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Photo: Ralf Schulze from Flickr (CC BY 2.0)

Unzählige Mitbürger regen sich darüber auf, dass sie Monat für Monat 17,50 € bezahlen müssen. Immer wieder dringen Korruptions- und Verschwendungs-Skandale aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk an die Öffentlichkeit. Online-Streaming-Dienste – legale wie illegale – sind für sehr viele inzwischen eine übliche Alternative zur Fremdbestimmung durch Programmchefs. Warum greift keiner dieses Thema auf? Keine Partei, keine Verbraucherschutzorganisation, keine zivilgesellschaftliche Organisation, nicht mal die Kollegen von Campact?

Die Macht der Öffentlichen

Zumindest einer Erklärung dafür liegt natürlich schon einmal auf der Hand: Die öffentlich-rechtlichen Medien sind mächtig. Wer sich mit ihnen anlegt, kann fest davon ausgehen, dass er massiv Gegenfeuer bekommt. Die Partei, die sich mit ihnen anlegt, kann sich an fünf Fingern abzählen, dass über sie wohl nicht mehr mit Wohlwollen berichtet wird. Der Politiker, der sich mit Kritik zu weit aus dem Fenster lehnt, braucht sich wohl keine Hoffnungen mehr machen, einmal zu einer Talkshow eingeladen zu werden. Welcher politische Akteur will sich schon die Öffentlichen zum Gegner machen solange diese mit Tagesschau, Heute und etlichen Talkshows noch einen Löwenanteil des Informations- und Meinungsangebots stellen?

Selbst wenn er dann vielleicht auf „RTL aktuell“ gefeiert wird, würde ihm das kaum etwas nutzen. Denn die Öffentlichen haben eine fast monopolistische Stellung im Bereich der Meinungsbildung. Die Nachrichten, die auf ARD und ZDF gesendet werden, unterscheiden sich so gut wie gar nicht von denen auf n-tv oder N24. Dennoch glauben viele Menschen immer noch, dass die Öffentlichen ein Garant für Objektivität seien. Solange sich diese Meinung hält, begibt sich jeder Politiker, der sich mit ARD und ZDF anlegt, in den direkten Kamikaze-Sturzflug.

Ähnliches gilt auch für Verbraucherschutzverbände: Sie sind oft angewiesen darauf, mit den öffentlichen Sendern zusammenzuarbeiten, um ihre Anliegen an eine größere Öffentlichkeit zu bringen. Da guckt man bei all den kleinen Skandalen schon mal diskret weg. Und leider auch beim ganz großen Skandal des monatlichen Zwangsbeitrags. Verständlich. Aber frustrierend für jeden, der sich wünscht, dass sich endlich mal eine vernehmbare Stimme erhebt gegen dieses System, dem man nicht entkommen kann.

Die Öffentlichen machen sich Komplizen

Es gibt aber noch einen Grund, warum die Öffentlichen stets ungeschoren davonkommen. Nicht nur freuen sich alle möglichen Personen und Gruppierungen über wohlwollende Aufmerksamkeit seitens der Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das System der Rundfunkräte bindet auch viele Gruppierungen mit ein und macht sie zu Komplizen.

Die Rundfunkräte der Landesrundfunkanstalten, des ZDF, der Deutschen Welle und des Deutschlandradios haben insgesamt 517 Mitglieder. 120 von ihnen wurden von Parteien entsandt, 57 von politischen Organen auf Bundes- Landes- und Kommunalebene, 65 von Arbeitgeber-, Selbständigen- und Handwerkerverbänden, 57 aus dem Kultur- und Bildungsbereich, 56 von Gewerkschaften, 51 von Kirchen und Religionsgemeinschaften. Nur 74 Vertreter, also nicht einmal 15 %, gehören zivilgesellschaftlichen Organisationen an wie dem Deutschen Sportbund, Naturschutzorganisationen oder Jugend- und Familienverbänden. Verbraucherschutzorganisationen stellen 7 Mitglieder.

Abgesehen davon, dass die Aufteilung der Sitze in den Rundfunkräten natürlich bedenklich ist, werden gleichzeitig die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppierungen durch diese Räte in das System mit eingebunden: Die Gewerkschaftsvertreter freuen sich, wenn sie einen Bericht über die schlimmen Zustände bei Amazon durchdrücken können. Und die Kirchen legen Wert auf ihr „Wort zum Sonntag“. Geradezu dreist, dass sogar noch drei Vertreter der Zeitungsverleger in die Rundfunkräte berufen wurden.

Die Tage sind wohl gezählt

Sehr viele profitieren von dem durch Zwangsbeiträge finanzierten System. Und jeder, der profitiert, hat kaum Anreize, sich gegen das System zu wenden. Die breite Einbindung möglichst vieler gesellschaftlich relevanter Gruppen sichert dem System eben auch eine breite Unterstützung. Wer eine Reform oder – horribile dictu – gar eine Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordert, riskiert nicht nur schlechte Presse bei ARD und ZDF. Er legt sich unter Umständen auch mit all den vielen Gruppierungen, Verbänden und Organisationen an, die Nutznießer des Status Quo sind.

Und doch: die Tage der Öffentlichen sind wohl mittelfristig gezählt. Zu viele Mitbürger haben es satt, Jahr für Jahr über 200 Euro dafür zu bezahlen. Die Alternativangebote, die inzwischen im Internet verfügbar sind, werden immer besser und immer zahlreicher. Das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist jetzt schon überholt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis diese Einsicht tatsächlich auch bei den dafür zuständigen Entscheidungsträgern ankommt. Vielleicht ist das auch der richtige Zeitpunkt, um einmal ordentlich an den verkrusteten Grundfesten zu rütteln. Damit der mündige Bürger bald selbst bestimmen kann, wie er sich informiert, was er anschaut und wie er sein Geld ausgibt.

Heute startet die erste Kampagne von Prometheus unter dem Motto „Zwangsbeitrag? Nein Danke“! Die FAZ berichtet heute über das Gutachten unseres Kuratoriumsmitglieds Prof. Justus Haucap „Eine liberale Rundfunkordnung für die Zukunft“. Das Gutachten und viele weitere Informationen finden Sie auf der Kampagnen-Website Zwangsbeitrag.info.

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Wer nur den Mindestlohn bekommt, schuftet zwei Stunden im Monat, um die Rundfunkbeiträge zu bezahlen. Ein Entkommen gibt es nicht. Das alles, um unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, der in absoluten Zahlen (!) die höchsten Einnahmen weltweit kassiert (pro Kopf sind die Einnahmen nur in den kleinen und reicheren Ländern Norwegen und Schweiz höher). Aber, so hören wir, es geht ja um unsere Demokratie … Ist das wirklich so?

Ein Solidarmodell?

In den letzten Monaten ist es immer mal wieder durch die Medien gegangen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zahlt üppigste Gehälter – nicht nur an Jauch, Maischberger und Illner, sondern auch an viele Hunderte von Direktoren und Abteilungsleitern, die einer breiten Öffentlichkeit unbekannt bleiben. Er gibt Millionen von Euro aus für Übertragungsrechte – als ob es irgendwen interessieren würde, ob er Fußball beim ZDF oder auf Sat.1 anschaut. Der Jahresetat der Degeto, die für den Einkauf und die Förderung von Filmen zuständig ist, ist mit 450 Millionen Euro so hoch wie der vom Technischen Hilfswerk, dem Bundesamt für Flüchtlinge und Migration und der Bundeszentrale für Politische Bildung – zusammen.

Und während die Milliarden in die Kassen fließen, versuchen die Justitiare der Landesrundfunkanstalten über Artikel, Leserbriefe und Interviews das Problem kleinzureden. So bezeichnete der SWR-Justitiar Hermann Eicher in der FAZ die Zwangsbeiträge vor kurzem doch tatsächlich als „Solidarmodell“. Ein interessantes Solidarmodell, das Friseure, Bauarbeiter und Kassiererinnen Monat für Monat um zwei Stunden ihres hart verdienten Lohns bringt. Solidarität ist da mal wieder eine Umverteilung von unten nach oben. Einfache Arbeiter und Angestellte alimentieren Talkmaster, Fußballkommentatoren und Justitiare, die ihnen die Welt erklären.

90 Prozent der Bevölkerung sind nicht demokratiefähig

Wozu genau brauchen wir diese öffentlichen Sendeanstalten eigentlich? Jörg Schönenborn hat uns schon vor gut zwei Jahren belehrt: Es handelt sich keinesfalls um einen Zwangsbeitrag, der Menschen aufgebrummt wird, obwohl sie mit ARD und ZDF nichts am Hut haben. Die 17,50 € im Monat – 210,00 € im Jahr sind „ein Beitrag für die Funktionsfähigkeit unseres Staatswesens und unserer Gesellschaft“. Denn – so die Logik – Menschen brauchen ARD und ZDF, um sich eine ausgewogene Meinung zu bilden.

Nehmen wir einmal an, dass das letzte Wochenende repräsentativ ist. Da haben am Samstag 8,06 und am Sonntag 8,88 Millionen Menschen Tagesschau und heute gesehen – also gut 10 Prozent der deutschen Bevölkerung. Was sagt das über die verbleibenden 90 Prozent aus? Müssen wir ihnen die Demokratiefähigkeit absprechen? Sollten wir bei Wahlen einen Nachweis über regelmäßigen Konsum öffentlich-rechtlicher Nachrichten und Journale verlangen? Sollte jemand, der kein Interesse an diesen Inhalten hat, auch kein Recht zum Wählen haben?

Für dumm verkauft

Wenn man ein wenig nachdenkt über die Verteidigungsreden der Verantwortlichen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wird eines eigentlich immer klarer: Diese Leute halten die meisten ihrer Mitbürger für etwas doof – zumindest diejenigen, die sich nicht den Belehrungen der Experten aussetzen. „Demokratie fußt auf der Urteils- und Entscheidungsfähigkeit ihrer Bürgerinnen und Bürger“, weiß Schönenborn – und die bekommen selbige eben durch die Experten bei ARD und ZDF vermittelt. Nicht etwa durch ihre eigenen Bemühungen zu denken oder sich zu informieren. Mündig wird der Bürger erst, wenn er durch die Schule von Caren Miosga und Claus Kleber gegangen sind.

Es ist eine aparte Mischung aus Ansichten, die sich da bei den Verteidigern der Zwangsabgabe findet. Was dabei herauskommt, lässt sich etwa so zusammenfassen: Es ist ein Akt der Solidarität, wenn die Frau, die im Edeka die Regale einräumt, zwei Stunden im Monat dafür arbeitet, dass sie aus ihrer Unfähigkeit, selbständig zu urteilen und zu entscheiden, herausgeführt wird von den Moderatoren der Tagesthemen, die für ihren Beitrag zum Erhalt der Demokratie etwa 15.000 € im Monat nach Hause bringen.

Man sollte dagegenhalten. Der Zwangsbeitrag muss weg. Er ist unsozial. Und er ist Ausdruck der elitären Arroganz einer Klasse von Journalisten, die es sich bequem gemacht haben, weil ihnen die Zwangsgebühren ein dauerhaft erträgliches Einkommen sichern. Sie sind nicht die heldenhaften Retter der Demokratie. Wir leben nicht seit über 65 Jahren in einer Demokratie, weil es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Wir leben so lange in einer stabilen Demokratie, weil die allermeisten Bürger verantwortungsbewusst sind und durch ihre tägliche Arbeit, durch ihr Interesse und ihr Engagement, ihre Ehrlichkeit und ihr Streben unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zum Leben erwecken. Auch die 90 Prozent von ihnen, die nicht abends um 19 oder 20 Uhr vor dem Fernseher sitzen.

Was unterscheidet den ADAC von ARD und ZDF? Ganz einfach: jeder kann die Mitgliedschaft im ADAC kündigen. Wird das Vertrauen verspielt, indem Zahlen manipuliert, frisiert und Mitglieder und Öffentlichkeit getäuscht werden, kann man austreten.

Das haben im Frühjahr 2014 nach Bekanntwerden der Manipulation bei der Wahl des Autopreises „Gelber Engel“ und weiterer Skandale rund 250 000 ADAC-Mitglieder getan. Dennoch hat der größte Automobilclub der Welt immer noch rund 19 Millionen Mitglieder.

Etwas mehr Mitglieder haben ARD und ZDF. Mitglied ist irgendwie jeder von uns – mal mehr, mal weniger. Doch eines können wir alle nicht: austreten. Dabei sind die öffentlich-rechtlichen Medien genauso skandalbefrachtet wie der besagte Automobilclub.

Nachdem das ZDF die Manipulation des Ergebnisses in der Sendung „Deutschlands Beste!“ zugeben musste, zogen jetzt HR, WDR und RBB aus der ARD-Familie nach. Nach interner Prüfung, so berichtet der WDR, seien bei zehn Ranking-Sendungen der Jahre 2008 bis 2014 „redaktionelle Eingriffe“ festgestellt worden. Der RBB hat ebenfalls bei zwei Sendungen manipuliert und auch der Hessische Rundfunk hat bei drei Sendungen das Voting verändert.

Da wir jedoch alle nicht austreten können, verhalten sich ARD und ZDF anders als der ADAC. Während dieser externe Prüfer durch seine Organisation schickte, machen ARD und ZDF alles lieber selbst.

Ein kurzes Bedauern, ein paar Umbesetzungen und anschließend zieht die Karawane weiter. Wirtschaftliche Konsequenzen oder Mitgliederschwund müssen die öffentlich-rechtlichen Sender nicht fürchten. Sie sind sakrosankt. Sie stehen nicht im Wettbewerb. Sie bekommen ihre Kosten ersetzt durch den Zwangsbeitragszahler.

Und Kosten lassen sich für die 34 öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme und 58 öffentlich-rechtlichen Radioprogramme von ARD, ZDF, arte und Deutschlandradio schnell und beliebig produzieren. Diese müssen dann von einer „unabhängigen“ Behörde mit Namen „KEF“ genehmigt und von Ministerpräsidenten und Landtagen abgesegnet werden. Dies ist seit der 2013 erfolgten Umstellung auf einen geräteunabhängigen Beitrag noch leichter möglich. Denn die Gelder sprudeln wie nie.

Alleine bis 2016 erhalten die Staatssender Einnahmen von 30,8 Milliarden Euro. Gegenüber den ursprünglichen Annahmen ist dies ein sattes Plus von 1,1 Milliarden Euro. Nicht schlecht! Zum 1. Januar soll der Beitrag um 73 Cent auf 17,25 Euro pro Haushalt oder Betriebsstätte gesenkt werden. Das entspricht nur einem Teil der Mehreinnahmen, der Rest soll „gehamstert“ und für schlechtere Zeiten zurückgelegt werden.

Doch die eigentliche Frage ist, bedarf es eines öffentlichen-rechtlichen Rundfunks? Ich meine: nein. Zumindest nicht in dieser Form. Der skandalauslösende Moment waren ja nicht Falschmeldungen in investigative Reportagen oder Nachrichtensendungen. Nein, es waren nachgemachte Unterhaltungssendungen. Erfunden hat diese Rankingshows RTL Mitte der 2000er Jahre. Sie waren günstig zu produzieren und konnten, da sie zeitlos waren, einfach wiederholt werden. Das musste man sich nicht anschauen.

Man musste es aber vor allem nicht bezahlen. Schauen musste man die Sendungen in ARD und ZDF auch nicht, aber finanzieren. Das ist der eigentliche Skandal hinter dem Manipulationsskandal. Beim HR führte dieser Ideenfriedhof zu so „innovativen Formaten“ wie „die beliebtesten Klassiker des Kinderfernsehens“, beim RBB „21 Dinge, die man in Berlin erlebt haben muss“ und beim WDR „Die beliebtesten Wanderwege in NRW“. Blöder geht’s nimmer.

Entlassen wir ARD und ZDF doch in die Freiheit und lassen wir den Zuschauer entscheiden, ob diese Formate eine Zukunft haben oder nicht. ARD und ZDF sollen sich am Markt mit ihrem Angebot und ihren Kostenstrukturen bewähren müssen. Mal schauen was rauskommt. Gibt es anschließend noch einen Informationsauftrag, dann reicht allemal der Sender Phoenix aus.

Doch dafür braucht es keine Zwangsbeiträge, sondern dieser kann über eine Stiftung von Bund und Länder finanziert werden. Ob zur Dotierung der Stiftung ein möglicher Privatisierungserlös der ARD-Anstalten und des ZDF herangezogen werden kann, wird sich zeigen.

Die Höhe des Privatisierungserlöses wäre jedoch ein interessantes Indiz dafür, ob die Investoren an die Wettbewerbsfähigkeit und die Qualität von ARD und ZDF glauben oder nicht.
Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek hat es einmal so formuliert: „Es ist eine Hauptaufgabe des Wettbewerbes zu zeigen, welche Pläne falsch sind.“

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Fuldaer Zeitung

Photo: R Barraez D´Lucca from Flickr