Photo: Daniel Cheung on Unsplash

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Roboter in der Arbeitswelt werden immer populärer, was pessimistische Stimmen dazu bewegt, lauthals nach einer Robotersteuer zu rufen. Doch die krankt an zwei Problemen: Die Bemessungsgrundlage ist schwerlich zu definieren und sie würde Investitionen hemmen. Doch erst diese sichern unseren gesellschaftlichen Wohlstand.

Roboter werden die Arbeitswelt in den kommenden Jahrzehnten deutlich verändern und viele Tätigkeiten übernehmen, die heute von Menschen ausgeführt werden, etwa in der Pflege, im Transportgewerbe oder in der Rechtsberatung. Unbestritten profitiert die Menschheit, wenn Roboter weitere mühsame Tätigkeiten übernehmen. Dennoch bereitet die zunehmende Robotisierung der Arbeitswelt vielen Menschen Unbehagen. Sie fürchten wachsende Arbeitslosigkeit und Ungleichheit.

An Popularität gewinnt daher die Forderung, den Einsatz von Robotern gezielt zu besteuern – einerseits, um den Wandel auszubremsen, andererseits, um vermeintliche Verlierer zu kompensieren und Einkommensungleichheit zu mildern. Vergangene Automatisierungsschübe wurden von ähnlichen Ängsten begleitet, haben aber mittelfristig zu höheren Reallöhnen geführt und die Arbeitslosigkeit nicht erhöht. Nur wenige Menschen würden heute die Uhr zurückdrehen und auf die Vorteile des Webstuhls, der Massenproduktion oder des Computers verzichten wollen.

Auch die vierte industrielle Revolution birgt das Potenzial massiver Wohlstandsgewinne, die durch eine Robotersteuer zwar geschmälert, aber kaum umverteilt werden könnten. Damit alle Menschen an den Früchten des Wandels teilhaben, braucht es offene Märkte und viele Kapitaleigner.

Robotersteuer gewinnt an Popularität

„Wenn ein Roboter den Job eines Menschen übernimmt, sollte er auf ähnliche Weise besteuert werden wie menschliche Arbeiter“, so der wohl prominenteste Befürworter einer Robotersteuer, Bill Gates. Auch andere Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft haben sich für eine Robotersteuer ausgesprochen, darunter Steven Hawkings, Benoît Hamon, Thomas Straubhaar, Frank Appel, Robert Shiller und der österreichische Ex-Bundeskanzler Christian Kern, der in dieser Frage fast 80% seiner Landsleute hinter sich sieht.

Ihr Argument lautet wie folgt: Im Zuge der Robotisierung der Arbeitswelt steigen die Einkommen von Roboterbesitzern, während Menschen mit ersetzbaren Tätigkeiten sinkende Einkommen erfahren oder gar ihre Jobs verlieren. Das führt nicht nur zu wachsender Arbeitslosigkeit und Ungleichheit, sondern belastet auch den auf Sozialabgaben und Lohnsteuern angewiesenen Sozialstaat. Als Gegenmittel kommt eine gezielte Steuer auf den Einsatz von Robotern in Frage, deren Aufkommen Umverteilung und neue Arbeitsplätze finanzieren könnte. Außerdem wäre die Robotersteuer in der Lage, den Wandel abzubremsen und den Menschen Zeit zur Anpassung an die neue Arbeitswelt zu verschaffen.

Praktisches Problem: Was ist ein Roboter?

Was auf den ersten Blick wie eine vernünftige Reaktion auf den Wandel der Arbeitswelt klingen mag, ist bei näherem Hinsehen mit zahlreichen Problemen behaftet. So ist nicht klar, welche Teile des Kapitalstocks als Roboter der Besteuerung unterliegen sollten.

Jede Steuer braucht eine klar definierte Bemessungsgrundlage. Wenngleich wir alle ein Bild vor Augen haben, wenn wir an einen Roboter denken, fällt es nicht leicht zu definieren, welche Teile des Kapitalstocks einer Robotersteuer unterliegen sollten und welche nicht. Während herkömmliche Definitionen von technischen Apparaturen zur Übernahme mechanischer Arbeit ausgehen, schwebt den Befürwortern einer Robotersteuer eine breitere Definition vor. Sie wollen auch „Denkarbeiter“, also beispielsweise Bankangestellte oder Juristen, vor der Automatisierung schützen. Nicht nur die Abfüllanlage in der Brauerei, sondern auch der mit einer Beratungssoftware ausgestattete PC wäre demnach ein Roboter.

Doch haben nicht der Pflug oder der Container weitaus mehr Arbeitsplätze vernichtet als jeder Roboter? Ist das zentrale Kriterium tatsächlich, dass Roboter menschliche Arbeit ersetzen, so müsste eine konsistente Steuer nichtrobotische Werkzeuge ebenso einbeziehen – und würde sich somit kaum mehr von der bereits existierenden Kapitalertragsteuer unterscheiden.

Praktisches Problem: Können Roboter besteuert werden?

Selbst wenn eine konsistente Definition der zu besteuernden Roboter gelingen sollte, stellt sich die Frage, wie die Bemessungsgrundlage einer Robotersteuer ermittelt werden soll. Roboter beziehen kein Einkommen, das direkt besteuert werden könnte. Stattdessen müssten roboternutzende Unternehmen oder Roboterbesitzer besteuert werden. Vorstellbar wäre etwa eine Steuer auf jene Teile des Kapitalstocks, die als Roboter identifiziert wurden. Alternativ könnten der Gewinn oder Umsatz je nach der Roboterintensität variabel besteuert werden. Roboterbesitzer könnten im Rahmen der Einkommensteuer erhöhte Sätze für Einkünfte aus der Roboternutzung abführen.

In der Praxis laufen diese Vorschläge auf eine zusätzlich Ertragssteuer auf Roboter hinaus. Wird eine umfassende Roboterdefinition zugrunde gelegt, käme die Robotersteuer einer Erhöhung der Kapitalertragsteuer gleich, die langfristig nicht Kapitaleigner, sondern Konsumenten und Arbeitnehmern belastet. Wird eine engere Definition verwendet, müsste sich die Steuer auf ein komplexes und willkürliches Regelwerk stützen und böte so Anlass für allerlei Lobbyaktivitäten, Verteilungskämpfe und Ausweichreaktionen.

Bezeichnenderweise umschiffen die meisten Befürworter der Robotersteuer sowohl die Definitionsfrage als auch die Frage nach der konkreten Umsetzung.

Automatisierung: Eine Erfolgsgeschichte

Der Wandel der Arbeitswelt ist kein neues Phänomen. Der mechanische Webstuhl und die Dampfmaschine haben unter Zeitgenossen die Befürchtung genährt, dem Menschen ginge bald die Arbeit aus. So machte Karl Marx in seinem Kapital die vermeintliche Gesetzmäßigkeit aus, dass „[m]it der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Überzähligmachung [produziere].“

Doch im Rückblick lässt sich feststellen, dass die industrielle Revolution nicht zu dauerhafter Arbeitslosigkeit führte, sondern viele neue Arbeitsplätze schuf. Kurzfristig möglicherweise gesunkenen Reallöhnen folgte ein beispielloses Lohnwachstum, sodass die Früchte der industriellen Revolution heute allen Menschen zu Gute kommen.

Auch jüngste Erfahrungen geben Anlass zu Optimismus: Trotz kontinuierlicher Automatisierung weisen die Arbeitslosenraten in hochtechnisierten Ländern wie den USA, Deutschland und Großbritannien über das letzte Jahrhundert keinen Aufwärtstrend auf. Maschinen haben Menschen nicht aus der Arbeitswelt verdrängt, sondern produktiver und damit reicher gemacht. Auch die Ungleichheit ist nicht explodiert. Tatsächlich bewirkt der technologische Fortschritt in Bezug auf viele Kategorien von Konsumgütern eine Angleichung der Konsumgewohnheiten.

Ist diesmal alles anders?

Historische Erfahrungen lassen vermuten, dass auch die „Automatisierungsdividende“ der vierten industriellen Revolution bei den Menschen ankommt – ganz ohne Robotersteuer. Oder gibt es Gründe für die Annahme, dass dieses Mal alles anders kommen wird?

Ein Problem könnte die Geschwindigkeit darstellen, mit der sich der Wandel vollzieht. Während die Robotisierung langfristig allen Menschen nützen dürfte, verlangt sie manchen Menschen enorme Anpassungsleistungen ab. Es ist außerdem vorstellbar, dass Menschen sich nicht beliebig qualifizieren können. Vielleicht stoßen wir irgendwann an eine Grenze, die immer weniger Menschen überspringen können. Ein solches Szenario würde nicht zwangsläufig zu Arbeitslosigkeit führen, aber möglicherweise zu dauerhaft sinkenden Reallöhnen für die Betroffenen und wachsender Einkommensungleichheit.

Aktuelle Studien deuten allerdings darauf hin, dass nur wenige der aktuell ausgeführten Jobs unmittelbar automatisiert werden können. Während Frey und Osborne schätzen, dass bis zu 47 % der US-amerikanischen Arbeitsplätze mit heutiger Technik automatisiert werden könnten, kommt eine neuere Studie der OECD auf Basis angemessenerer Analysemethoden zu durchschnittlich 9 % in den 21 untersuchten OECD-Ländern. Studien von McKinsey und dem Weltwirtschaftsforum kommen zu ähnlich moderaten Ergebnissen. Auch die vierte industrielle Revolution scheint den Menschen also viel Zeit zur Anpassung zu lassen.

Robotersteuer ist kontraproduktiv

Sollte es wider Erwarten zu wachsender Arbeitslosigkeit und Ungleichheit durch den vermehrten Einsatz von Robotern kommen, wäre die Einführung einer Robotersteuer dennoch kontraproduktiv. Als Steuer, die am Ende doch schlicht den Einsatz von Kapital bestraft, würde sie Anreize zum Investment in den Kapitalstock verringern und so langfristig zu verminderter Produktivität und geringerem Wohlstand führen. Darüber hinaus wären die Kosten vor allem durch Arbeitnehmer und Konsumenten zu tragen, in Form geringerer Löhne und höherer Preise.

Dass das Produktivitätswachstum derzeit zu gering und nicht zu hoch ausfällt, ist eine von vielen vertretene Position – zumindest lässt die staatliche Subventionierung von Forschung und Ausbildung im MINT-Bereich darauf schließen. Eine Robotersteuer würde diesen Bemühungen zuwiderlaufen. Damit alle Menschen von der Robotisierung profitieren, sind offene Märkte erforderlich, die in Konkurrenz stehende Unternehmenseigner dazu bewegen, Produktivitätsgewinne in Form von sinkenden Preisen an die Konsumenten weiterzugeben. Außerdem kann die Politik ihren Beitrag leisten, indem sie Personen mehr Möglichkeiten zum Kapitalbesitz lässt, etwa im Rahmen der Altersvorsorge.

Erstmals veröffentlicht bei IREF.

1 Antwort
  1. Lothar Barth
    Lothar Barth sagte:

    Ich erinnere mich, daß auch schon in den 1970er Jahren von den Gewerkschaften eine sog. Maschinensteuer gefordert wurde im Zuge der Automatisierung, da angeblich dadurch viele Arbeitsplätze wegfallen würden. Aber es hat sich gezeigt, daß auch damals schon die Arbeitsplätze durch die Automatisierung nicht abgebaut wurden, sondern im Gegenteil dadurch neue und anspruchsvollere Arbeitsplätze entstanden sind.

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