Photo: Chris Parker from Flickr (CC BY-ND 2.0)
Wenn Finanzminister Wolfgang Schäuble in diesen Tagen eine eigene Euro-Steuer für den Währungs-Club und einen eigenen Finanzminister vorschlägt, dann verfolgt er konsequent seine bisherige Politik. In den vergangenen Wochen konnte man eigentlich einen anderen Eindruck gewinnen. Schäuble schien an Griechenland und seiner sozialistischen und rechtsnationalen Regierung zu verzweifeln. Insbesondere das Hü und Hott der Regierung und deren mangelnde Verlässlichkeit nagte an seiner störrischen Geduld. Er und seine Emissäre brachten sogar das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Club ins Gespräch. Rechtzeitig vor dem Gipfel in Brüssel spielte er sogar Vorschläge zur Änderung der EU-Verträge in die Öffentlichkeit, die den Ausschluss von Mitgliedern bei fortgesetzter Vertragsverletzung ermöglichen sollte. Als früherer Kritiker des bisherigen Eurokurses könnte man jetzt eigentlich Hosianna rufen.
Doch wirklich ernst gemeint, war dieses Vorschlag Schäubles nie. Er war ein taktisches Manöver des alten Politikfuchses. Bei näherer Betrachtung spielten Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister nur ein taktisches Spiel. Schäuble sollte im Vorfeld den Druck auf die Staatengemeinschaft und Griechenland erhöhen, bis hin zur Möglichkeit, dass Hellas aus dem Euro geschmissen wird. Merkel sollte beim entscheidenden Gipfel den Kompromiss suchen und finden, um ihre Führungsrolle in Europa zu untermauern. Dieses taktische Spiel ist gelungen. Taktik können beide. Nicht ohne Grund sind Merkel und Schäuble so lange im Geschäft. Alexis Tsipras ist erst einmal eingeknickt. Er muss jetzt seine Regierung, seine Partei und seine Wähler zusammenhalten.
Schäuble selbst hat jedoch von Anbeginn an seine Politik der stärkeren europäischen Integration verfolgt. Alle seine Maßnahmen zielten und zielen darauf ab, dem europäischen Bundesstaat einen weiteren entscheidenden Schritt näherzukommen und diesen unumkehrbar zu machen. Schon zu Beginn der Krise 2010 schlug er einen Europäischen Währungsfonds vor, der in Anlehnung an den Internationalen Währungsfonds Krisenstaaten zu Reformen zwingen sollte. Zuckerbrot und Peitsche sollte die Regierungen in den Hauptstädten Europas disziplinieren. Die Schaffung des ESM 2012 ist die konsequente Umsetzung dieser Idee. Die dann geschaffene Bankenunion nimmt die Mitgliedstaaten noch stärker an die Kandare, indem das stärkste Insolvenzrisiko von Staaten, deren Banken, vergemeinschaftet werden. Solange aber die Kongruenz von Einnahmen durch eine eigene Steuer und Ausgaben im Euro-Club nicht gegeben ist, ist der entscheidende Schritt zum europäischen Superstaat nicht vollendet. Das weiß Schäuble und schlägt deshalb jetzt den entscheidenden Integrationsschritt vor. Als Fiskalist weiß Schäuble, dass ein Staat ohne Steuern wie ein Kaiser ohne Kleider ist. Doch eine eigene Steuer braucht eine eigene demokratische Kontrolle. Wer soll das sein? Ein eigenes Parlament des Euro-Clubs? Das Parlament der Europäischen Union? Wo ist deren demokratische Legitimation, wenn Dänen, Schweden und Briten über die Euro-Steuer entscheiden? Es ist schon heute grenzwertig, wenn im EU-Parlament die Stimmen des Maltesers oder Luxemburgers anders gewichtet werden als die eines Deutschen oder Franzosen.
Nein, wenn Schäuble den europäischen Superstaat will, dann muss er die Bürger in Deutschland fragen. Deutschland in eine neue Staatlichkeit zu führen, bedarf nach unserem Grundgesetz einer Volksbefragung. Nicht mehr und nicht weniger. Doch die Illusion vieler, die den europäischen Bundesstaat anstreben, ist, dass sie glauben, dafür gebe es eine Akzeptanz bei den Bürgern. Es ist aber nicht nur die mangelnde Akzeptanz, die der Zentralisierung widerspricht. Es ist auch die Vernunft, dass das Wesen Europas in seiner Vielheit liegt. Nicht die Zentralregierung, nicht zentral erhobene Steuern, nicht die Entscheidung im fernen Brüssel oder Straßburg schafft Akzeptanz, sondern das glatte Gegenteil. Es ist die Entscheidung vor Ort, in der Familie, in der Kommune, vielleicht im Landesparlament und dann auch noch im Bundestag. Was dort nicht geregelt werden kann oder soll, kann dann in Brüssel entschieden werden. Doch diese Reihenfolge wird sukzessive umgedreht.
Die Alternative zu dieser Politik ist die Übernahme von Verantwortung. Verantwortung all jener, die über ihre Verhältnisse leben, seien es Unternehmen, Banken oder Staaten.
Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 1.8.2015.
Das macht schon bald keinen Spaß mehr. Herr Schäuble will die
Steuern erhöhen, Sahra Wagenknecht bemängelt zwar die ständige Bankenrettung, will aber komischerweise noch höhere Hartz IV-Sätze und der örtliche Abgeordnete Dr. Tim Ostermann stimmt gegen das ESM-Finanzierungsgesetz. Er begründet dies damit, dass die griechische Regierung ihre Eigenverantwortung nicht anerkennt. Gleichzeitig bekleidet er aber eine etwas fragwürdige Doppelrolle, weil es eigentlich nicht sein darf, dass ein mehr als fragwürdiger Berufsstand wie der Anwaltsberuf auch gleichzeitig für den Bundestag zugelassen wird.
Wenn das
so weitergeht, werde ich zur nächsten Wahl erst gar nicht hingehen. Das
hat doch ohnehin keinen Sinn.
Herr Schäuble ist jedenfalls Jurist und es gibt für ihn im Grunde genommen nur Steuern. Auch fällt auf, dass er die Ursachen der Euro-Krise ohnehin nicht sucht, sondern ganz einfach nur die Defizite ausgleicht.
Dies kann man ihm auch nicht verdenken, weil dies letztlich auch sein Beruf ist.
Trotzdem ist es so, als würde man mit angezogener Handbremse Auto fahren.
Aber dass uns die Demokratie als solche aus der Krise führen könnte, wage ich zu bezweifeln. Unsere Regierung wird ohnehin nicht wegen ihrer politischen Inhalte gewählt.
Frank Schäffler hat recht. Wolfgang Schäuble war schon immer ein Meister der politischen Irreführung. Schäuble weiß, dass er für das Debakel der Griechenland-Politik verantwortlich gemacht wird. Er fürchtet um seinen Job, denn er wird nächsten Monat 72. Deshalb versucht er, sich bei den erbosten Bürgern lieb Kind zu machen und den Ärger auf die EU-Kommission zu lenken, während Angela Merkel so tut, als müsse sie dem Druck Frankreichs, Italiens und Obamas nachgeben. Das ist die Arbeitsteilung, die die beiden vereinbart haben. Wenn Merkel irgendeinem Druck nachgibt, ist es jedoch der der SPD. Gabriel, Oppermann und Schulz sind von Anfang an für die Bailout-Politik gewesen, weil diese in erster Linie Merkel schadet, die offiziell die Verantwortung übernimmt, und Merkel wagt es nicht, Gabriel zu widersprechen, weil sonst die Koalition platzen und die Volksfront-Regierung folgen könnte. Genauso ist es in der Asylpolitik. Aber weshalb sagt Merkel nicht, dass sie eigentlich dagegen ist und es nur der SPD zuliebe tut?
Je mehr Schäuble jetzt die Kommission und den Griechenland-Bailout zu kritisieren scheint, desto mehr kann er es sich leisten und wird er versuchen, mit List und Tücke die Euro-Steuer, den Euro-Finanzminister, die Euro-Wirtschaftsregierung, die Euro-Arbeitslosenversicherung, die Euro-Einlagenversicherung und vielleicht noch die Euro-Armee durchzusetzen.
Was unser Regierungsteam bezüglich der Eurokrise leistet, ist in der Tat eine abwegige Theateraufführung.
Wolfgang Schäuble ist seit ca. 40 Jahren im Bundestag und vermutlich fast der einzige, der sich mit unserem verworrenen Steuerrecht und sehr vielen anderen Gesetzen einigermaßen auskennt. Darum gibt es ohnehin niemanden, der ihn ersetzen könnte.
Unsere Regierung doktert bereits viel zu lange nur an Symptomen herum und jetzt hat es auf ihrer Homepage veröffentlicht, dass die Minister einen europäischen Einheitsstaat befürworten.
Aber die Börsen-Crashs in China und Japan lassen bereits sehr daran zweifeln, dass ein einheitlicheres Europa als Problemlösung ausreichen könnte.
Bei der Asylpolitik ist es jedenfalls fatal, dass unser Wirtschaftssystem nicht geeignet ist, um mit normaler Arbeit Geld verdienen zu können. Daher weiß ich es auch nicht genau, was die vielen Flüchtlinge hier überhaupt wollen