Photo: David Holt from Flickr (CC BY-SA 2.0).

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

In den vergangenen Jahren kamen viele Zuwanderer nach Deutschland, darunter allein 1,2 Millionen Asylsuchende in den Jahren 2015 und 2016. Eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt ist erstrebenswert – aufgrund des niedrigen Qualifikationsniveaus der meisten Zuwanderer ist das jedoch kein leichtes Unterfangen.

Die Bundesregierung gibt sich optimistisch und verweist auf jüngste Reformen. Doch neue Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lassen vermuten, dass die in den letzten Jahren zugewanderten Flüchtlinge trotz Reformen und außergewöhnlich günstiger Arbeitsmarktlage eine noch schleppendere Arbeitsmarktkarriere erleben werden als frühere Flüchtlinge. Rosige Aussichten sind das nicht: Frühere Flüchtlingskohorten erreichten erst nach 15 Jahren eine Beschäftigungsquote von 70%, was der Beschäftigungsquote regulärer Zuwanderer in Deutschland nach 5 Jahren entsprach.

Die Bundesregierung sollte die niedrigen Beschäftigungsquoten der in den letzten Jahren zugereisten Flüchtlinge als Warnsignal sehen. Gelingt es nicht, die Arbeitsmarktintegration deutlich zu beschleunigen, kommen hohe Kosten auf die Steuerzahler zu. Um die Erwerbsquote der Flüchtlinge zügig zu heben, bietet es sich an, den Kündigungsschutz und den Mindestlohn mindestens für Flüchtlinge auszusetzen, den Regelbedarf für ALG II beziehende Flüchtlinge um 30% zu kürzen und Freibeträge beim Bezug von ALG II für alle Empfänger auszuweiten.

Arbeitsmarktintegration verläuft gewohnt schleppend

Eine neue Studie des IAB zeigt: Die Arbeitsmarktintegration der in den letzten Jahren zugewanderten Menschen aus den wichtigsten Asylherkunftsländern – Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria Pakistan, Somalia und Syrien – läuft nur schleppend an. Aufgeschlüsselt nach dem Einreisejahr konnte das IAB auf Basis einer repräsentativen Stichprobe die Erwerbstätigenquote – also den Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung an der erwerbsfähigen Bevölkerung (im Alter von 18 bis 64) -berechnen. Berücksichtigt werden sowohl geringfügige, Teil- und Vollzeit- als auch selbstständige Beschäftigung sowie betriebliche Praktika. Die Ergebnisse sind recht ernüchternd:

Die Erwerbstätigenquote unter den 2016 eingereisten Flüchtlingen lag Ende 2016 bei 6,2 %. 2015 eingereiste Flüchtlinge erreichten zum selben Zeitpunkt eine Quote von 9,9 %. Bei Flüchtlingen aus dem Jahre 2014 lag sie bei 22,2 % und von den erwerbsfähigen Flüchtlingen aus 2013 waren 30,8 % beschäftigt. Werden Praktika und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nicht berücksichtigt, sinkt die Erwerbstätigenquote für alle Kohorten deutlich. 2013 eingereiste Flüchtlinge kommen dann auf eine Quote von 20,8 %.

 

 

Die neu zugewanderten Flüchtlinge fassen damit noch langsamer Fuß auf dem Arbeitsmarkt als frühere Flüchtlingskohorten. Zogen früher zugezogene Flüchtlinge nach 15 Jahren mit schneller integrierten, regulär eingewanderten Migranten gleich und erreichten eine Erwerbstätigenquote von 70%, so steht zu erwarten, dass die in den letzten Jahren zugezogenen Flüchtlinge dafür noch länger brauchen werden.

Zum Vergleich: Die Erwerbstätigenquote aller in Deutschland lebenden Personen zwischen 20 und 64 Jahren liegt bei 78 %.

Ausland macht ähnliche Erfahrungen

Ein Blick ins europäische Ausland zeigt, dass es in mit Deutschland vergleichbaren Staaten ähnliche Probleme bei der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen gibt. Die Erwerbstätigenquote von Flüchtlingen, die vor bis zu vier Jahren eingewandert sind, liegt im EU-Durchschnitt bei nur 27%. In der Gruppe der vor fünf bis neun Jahren Eingereisten liegt die Quote bei 39 %. Flüchtlinge, die seit 10 bis 14 Jahren im jeweiligen Land leben, erreichen eine Quote von 56 %. Migranten, die aus anderen Gründen eingereist sind, erreichen im EU-Durchschnitt deutlich früher höhere Erwerbstätigenquoten.

Eine wachsende Zahl von Länderstudien, etwa für die Schweiz oder Schweden, bestätigt den Befund. In den USA lebende Flüchtlinge erreichen dagegen deutlich schneller eine mit Inländern und regulären Migranten vergleichbare Erwerbsquote. Die beobachtbare Eingliederung in den US-Arbeitsmarkt suggeriert, dass die Arbeitsmarktintegration nicht so schleppend wie in Deutschland und anderen europäischen Ländern laufen muss.

Bisherige Arbeitsmarktreformen reichen nicht

Flüchtlinge weisen im Vergleich zu ähnlich qualifizierten und demografisch zusammengesetzten Arbeitsmigranten systematisch geringere Arbeitsmarkterfolge auf. Das deutet darauf hin, dass sie sich hinsichtlich weiterer Eigenschaften mit Folgen für ihre Beschäftigung von regulären Migranten unterscheiden.

Einige Hürden für den Arbeitseinstieg für Flüchtlinge wurden in Deutschland in den letzten Jahren abgebaut, darunter das temporäre Arbeitsverbot und die Vorrangprüfung. Andere Hürden bestehen fort, so etwa die Unsicherheit über den zukünftigen Aufenthaltsstatus vieler Flüchtlinge, der ein Investment in ihr Humankapital für Arbeitgeber unattraktiv macht. Neue Hürden kamen dazu, wie der Mindestlohn im Januar 2015.

Wenngleich die jüngsten barriereabbauenden Reformen der Bundesregierung begrüßenswert sind, legt die anhaltend niedrige Erwerbstätigenquote unter neu zugereisten Flüchtlingen nahe, dass deren Effekt gering ausfiel.

Glücklicherweise stehen dem Gesetzgeber weitere Mittel zur Verfügung, die geeignet sind, die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen zu beschleunigen – ohne den Einstieg in dauerhaft kostspielige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu riskieren.

Kündigungsschutz und Mindestlohn aussetzen

Als bedeutendste Hürde für niedrigqualifizierte und sprachlich-kulturell kaum integrierte Flüchtlinge erweisen sich hohe Lohnkosten, die sich durch vorgeschriebene implizite Lohnbestandteile wie den Kündigungsschutz erhöhen.

Die Aussetzung des Kündigungsschutzes für Flüchtlinge würde die mit ihrer Einstellung verbundenen Risiken reduzieren, die Kosten für den Arbeitgeber senken und so eine Beschäftigung attraktiver machen.

Selbst wenn beidseitig lohnende Arbeitsbedingungen gefunden werden, kann der allgemeine Mindestlohn deren Zustandekommen verhindern, solange der ausgehandelte Bruttostundenlohn unter 8,84 € liegt. Die selektive Aussetzung des Mindestlohns könnte folglich genutzt werden, um die Beschäftigungsquote von Flüchtlingen anzuheben.

Auch einheimische Niedrigqualifizierte leiden unter hohen Lohnkosten und könnten von der Aussetzung des Kündigungsschutzes und des Mindestlohns profitieren. Angesichts der starken politischen Lobby für diese Arbeitsmarktregulierungen, erscheint deren selektive Aussetzung für Flüchtlinge jedoch der politisch realistischere Weg zu sein.

ALG II: Regelsatz kürzen, Hinzuverdienst erleichtern

Die Öffnung des Niedriglohnsektors für Flüchtlinge entfaltet vor allem dann eine beschäftigungs- und integrationsfördernde Wirkung, wenn sich niedrigentlohnte Arbeit relativ zum Bezug von Sozialleistungen lohnt. Derzeit liegt das nach Abzug von Mietkosten verfügbare Monatseinkommen eines zum Mindestlohn beschäftigen Vollzeitarbeitnehmers nur etwa 300 € über den ALG II-Leistungen – das entspricht einem Mehreinkommen von unter 2 € pro Stunde. Bei den für viele Flüchtlinge realistischeren Stundenlöhnen unter 8,84 € schrumpft der Abstand zum durch ALG II erreichbaren Einkommen weiter.

Der Gesetzgeber sieht die Kürzung des Arbeitslosengeldes vor, wenn sich der Bezieher nicht angemessen um einen Arbeitsplatz bemüht – i.d.R. um zunächst 30%, also auf ca. 286 € monatlich für einen erwachsenen Alleinstehenden. Um den Anreiz zur Arbeitsaufnahme zu fördern, könnte der an Flüchtlinge ausgezahlten ALG II-Satz pauschal um 30 % gemindert werden. Die Ungleichbehandlung gegenüber einheimischen Beziehern ist in Hinblick auf den besonderen Aufenthaltsstatus von Flüchtlingen vertretbar.

Unabhängig von einer Kürzung des Regelsatzes bieten sich langsamer abschmelzende Freibeträge für ALG II-Empfänger an. Werden Arbeitseinkommen nur teilweise auf Sozialleistungen angerechnet, wird auch bei niedrigen Löhnen der Anreiz zur Arbeitsaufnahme verstärkt. Neu ist diese Idee nicht, doch angesichts der Flüchtlingsmigration erhält sie neue Relevanz. Die teilweise Subvention von niedrigentlohnten Arbeitsverhältnissen ist aus Sicht der Steuerzahler lohnenswerter als die dauerhafte Finanzierung von Massenarbeitslosigkeit. Den Zuwanderern bietet sie zugleich eine Chance, produktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden und ihren Lebensunterhalt in weiten Zügen eigenständig zu finanzieren.

Integration erfolgt über den Arbeitsmarkt

In Deutschland herrscht seit Jahren nahezu Vollbeschäftigung. Dennoch fällt die Erwerbsquote unter den jüngst zugereisten Flüchtlingen niedriger aus als dies für frühere Flüchtlingskohorten in den Jahren unmittelbar nach ihrer Einreise der Fall war.

Die Arbeitsmarktpolitik sollte auf den Abbau von Barrieren für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ausgerichtet sein. Als geeignete Mittel kommen in Frage die Aussetzung des Kündigungsschutzes und des Mindestlohns sowie reduzierte ALG II-Bezüge für Flüchtlinge. Darüber hinaus empfehlen wir, erzielte Einkommen in geringerem Maße als aktuell auf die ALG II-Ansprüche aller Leistungsempfänger anzurechnen.

Erstmals erschienen bei IREF.

3 Kommentare
  1. Karsten Schürmann
    Karsten Schürmann sagte:

    +++ Futter für den deutschen Sklavenmarkt +++

    Flüchtlinge sind in der Leiharbeitsindustrie, dem staatlich zertifizierten Sklavenmarkt in Deutschland, hochwillkommen. Arbeitswillig, anpassungsfähig und vor allem zurückhaltend in Punkto Forderungen in Richtung Arbeitnehmerrechte, sind die geforderten Attribute des typischen integrationswilligen Flüchtlings, oh pardon, natürlich des hochqualifizierten Weisungsabhängigen Mitarbeiters ohne eigene Meinung.

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  2. Peter Triller
    Peter Triller sagte:

    Leider geht in dem Artikel alles durcheinander: Flüchtlinge, die einwandern wollen, sind keine Flüchtlinge, waren es vermutlich auch nie, sondern sind Migranten. Diese sollten nur integriert werden, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen mitbringen: Sprachkenntnisse, Kenntnisse unserer Werte, berufliche Qualifikationen, die nachgefragt werden. Stichwort Einwanderungsgesetz.

    Echte Flüchtlinge verweilen dagegen in dem aufnehmenden Land, bis der Fluchtgrund entfallen ist und kehren dann zurück. Diese wollen sich in der Regel nicht inetgrieren oder sollten auch nicht integriert werden, wenn sie die Einwanderungsbedingungen nicht erfüllen.

    Natürlich muss man Frage stellen, ob nur einer der Merkel-„Flüchtlinge“ diese Kriterien erfüllen? Muss man 3000 km oder mehr nach Deutschland fliehen, um seines Lebens sicher zu sein? Nur in Ausnahmefällen doch wohl, ansonsten hat das deutsche Sozialsystem und die universalistisch-links orientierte Politikklasse diese Menschen unter Hilfe von kriminellen und altruistischen NGO-Schleppern angelockt.

    Jetzt ist die Antwort unserer Kanzlerin auf dieses Dilemma,“ sie sind nun einmal da“ und „wir schaffen das.“ Was so viel bedeutet, wir müssen irgendwie mit dem von der Regierung bewußt provozierten Problem klarkommen. Die Antwort kann m.E. nicht sein, dass wir in dem ohnehin umkämpften Niedriglohnsektor noch zusätzliche Spannungen erzeugen. Wir brauchen uns über die Rechts- oder Linksradikalisierung der schon länger hier lebenden Unterschichten dann nicht wundern.

    Der Vorschlag hier ist daher sozialer Sprengstoff. Kündigungsschutz und Niedriglohn nur für „Flüchtlinge“ abzuschaffen, ist ein enormes Risiko. Man sollte es – umgekehrt – abschaffen nur für Staatsbürger und Migranten, die die Einwanderungsbedingungen erfüllen.

    Zusätzlich muss doch durch eine wirklich verantwortliche Regierung dafür gesorgt werden, dass diese Menschen, sofern sie nicht die niedrigsten Einwanderungsbedingungen erfüllen, die allerdings noch zu definieren sind, in Anrainerstaaten ihrer Heimatstaaten zurückgeführt werden. Deutschland ist kein Flüchtlingslager, in keinem Anrainerstaat von Deutschland herrscht Verfolgung oder Krieg.

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  3. detlef orth
    detlef orth sagte:

    ich musste leider in der Vergangenheit und auch bei diesem Artikel feststellen, dass bei Prometeus Beitraege auftauchen können, die nicht sonderlich präzise Begriffe verwenden. Auch hier wieder: in der Überschrift ist von Flüchtlingen die Rede, es handelt sich aber weitgehend um Wirtschaftsmigranten, wie schon Tiller schrieb!
    Ich habe leider oft den Eindruck, dass man bei Prometeus dem MSM nach dem Munde schreibt. Ich werde das noch etwas beobachten und dann wohl den Blog verlassen.

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