Photo: Bankenverband from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Zahlen können schon auf den ersten Blick falsch und unrealistisch sein. Auch wenn sie alle paar Jahre wiederholt werden, gewinnen sie nicht an Glaubwürdigkeit. Bei den jetzt wieder ins Auge gefassten Privatisierungserlösen in Griechenland ist es so.

Bereits im Frühjahr 2010, als Hellas unter die „helfende Hand“ der Troika kam, hieß es schon, sie müssten ihre Staatsunternehmen privatisieren. Als Ziel wurden damals schon 50 Milliarden Euro genannt. In der Anhörung zum 1. Griechenland-Paket im Deutschen Bundestag widersprach Hans-Werner Sinn bereits dieser Zahl. Die griechischen Staatsunternehmen seien viel zu marode, als dass dies nur annähernd realistisch sei. Der Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch nannte damals eine Zahl von 5 Milliarden schon als ambitioniert. Nach fünf Jahren „Rettungswahnsinn“ war selbst diese Prognose übertrieben. Lediglich zwischen 2 bis 3 Milliarden wurden bis heute realisiert.

Jetzt taucht diese irre Zahl erneut bei den Verhandlungen um ein 3. Hilfspaket auf. Völlig absurd. Um die Zahl von 50 Milliarden Euro ins rechte Licht zu rücken, ist ein Vergleich mit Deutschland hilfreich: Die griechische Wirtschaftsleistung (BIP 2014) beträgt rund 6,5 Prozent zu unserer Wirtschaftsleistung in Deutschland. 50 Milliarden Euro Privatisierungspotential in Griechenland würden auf Deutschland übertragen daher 773 Milliarden Euro bedeuten. Diese unglaubliche Zahl wird umso unrealistischer, wenn man bedenkt, dass die Kapitalisierung des Deutschen Aktienindex DAX gerade einmal 1.230 Milliarden beträgt. Um auf das Volumen der griechischen Privatisierungspläne zu kommen, wäre ein Volumen notwendig, das über 60 Prozent (!) der größten 30 börsennotierten Unternehmen in Deutschland umfasst. Darunter sind Unternehmen wie Bayer mit einer Börsenkapitalisierung von 111 Mrd. Euro, VW mit 94 Milliarden, Daimler mit 91 Milliarden und Siemens mit 84 Milliarden Euro. Inzwischen sollten die „Retter“ eigentlich erkannt haben, dass selbst die Übertragung in eine Treuhandanstalt nach deutschem Vorbild keine nennenswerten Einnahmen für den griechischen Staat generieren wird.

Die Privatisierungen sind nicht aus fiskalischen Gründen notwendig, sondern vielmehr aus marktwirtschaftlichen. Der Staat geht mit Eigentum anders um als Private. Er hegt und pflegt es nicht, sondern verschwendet es. Wenn in Griechenland annähernd die Hälfte aller Beschäftigten direkt oder mittelbar beim Staat oder seinen Unternehmen arbeitet, dann kann das Land nicht nach oben kommen. In einer solchen Situation ist die Privatisierung per se gut. Es wäre wahrscheinlich besser, der Staat würde die Unternehmen verschenken, anstatt sie weiter in seiner Obhut zu behalten. Letzteres würde weiterhin die Korruption, die Gewerkschaftsmacht und die Unwirtschaftlichkeit fördern.

Stattdessen argumentiert die sozialistische Regierung in Griechenland, dass das Tafelsilber nicht verkauft werden dürfe oder es aufgrund der vermeintlich ungünstigen Marktsituation der falsche Zeitpunkt sei. So haben auch in Deutschland die Gewerkschaften und die Linken lange Zeit argumentiert. Anschließend sind Milliardengräber wie die Deutsche Post, die Deutsche Bahn und die Deutsche Telekom für den Steuerzahler entstanden, die nur deshalb heute Gewinne erwirtschaften, weil der Staat Pensionslasten oder Investitionen in Milliardenhöhe übernommen hat und nach wie vor laufend übernimmt. Wir sind halt auch ein bisschen Griechenland!

4 Kommentare
  1. Gunter Grigo
    Gunter Grigo sagte:

    So ein Unfug! Wo ist belegt, dass privatisierte Unternehmen besser seien als staatliche? Im Gegenteil werden privatisierte Unternehmen zunehmend rekommunalisiert weil die Preise steigen, Qualität und Löhne sinken. Lediglich die Managergehälter steigen exorbitant.

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    • Krzysztof Pujdak
      Krzysztof Pujdak sagte:

      Tut mir leid, es ist Blödsinn, den Sie hier schreiben. Mann muß hier gar nichts beweisen, es so offensichtlich wie z. B. der technische Vorsprung eines 5er BMWs über einem Wartburg-PKW.

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      • Gunter Grigo
        Gunter Grigo sagte:

        Das was in staatlichen Unternehmen an Geld „verblödelt “ wird wird in privaten Unternehmen von den oberen Etagen „verdient“. Also bleibt sich´s gleich. Beweisen sollte man seine Thesen schon können – irgendwie.
        Müll, Wassser, Energie – alles teurer geworden – die Leute verdienen weniger nur die Chefs besser, also?

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  2. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Die Privatisierung der Wirtschaft kann keine Zauberformel sein. Vor allem kommt es darauf an, dass das produktive Kapital gerecht verteilt ist. In Griechenland besteht in der Tat die Gefahr, dass Privatisierungen nur verschlimmbessern.

    Die Aussagekraft des BIP bezüglich der Wirtschaftsleistung der Menschen in einer Volkswirtschaft ist begrenzt. Von unserer vermeintlich hohen Wirtschaftsleistung profitieren längst nicht alle. Außerdem habe ich ein wenig den Verdacht, dass unsere guten Wirtschaftszahlen in Wirklichkeit (genauso wie in Griechenland) sehr viele Sinnlosigkeiten beinhalten. Es könnte uns durchaus besser gehen.
    Dass es uns nicht gut geht, kann man an folgenden Umständen erkennen: es gibt immer mehr Rechtsanwälte, Steuerberater oder Finanzdienstleister. immer mehr Mini-Jobs und gleichzeitig immer weniger Vollzeitjobs; gute Wirtschaftszahlen werden in Wirklichkeit mit Anwaltsabzocke oder mit Willkürrechtsprechung geschrieben. Die ländliche Versorgung mit Dienstleistungen wird immer schlechter; sinnlose halbstaatliche Bürokratie/ durch schlecht durchdachte Politik entstehen sinnlose Arbeitsplätze wie z.B. bei Pflichtkrankenkassen, bei den Arbeitsagenturen oder bei der Mini-Job-Zentrale. Außerdem machen sich bei uns die Banken zu sehr breit und sollten nach Möglichkeit ausgedünnt gemacht werden; Banken sitzen zu nah am Geld und schreiben dadurch oft viel zu hohe Gewinne; rückläufige Geburtenzahlen bei den Deutschen; sehr viele Deutsche wandern aus, weil der Arbeitsmarkt nicht mehr hergibt; immer mehr durch Schleuserbanden ins Land gebrachte Flüchtlinge, ausufernde Staatsschulden, extrem hohe Risiken im Zusammenhang mit dem Euro; wir haben leider eine fest im Sattel klebende Regierung, die ihre Politik nicht aufs Volk, sondern auf die Wirtschaft ausrichtet (vgl. TTIP/ CETA) und am Volk vorbeiregiert. Bei der FDP hat man leider den Eindruck, dass sie nur eine Art Trabant der CDU ist. Dies wird durch das vergleichsweise starke Desinteresse der Deutschen an der Politik nicht besser. Zudem dürfte es nicht hilfreich sein, dass die SPD gleichzeitig ein Medienkonzern ist und dass ARD/ ZDF sich keinen Politikwechsel leisten wollen. Jedenfalls werde ich bei der nächsten Bundestagswahl darauf achten keine Partei wählen, die hohe Parteispenden kassiert und daher vermutlich Kapitalinteressen und nicht so sehr normale Bürgerinteressen vertritt.

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