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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.

Es gibt gute Gründe, vergleichsweise zuversichtlich auf die zukünftige Entwicklung von Mieten und damit auch Preisen zu blicken: Zum einen wirkt die dezentrale Struktur Deutschlands entlastend. Zum anderen kann der Wohnungsbau voraussichtlich seine mietendämpfende Wirkung entfalten.

Mieten neuvermieteter Wohnungen sind in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen, vor allem in beliebten Ballungsgebieten und besonders stark seit 2010. Die Mietsteigerungen sind maßgeblich auf einen Nachfrageanstieg durch Bevölkerungszuwachs der Metropolregionen zurückzuführen, dem nur verzögert eine deutliche Ausweitung des Wohnungsangebots folgte. Der Anteil der Stadtbewohner an der Gesamtbevölkerung wird auch hierzulande weiter zunehmen. Dennoch gibt es aus der Perspektive von Mietern Gründe, bezüglich der Mietentwicklung optimistisch zu sein: Deutschland ist relativ dezentral organisiert, die Städte können in die Breite wachsen und die stärker zu NIMBYism neigenden Selbstnutzer sind relativ rar, insbesondere in den Städten.

Deutschland weist einige für den Wohnungsmarkt relevante Eigenschaften auf, die gemeinsam das Potential haben, Anstiege der Mieten und davon abgeleitet der Preise für Wohnimmobilien auch zukünftig im internationalen Vergleich niedrig ausfallen zu lassen.

Dezentrale Struktur Deutschlands

Wer in Frankreich oder Großbritannien Karriere machen möchte, den zieht es nach Paris bzw. London. In Deutschland verschlägt es Talente (mittlerweile) nach Berlin, aber auch in München, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart, Köln und einer Vielzahl kleinerer Städte außerhalb der Top-7 sind die Karriereaussichten gut.

Hinsichtlich der Wohnkosten ist eine dezentrale Struktur mit einer Vielzahl kleinerer Städte attraktiver als eine monozentrische Struktur, dominiert von einer großen Stadt. Agglormerationseffekte lassen erwarten, dass das Wohnen im Zentrum einer Stadt aufgrund von Beschäftigungsmöglichkeiten und städtischen Annehmlichkeiten umso attraktiver und damit auch teurer ist, je größer die Stadt ist. Die vorliegenden empirischen Forschungsergebnisse stützen diese These und zeigen, dass in größeren und bevölkerungsstärkeren Städten nicht nur die Landpreise durchschnittlich höher sind als in kleineren Städten, sondern auch die Kaufpreise und die Mieten.

Es ist zu erwarten, dass auch in Deutschland das Phänomen von Superstarstädten, die einkommenstarke Haushalte anziehen und sich folglich durch hohe Mieten und Kaufpreise auszeichnen, zunehmen wird. Bleibt die dezentrale Struktur Deutschlands jedoch erhalten, wird sie weiterhin dämpfend auf das Mietniveau wirken und zu einer schwächeren Ausprägung des Superstarphänomens als in zentralistisch organisierten Ländern beitragen.

Kaum geographische Barrieren

In der wissenschaftlichen Literatur finden sich überzeugende Hinweise darauf, dass geographische Faktoren wie Seen, Flüsse, Meere oder Berge in der Nähe von Städten einen negativen Effekt auf das Wohnungsangebot und somit einen treibenden Effekt auf Mieten und Kaufpreise haben.

In Deutschland liegen zwar viele Metropolen an Flüssen, aber anders als in den USA oder Finnland liegt keine einzige der 20 größten Städte am Meer – die geographisch am stärksten einschränkende Wasserfläche. Von einigen Ausnahmen wie Stuttgart oder Jena abgesehen wird das Flächenwachstum von Metropolregionen in Deutschland auch nicht maßgeblich durch topographische Barrieren begrenzt, wie beispielsweise im Falle vieler Schweizer Städte.

Deutsche Städte können also relativ unbeschränkt durch geographische Faktoren wachsen, sowohl in die Höhe als auch in die Breite. Auch dadurch ist zu erwarten, dass Mieten und Preise in Deutschland im Vergleich zu Ländern mit gravierenderen geographischen Barrieren schwächer steigen werden.

Niedrige Wohneigentumsquote: NIMBYism schwächer

Geographische Faktoren sind natürlich nicht die einzigen, die den Bau zusätzlicher Wohnungen erschweren können. Hinzu kommen regulatorische Barrieren. Eine Vielzahlvon Forschungsergebnissen illustriert, dass Regulierungen, die den Wohnungsbau erschweren, zu höheren Mieten und Kaufpreisen beitragen. Dabei kann der Wohnungsbau durch Höhenbeschränkungen, Mindestanforderungen an die Größe von Grundstücken, Abstandsauflagen oder Grünflächenanforderungen begrenzt werden.

Derartige Beschränkungen finden sich auch im deutschen Baurecht, werden aber wie in den USA regional ausgestaltet. Obwohl auch hierzulande NIMBY (Not In My Back Yard)-Bestrebungen beispielsweise in Form des Volksentscheids gegen eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes in Berlin zu beobachten sind, spricht die international außergewöhnlich niedrige Wohneigentumsquote dafür, dass aus NIMBY-Motiven errichtete regulatorische Barrieren in Deutschland den Wohnungsbau vergleichsweise schwach bremsen.

Mieter und Selbstnutzer haben einen Anreiz, sich gegen Wohnungsneubau in unmittelbarer Nähe ihres Wohnortes einzusetzen. Neubau verursacht kurzfristig Lärm und Schmutz und führt dazu, dass Grünflächen bebaut und die Verkehswege von mehr Personen genutzt werden. Auf Ebene einer Stadt oder einer Region unterscheiden sich die Interessen von Mietern und Selbstnutzern jedoch. Während Selbstnutzer unter einem höherem Wohnungsangebot mittels niedrigerer Preise für ihr Eigentum leiden, nutzt Mietern eine zu niedrigeren Mieten führende Angebotsausweitung. Es ist folglich zu erwarten, dass in Regionen mit vielen Mietern der Widerstand gegen Wohnungsneubau schwächer ausfällt. Die Forschungsergebnisse dazu sind zwar nicht eindeutig, aber wenn ein Zusammenhang zwischen Eigentümerquote und Regulierungsdichte gefunden wird, ist er positiv.

Das Motto „Bauen, bauen, bauen!“ klingt in Mieterohren attraktiver als in den Ohren von Selbstnutzern. Fällt aufgrund der niedrigen Wohneigentumsquote der Widerstand gegen den Neubau von Wohnungen in Deutschland niedriger aus als in anderen Ländern, lässt das Mieten und Kaufpreise in der langen Frist relativ langsam steigen.

Wohnungsmarkt: Langfristig zurück zur Langeweile?

Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland war über Jahrzehnte gekennzeichnet von vergleichsweise schwach steigenden Preisen. Der deutsche Immobilienmarkt zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass er kein Thema war. Das ist heute anders. In den letzten Jahren hat das starke Bevölkerungswachstum insbesondere in den Städten zu deutlichen Mietsteigerungen geführt, die starke Kaufpreisanstiege nach sich zogen, welche zusätzlich durch außergewöhnlich niedrige Zinsen befeuert wurden.

Es gibt trotz alledem Gründe, vergleichsweise zuversichtlich auf die zukünftige Entwicklung von Mieten und damit auch Preisen zu blicken: Zum einen wirkt die dezentrale Struktur Deutschlands entlastend. Zum anderen kann der Wohnungsbau voraussichtlich seine mietendämpfende Wirkung entfalten, denn dem Wohnungsbau stehen kaum geografische Barrieren im Weg und die häufig beklagte niedrige Wohneingentumsquote lässt relativ wenige von Bürgern errichtete Barrieren erwarten.

Erstmals erschienen bei IREF

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Allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz haben die Parteien den Europawahlkampf wieder einmal so anregend gestaltet wie das Fernsehprogramm des Saarländischen Rundfunks um 4 Uhr morgens. Darum wenden wir uns doch lieber einer Wurzel des deutschen Dauerproblems Etatismus zu.

Eisen und Blut statt Demokratie und Zivilgesellschaft

Das 19. Jahrhundert war eine Hoch-Zeit der Selbstorganisation. Grundgelegt wurde das schon in den Jahrhunderten zuvor: Indem die Städte und das Bürgertum zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung gewannen, hatten Sie ihre Selbstverwaltung immer effektiver gegenüber den Feudalherren durchsetzen können. Etwas ähnliches geschah in einer zweiten Phase der Befreiung, als mit der Industriellen Revolution Handwerker und Arbeiter an Gewicht und Verhandlungsmasse gewannen. Arbeitervereine, Gewerkschaften und Genossenschaften gaben dem Einzelnen eine Möglichkeit, seine Interessen wahrzunehmen und durchzusetzen, wie es seinen Großeltern, die noch Jahr für Jahr mit der Scholle ums blanke Überleben gekämpft hatten, nicht im Traum vorstellbar gewesen wäre.

Diese rege Selbständigkeit war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem einem ein Dorn im Auge: dem Eisernen Kanzler, der vor 150 Jahren das Deutsche Reich unter Preußens Führung schmiedete. Zivilgesellschaftliche und bürgerliche Selbstorganisation waren dem Junker aus der Altmark lästige Hindernisse auf dem Weg zur Machtkonzentration. Keiner der deutschen Bundesstaaten war auch nur ansatzweise so straff durchorganisiert und zentralistisch gesteuert wie Preußen, das anders als etwa Baden, Sachsen oder die alten Reichsstädte ein neuartiges Gebilde war: „Nicht auf Preußens Liberalismus sieht Deutschland,“ sagte Bismarck 1862, „sondern auf seine Macht; Bayern, Württemberg, Baden mögen dem Liberalismus indulgieren, darum wird ihnen doch keiner Preußens Rolle anweisen … nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden …, sondern durch Eisen und Blut.“

Des Deutschen Liebe zu seinem Staat mag vielerlei Ursachen haben. Eine davon ist aber gewiss Gewöhnung. Und da hat Bismarck ganze Arbeit geleistet: Indem er viele Elemente zivilgesellschaftlicher Selbstverantwortung unterminiert, zerstört und verstaatlicht hat, ist es für die meisten heutzutage selbstverständlich, dass die Deutsche Rentenversicherung sich um ihre Altersvorsorge kümmert, ihr Landratsamt vorgibt, wer sie gegen Bezahlung durch die Gegend fahren darf, und politische Beamte bestimmen, wie ihre Kinder ausgebildet werden sollen. Durch die Verstaatlichung aller möglichen Lebensbereiche wurde dem Bürger auch Stück für Stück die Phantasie ausgetrieben, über alternative Lösungen nachzudenken – ebenso wie der Unternehmergeist, solche Lösungen auszuprobieren.

Eine Spur der Verwüstung in der bürgerlichen Gesellschaft

Fast dreißig Jahre lang war Bismarck der mächtigste Mann in Deutschland. Am Ende hinterließ er in der Zivilgesellschaft eine Spur der Verwüstung, die ihresgleichen sucht. Eine blühende Frühlingslandschaft war planiert worden – mit Blut und Eisen in Staatsbeton verwandelt. Nur ein rascher Durchritt durch diese Wüstenlandschaft: Das durch Raiffeisen und den bedeutenden Liberalen Schulze-Delitzsch vorangetriebene Genossenschaftswesen sah der Kanzler mit größtem Argwohn, ja er vermeinte in ihnen die „Kriegskassen der Demokratie“ zu erkennen. Das zarte und erfolgreiche Pflänzlein wurde durch Regulierungen am Wachstum gehindert und durch korporatistische Maßnahmen an den Staat angebunden. Noch schlimmer erging es dem Selbsthilfe-Wesen der Arbeitervereine: mit Hilfe der Staatskasse und gesetzgeberischer Maßnahmen errichtete Bismarck ein staatlich kontrolliertes Sozialsystem, um an die Stelle der Autonomie und Selbstverwaltung die obrigkeitshörige Bürokratie zu setzen, und um – in seinen eigenen Worten – „in der großen Masse der Besitzlosen die konservative Gesinnung [zu] erzeugen, welche das Gefühl der Pensionsberechtigung mit sich bringt.“

Schon gleich mit der Reichsgründung machte er sich daran, die inneren Feinde zu bekämpfen, die nicht in ungeteilter Loyalität zum Staat standen, sondern auch noch eine andere, weitaus höhere Autorität anerkannten: die des Papstes. Das Ergebnis dieses sogenannten „Kulturkampfs“ war eine Beschneidung kirchlicher wie individueller Freiheiten zugunsten staatlicher Machtmittel. Der Staat definierte nun, was eine Ehe sei. Und der Staat zog die Kompetenz für Bildung an sich, um sicherzustellen, dass dort auch ordentliche Staatsbürger ausgebildet würden. – Wer sich über bildungspolitischen Pfusch und eine Ideologisierung der Schulen ärgert, sollte nicht vergessen: auch das ist ein Ergebnis von Bismarcks großpreußischem Etatismus. Der große Historiker Lothar Gall fasste das Ergebnis dieser bitteren Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche in seiner Bismarck-Biographie zusammen: „Der eigentliche Sieger war eine übergreifende und überpersönliche Tendenz … zu immer tieferen Eingriffen des Staates in alle individuellen und gesellschaftlichen Verhältnisse.“

Man könnte noch viel Kritik anbringen. Etwa über die Schutzzollpolitik, mit der eine europaweite Trendwende weg vom Freihandel eingeleitet wurde. Über seine außenpolitischen Strategien, die auf das Ausspielen und Herstellen von Gegensätzen anstatt auf Kooperation setzte. Oder über seinen Anteil am Entstehen einer sehr staatstragenden Tradition im politischen Liberalismus in Deutschland. Doch lassen wir hier noch zwei der wichtigsten Gegenspieler Bismarcks zu Wort kommen. Diese beiden Politiker stehen für das Beste, das der deutsche Parlamentarismus zu jener Zeit zu bieten hatte – man sollte jede einzelne Bismarckstraße durch ihre Namen ersetzen: Der Zentrumspolitiker Ludwig Windthorst und der Liberale Eugen Richter. Für sie war nicht der Staat die Lösung, sondern der einzelne Bürger in seiner Fähigkeit und Bereitschaft, für sein eigenes Leben Verantwortung zu übernehmen.

Bekommen wir ein bismarcksches Europa?

In einer seiner ersten Reden im Reichstag legte der katholische Freiheitsfreund Windthorst wie ein spätes Echo der zentralen Überlegungen Wilhelm von Humboldts dar, was die Aufgabe des Staates ist: „Der Staat ist der Schutz des bestehenden Rechts, er ist nicht der alleinige Schöpfer des Rechts. Diesen Satz müssen wir durchaus festhalten … wenn wir nicht dahin kommen wollen, daß der Staat alles absorbirt, das Individuum, alle Bedingungen individueller Bewegung und individueller Freiheit, ja auch das Eigenthum“. Und nach achtzehn Jahren der Reichskanzlerschaft Bismarcks wird er das alles auch noch mit konkreten Beispielen unterfüttern können, als er 1889 im Parlament sagt: „Es wird außerdem der Staat, nachdem er sich zum allgemeinen Brodherrn … gemacht, auch auf anderen Gebieten alles mehr und mehr an sich reißen. Und wie neben diesem omnipotenten Staate mit verweltlichter Armenpflege, mit absoluten Staatsschulen, mit absolut säkularisierten oder verstaatlichten Eisenbahnen, zu denen höchst wahrscheinlich nächstens auch noch die angekauften Bergwerke für Kohlen gehören werden … Was wird dann noch übrig bleiben für das Individuum?“

Drei Tage nach Bismarcks Rücktritt im März 1890 sucht Eugen Richter in einer Rede im Reichstag nach Möglichkeiten, „die bösen Folgen einer langjährigen Mißregierung zu überwinden … nachdem der blinde Autoritätskultus, den man mit der Person des Fürsten Bismarck getrieben, gegenstandslos geworden.“ Seine Hoffnungen wurden leider von den folgenden Jahrzehnten nicht erfüllt – doch auch heute klingen sie noch wohl in den Ohren der Freunde der Freiheit: „Vor allem hoffen wir, daß nunmehr in Deutschland überall wieder ein kräftiges, selbstbewußtes, politisches Leben erwacht. Statt in stumpfer Passivität hinzuhorchen, was von oben kommen wird, muß man sich wieder überall mit dem Gedanken durchdringen, daß das Volk selbst berufen ist, an seinem Geschicke mitzuarbeiten.“

Vielleicht ist es an dieser Stelle dann doch Zeit für einen kurzen Schwenk nach Europa … Bismarcks Merkantilismus wird heute von Altmaier und Le Maire vertreten. Die Kulturkämpfe unserer Epoche werden von „Islamskeptikern“ und linken Identitätspolitikern gleichermaßen als staatliche Aufgabe angesehen. Versuche, sich selbst zu organisieren, von der Sharing Economy über private Bildungseinrichtungen bis hin zu Genossenschaften, sollen möglichst europaweiten Regulierungen unterworfen werden. Ja, viele Politiker scheinen ein Europa zu wünschen, das mehr dem vom Eisernen Kanzler geschmiedeten Reich ähnelt als sie sich gerade vorstellen. Weniges könnte dem wunderbaren europäischen Projekt freilich schädlicher sein als wenn es sich nach dem Bild des preußischen Etatismus bildet. Hoffen wir, dass das nächste Parlament und die nächste Kommission möglichst wenig Bismarck und möglichst viel Windthorst und Richter sieht.

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Wie von Zauberhand hat sich die Homöopathie eine einzigartige Sonderstellung im deutschen Gesundheitswesen erschaffen. Sie muss nicht wirken und nichts beweisen und ist trotzdem Teil des Systems – ein Fehler.

Hokuspokus Fidibus!

„Hiezu fügt man 100 Tropfen guten Weingeist und giebt dann dem, mit seinem Stöpsel zugepfropften Fläschgen, 100 starke Schüttelstöße mit der Hand gegen einen harten, aber elastischen Körper geführt.“ Hokuspokus Fidibus, drei Mal schwarzer Kater – Fertig ist der Trunk! – mag man da vollenden. Doch anders als man gemeinhin annehmen könnte, handelt es sich bei diesem Rezept nicht um einen Auszug aus dem altenglischen magischen Heilbuch „Lacnunga“. Stattdessen erklärt hier der 1843 verstorbene Vater der Homöopathie, Samuel Hahnemann, ein Grundprinzip zur Herstellung homöopathischer Mittel. Durch das beschriebene „Verschütteln“ sollen sich die guten Eigenschaften eines Giftes auf die Arznei übertragen, während die schlechten durch endloses Verdünnen verschwinden.

Ja, das ist skurril, aber wäre eigentlich nicht weiter von Belang. Würde die Homöopathie nicht eine absurde Sonderstellung im deutschen Gesundheitswesen genießen.

„Regulierung? Ja bitte!“ Die Homöopathie kauft sich den Anstrich „Arzneimittel“

Im vergangenen Jahr gaben die Deutschen 670 Millionen Euro für homöopathische Arzneien aus. Davon wurden 85 % privat bezahlt. Präparate für ca. 100 Millionen Euro wurden hingegen auf Rezept ausgegeben und damit teilweise von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. An sich wäre das in Zeiten, in denen Menschen Unsummen für Dinge wie Ziegen-Yoga ausgeben, nicht weiter problematisch. Wäre da nicht die unheilvolle Verquickung der homöopathischen Industrie mit dem Staat. So besteht für die allermeisten homöopathischen Erzeugnisse eine Registrierungs- und Apothekenpflicht. Allerdings mit einer wichtigen Sonderregel. Während Hersteller konventioneller Arzneimittel umfangreiche Wirksamkeitsnachweise erbringen müssen, entfällt diese Vorgabe für homöopathische Präparate.

Das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte prüft lediglich, ob die jeweiligen Präparate korrekt (also entsprechend der homöopathischen Vorgaben) hergestellt wurden und ob der Hersteller garantieren kann, dass die jeweilige Mischung nicht schädlich ist. Letzteres ist bei den allermeisten Präparaten dann auch nicht sonderlich schwer, schließlich enthalten Präparate schon ab der so genannten D24-Verdünnung in 50 Prozent der Fälle überhaupt kein einziges Molekül mehr des eigentlichen Wirkstoffes. Ein für die Hersteller recht aufwendiges und teures Verfahren zum Inverkehrbringen von kleinen Zuckerkügelchen. Doch trotzdem insistiert die Homöopathen-Lobby, die Registrierungspflichten beizubehalten.

Setzt sich eine ganze Industrie für mehr Bürokratie ein, sollte man auf der Stelle stutzen. Und tatsächlich helfen Apotheken- und Registrierungspflicht den homöopathischen Unternehmen nur. Denn obwohl nichts mehr drin ist, steht Arzneimittel drauf – und welcher Kunde hinterfragt das schon in einem Land, in dem alles und jedes aufs Genauste geprüft und reguliert ist. Und so verfällt neben gutgläubigen Patienten auch so mancher Schulmediziner dem Gedanken, dass da ja schon irgendwas dran sein müsse und verschreibt die kleinen Mittelchen. Man möchte ja auch kein zurückgebliebener Außenseiter sein …

Ein öffentliches Gesundheitswesen braucht allgemeinverbindliche und nachvollziehbare Regeln

Darüber hinaus schleicht sich die Homöopathie immer weiter in das öffentliche Gesundheitswesen. Universitäten bieten ihren Studenten Wahlkurse in Homöopathie an und gesetzliche Krankenkassen übernehmen freiwillig die Kosten homöopathischer Anwendungen auf Kosten der Solidargemeinschaft. Und das alles, obwohl die Studienlage eindeutig zeigt, dass homöopathische Präparate nicht besser wirken als jedes andere x-beliebige Placebo. Sicher, es gibt immer wieder Studien, die das Gegenteil behaupten. Doch sind diese fast ausschließlich tendenziös, von schlechter wissenschaftlicher Qualität und uneindeutig, wie eine große Metastudie aus dem Jahr 2005 belegt.

Ein so umfangreiches öffentliches Gesundheitswesen wie das deutsche ist vor allem eines: teuer. Da ist es umso wichtiger, dass wir dieser Institution allgemeinverbindliche und nachvollziehbare Regeln geben. Es geht dabei letztendlich um nichts anderes als die Gleichheit vor dem Gesetz. Es gibt diese umfangreichen und klar nachvollziehbaren Regeln, und sie stellen hohe Ansprüche an Anbieter medizinischer Leistungen und Präparate.

Doch die deutschen Homöopathen haben es durch geschickte Lobbyarbeit, Scheinwissenschaftlichkeit und Selbstreferenz geschafft, sich so mancher Regel zu entziehen und trotzdem Teil des Systems zu sein. Das grenzt schon fast an Zauberei und trägt wesentlich zur wachsenden Bedeutung der Homöopathie bei. Welch ein Aufschrei würde aber durchs Land gehen, würde sich Volkswagen mittels eines eigenen Paragraphens einfach dem verbindlichen Abgastest entziehen? VW könnte dafür beispielsweise einige Studien renommierter Lungenärzte im hauseigenen VW-Magazin platzieren, die behaupten, dass VW-Abgase sich durch den Kontakt mit der Mundschleimhaut auflösen und deshalb nicht schädlich seien. Weit weg ist dies von der Argumentation der Homöopathen-Lobby jedenfalls nicht.

Besen, Besen! Seids gewesen.

Das Problem ist letztlich nicht, dass viele Menschen trotz fehlender Belege von der Homöopathie überzeugt sind. So kann die Homöopathie ja erwiesenermaßen die gleichen positiven Wirkungen erzielen wie simple Placebo-Präparate. Und in Zeiten, in denen der von der Gesundheitspolitik durchs Arztzimmer gehetzte Hausarzt gerade einmal sieben Minuten pro Patient erübrigen darf, will er seine Praxis irgendwie halten, da ist es auch nicht verwunderlich, dass es wohltuend ist, wenn sich ein Homöopath einmal 90 Minuten für den Patienten nehmen kann. Das alles rechtfertigt aber nicht die Sonderstellung der Homöopathie im deutschen Gesundheitswesen.

Sicherlich sollte niemandem der Zugang zu den kleinen Zauberkügelchen verwehrt werden – so lange im Ernstfall eine richtige Behandlung zugänglich ist. Hinterfragen sollten wir allerdings wie die Homöopathie-Lobby sich ihre Welt zurecht zaubert – und wie wir unser Gesundheitssystem so organisieren können, dass wir am Ende vielleicht ganz ohne Zauberei auskommen.

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Manche haben es schon als sensationelles Urteil vorweggenommen. So weit kann man noch nicht gehen. Aber ein wichtiger Etappensieg ist es schon – auch für Prometheus. Die Barzahlung des Rundfunkbeitrages wurde am Mittwoch vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt. Die Klage des Journalisten Norbert Häring vor dem obersten Verwaltungsgericht wurde von uns finanziert. Mit Carlos A. Gebauer als Anwalt auf der Klägerseite sind wir eng verbunden. Über vier Jahre haben wir gemeinsam den Instanzenweg vom Verwaltungsgericht Frankfurt, über den Verwaltungsgerichtshof in Kassel nunmehr bis zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bewältigt.

Bislang wurde die Klage in den Vorinstanzen einfach weggewischt. Doch jetzt zeigt das Bundesverwaltungsgericht Verständnis für unsere Argumentation. So schreiben die Bundesverwaltungsrichter zur Möglichkeit der Barzahlung des Rundfunkbeitrages: „einen solchen Annahmezwang regelt nach der – von den Vorinstanzen abweichenden – Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzig unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind.“ Übersetzt heißt das: lediglich die Banknote, also der „Geldschein“, ist Geld nach dem Gesetz. Das Buchgeld auf den Konten ist es nicht, und daher darf eine öffentliche oder staatliche Stelle dieses für Beiträge oder ähnliches auch nicht verlangen. Staatliche Stellen müssen also eine Barzahlungsmöglichkeit anbieten. Wenn die Euro-Banknote das einzig unbeschränkt gesetzliche Zahlungsmittel ist, dann darf also eine öffentliche Stelle die Annahme nicht verweigern. Doch genau dies tun die Landesrundfunkanstalten gegenüber ihren Beitragszahlern. Sie haben in ihren Beitragssatzungen die Barzahlung ausgeschlossen. Diesen Angriff auf das Bargeld wollen wir zurückschlagen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die entscheidende Frage nunmehr dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorgelegt, um zu einem abschließenden Urteil zu gelangen, da Währungsfragen inzwischen von der nationalen Ebene auf die europäische Ebene verlagert wurden. Der EuGH soll klären, inwieweit die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union in Währungsfragen einem Rechtsakt eines Mitgliedsstaates entgegensteht, und ob der festgelegte Status des Euro als einzig unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel Raum für Regelungen lässt, die für bestimmte hoheitlich aufgelegte Geldleistungspflichten eine Zahlung mit Euro-Banknoten ausschließen.

Folgt auch der EuGH unserer Logik, dann wäre das ein großer Erfolg für den Erhalt des Bargeldes. Denn es würde nicht nur die Rundfunkanstalten binden, sondern alle staatlichen Stellen. In vielen öffentlichen Ämtern und Behörden können Gebühren und Steuern nur noch unbar bezahlt werden. Doch wenn der Staat das Bargeld diskriminiert, dann ist es nicht mehr weit, dass auch private Stellen, seien es Tankstellen, Kaufhäuser und Restaurants das Bargeld abschaffen.

Es mag für viele lästig sein, mit Bargeld zu bezahlen, aber die Überschuldungskrise von Staaten und Banken weltweit stellt das Bargeld nicht nur aus Praktikabilitätsgründen infrage. In den vergangenen 10 Jahren ist die weltweite Verschuldung von 178 Billionen US-Dollar auf 247 Billionen US-Dollar angestiegen, also um sagenhafte 39 Prozent. Es gibt keine Entwarnung an der Schuldenfront. Daher sind Überlegungen zur Bargeldabschaffung nicht aus der Luft gegriffen. Denn wer Negativzinsen der Notenbanken für die Geldvermögen auf den Bankkonten durchsetzen will, kann dies am Besten ohne Bargeld tun. Wenn Bürger ihr Geld nicht mehr vom Konto abheben können, sondern es dort gefangen ist, dann kann über Negativzinsen jeder Einzelne sehr leicht enteignet werden.

Es geht also um mehr als den Rundfunkbeitrag. Doch darum geht es auch! Der Rundfunkbeitrag ist ein Zwangsbeitrag, dem man sich nicht entziehen kann. Immer weniger Menschen schauen die Öffentlich-Rechtlichen, obwohl diese einen immer größeren Milliarden-Etat verwalten. Deutschland hat inzwischen den größten staatlichen Rundfunk der Welt mit 23 öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen und 63 Radioprogrammen. Weitere Beitragserhöhungen werden derzeit diskutiert, um insbesondere die wachsenden Pensionslasten zu finanzieren. Ein Fass ohne Boden droht. Daher braucht es eine Reform an Haupt und Gliedern. Bereits 2015 haben wir ein umfassendes Gutachten zur Reform der Rundfunkordnung in Deutschland vorgelegt. Die Ergebnisse sind heute noch aktuell. Der Etappensieg von Mittwoch zeigt, dass Veränderungen Zeit brauchen. Sie müssen vorbereitet werden und man braucht einen langen Atem. Doch dann kann anfänglich unmöglich Erachtetes sich plötzlich sehr schnell verändern. Wir haben diesen langen Atem – Sie auch?

Zu absurd für Hollywood, aber genau richtig für die politische Bühne

Tatsächlich hat der Brexit mehr mit UFOs zu tun als man gemeinhin denken würde. Nicht etwa, weil die sich durch die britische Verfassungskrise tanzende und krächzende Premierministerin Theresa May mitunter selbst wie ein Alien wirkt. Sondern weil auch sie gerade Opfer einer Verschwörungstheorie wird. Während noch immer viele daran glauben, dass die Amerikaner spätestens seit Roswell Kontakt zu außerirdischem Leben haben, entwickeln sich nun auch die ersten kruden Theorien über den Brexit. May, so wird vielerorts geflüstert, beabsichtige mit ihrer Politik eigentlich die Verhinderung des Brexits. Das ganze Brexit-Theater der vergangenen Jahre sei ein ausgeklügelter Plan, um die Briten um ihre lang ersehnte Unabhängigkeit zu betrügen. Sie denken jetzt vielleicht: „Das würde ja nicht einmal Hollywood verfilmen.“ Doch für die große politische Bühne sind solche Stories genau richtig.

Lieber ehrenhaftes Opfer als trauriger Versager

Das eigene Scheitern anzuerkennen, ist schmerzlich. Das gilt insbesondere in der Politik, in der Selbstsicherheit und Überzeugungsfähigkeit zwei Seiten derselben Medaille sind. Anstatt zu akzeptieren, dass man sich geirrt hat, macht man sich lieber schnell zum unschuldigen Opfer einer großen Verschwörung. Wie das funktioniert, zeigt uns die von den deutschen Generälen des 1. Weltkriegs verbreitete „Dolchstoßlegende“. Diese fand die Schuld für die deutsche Niederlage nicht etwa in eigenen militärischen Fehlern, sondern machte Sozialdemokraten und Juden dafür verantwortlich.

Als vor drei Jahren überraschend eine Mehrheit der Briten für den Brexit stimmte, schwammen die „Brexiteers“ auf einer Welle der Euphorie und des Aktionismus. Voller Begeisterung träumten viele Briten von einem europäischen Singapur, von zügig getroffenen Handelsvereinbarungen und von der „Zurückgewinnung“ der nationalen Souveränität; Einwände fanden da kaum Gehör. Dass die EU am Ende vielleicht doch mehr war für das Vereinigte Königreich als eine geldfressende Regulierungsmaschine, passt da überhaupt nicht ins Bild.

Die Luftschlösser der Brexiteers

Ein Beispiel? Statt der erhofften (und von Handelsminister Fox versprochenen) 40 Handelsabkommen bis Ende März diesen Jahres konnten die Briten bis dato gerade einmal 7 Abkommen schließen. Unter den Vertragspartnern finden sich freilich Wirtschaftsgiganten wie die Färöer-Inseln, pazifische Inselstaaten und die palästinensischen Autonomiegebiete.  Nur unbedeutende Regionalmächte wie Japan reisten nach Gesprächen achselzuckend wieder aus London ab, und verkündeten, dass sie keinen Anlass dafür sähen, den Briten die gleichen Handelsvorteile zu gewähren wie den viel wichtigeren Partnern in Brüssel.

Sicher, die Schuld für das Versagen der britischen Handelspolitik hätte man einfach auf die beleidigten Europäer abwälzen können, die alles tun um den Briten eins auszuwischen. Viel schwerer wiegt der vom eigenen Premier ausgehandelte Austritts-Deal mit der EU. Man wollte keinen Pfund an Brüssel überweisen, dafür aber vollen Zugang zum europäischen Markt bekommen, und natürlich die wichtige Kooperation in Fragen von internationaler und Sicherheitspolitik aufrechterhalten. Dass der nach 2 Jahren ausgehandelte Vertrag am Ende doch eine Einmalzahlung und den berühmt berüchtigten „Backstop“ enthielt, passt erneut nicht ins Bild der Brexiteers.  Nun könnte man anerkennen, dass der während des Referendums versprochene Brexit ein Luftschloss war, das in seiner Pracht direkt das Disney-Schloss ersetzen könnte. Man könnte zugeben, dass der ganze Brexit-Prozess ein Paradebeispiel überheblichen Politikversagens ist. Dass man den Karren so richtig vor die Wand gefahren hat. Oder, ja oder man sucht die Schuld woanders.

Und so wird nun die Legende von der großen Verschwörung gesponnen. Mit einer Theresa May, die in ihrer grenzenlosen Gewieftheit und ihrem strategischen Meisterkönnen ein Scheitern des Brexits von Vornherein geplant hat, und seitdem alles dafür tut, dass die Briten Sklaven Brüssels bleiben.

Verschwörungstheorien werden zu einem probaten Mittel der Politik

Wer nun in bester Obelix-Manier glaubt „die spinnen, die Briten“, dem sei gesagt, dass die Brexit-Verschwörung wahrlich kein Einzelfall ist. Verschwörungstheorien sind so populär wie nie, um eigenes Versagen zu erklären und Stimmung zu machen. Und sie kommen raus aus der Schmuddelecke der Reichsflugscheiben. Da erklärt Viktor Orban, immerhin Ministerpräsident eines EU-Mitglieds, kurzerhand George Soros und seine Open Society Foundation zum Urheber einer Flüchtlingskrise. In Deutschland erfindet die Neue Rechte, die mittlerweile auch parlamentarisch verankert ist, den Mythos einer angeblichen „Umvolkung“ und faselt von den „Verträgen von Marrakesch“, die unbegrenzte Zuwanderung ermöglichten. Und wem das noch nicht reicht, der echauffiert sich einfach über die vermeintliche „Klima-Industrie“, die Politik und Wissenschaft unterwandert hat, um den Klimawandel zu erfinden. Noch einflussreicher als die Verschwörungstheorien aus der rechten Ecke, sind mitunter die Märchen, die aus der linken Ecke kommen. Da wird die neoliberale Weltverschwörung gelenkt von der Mont Pelerin Society erfunden, die im Verdeckten einen globalen imperialistischen Kapitalismus umsetzt – und das alles propagiert im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Wer an das Individuum glaubt, der braucht keine Puppenspieler

Verschwörungstheorien sind ein schöner Gesprächsstoff: für angeregte Diskussionen bei einem Glas zu viel Wein am Abend. Sind ihre Wendungen und einfachen Erklärungen doch häufig schöner als ein Rosamunde Pilcher-Film. In der politischen Auseinandersetzung aber schüren sie vor allem irrationale Ängste und verschleiern, dass Politiker und Regierungen auch scheitern können. Denn, so der Philosoph Karl Popper, „die einzige Erklärung für das Fehlschlagen ihres [der Mächtigen] Versuches, den Himmel auf Erden zu errichten, sind die dunklen Pläne des Teufels, der ein erworbenes Interesse an der Hölle besitzt.“

Letztendlich ist Politik nämlich mehr als das schlichte Umsetzen eines vorher gemachten Plans. Die vielen Unwägbarkeiten, die offene Debatte mit Andersdenkenden und das schlichte Fehlen einer Glaskugel können dazu führen, dass am Ende eines politischen Vorhabens etwas ganz anderes steht als ursprünglich beabsichtigt. Manchmal ist es auch einfach nur die Tatsache, dass man selbst nicht genügend Menschen von der eigenen Meinung überzeugen konnte, die dazu führt, dass die Welt anders aussieht, als man es sich vielleicht wünschen würde. Und ja, zuweilen hat man sich auch einfach nur geirrt. Es ist dieser langwierige und manchmal auch schmerzhafte Prozess des Debattierens, Adaptierens und Scheiterns, der uns voranbringt. Wer an das Individuum glaubt, der braucht keine dunklen Götter, die die Menschen wie Puppenspieler lenken.