos (durch Behauptung von Offensichtlichkeit) entsprechend eingeschränkt hat. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte diese Einengung  im Zuge der „teleologischen Reduktion“ ausdrücklich vorgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof sagt, dieser (unzulässige) Kunstgriff der Frankfurter sei gar nicht nötig, denn er setzt die Einengung einfach als offensichtlich voraus. Und das, obwohl der Bundesgerichtshof konsistent das Gegenteil sagt. Hierfür vergisst der Kasseler Senat in der unmittelbar folgenden Passage die Zusätze „unbeschränktes“, und „gesetzliches“ vor Zahlungsmittel:

Mit dieser Auslegung wird die Regelung in §14 Abs. 1 Satz 1 BBankG auch nicht bedeutungslos, wie der Kläger (…) geltend macht, sondern behält die oben dargestellte Bedeutung der Abgrenzung zu anderen Währungen und zur Zahlung mittels Wertpapieren. Zudem bleibt die eingeführte Währung „Euro“ unangetastet, zumal auch die unbare Zahlung auf Euro lauten muss, und die Banknoten verlieren nicht ihre Eigenschaft als unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Lediglich für einen Teilbereich wird die Barzahlung ausgeschlossen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität.

Würde er diese wichtigen Zusätze nicht einfach weglassen, könnte er auch nicht so unbefangen fortfahren mit „Lediglich für einen Teilbereich wird die Barzahlung ausgeschlossen …“ An keiner Stelle in der 31-seitigen Urteilsbegründung setzt sich der Senat ausdrücklich mit der Bedeutung der Wörter „unbeschränkt“ und „gesetzlich“ in dem für das Verfahren zentralen Satz des Bundesbankgesetzes auseinander. Wäre auch gar zu unbequem in diesem Zusammenhang.

In Zusammenhang mit Artikel 128 EU-Vertrag (AEUV), der die gleiche Regelung enthält wie §14 Abs. 1 Satz 2 BBankG, kommt noch eine besonders schöne Formulierung hinzu:

Die Verwendung von Euro-Banknoten ist nur dann erforderlich, wenn in bar bezahlt wird.

Wo sie Recht haben, haben sie Recht. Helau.

Aber der Senat versucht dann auch wieder ernsthaft zu werden, mit mäßigem Erfolg:

Ein bundesgesetzliches Verbot (von) Regelungen zur bargeldlosen Zahlungsweise (…) ist §14 Abs. 1 Satz 2 nicht zu entnehmen. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass die genannte Regelung im Gesetz über die Deutsche Bundesbank enthalten ist, die im Wesentlichen Rechtsform, Aufgaben, Organisation und Zuständigkeiten der Deutschen Bundesbank regelt. Hätte der Bundesgesetzgeber mit der Bestimmung die vom Kläger postulierte weitreichende Rechtswirkung beabsichtigt gehabt, hätte es nahegelegen, die Bestimmung nicht in das bereichsspezifische Gesetz über die Deutsche Bundesbank aufzunehmen.

Das ist eine sehr sonderbare Argumentation. Im Bundesbankgesetz muss die Regelung stehen. Denn die Eigenschaften der Währung, für die die Bundesbank (heute die EZB) zuständig ist, müssen dort geregelt werden. Wenn aber dort steht, dass das Geld der Bundesbank (EZB) unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel ist, was in der juristschen Kommentierung bisher durchgängig so verstanden wurde, dass es bedeutet, dass man mit Bargeld grundsätzlich jede Zahlungsverpflichtung in Euro erfüllen kann, dann wirkt sich das überall aus, wo es um Zahlungsverpflichtungen geht. Gerade wenn die Vorschrift so allgemeingültig gemeint ist, wie es der Wortlaut nahelegt, und wie die juristischen Kommentare es verstehen, wäre es völlig unnötig und unüblich, sie in jedem Gesetz mit Bezug zu Geldschulden noch einmal zu wiederholen.

Der Senat versteht die Regelung in §14 Abs. 1 Satz 2 BBankG dahingehend, dass auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Barzahlungsmittel sind, ohne eine Regelung darüber zu treffen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Barzahlung zugelassen, vorgeschrieben oder untersagt ist.

Wo der Senat oben einfach das „gesetzlich“ und das „unbeschränkt“ weggelassen hat, neutralisiert er es hier kurzerhand durch ein „Bar“ vor „zahlungsmittel“. Bargeld ist also das einzige Barzahlungsmittel. Helau. Hier ist ganz indirekt eine Auseinandersetzung mit dem Wort unbeschränkt enthalten. Unbeschränkt sind Euro-Banknoten nur als gesetzliches Bar-Zahlungsmittel, für die Begleichung von Geldschulden, für die der Gläubiger Barzahlung zu akzeptieren wünscht oder aus anderen Gründen akzeptieren muss. In den weiteren Worten des Gerichts wird das noch einmal so ausgedrückt:

Dass bei Barzahlungen Eurobanknoten verwendet werden dürfen, und diese vom Gläubiger nicht abgelehnt werden können, mag sich durchaus u.a. aus §14 Abs 1 Satz 2 BBankG ableiten lassen. Für die hier zu entscheidende Frage, ob eine andere Zahlungsweise als Barzahlung vorgeschrieben werden kann, gibt die genannte Entscheidung jedoch nichts her.

Helau! Quizfrage: Wer kann sich eine Konstellation ausdenken, in der §14 Abs. 1 Satz 2 nötig wäre um dem Gläubiger zu erlauben, Dollarnoten, Schecks, Edelsteine oder Kartoffeln zur Bezahlung abzulehnen, wenn die Argumentation des Kasseler Senats zuträfe. Mir fällt keine ein. Ich nehme Hinweise sehr dankbar entgegen.

Dass der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Auffassung derjenigen des Bundesgerichtshof diametral widerspricht, wird an vielen Stellen deutlich, aber entweder unausgesprochen gelassen oder vernebelt. So heißt es in der Urteilsbegründung:

Dabei liegt §9 Abs. 2. Satz 1 Nr. 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags offensichtlich eine moderne Auffassung (..) zugrunde., die in einer Geldschuld eine Wertverschaffungsschuld versteht und von einer grundsätzlichen Gleichrangigkeit von Bargeld und Buchgeld ausgeht, wonach auch letzteres „Geld“ im Rechtssinne darstellt. Danach auch die Verschaffung von Buchgeld durch den Geldschuldner nicht mehr nur als eine Leistung an Erfüllungs statt im Sinne von §364 BGB verstanden, sondern in einer unbaren Zahlung lediglich eine Zahlungsmodalität gesehen und nicht die Erbringung einer anderen als der geschuldeten Leistung.

§364 BGB lautet:

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

Zu Bargeld versus Buchgeld steht da nichts. Die nach Ansicht der Kasseler Verwaltungsrichter veraltete Rechtsauffassung, dass Überweisung von Buchgeld nur „Leistung an Erfüllungs statt“ ist, stammt vom BGH, wurde von diesem nie zurückgenommen, sondern bis in die jüngere Zeit immer wieder bestätigt. Beispiele folgen im weiteren Text der Urteilsbegründung:

Zu Unrecht beruft sich der Kläger (…) auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom28. Juli 2015 (XI ZR 434/14 – BGHZ 206, 305). Das genannte Gericht hat hierbei zwar ausgeführt, das Bürgerliche Gesetzbuch gehe selbstverständlich davon aus, dass in Bezug auf Bareinzahlungen jede Geldschuld durch Barzahlung des Nennwertbetrages erfüllt werden und Gläubiger für die Entgegenahme von Bargeld keine gesonderte Vergütung verlangen können, und hierbei in einem Klammerzusatz (…) auch auf §14 Abs. 1 Satz 2 BbankG Bezug genommen. Jedoch hat sich der Bundesgerichtshof mit Inhalt und Reichweite der Regelung in §14 Abs1 Satz 2 BbankG im Einzelnen nicht auseinander gesetzt. In dem dort entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob eine Bank für eine Barabhebung eine Vergütung als Kontoführungsgebühr zu verlangen berechtigt ist oder nicht. (…)Aus diesem Grunde hat der Bundesgerichtshof die vom Kläger zitierten Ausführungen ausdrücklich „in Bezug auf Bareinzahlungen gemacht.

Im Streitfall vor dem BGH, bei dem eine Bank eine Gebühr verlangte, um Bargeld auszuzahlen, ist die Bank eine Schuldnerin, die von dem Bankkunden (dem Gläubiger) eine Vergütung dafür verlangt, dass sie ihre Schuld (durch Rückzahlung ihrer täglich kündbaren Giroverbindlichkeiten) begleicht. Im sinngemäß wiedergegebenen Zitat des BGH wird jedoch eine umgekehrte Konstellation angesprochen, in der der Gläubiger eine Vergütung für die Entgegennahme von Bargeld verlangt. Diese Konstellation ist nahe an meinem Fall. Das zeigt, dass die Formulierung „Bareinzahlungen“ hier nicht auf den zu verhandelnden konkreten Fall einer Barauszahlung durch die Bank bezogen ist, sondern allgemein auf die Einzahlung von Bargeld beim Gläubiger, sei das nun in die Kasse einer Bank, eines Wasserwerks oder wessen auch immer.

Zum Abschluss jetzt der größte Klopper, eine Argumentationsführung, mit der kein Jurastudent eine Chance hätte, die Prüfung zur Einführungsveranstaltung in das Öffentliche Recht zu bestehen.

Bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1983 hatte der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, eine Geldschuld könne jedenfalls dann auch durch Zahlung von Buchgeld statt Bargeld erfüllt werden, wenn die Parteien dies – gegebenenfalls auch stillschweigend – vereinbart haben (BGH, Urteil vom 25 März 1983- V ZR 168/81 – BGHZ 87, 156, juris RN 21). Auch hieraus wird deutlich, dass die Wahl der Zahlungsart, jedenfalls für die Vertragsparteien disponibel ist und nicht stets eine Erfüllung einer Geldschuld nur im Wege der Barzahlung zulässig ist.

Bis hierher bestreitet das keiner, aber jetzt kommt der Klopper:

Übertragen auf das öffentliche Hoheitsprinzip, das nicht durch eine Gleichrangigkeit der Vertragsparteien und entsprechende Vertragsverhandlungen gekennzeichnet ist, sondern durch ein Über-/Unterordnungsverhältnis, bedeutet dies, dass auch durch Rechtsvorschrift andere Regelungen getroffen werden können, die eine bargeldlose Übermittlung vorschreiben und eine Barzahlung ausschließen.

Mit gleicher salopper Begründung schließt der Senat aus dem von uns zum Beleg unserer Auffassung angeführten BGH Urteil vom 20. Mai 2010, in dem der BGH befunden hatte Geldschulden seien grundsätzlich durch Barzahlung zu erfüllen, aber Tilgung durch Banküberweisung sei zulässig, wenn die Parteien das vereinbart hätten, das könne dann auch der Staat durch Rechtsvorschrift so regeln. Es ging um eine Fluggesellschaft, die kein Bargeld annahm und das zuvor deutlich kundgetan hatte.

Liebes Gericht, zum Mitschreiben und Lernen, als kleiner Nachhilfeservice von mir als Dreiviertellaien: Grundprinzip des Privatrechts ist, dass alles erlaubt ist, was nicht verboten ist, und insbesondere, dass zwei Parteien auf freiwilliger Basis vereinbaren können, was sie möchten. Grundprinzip des öffentlichen Rechts ist, dass der Staat vom Bürger nur etwas verlangen und ihm eine Handlung verbieten darf, wenn er ausdrücklich durch Gesetz, dem die Volksvertretung zugestimmt hat, dazu ermächtigt worden ist. Daraus, dass Private etwas vereinbaren dürften, folgt nicht und niemals, dass der Staat den Bürgern dieses vorschreiben darf. Ich kann vertraglich mit meinem Nachbarn vereinbaren, dass ich für 9 Euro die Stunde seine Toiletten putze. Daraus folgt ganz sicher nicht, dass der Staat mich verpflichten kann, für 9 Euro die Stunde öffentliche Toiletten zu reinigen.

Im Ernst. Allein schon die Tatsache, dass es diese Urteile des BGH gibt – immerhin ein oberstes Bundesgericht- zeigt, dass die Argumentation der Kasseler falsch ist, aus dem Status von Euro-Banknoten unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel folge offensichtlich keine Verpflichtung, Euro-Banknoten zur Bezahlung anzunehmen. Der BGH geht offensichtlich, ja sogar erklärter Maßen, von dem Grundsatz aus, dass jeder Gläubiger Euro-Banknoten unbegrenzt annehmen muss, wenn nicht auf freiwilliger Basis etwas anderes vereinbart ist. Andernfalls hätte er im Fall der Fluggesellschaft den Kunden mit der Begründung abgewiesen, aus dem Bundesbankgesetz erwachse ihm kein Recht auf Barzahlung. Der BGH hat aber dieses Recht grundstätzlich bejaht und geurteilt, der Kunde habe durch Vertragsabschluss mit der Fluggesellschaft wissentlich und freiwillig auf dieses Recht verzichtet.  Es gibt also für den BGH eine Bindungswirkung von §14 BBankG. Es ist ziemlich frech von den Kasseler Verwaltungsrichtern, hinzuschreiben, dass das offensichtlicher Quatsch sei, was der BGH meint. Das hätten sie dann wenigstens mit offenem Visier tun sollen und es klar aussprechen.

Doch zum versöhnlichen Abschluss kommt ein Satz, der zwar auch wieder allem zuvor Geschriebenen widerspricht, dem Gerede von der Offensichtlichkeit ebenso wie der Begründung, warum man die offenbar ungeklärte Frage, was gesetzliches Zahlungsmittel bedeutet, nicht dem Europäischen Gerichtshof vorlegt:

Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Das Bundesverwaltungsgericht muss sich also mit unserer Revision befassen. Dabei wird dann das Gesetz bindend, das den obersten Bundesgerichten der verschiedenen Instanzenzüge aufträgt, zu einer gemeinsamen Rechtsprechung zu kommen. Die durchgängige Rechtsprechung des BGH, dass nur Bargeld richtiges Geld ist, muss also entweder offiziell zu Grabe getragen oder fortan auch von Verwaltungsgerichten beachtet werden, die sich um die Praktikabilität in „Massenverfahren“ sorgen. Diese Sorge müssten sie dann vielleicht dem (europäischen) Gesetzgeber überlassen. Die Sache geht einer grundsätzlichen Klärung entgegen. Dies ist eine Operation am Herzen der Geldordnung, wie mein Anwalt Carlos A. Gebauer treffend zu sagen pflegt.
(Änderungshinweis: Im letzten Satz Währungsverfassung in Geldordnung geändert.)

Zuerst erschienen auf dem Blog von Norbert Häring.

Photo: jouwatch from Flickr (CC BY-SA 2.0).

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Weltweit sind Regierungen bemüht, die Bargeldnutzung ihrer Bürger einzuschränken. So gelten in den meisten europäischen Ländern bereits Obergrenzen für die Verwendung von Bargeld zu Zahlungszwecken. Auch die Bundesregierung erwägt, den Bürgern zukünftig zu verbieten, Rechnungen über 5.000 Euro in bar zu begleichen. Befürworter sehen in der Einschränkung der Bargeldnutzung eine wirkungsvolle Maßnahme zur Kriminalitätsbekämpfung. Kritiker befürchten dagegen langfristig ein generelles Bargeldverbot, da Regierungen die elektronischen Zahlungstransaktionen der Bürger besser nachvollziehen können und diese ihr elektronisch bei Banken gehaltenes Geld vor Negativzinsen und Bail-Ins nicht mehr durch Bargeldhaltung in Sicherheit bringen können. Dass die Befürchtung eines Bargeldverbots nicht unbegründet ist, illustrieren Äußerungen prominenter Vertreter aus Politik, Wissenschaft und einflussreichen Interessengruppen.

Empirische Studien legen nahe, dass die Einschränkung der Bargeldnutzung tatsächlich kriminalitätsmindernd wirkt – sowohl im Fall einfacher Straßenkriminalität als auch bei organisierter Kriminalität. Derartiger Nutzen allein rechtfertigt jedoch kein generelles Bargeldverbot. Denn der Verlust der Vorteile von Bargeld würde Kosten verursachen: Bargeld bietet Schutz vor unerwünschten Eingriffen in die Privatsphäre, vor Bail-Ins im Rahmen von Bankenrettungen und vor finanzieller Repression durch eine negative Verzinsung von Vermögenswerten. Kriminalität sollte deshalb durch den Einsatz alternativer Maßnahmen bekämpft werden, die ohne das Risiko einer Einschränkung der Privatsphäre und zunehmender finanzieller Repression auskommen.

Droht ein Bargeldverbot?

Die westlichen Industrieländer sind heterogen bezüglich der Rolle, die Bargeld im alltäglichen und geschäftlichen Leben spielt. Paradebeispiel für eine nahezu bargeldlose Gesellschaft ist Schweden, wo ein Mix aus Förderung innovativer elektronischer Zahlungspraktiken, staatlicher Verbote und gesellschaftlicher Trends das Bargeld fast vollständig aus dem Umlauf getrieben hat. In Deutschland wird dagegen traditionell viel Bargeld genutzt, wenngleich auch hier die Akzeptanz elektronischer Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel steigt.

Obergrenzen für die Begleichung von Rechnungen sind mittlerweile in vielen europäischen Ländern gesetzlich vorgeschrieben. Die Grenzen reichen dabei von 1.000 Euro (Italien und Portugal) bis 15.000 Euro (Polen und Kroatien). In Deutschland dürfen Bürger unbegrenzt bar bezahlen, doch Finanzminister Schäuble plant ebenfalls eine Obergrenze von 5.000 Euro. Im Krisenstaat Zypern durften Bürger zeitweise täglich maximal 100 Euro von ihren Konten abheben. Die EZB beschloss im Mai 2016 die Abschaffung des 500 Euro Scheins.

Trotz heterogener Ausgangslagen scheinen die westlichen Industrieländer einem gemeinsamen Trend zu unterliegen: Der Gesetzgeber schränkt den Gebrauch des gesetzlichen Zahlungsmittels in bar zunehmend ein.

Bargeld und Kleinkriminalität: Mehr Cash, mehr Kriminalität

Vertreter aus Politik und Justiz versprechen sich von der Einschränkung der Bargeldnutzung einen Rückgang der Straßenkriminalität. So lautet ein beliebter Slogan in Schweden: „Bargeld braucht nur noch deine Oma – und der Bankräuber“. Empirische Studien stützen die Vermutung: So hat die Umstellung auf elektronisch ausgezahlte Sozialleistungen in Missouri die Kriminalitätsrate in vornehmlich von Sozialhilfeempfängern bewohnten Nachbarschaften um etwa 10% gesenkt. Eine Studie auf Basis von 49 Ländern findet, dass eine höhere Verbreitung elektronischer Zahlungsmöglichkeiten die Kriminalitätsrate deutlich reduziert. Frühere Studien zeigen, dass höhere Kriminalitätsraten dazu führen, dass Bürger ihre Nachfrage nach Bargeld reduzieren – vermutlich, weil sie elektronische Zahlungsmittel für sicherer halten.

Wenngleich die Vermutung, dass bargeldlosere Gesellschaften weniger Straßenkriminalität erleben, empirisch gestützt wird, entfällt der Effekt hauptsächlich auf solche Verbrechen, die in direktem Zusammenhang mit Bargeld stehen, etwa Raub und Diebstahl. Bei nur indirekt mit Bargeld in Zusammenhang stehenden Verbrechen wie Mord oder Drogenverkauf kann dagegen kein signifikant kriminalitätsmindernder Effekt gemessen werden.

Bargeld und Schattenwirtschaft: Gemischte Evidenz

Über die Bekämpfung der Straßenkriminalität hinaus versprechen sich Befürworter der Bargeldeinschränkung einen Rückgang organsierterer Formen der Kriminalität, da sie vermuten, dass die Schattenwirtschaft von der Verfügbarkeit von Bargeld abhängig ist. Expertenmeinungen über die Wirksamkeit der Bargeldeinschränkung zwecks Bekämpfung organisierter Kriminalität gehen jedoch auseinander, rigorose empirische Studien existieren nicht.

Der Bankenexperte Peter Sands empfiehlt die Abschaffung hochdenominierter Banknoten, etwa der 200€-Note, da diese vornehmlich zu kriminellen Zwecken verwendet würden, gesetzestreuen Bürgern dagegen kaum Vorteile brächten. Eine von MasterCard und EY in Auftrag gegebene Studie schätzt die Auswirkung verschiedener Maßnahmen zur Bargeldeinschränkung auf die Schattenwirtschaft und findet, dass Obergrenzen für die Bargeldzahlung das Schattenmarktvolumen deutlich senken können. Die Cost of Cash-Studie schätzt, dass durch Einschränkung bzw. Verbot der Bargeldnutzung der Gesamtumsatz durch Drogenhandel, illegales Glücksspiel, Menschenhandel und Wirtschaftskriminalität in Deutschland um mehrere Milliarden Euro reduziert werden könnte.

Der Schattenwirtschaftsexperte Friedrich Schneider erwartet dagegen, dass ein Bargeldverbot in Deutschland das Schattenwirtschaftsvolumen um nur 1% verringern würde, da sowohl organisierte Kriminalität als auch Terrorismus kaum noch von Bargeldnutzung profitieren.

Die Korrelation zwischen Bargeldnutzung und dem Schattenwirtschaftsvolumen in verschiedenen Ländern ist schwach. In Ländern mit einem hohen Anteil der Schattenwirtschaft am BIP (Griechenland, Italien, Spanien, Portugal) finden relativ wenige elektronische Zahlungstransaktionen pro Kopf statt. Unter den Ländern mit geringerem Schattenwirtschaftsanteil finden sich sowohl solche mit wenig elektronischen Zahlungstransaktionen pro Kopf (Japan, Irland, deutschsprachige Länder), als auch solche mit vielen elektronischen Zahlungstransaktionen pro Kopf (angelsächsische Länder, Niederlande).

 

 

Bargeld hat Vorteile für Bürger

Wenngleich empirische Studien darauf hindeuten, dass die Einschränkung des Bargeldverkehrs kriminalitätsmindernd wirkt, dürfen die potenziell hohen Kosten solcher Maßnahmen nicht ignoriert werden. Allen Innovationen im Bereich elektronischer Zahlungssysteme zum Trotz hat die Verfügbarkeit von Bargeld für die Bürger weiterhin bedeutenden Nutzen.

Konventionelle wie innovative elektronische Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel bieten im Vergleich zu Bargeld nur geringen Schutz vor einer Aushöhlung des Datenschutzes durch den Staat, da elektronische Zahlungsvorgänge in der Regel zentral und digital gespeichert werden und somit leicht nachvollzogen werden können. Ein leichter Nachvollzug krimineller Transaktionen ist wünschenswert – der finanziell gläserne Bürger ist es nicht.

Auch vor finanzieller Repression bietet Bargeld Schutz. In Zeiten hoher Schuldenberge ist der Anreiz für Notenbanken groß, Zinssätze nahe oder unter null zu drücken. Negativzinsen können Bürger aber entgehen, solange sie elektronische Guthaben unbegrenzt in Bargeld umwandeln können. Selbiges gilt für Vermögensteuern, Kapitalkontrollen und die Beteiligung von Einlegern an Bankenrettungen – diesen kann schwerlich ausgewichen werden, wenn die Umwandlung von Sichtguthaben in Bargeld unterbunden wird.

Alternative Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung nutzen

Angesichts der für die Bürger hohen Risiken der Bargeldeinschränkung können derartige Maßnahmen nicht mit Hinweis auf die kriminalitätsmindernde Wirkung gerechtfertigt werden. Allenfalls lassen sich punktuelle Reformen wie die erwähnte Umstellung auf elektronisch ausgezahlte Sozialleistungen in Missouri begründen.

Dem Staat stehen viele andere Möglichkeiten der Kriminalitätsbekämpfung zur Verfügung, die weder den Datenschutz aushöhlen, noch den Bürger weiterer finanzieller Repression ausliefern. Dazu gehören die Legalisierung opferloser Verbrechen und die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für die staatliche oder private Sicherheitsproduktion.

Erstmals erschienen auf IREF.

Photo: Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Von Norbert Häring, Journalist.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat entschieden, dass die Rundfunkanstalten nicht verpflichtet sind, das gesetzliche Zahlungsmittel zur Begleichung des Rundfunkbeitrags anzunehmen. Die Urteilsbegründung ist nach meiner laienhaften und unmaßgeblichen Ansicht ein schlechter Witz. An Bundesgesetze und das EU-Recht müssen sie sich nicht halten, wenn ihnen das lästig wäre, meint das Gericht. Berufung ist zugelassen!

Sie mögen geneigt sein, mich für einen schlechten Verlierer zu halten. Aber einerseits ist ja noch nichts verloren, sondern ein höherrangiges Gericht, der Hessische Verwaltungsgerichtshof, darf entscheiden. Zum Anderen möchte ich Ihnen die Möglichkeit geben,sich selbst ein Bild von der sonderbaren Urteilsbegründung der aus drei Berufsrichtern und zwei Laien bestehenden Kammer zu bilden.

„Der Beklagte ist nicht verpflichtet, Barzahlungen des Klägers zur Tildung seiner Rundfunkbeitragsschuld anzunehmen. Er befindet sich daher nicht in Annahmeverzug.“ So lautet das Urteil. Dem „steht auch nicht der wegen Art 31 GG vorrangige §14 Abs. 1 S. 2 BbankG entgegen. Nach (diesem) sind auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte Zahlungsmittel.“

Das Schlüsseladjektiv „gesetzliche“ im Gesetzestext wird weggelassen. Es ist zentral für die Unterscheidung zwischen dem Zahlungsmittel Giroguthaben bei Banken und dem einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel Banknoten. Giroguthaben sind ein Versprechen auf Auszahlung des gesetzlichen Zahlungsmittels. Der vom Gericht erwähnte Artikel 31 GG begründet den für unsere Argumentation zentralen Grundsatz, dass Bundesrecht entgegenstehendes Landesrecht bricht.

Dann kommt eine erste wichtige Erkenntnis. Es ist nach Ansicht eines deutschen Verwaltungsgerichts unklar, ob – wie Bundesbank und EU-Kommission meinen – ein grundsätzlicher Annahmezwang bezüglich des gesetzlichen Zahlungsmittels besteht.

Es kann offen bleiben, ob daraus – wie der Kläger meint – einfachgesetzlich bzw. unionssekundärrechtlich als geldpolitische Regelung eine grundsätzlich jedermann – und auch öffentliche Stellen – treffende Obliegenheit folgt, auf Euro lautende Banknoten zur Begleichung einer Schuld in bar anzunehmen, mit der Folge, dass andernfalls Gläubigerverzug eintritt. Alternativ kommt – wou die Kammer neigt – in Betracht, dass §14 Abs 1 S. 2 BbankG (…) lediglich die währungspolitische Aussage des §14 Abs 1 S. 1 BbankG verdeutlich, dass ausschließlich die Bundesbank das Recht zur Ausgabe von Euro-Banknoten hat.

In diesem Absatz vermute ich den Grund, warum es einen Monat dauerte, bis das Urteil ausgefertigt und zugestellt wurde. Die Richter wurden sich offenbar nicht einig, was aus §14 Abs 1. S. 1 Bundesbankgesetz folgt, und ließen diese zentrale Frage daher offen. Und jetzt kommt der schlechte Witz: Offen kann das bleiben, weil:

Denn der Anwendungsbereich des §14 Abs. 1 S 2 BbankG ist jedenfalls dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass in Massenverfahren im Abgabenrecht eine unbedingte Verpflichtung zur Annahme von Bargeld seitens des Abgabengläubigers nicht besteht. Eine Kollision mit höherrangigem Bundesrecht liegt daher im Fall des §10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung nicht vor.

In Laiensprache übersetzt: Würde das Bundesbankgesetz einen Annahmezwang begründen, würde der nur dann gelten, wenn es für die verpflichtete öffentliche Stelle nicht lästig wäre. Weil der Bundesgesetzgeber das zwar nirgends formuliert, aber mitgedacht habe, trete auch das Problem nicht auf, dass der Landesgesetzgeber (bei der Rundfunkgesetzgebung handelt es sich um Landesrecht) und die Rundfunkanstalten keine Befugnis haben, den Regelungsgehalt von Bundesgesetzen einzuschränken oder Regelungen zu erlassen, die Bundesgesetzen widersprechen. Das Gericht meint also, wenn sich Gesetze im Lauf der Zeit als unpraktisch für Behörden erweisen, müssen sie nicht geändert werden. Man geht einfach davon auf, dass der Gesetzgeber schon so gewollt hätte, das die Regelung ignoriert wird, wenn sie sich als unpraktisch erweist. Das liest sich dann in der Urteilsbegründung weiter so: „Bei Massenverfahren im Abgabenrecht – und hierzu ist das Recht der Rundfunkbeiträge zu zählen – ist es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität angezeigt, einen rein unbaren Zahlungsverkehr zuzulassen.“

Es gibt keinen Verweis auf irgendein Urteil oder einen Gesetzeskommentar, der diese originelle Rechtsauffassung stützen würde, stattdessen die gut versteckte Einräumung:

Auch der Vergleich zu den zugestandenermaßen auf derselben Normebene eines Bundesgesetzes stehenden – steuerrechtlichen Vorschriften der §224 Abs 3 S. 1 AO (Abgabenordnung) (…) zeigt, dass in solchen abgabenrechtlichen Massenverfahren Ausnahmen von der auch baren Zahlungsmöglichkeit möglich sind und auch erforderlich sein können.

Es steht nicht in Zweifel, dass der Bundesgesetzgeber Bundesgesetze ändern und einschränken darf. Bestritten wird von uns, dass der Landesgesetzgeber das darf. Das Gericht räumt mit dem „zugestandenermaßen“ ein, dass ihm das bewusst ist, macht dann aber weiter, als wäre nichts gewesen. Es kommt nichts mehr, was das „zugestandenermaßen“ wieder aufnehmen und begründen würde, warum ein solches Recht auch Landesgesetzgebern zustehen sollte.

Ganz abgesehen davon wird die Vorschrift der Abgabenordnung verengt angeführt. Sie erlaubt den Finanzämtern nur unter der Bedingung die Kassen für Barzahlungen zu schließen, dass Kreditinstitute am Ort ermächtigt werden, Barzahlungen „gegen Quittung“ für das Finanzamt anzunehmen. „Gegen Quittung“ bedeutet, dass Bank zur Erfüllungsgehilfin des Finanzamts wird, und die Schuld mit Einzahlung bei der Bank erloschen ist. Das ist bei der Barüberweisungsmöglichkeit, auf die die Rundfunkanstalten verweisen, dezidiert nicht der Fall. Die Schuld ist erst beglichen, wenn das Geld nachweislich auf dem Konto der Rundfunkanstalt eingegangen ist. Gegen die verbreitete Praxis der Finanzämter, die Kassen zu schlissen, ohne der ausdrücklichen Verpflichtung durch die Abgabenordnung Genüge zu tun, dafür mindestens ein Kreditinstitut am Ort zur Ausstellung einer Quittung zu ermächtigen, ist mindestens ein Verfahren anhängig.

Aber mit solchen Feinheiten hält sich das Gericht nicht auf, sondern zeigt noch einmal den exzessiv praktikabilitätsorientierten Geist des Urteils, indem es darauf verweist, dass die Landesgesetzgeber ja auf Verwaltungsvereinfachung abzielten, und da könne man sie doch nicht an Bundesgesetze binden, die der Verwaltungsvereinfachung entgegenstehen:

Die Einführung des Rundfunkbeitrags anstelle der Rundfunkgebühr bezweckte gerade die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens. Im Rahmen des stark typisierenden Rundfunkbeitragsrechts stünde es in diesem Zusammenhang außer Verhältnis, den Rundfunkanstalten aufzugeben, eigens für einzelne Beitragspflichtige derzeit nicht bestehende Barzahlungskassen einzuführen.

Was die Hinterlegung des geschuldeten Beitrags beim Amtsgericht angeht, urteilte das Verwaltungsgericht nicht, das diese Frage erst bei einer etwaigen Vollstreckungsabwehrklage zu behandeln wäre. Es machte aber deutlich, dass es die Hinterlegung wegen fehlenden Annahmeverzugs für unrechtmäßig hält.

Aktenzeichen: 1 K2903/15.F
Kurzfassung des Urteils

Erstmals erschienen auf dem Blog von Norbert Häring.

Photo: Orin Zebest from Flickr (CC BY 2.0)

Am Montag wird vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt die mündliche Verhandlung des Streitverfahrens zwischen dem Journalisten Norbert Häring und dem Hessischen Rundfunk verhandelt. Wir finanzieren diese Klage auch mit ihrer finanziellen Unterstützung. Dafür herzlichen Dank und lassen Sie darin bitte nicht nach!

Im Verfahren geht es um die Frage, ob der Hessische Rundfunk in seiner Satzung die Barzahlung des Rundfunkbeitrages ausschließen darf. Diese Frage ist aus unterschiedlichen Blickwinkeln von Bedeutung. Immerhin haben die Sendeanstalten von ARD und ZDF einen öffentlich-rechtlichen Status, der auf Landesrecht beruht. Der Euro basiert auf Bundes- und Europarecht. In Paragraph 14, Absatz 1, Satz 2 des Bundesbankgesetzes heißt es dazu: „Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.“ Die Banknote ist der Geldschein in unserem Portemonnaie. Eine Banknote ist nicht alles Geld, das im Umlauf ist, also zum Beispiel nicht das Geld, das auf unseren Konten als so genanntes Giralgeld liegt und das dann überwiesen oder per Lastschrift eingezogen werden kann.

Kann also eine auf Landesrecht beruhende Rundfunkanstalt von ihren Zwangszahlern verlangen, dass diese ihren Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 Euro unbar bezahlen müssen, obwohl das übergeordnete Bundesrecht etwas anderes vorsieht? Wir meinen, dass das nicht möglich ist. Bundesrecht schlägt Landesrecht.

Es ist aber auch noch aus einem anderen Grund von Bedeutung. Das Bargeld und sein Gebrauch werden immer stärker diskriminiert. Es ist ein allgemeiner Trend, der im Zuge der Finanzkrise in der Wissenschaft, den Notenbanken und Finanzministerien an Popularität gewinnt. Die Verschuldung nicht nur im Euro-Club nimmt enorm zu. Die Zinsvernichtungspolitik der EZB und anderer Notenbanken läßt die Höhe für die Schuldner erträglich erscheinen, enteignet aber die Sparer und belastet die Unternehmen. Die Reaktion der Geldhalter ist ein verstärktes Horten von Bargeld. Wenn es auf der Bank durch Negativzinsen immer weniger wert wird, ist es vielfach besser, es unter das Kopfkissen oder in den Tresor zu legen. Das Horten von Geld läuft der Strategie der Notenbanken entgegen, die Geldhalter durch Negativzinsen an der Überschuldung von Staaten und Banken zu beteiligen. Deshalb muss das Bargeld immer weiter diskriminiert und eingeschränkt werden. Bargeldhöchstgrenzen werden bald europaweit eingeführt, der 500-Euro-Schein läuft demnächst aus und staatliche Leistungen können immer öfter nur noch unbar entrichtet werden. Die Bargeldeinschränkung wird mit der Verbrechensbekämpfung begründet. Geldwäsche und die Bekämpfung der Schwarzarbeit dienen als Hilfsargument. Sie sind aber nur vorgeschoben, sagt selbst die Deutsche Bundesbank.

Vielleicht trägt eine mögliche positive Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frankfurt dazu bei, dass für eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland der Boden bereitet wird. Das ist dringend notwendig. Wir haben mit über 8 Milliarden Euro Beitragseinnahmen den teuersten öffentlichen Rundfunk der Welt. Über 80 Radio- und Fernsehprogramme werden damit finanziert. Immer weniger junge Menschen schauen ARD und ZDF. Mondgehälter für Moderatoren, Megapensionen für Intendanten und fehlende Kontrollmöglichkeiten durch die Beitragszahler führen inzwischen zu einer breiten gesellschaftlichen Ablehnungsfront gegen die Öffentlich-Rechtlichen. Allein in 2014 befanden sich über 4,5 Millionen Beitragszahler im Mahnstatus des so genannten Beitragsservice von ARD und ZDF und 900.000 Vollstreckungsersuchen bei Städten und Gemeinden wurden von ARD und ZDF veranlasst, um Beitragsforderungen einzutreiben. So viel Ablehnung gab es noch nie.

Eine innere Reform kann nicht von ARD und ZDF erwartet werden. Die Frösche legen ihren Teich nicht selbst trocken. Daher ist der kommende Montag von Bedeutung. Wenn das Verbot der Barzahlung in der Satzung des Hessischen Rundfunks gegen Bundesrecht verstößt, dann ist vielleicht auch die Satzung in Gänze nichtig und es käme etwas Gewaltiges ins Rollen…