Photo: Tim Reckmann from Flickr (CC BY 2.0)
Von Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre.
International gehen freie Presse und Rechtsstaatlichkeit auch heute noch Hand in Hand. Länder mit einem hohen Grad an Pressefreiheit sind typischerweise Länder mit einem ausgeprägten Rechtsstaat. Das zeigt der Blick auf die Geschichte wie auf die Gegenwart.
Reporter ohne Grenzen berichtet, dass 2019 weltweit 50 Journalisten getötet und deutlich mehr inhaftiert wurden. Besonders gefährdet sind Journalisten in Ländern, in denen rechtsstaatliche Strukturen vergeblich zu suchen sind. Instabile Länder wie Afghanistan oder das unter dem Bürgerkrieg leidende Syrien, aber auch Hochburgen des Drogenkriegs wie Mexiko sind für Journalisten gefährliche Pflaster.
In Zeiten von Kriegen, Bürgerkriegen und Revolutionen ist die Arbeit von Journalisten nicht nur gefährlich, sondern die freie Berichterstattung insgesamt in Gefahr. Umso interessanter ist die Lage der Pressefreiheit während der griechischen Revolution im 19. Jahrhundert, die Aristides Hatzis in einem neuen IREF Working Paper beleuchtet.
Pressefreiheit heute
Einen systematischen Überblick über den aktuellen Stand der Pressefreiheit erlaubt der World Press Freedom Index 2020 von Reporter ohne Grenzen. Der Index umfasst 180 Länder. Es fließen verschiedene Faktoren ein, wie die Vielfältigkeit der Medien, deren Unabhängigkeit, die Qualität gesetzlicher Rahmenbedingungen oder die Sicherheit von Journalisten.
Sieben der zehn Länder mit dem größten Grad an Pressefreiheit kommen aus Europa. Deutschland verpasst die Top 10 nur knapp und belegt Platz 11. Am schlechtesten schneidet Nordkorea ab. Griechenland belegt den 65. Platz, zwischen Argentinien und Japan. Tendenziell hat sich die griechische Platzierung in den vergangenen Jahren verbessert.
Griechenland in den 1820er Jahren: Revolution, freie Presse
Im März 1821 erhob sich die griechische Bevölkerung gegen die Herrschaft der Osmanen. Aristides Hatzis untersucht in einem neuen IREF Policy Paper die Rolle der Presse während dieser revolutionären Zeit. Im Zentrum steht eine Reihe von Zeitungen, die ab 1824 den öffentlichen Diskurs in Griechenland prägten. Diese Zeitungen wurden alle von britischen Intellektuellen gegründet und herausgegeben. Dabei verfolgten die Zeitungsgründer unterschiedliche Schwerpunkte. Während die einen, allen voran der britische Dichter Lord Byron, vor allem die Anerkennung der griechischen Revolution durch andere Länder Europas voranbringen wollten, stellten andere die Verbreitung liberaler Ideen in Griechenland in den Vordergrund. Dies gelang ihnen auch tatsächlich, wie Hatzis schreibt. Bemerkenswert ist, dass unter den widrigen Umständen einer Revolution die Zeitungen weitestgehend frei agieren konnten.
Die unterschiedlichen Ziele der Zeitungsgründer führten allerdings auch zur ersten Zensur im modernen Griechenland. Die Anhänger, die vornehmlich die internationale Anerkennung Griechenlands erreichen wollten, sahen in dem Treiben ihrer liberaleren Konkurrenz eine Gefahr für die Anerkennung Griechenlands durch die Monarchien Europas. So erreichten sie eine Konfiszierung einer Ausgabe der liberaleren Konkurrenz.
Griechische Zeitungen blieben Hatzis zu Folge über die Zeit der Revolution hinaus kritisch gegenüber jeder Art von Autorität, ausufernder Macht der Monarchie, Premierministern und Regierungen. Sie waren mitentscheidend für die Entstehung moderner staatlicher Strukturen in Griechenland. Auch wenn diese Episode eine Erfolgsgeschichte sowohl für die Pressefreiheit als auch für die Verbreitung liberaler Ideen in Griechenland war, so konnte sie den radikalen Nationalismus im 19. Jahrhundert in Griechenland nicht verhindern, wie Hatzis ausführt.
Freie Presse und demokratischer Rechtsstaat heute
International gehen freie Presse und Rechtsstaatlichkeit auch heute noch Hand in Hand. Länder mit einem hohen Grad an Pressefreiheit sind typischerweise Länder mit einem ausgeprägten Rechtsstaat. Länder, in denen gemäß des World Press Freedom Index die Presse frei berichten kann, haben einen ebenso ausgeprägten Rechtsstaat, wie Daten des Rule of Law Index des World Justice Projects zeigen. In welche Richtung die Kausalität wirkt, ist nicht ganz klar, aber es spricht einiges dafür, dass eine freie Presse politische Macht beschränkt und zum Erhalt des Rechtsstaats beiträgt.
Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind eng mit einander verwoben – heute wie früher. Hatzis’ Ergebnisse zur Pressefreiheit während der griechischen Revolution im 19. Jahrhundert sind insofern erstaunlich, als dass sich trotz der widrigen Umstände der Revolutionszeit eine weitgehend freie Presse etablieren konnte.
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