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Die wirtschaftliche Schwäche in weiten Teilen Südeuropas hat ursächlich mit den faulen Krediten des Bankensektors zu tun. In der Europäischen Union summieren sich diese Kredite inzwischen auf 920 Milliarden Euro. Das sind über 7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Über 200 Milliarden Euro faule Kredite liegen allein in den Büchern italienischer Banken. Dies entspricht über 11 Prozent der italienischen Wirtschaftsleistung. Fast 13 Prozent der Kredite sind notleidend – die Schuldner befinden sich bereits in Verzug. Zwei Prozent wären normal. Noch schlimmer sieht es in Griechenland aus. Dort sind Kredite in einem Volumen von 100 Mrd. Euro faul. Fast die Hälfte (45,2 Prozent) der Kredite werden nicht mehr regelmäßig von den Kreditnehmern bedient, bei den Konsumentenkrediten liegt die Quote sogar bei 54 Prozent. Eine wirtschaftliche Erholung ist schon deshalb in Griechenland fast unmöglich. Ähnlich sieht es in Zypern, Spanien und Portugal aus.
Bereits im Januar hat der Chef der Europäischen Bankenaufsicht EBA, der Italiener Andrea Enria, daher eine europäische „Bad Bank“ gefordert, in der die faulen Kredite der europäischen Banken gebündelt und mit einer staatlichen Ausfallgarantie versehen werden. Ihm geht es letztlich um eine Umverteilung innerhalb der Euro-Zone. Die im Moment noch besser dastehenden Euro-Länder sollen mit ihrer Wirtschaftskraft für die anderen geradestehen. Am Dienstag kam das Thema erneut beim Treffen der Euro-Finanzminister auf die Tagesordnung. Lediglich über einen „Aktionsplan“ zum Abbau der faulen Kredite konnten sich die Finanzminister verständigen. Insbesondere Wolfgang Schäuble passt die Bad-Bank-Diskussion derzeit nicht ins Konzept. Noch nicht!
Tatsächlich kommt das Thema nach der Bundestagswahl wieder auf die Tagesordnung. Denn ohne eine Lösung der faulen Kredite kommen die südeuropäischen Länder nicht auf die Beine. Deren Wachstumsschwäche hängt ursächlich damit zusammen. Deren Banken vergeben deshalb nicht vermehrt neue Kredite, weil sie bereits hohe Risiken in ihren Büchern haben und neue befürchten. Das lässt sie insgesamt zurückhaltender sein.
Allmählich dämmert es allen Beteiligten, dass die Politik der EZB gescheitert ist. Bislang hat die EZB geglaubt, ihre Nullzinspolitik würde die Kreditvergabe und damit auch die Konjunktur in den Südländern anregen. Doch dem maroden Bankensektor hilft das nicht weiter. Tendenziell verschärft sie eher die Situation. Denn auch für Banken in Italien und anderswo bricht das Einlagegeschäft durch Nullzinsen weg und im Kreditgeschäft sinken die Margen bei nach wie vor hohen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Lediglich die Staatskassen profitieren. Italien kann sich mehr Schulden leisten. 2.300 Milliarden Euro betragen sie aktuell. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sind das inzwischen 133 Prozent, so viel wie seit den 1920er Jahren nicht mehr. Die Inflation, die die EZB mit ihrer Politik auf 2 Prozent bringen will, springt nicht an, weil das Volumen der Bankkredite in Südeuropa stagniert. Die italienischen Staatsschulden sind der Garant dafür, dass die Zinsen im Euroclub niedrig bleiben werden. Mario Draghi sitzt in der Zinsfalle.
In diesem Umfeld ist es erstaunlich, wie sich in der Euro-Schuldenkrise die Argumente verändern. Noch 2007, 2008 und 2010 hieß es, wenn Banken wie Lehman, Hypo Real Estate oder auch Länder wie Griechenland Pleite gehen, dann habe das unabsehbare Folgen. Es würde zu einem Flächenbrand führen, an dessen Ende das ganze Finanzsystem zusammenbrechen würde. Das war die Begründung für die Überwälzung der Lasten von den Eigentümern und Gläubigern auf die Steuerzahler. Anschließend hieß es: nie, nie, nie wieder dürfe der Steuerzahler für das unmoralische Handeln der Banker herangezogen werden. Die Antwort der Euro-Staaten war der Europäische Stabilitätsmechanismus, eine einheitliche Bankenaufsicht und ein Abwicklungsmechanismus für nicht mehr überlebensfähige Banken. Den ersten Lackmustest haben zumindest die italienischen Banken nicht überstanden. Mit dem Niedergang der ältesten Bank der Welt, der Monte dei Paschi di Siena, wurde bereits die obligatorische Gläubigerhaftung durch eine staatliche Beihilfe und die Verlagerung fauler Kredite in eine nationale Bad Bank umgangen.
Bei den beiden Volksbanken Veneto Banco und Banca Popolare di Vicenca musste jetzt ebenfalls der Steuerzahler in Italien geradestehen. Dieses Mal war jedoch das Argument nicht, dass die beiden Banken zu groß oder zu sehr mit anderen Instituten vernetzt seien, sondern dass sie zu klein wären und daher nicht den europäischen Regeln unterliegen würden. Was nicht passt, wird passend gemacht. Nach diesem Prinzip handelt die Europäische Union und ihre Mitglieder seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise. Dabei ist die Lösung, Bankschulden durch staatliche Schulden zu ersetzen, nicht zielführend. Es ist „linke Tasche rechte Tasche“. Je länger die Kreditausweitung aus dem Nichts ausgeweitet wird, ohne das es dafür ein tragbares ökonomisches Fundament gibt, desto größer ist der anschließende Korrekturbedarf. Spätestens nach der Bundestagswahl wird nicht nur der Euro-Finanzminister mit einem eigenen Euro-Etat etabliert, sondern auch in einer europäischen Bad Bank die faulen Kredite entsorgen. Darüber schweigt Schäuble geflissentlich. Das darf man ihm nicht durchgehen lassen.
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