Photo: Department of Foreign Affairs and Trade from Flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre.

Der Vergleich des Welternährungsprogramms mit anderen nationalen und internationalen Hilfsorgansationen deutet stark darauf hin, dass die vom Welternährungsprogramm eingesetzten Ressourcen von anderen Organisationen wirkungsmächtiger eingesetzt worden wären. Die Bemühungen um den sehr erfolgreichen Kampf gegen Hunger auszuzeichnen, ist ein begrüßenswertes Ansinnen, wie auch die Bemühungen selbst, zum Beispiel die der 17.000 Mitarbeiter des Welternährungsprogramms. Doch gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht. Mit dem Welternährungsprogramm wurde die falsche Organisation ausgezeichnet und ein fragwürdiges Signal an all die Hilfsorganisationen und ihre Mitarbeiter gesandt, die es besser machen.

Der Preisträger des diesjährigen Friedensnobelpreises war eine echte Überraschung. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen wurde ausgezeichnet „for its efforts to combat hunger, for its contribution to bettering conditions for peace in conflict-affected areas and for acting as a driving force in efforts to prevent the use of hunger as a weapon of war and conflict.“ In den Wettbüros wurden zuvor vor allem die Weltgesundheitsorganisation und Greta Thunberg als Favoriten gehandelt. Das Welternährungsprogramm hatten die wenigsten auf dem Wettzettel.

Der Kampf gegen Hunger, dem sich das Welternährungsprogramm verschrieben hat, ist zweifelslos eine wichtige Herausforderung. Doch gibt es erhebliche Zweifel, ob das Welternährungsprogramm die ihm anvertrauten umfangreichen Ressourcen bestmöglich einsetzt. Vor diesem Hintergrund kam die Auszeichnung nicht nur überraschend, sondern ist auch im Nachhinein nur schwer nachvollziehbar.

Was macht das WFP?

Das Welternährungsprogramm mit Sitz in Rom betreibt eine Kombination aus klassischer Entwicklungshilfe sowie Not- und Katastrophenhilfe, insbesondere in Konfliktregionen. Das Budget lag im Jahr 2018 bei 6,3 Milliarden Dollar. Insgesamt arbeiten circa 17.000 Personen für das Welternährungsprogramm. Die administrativen Kosten beziffert das Welternährungsprogramm selbst auf 335,4 Millionen Dollar. Deutschland ist mit 0,85 Milliarden Dollar der drittgrößte Geldgeber nach der EU (1,1 Milliarden) und den Vereinigten Staaten (2,5 Milliarden Dollar).

Welternährungsprogramm: Best Practice? Fehlanzeige

Unter den großen Entwicklungsorganisationen gilt das Welternährungsprogramm als besonders ineffizient. In einer Studie aus dem Jahr 2008 untersuchten die Ökonomen William Easterly and Tobias Pfutze 31 nationale Entwicklungshilfeorganisationen und 17 multinationale Organisationen. Die beiden Wissenschaftler betrachteten nicht die Wirksamkeit der Organisationen direkt, sondern inwieweit Organisationen sich an „Best Practices“ der Entwicklungshilfe orientieren. Insgesamt erfasst die Studie vier Bereiche: Spezialisierung, Selektivität, ineffektive Hilfskanäle und Overhead-Kosten. Der Bereich „Spezialisierung“ erfasst, auf wie viele Länder und Sektoren sich die Organisation bei ihrer Arbeit konzentriert. Unter „Selektivität“ untersuchen die beiden Autoren, inwiefern Hilfe an korrupte Autokraten vermieden wird und ob vor allem die ärmsten Länder adressiert werden. „Ineffektive Hilfskanäle“ misst, inwieweit Hilfe an politische Ziele gebunden ist oder aus Nahrungsmittelhilfe oder technischer Hilfe besteht. Die „Overhead-Kosten“ beschreiben die Verwaltungskosten im Verhältnis zur geleisteten Hilfe.

Im Gesamtranking belegt das Welternährungsprogramm den letzten Platz aller berücksichtigten Organisationen. Besonders hoch scheint beispielsweise der Personaleinsatz des Welternährungsprogramms zu sein. Easterly und Pfutze zu Folge lagen die Hilfsleistungen pro Mitarbeiter des Welternährungsprogramms bei 30.000 US-Dollar. Zum Vergleich: Norwegen und Italien zahlten mehr als 10 Millionen US-Dollar pro Mitarbeiter an Entwicklungshilfe aus – ein Unterschied um den Faktor 400, wie die Autoren betonen.

Keine Besserung in Sicht

Eine neuere Studie aus dem Jahr 2018 legt nicht nahe, dass sich der Einsatz von Ressourcen beim Welternährungsprogramm maßgeblich verbessert hat. Die Studie des Center for Global Development untersuchte 27 nationale und 13 multinationale Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Grundlage waren 24 Indikatoren in den Bereichen „Maximierung der Effizienz“, „Institutionen fördern“, „Belastung reduzieren“ und „Transparenz und Lernen“.

Insgesamt schnitt das Welternährungsprogramm auch hier am schlechtesten ab, mit großem Abstand. Auch die bilaterale deutsche Entwicklungshilfe schneidet unrühmlich ab und belegt den viertletzten Platz.

Effizienter Ressourceneinsatz kann Menschenleben retten

Menschen unter schwierigen Umständen zu helfen, wie es das Welternährungsprogramm tut, ist eine wichtige Aufgabe. Mit den knappen zumeist von Steuerzahlern bereitgestellten Ressourcen sollten die Organisationen entsprechend umsichtig umgehen und sie möglichst effektiv einsetzen. Je effektiver die Mittel eingesetzt werden, desto mehr Menschenleben können gerettet werden.

Der Vergleich des Welternährungsprogramms mit anderen nationalen und internationalen Hilfsorgansationen deutet stark darauf hin, dass die vom Welternährungsprogramm eingesetzten Ressourcen von anderen Organisationen wirkungsmächtiger eingesetzt worden wären. Besonders wirksame NGOs lassen sich auf den Seiten von Givewell finden, die NGOs nach ihrem Kosten-Nutzen-Verhältnis evaluiert. Unter den Top-Organisationen finden sich vor allem jene, die sich gegen Malaria, für Nahrungsergänzung und Entwurmung einsetzen.

Die Bemühungen um den sehr erfolgreichen Kampf gegen Hunger auszuzeichnen, ist ein begrüßenswertes Ansinnen, wie auch die Bemühungen selbst, zum Beispiel die der 17.000 Mitarbeiter des Welternährungsprogramms. Doch gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht. Mit dem Welternährungsprogramm wurde die falsche Organisation ausgezeichnet und ein fragwürdiges Signal an all die Hilfsorganisationen und ihre Mitarbeiter gesandt, die es besser machen.

Erstmals veröffentlicht bei IREF.

Photo: Philippe Leone from Unsplash (CC 0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre.

Innerhalb von fünf Generationen hat sich die Lebenserwartung in Deutschland verdoppelt. Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher, wenn man in Betracht zieht, dass sich die Lebenserwartung bei Geburt über tausende Generationen zuvor kaum erhöhte. Nicht nur hierzulande wuchs die Lebenserwartung deutlich. Mit dem erheblichen Rückgang der Armut in vielen Teilen der Welt stieg die Lebenserwartung auch weltweit rapide an.

In den letzten 150 Jahren hat sich die Lebenserwartung in Deutschland mehr als verdoppelt. Zunächst wurde die Entwicklung von einer sinkenden Säuglings- und Kindersterblichkeit getrieben, nun vor allem durch bessere Überlebenschancen älterer Menschen. Eine stark steigende Lebenserwartung ist allerdings kein Selbstläufer.

Was ist die Lebenserwartung?

Die Lebenserwartung ist eine Schätzung, wie lange ein Mensch eines bestimmten Jahrgangs im Durchschnitt noch leben wird. Gewöhnlich ist mit der Lebenserwartung die Lebenserwartung ab Geburt gemeint.

Bei inzwischen verstorbenen Jahrgängen, in der Regel Jahrgänge, die vor über 100 Jahren geboren wurden, entspricht die Lebenserwartung den durchschnittlichen Lebensjahren. Bei teilweise noch lebenden jüngeren Jahrgängen können die durchschnittlichen Lebensjahre bis zum Tod nicht komplett beobachtet werden. Schätzungen sind notwendig. Dafür gibt es zwei Methoden.

Die erste Methode schätzt für die noch lebenden Jahrgänge, „wie alt eine Person durch-schnittlich werden würde, wenn sich an den Verhältnissen des aktuellen Zeitraums nichts mehr ändern würde“. Sie berücksichtigt die Sterblichkeit aller derzeit lebenden Personen. Eine schwere Grippesaison, wie etwa in den Jahren 1969/1970 oder möglicherweise Corona dieses Jahr, kann daher die so berechnete Lebenserwartung negativ beeinflussen. Ergebnisse basierend auf dieser Schätzmethode können der Periodensterbetafel des Statistischen Bundesamts entnommen werden.

In der Kohorten¬sterbe¬tafel dagegen wird angenommen, dass aktuelle Trends sich auch in der Zukunft fortsetzen werden. Die Kohortenschätzung ist in der Regel optimistischer, da sie den Trend zu höheren Lebenserwartungen berücksichtigt.

Für die bereits vollständig beobachtbaren Jahrgänge, heute bis zum Jahrgang 1920, unterscheiden sich die Lebenserwartungen für beide Sterbetafeln nicht. Je jünger ein Jahrgang, desto unsicherer sind beide Methoden.

Frauen leben länger

Wenn sich die Sterblichkeit in Zukunft genauso verhält wie aktuell, geht das Statistische Bundesamt bei heute geborenen Jungen von einer Lebenserwartung von 78,6 Jahren und für Mädchen von 83,4 Jahren aus.

Setzen sich die aktuellen Trends auch in der Zukunft fort, liegt die Lebenserwartung bei Geburt in der vorsichtigsten Schätzung aktuell bei knapp 83 Jahren für Männer und bei knapp 87 Jahren für Frauen. Hierbei wird der Sterblichkeitstrend seit dem Jahr 2011 zu Grunde gelegt. In einer optimistischeren Schätzung des Statistischen Bundesamts, welche den Sterblichkeitstrend seit 1971 berücksichtigt, liegen die Werte für Männer bei 90 und für Frauen bei 93 Jahren.

Im Jahr 1871 betrug die Lebenserwartung dieses Jahrgangs für Frauen 42 Jahre und für Männer 39 Jahre. Heute geborene Kinder können daher mit einem gut doppelt so langen Leben wie ihre Vorfahren zu Zeiten des Kaiserreichs rechnen.

Zunächst sinkende Säuglings- und Kindersterblichkeit

Der rasche Anstieg der Lebenserwartung der vergangenen 150 Jahre ist bis zu den Geburtenjahrgängen um 1930 vor allem auf die stark gesunkene Säuglings- und Kindersterblichkeit zurückzuführen. Im Jahr 1871 starb noch jedes vierte Kind im ersten Lebensjahr. 1930 war es weniger als jedes zehnte Kind. Für jüngere Jahrgänge ist der Anstieg der Lebenserwartung allerdings hauptsächlich auf einen Rückgang der Sterbewahrscheinlichkeit im hohen Alter zurückzuführen.

Einflussfaktoren in Deutschland gut sichtbar

Dass die Lebensumstände von Menschen einen deutlichen Einfluss auf die Lebenserwartung haben, zeigt die deutsche Geschichte. Bis in die 70er Jahre unterschied sich die Lebenserwartung in der DDR kaum von der in der BRD. Zum Fall der Mauer 1989 lag die Lebenserwartung im Osten allerdings um 2,5 Jahre hinter der im Westen zurück. Im Zuge der Wiedervereinigung schloss sich die Lücke wieder bis auf ein halbes Jahr.

Mit der Wiedervereinigung verbesserte sich insbesondere die Gesundheitsversorgung für die ehemaligen Bürger der DDR. So hat die bessere medizinische Versorgung wesentlich dazu beigetragen, dass die Sterblichkeit in den neuen Bundesländern gesunken und die Lebenserwartung gestiegen ist. Insbesondere im hohen Alter ist ein guter Gesundheitszustand entscheidend für die weitere Lebenserwartung.

Die empirische Forschung zeigt zudem, dass das Einkommen einen positiven Einfluss auf die Lebenserwartung hat. Bildung ist ein weiterer Faktor, der die Lebenserwartung positiv beeinflusst. Das durchschnittlich geringere Einkommen in Ostdeutschland und das damit einhergehende Konsumverhalten könnten folglich zur Erklärung der weiter bestehenden Unterschiede in der Lebenserwartung beitragen.

Wohlstand entscheidend

Innerhalb von fünf Generationen hat sich die Lebenserwartung in Deutschland verdoppelt. Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher, wenn man in Betracht zieht, dass sich die Lebenserwartung bei Geburt über tausende Generationen zuvor kaum erhöhte. Nicht nur hierzulande wuchs die Lebenserwartung deutlich. Mit dem erheblichen Rückgang der Armut in vielen Teilen der Welt stieg die Lebenserwartung auch weltweit rapide an.

Ein Selbstläufer ist diese Entwicklung jedoch nicht. Höhere Lebenserwartungen sind eng mit wirtschaftlichem Wohlstand verknüpft. Wenn es uns gelingt, unsere wohlstandsfördernden demokratischen und marktwirtschaftlichen Institutionen zu bewahren, werden unsere Kinder ein noch längeres Leben in Freiheit und Wohlstand genießen können als unsere Generation.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: Tanguy Sauvin from Unsplash (CC 0)

Von Tom Gäbelein, studiert im Masterstudium Ethics – Economics, Law, and Politics an der Ruhr-Universität Bochum.

Im Rahmen unseres Essay-Wettbewerbs „Internationaler Steuerwettbewerb – Risiko oder Chance?“, den wir gemeinsam mit dem BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie, Delfs & Partner, Wagemann + Partner und TP&C veranstaltet haben, wurde das Essay von Tom Gäbelein mit dem 3. Platz ausgezeichnet. Das vollständige Essay finden Sie hier. Untenstehend das Fazit:

Die Frage, ob es sich beim internationalen Steuerwettbewerb um ein Risiko oder eine Chance handelt, stellt sich eigentlich nicht. Es handelt sich um eine Chance, die schon seit einigen Jahrzehnten positive Entwicklungen hervorgebracht hat, und nicht industrialisierten Ländern auf dem Spielfeld der Weltwirtschaft ein wirksames Instrument bot, um den eigenen Wohlstand zu erhöhen und aufzuschließen. Die ehemaligen Vorreiter der Industrialisierung haben dadurch ihre Monopolstellung als Wirtschaftsstandorte eingebüßt, doch die Folgen davon sind äußerst positiver Natur. Durch ein internationales Steuerkartell soll jetzt die Macht wiederhergestellt werden. Es bleibt kaum mehr als zu hoffen, dass die „nicht kooperativen Länder“ ihren Kurs trotz der Sanktionen fortsetzen und die Stimmen gegen die neofeudalistischen Praktiken des Europäischen Rates lauter werden. Die von OECD und EU angetriebene BEPS-Politik wirft viele Fragen auf. Lässt man die nach dem Problem, das hier gelöst werden soll, einmal außenvor, bleiben jene zu Kosten und Nutzen und Effektivität und berechtigte Befürchtungen negativer Folgen. Eine Harmonisierung kann zu Verbesserungen führen – die Zielsetzung muss dann aber eine völlig entgegengesetzte sein.

Photo: Casey Horner from Unsplash (CC 0)

Von Nick Stieghorst, studiert im Masterstudium Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Im Rahmen unseres Essay-Wettbewerbs „Internationaler Steuerwettbewerb – Risiko oder Chance?“, den wir gemeinsam mit dem BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie, Delfs & Partner, Wagemann + Partner und TP&C veranstaltet haben, wurde das Essay von Nick Stieghorst mit dem 2. Platz ausgezeichnet. Das vollständige Essay finden Sie hier. Untenstehend das Fazit:

Sollte internationaler Wettbewerb um Steuereinnahmen dazu führen, dass Staaten in den Zwang kommen, ihre Effizienz bei der Durchführung zentraler und weiterer Tätigkeiten zu verbessern, dann sollte dies generell als positiv bewertet werden.

 

Photo: Chris Hunkeler from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Von Florian Rösch, studiert im Masterstudium Money and Finance an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Im Rahmen unseres Essay-Wettbewerbs „Internationaler Steuerwettbewerb – Risiko oder Chance?“, den wir gemeinsam mit dem BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie, Delfs & Partner, Wagemann + Partner und TP&C veranstaltet haben, wurde das Essay von Florian Rösch mit dem 1. Platz ausgezeichnet. Das vollständige Essay finden Sie hier. Untenstehend das Fazit:

Die Einführung einer EU-Digitalsteuer bringt sehr viele Probleme mit sich und stellt nicht mehr als schlechte Symbolpolitik für Einigkeit und Entschlossenheit dar. Anstatt für bestehende Probleme eine neue Steuer erfinden zu wollen, sollte das grundlegende Problem international angegangen werden. Der Freihandel in der heutigen globalisierten Welt wird immer wichtiger und sollte daher nicht mit protektionistischen Maßnahmen, wie eine Steuer auf einzelne Sektoren, weiter erschwert werden. Zudem ist nicht zu erwarten, dass durch eine EU-Digitalsteuer der Rückstand der EU im digitalen Sektor verbessert wird.