Photo: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen from Flickr (CC BY 2.0)

So unterschiedlich kann die Welt sein: In Venezuela gehen die Menschen aktuell auf die Straße, weil sie hungern, in Deutschland demonstrieren die Landwirte, weil sie meinen, dass die Nahrungsmittelpreise zu niedrig sind. Anschaulicher kann man der Unterschied zwischen einer sozialistischen Planwirtschaft und der Marktwirtschaft nicht darstellen. Das sozialistische Experiment in Venezuela ist rein hausgemacht. Denn Preiskontrollen, Verstaatlichungen und Enteignungen sind nicht vom Himmel gefallen oder von Diktatoren durchgesetzt worden, sondern wurden von einer Mehrheit der Bevölkerung immer wieder demokratisch legitimiert. Jetzt gibt es fast nichts mehr zu kaufen, weder Medikamente noch Nahrungsmittel. Im Sozialismus Venezuelas können sich die Nomenklatura und die Reichen nach wie vor alles leisten, nur die Armen leiden unter der Mangelverwaltung.

Anders bei uns. Hier existieren noch kleine Nischen der Marktwirtschaft. Sie finanzieren den wachsenden Sozialismus an anderer Stelle des Staates. In dieser Marktwirtschaft sinken die Preise deshalb, weil Unternehmer fortwährend versuchen, ihr Produkt noch effizienter und damit besser zu machen, damit sie wirtschaftlich überleben. Der Konsument ist König. Er entscheidet, was sich am Markt durchsetzt und was nicht. Diese Marktwirtschaft hat in ihrer Geschichte gerade für den kleine Mann enorme Fortschritte und den Zugang zu früheren Luxusgütern gebracht. Er kann sich Produkte leisten, die in früheren Jahrzehnten nur den Reichen vorbehalten waren. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts konnten nur Vermögende regelmäßig Fleisch oder Milchprodukte kaufen. Vegetarisches Leben war damals nicht Ausdruck eines Lebensstils, sondern eine Frage der Einkommensklasse. Wer arm war, war zum Vegetarier verdammt, ob er wollte oder nicht. Für ihn gab es bestenfalls an Weihnachten mal Fleisch. Er aß altes Graubrot und trank abgestandenes Wasser. Wer reich war, konnte jeden Tag Schnitzel oder Filet zu sich nehmen, Butter aufs Weißbrot schmieren und Milch oder Kaffee zum Frühstück trinken.

Heute wird dieser großartige Fortschritt kritisiert. In dieser Woche beklagten sich führende Vertreter der Grünen über diesen Zustand. Es herrschten Dumpingpreise für Fleisch. Deren Agrarexperte Ostendorff beklagte sogar, dass 70 Prozent der Fleischmenge im Supermarkt verramscht würde. Deshalb schlug der Grüne gleich die Rezepte der Planwirtschaft vor: Mindestpreise. Sein Parteikollege Hofreiter geht auch den Weg Venezuelas. Er nennt diesen Weg nicht Enteignung, es kommt aber auf das Gleiche raus. Er will durch Produktionsauflagen die Landwirte zu „nachhaltiger Produktion“ zwingen. Was nachhaltig für den Landwirt und dessen Kunden ist, definiert jedoch Hofreiter höchstselbst. Wer auf ihn nicht hören will, muss fühlen. Die Folge dieser „nachhaltigen Produktion“ durch Zwang sind höhere Preise.

Damit diese Absicht nicht so auffällt, will er die größten Härten abfedern und den Armen durch einen Zuschlag beim Hartz IV-Satz helfen. Doch im Kern schlägt er vor, wieder die alte Ordnung zu schaffen, wie sie Anfang des letzten Jahrhunderts bei uns herrschte. Es soll eine Frage des Einkommens sein, wer sich wann und wie oft Fleisch leisten kann und wer nicht. Dahinter steckt ein großer Plan. Dieser große Plan folgt einem großen Vorbild: Der so genannten Energiewende. Ihr soll die Ernährungswende folgen. Zwar sollen die Bürger noch bei Landtags- und Bundestagswahlen wählen können, was sie wollen. Jedoch bei der Ernährung gilt das bald nicht mehr. Wir essen zu viel Fleisch, zu viel Zucker, zu wenig Bio und insgesamt zu viel von allem. Appelle scheinen hier nicht mehr zu helfen, sondern oktroyierende Maßnahmen für Unternehmen und Bürger müssen jetzt her, ansonsten steigen die Folgekosten für die Sozialkassen, das Bildungssystem und die Natur. Und was kommt nach der Energiewende und der Ernährungswende? Na klar, die Verkehrswende. Individualverkehr ist schlecht, das Auto ist des Teufels und Radfahren und zu Fuß gehen, ist die Zukunft. Was lernen wir daraus? Die Chávezisierung schreitet auch bei uns unaufhörlich voran.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

5 Kommentare
  1. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Hier fällt mir das Paradoxon ein, dass es bei uns trotz expansiver Geldpolitik Deflation gibt. Dies liegt daran, weil die Geldmengenausweitungen eben gerade nur sehr wenigen Personen zu Gute kommen. Diese erheblichen Geldmengenausweitungen haben aber auch zur Folge, dass wir jetzt sogar ein etwas absurdes Zinsniveau haben. Die Sparkassen sind insofern in allergrößter Sorge.

    Interessant ist auch der sog. Cantillion-Effekt, wonach sich die Erhöhung der Geldmenge nicht gleichzeitig auf alle Bereiche der Volkswirtschaft auswirkt. Vielmehr profitieren durch die Geldmengenausweitungen staatsnahe Betriebe und Banken.

    Zwischen dem Staaten und den Banken (und eigentlich auch den Konzernen) gibt es leider eine unheilige Allianz. Und man kann es durchaus nicht sagen, dass unser jetziges System noch besonders lange funktionieren wird.

    Der Herr Draghi muss leider zurzeit das Zinsniveau niedrig halten und ihm steht dafür nur sein grob ungeeignetes Instrumentarium zur Verfügung.

    Der Herr Draghi mahnt jetzt ständig die Regierungen an und der Herr Schäuble ermahnt die Griechen und bemerkt es nicht hinreichend, dass er vor allem jetzt selbst am Zug wäre. Auch tut es schon richtig weh, dass die CSU die Geldpolitik des Herrn Draghi scharf bemängelt, weil der Herr Draghi dafür nichts kann. So besonders kompetent kann die CSU wohl nicht sein.

    Mache in diesem Zusammenhang auch auf meine neue Gruppe „Der neue Konkurrent des Kapitalismus heißt Kollektivismus“ bei network.meine-freiheit.de aufmerksam.

    Bislang gibt es erst zwei weitere Personen, die dieser Gruppe beigetreten sind.

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  2. Klabauterhuhn
    Klabauterhuhn sagte:

    Hofreiters engster Kontakt zur Natur ist bestenfalls das Ungeziefer in seiner Zeckenmatte un ausgerechnet er will jetzt die Landwirte koordinieren?

    Die Grünen sind psychotische Faschisten und müssen verschwinden, bevor sie noch Menschen ermorden. Ups, haben sie ja schon – als erste Partei seit der NSDAP schickten sie deutsche Soldaten in den Krieg.

    Antworten
  3. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Die Diskussion über Mindest- oder Höchstpreise ist zwar nicht falsch, aber sie kann solange nicht so richtig relevant sein, solange wir ohnehin ein falsches Geldsystem haben. Beim Geldumlauf gibt es die immer kleiner werdende volkswirtschaftliche Geldmenge, mit der die große Mehrheit an Personen die täglichen Transaktionen abwickelt. Hier ist also Geld ein ständig knapper werdendes Gut und daher arbeiten immer mehr Menschen für einen Apfel und ein Ei. Allerdings kann man die Geldknappheit bei Abgeordneten weniger beobachten, weil es denen erfreulicherweise doch noch gelingt, die Geld-Knappheit mit einem Diätengesetz zu überbrücken. Denn es ist doch offensichtlich, dass man doch nicht dermaßen weniger verdienen dürfe als die Wirtschaftsbosse, die doch die Last der Wirtschaft dankbarerweise tragen.

    Jedenfalls gibt es zwischen unserer gesamten Geldmenge und der gesamten Gütermenge keinen richtigen Zusammenhang. Die Güter können wegen der Robotisierung immer günstiger produziert werden, während sich die Geldmenge durch Bankkredite erhöht. Diese Geldausweitung wird zudem durch die Giralgeldschöpfung der Banken um mindestens ein 10faches erhöht.

    Wenn also zu wenig Geld da wäre, müsste der Staat ohnehin Kredite bei den Banken aufnehmen, weil er sonst seinen Verpflichtungen nicht nachkommen könnte. Dadurch wird die Geldmenge immer mehr ausgeweitet.
    Der Geldbesitz der wenigen Reichen drückt also ebenfalls das Zinsniveau, während der Geldbesitz der Reichen nicht zu Inflation führt, weil diese nicht so viel konsumieren. Unter dem Strich gibt es sogar noch Deflation.
    Dies ist ein Hinweis darauf, dass unsere Regierung uns ausbeutet und Entwicklungsländern oftmals auch noch Freihandel aufs Auge drückt.

    Was den Sozialismus betrifft, der im Post völlig beiläufig als etwas offensichtlich Törichtes hingestellt wird,
    dürfen wir es nicht übersehen, dass wir deshalb Wohlstand haben, weil
    a) die Banken die Geldmenge immer mehr aufblähen, wodurch die eigene „Wirtschaft“ immer wettbewerbsfähiger wird
    und
    b) weil die Kreditvergabe der Banken ein Enteignungssystem ist
    c) weil wir sowohl durch unser Bankgeheimnis gemäß § 30a AO – mit Rücksicht auf die guten Bankgeschäfte – als auch mit zu guten Abschreibungsmöglichkeiten die Probleme immer mehr auf künftige Generationen verschieben.
    d) außerdem werden „unsere“ Exporte durch den Konstruktionsfehler des Euro „verstärkt“, was jetzt ebenfalls dazu beiträgt, dass spätestens 2030 jeder Zweite eine Armutsrente beziehen wird.
    e) unser (kurzfristiger) Wohlstand wird zudem durch unfairen Handel mit Kaffee- u. Kakao-Zulieferländern verstärkt

    Wer die für die meisten nicht durchschaubare Politik von Frau Merkel einmal verstanden hätte, der müsste regelrecht Wutanfälle bekommen.

    Frau Merkel lobt sich wegen ihrer Exporterfolge – Deutschland ist imemrhin das weltweit drittstärkste Exportland – und bemerkt es auch hier nicht, dass diese die Eurokrise verursachen. Die deutschen Exporterfolge sind eben gerade nicht so sehr mit guter Leistung begründet, sondern die Folge zu guter Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen.

    Unsere Politiker produzieren also dadurch Wohlstand, indem sie unsere Probleme immer mehr in die Zukunft verschieben und das ist einfach nur widerlich.
    Und Herr Gabriel lobt sich als Demokrat und als TTIP/CETA-Versteher.

    Der Wettbewerb hilft zwar dabei, dass es keine Preiswillkür gibt, aber er ist keine bessere Alternative zum Sozialismus-Gedanken.

    Aber es ist schon richtig, dass man für einen guten Sozialismus die richtigen Stellschrauben finden muss.

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  4. gogo49
    gogo49 sagte:

    Becker’s Geldmengentheorie ist mir zu kompliziert und neben dem Thema. Ich stimme dem Poster zu, dass Grüne uns bevormunden wollen. Aufklärung ja, Vorschrift nein. Da die Grünen sonst ja immer Lobbyismus wittern, ist Hofreiter Bio-Industrie-Lobbyist?

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    • Ralf Becker
      Ralf Becker sagte:

      Wenn Becker’s Geldmengentheorie zu kompliziert ist, dann empfehle ich den
      Besuch meiner Gruppe „Der neue Konkurrent des Kapitalismus…“ bei
      network.meine-freiheit.de. Ich stelle fest, dass Becker’s Theorien den
      meisten bei der FDP zu kompliziert sind oder dass sie ihnen zumindest nicht in den Kram passen.Die Grünen und die Linkspartei sind jedenfalls in den letzten Jahren besser geworden, weil sie zumindest einzelne gute Leute haben. Die Grünen oder die Linkspartei liegen bei vielen Politikfragen durchaus richtiger als die FDP. Beispielsweise habe ich bei network.meine-freiheit.de eine Gruppe „400 AKWs bis 2050 in DE“

      gefunden. Da kann die FDP doch wohl kaum noch verkehrter liegen. Außerdem ist die zu große Nähe des Christian Lindner zu Unternehmern ebenso ein Fehler, der die FDP für mich als zurzeit nicht wählbar erscheinen lässt. Ich werde mich trotz meiner Links/Grün-Präferenz bemühen, auch bezüglich der Bündnisgrünen und der Linkspartei geeignete Kritikpunkte zu finden, sollte es sie geben.

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