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Toleranz ist derzeit in vielen politischen Debatten rund um den Globus ein zentrales Thema. Die Entdeckung der Toleranz war die Grundlage für das Entstehen unserer freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens. Sie ist nicht verhandelbar.

Allgemeines Prinzip, nicht nur Anspruch einer Minderheit

Die Forderung, dass einem Toleranz entgegengebracht werden möge, ist uralt. Sokrates hat sie erhoben, auch die Christen und Juden des Altertums haben darauf gepocht. Und in der Zeit der Reformation erwarteten Katholiken und Protestanten gleichermaßen Toleranz, wo auch immer sie gerade in der Minderheit waren. Aber erst im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts entwickelte sich langsam die Vorstellung, dass Toleranz mehr ist als die Duldung, die man für sich selbst einfordert. In Gemeinwesen wie dem Königreich Polen-Litauen, den Vereinigten Niederlanden oder den Kolonien Großbritanniens auf dem Boden der heutigen USA wurde erstmals das Prinzip angewandt, dass Toleranz als allgemeines Prinzip zu gelten habe, nicht nur als Anspruch einer Minderheit.

Bezeichnenderweise sind diese Gemeinwesen auch die wichtigsten Vorläufer heutiger demokratischer Staaten. Hier entstanden die grundlegenden Verfassungsprinzipien, nach denen die moderne Demokratie sich organisiert. Zugleich waren diese Gemeinwesen auch besonders innovativ und ökonomisch erfolgreich. Die theoretische und oft auch praktische Grundlage des Toleranz-Gedankens lieferten Vordenker wie der französische Gelehrte Sebastian Castellio, die Staatstheoretiker Hugo Grotius und John Locke und die Gründer der ersten amerikanischen Kolonien Roger Williams, Thomas Hooker und William Penn. Erstmals verwirklicht wurde Toleranz in Polen ab dem Jahr 1573, wo durch die „Konföderation von Warschau“ orthodoxen und protestantischen Christen jeder Konfession dieselben Rechte zugestanden wurden wie Katholiken.

Absage an eine autoritäre Steuerung von Gewissen, Gemeinwesen und Markt

Ohne diese Vorarbeit der Generationen vor uns wäre die Idee einer Demokratie undenkbar, in der alle Menschen die Möglichkeit haben, auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Aus dem Prinzip der unterschiedslosen Toleranz für jeden entwickelte sich der Grundsatz der Meinungsfreiheit. Wenn man schon in religiösen Fragen seinen eigenen Vorstellungen folgen können sollte, war es ja nur konsequent, diese Möglichkeit auf alle Bereiche des menschlichen Lebens auszuweiten. Wenn es in religiösen Fragen niemanden geben sollte, der über die Wahrheit befinden kann, um wieviel weniger kann das in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen der Fall sein.

Mit dem Toleranz-Gedanken geht die Vorstellung einher, dass es niemanden gibt, der im Besitz der Wahrheit ist. Dass Erkenntnisse und Lösungen gefunden werden müssen in einem Dialogprozess, an dem viele beteiligt sind. Dass es essentiell ist, auf die Einsichten anderer zugreifen zu können, auf diese Weise zu lernen und sich zu verbessern. Politische Lösungen werden in diesem Weltbild nicht mehr von einem Herrscher von Gottes Gnaden bestimmt, sondern im Austausch der Meinungen gefunden und immer wieder verändert und angepasst. Diese Form der Kommunikation liegt nicht nur der Demokratie zugrunde, sondern auch der Marktwirtschaft, die auch darauf baut, dass Lösungen am besten dezentral gefunden werden. Die Absage an eine autoritäre Steuerung von Gewissen, Gemeinwesen und Markt – kurz Toleranz – hat sich über die letzten Jahrhunderte als das erfolgreichste Modell erwiesen.

Der Fremde als Gefahr und der Wettbewerb als Bedrohung

Der größte Feind der Toleranz ist die Angst. Bedeutet Toleranz doch den Verzicht auf Kontrolle und Steuerung. Man lässt zu, dass sich Dinge in eine Richtung entwickeln könnten, die einem selbst nicht behagt. Die Angst, die daraus entsteht, bringt die Sehnsucht hervor, die Dinge im Griff zu behalten. Sie ist mithin der Nährboden für den Ruf nach Planung: in der Gesellschaft wie in der Wirtschaft. Das ist der Rückfall in das Stammesdenken längst vergangener Zeiten. Hier wird der Fremde als Gefahr wahrgenommen und der Wettbewerb als Bedrohung der eigenen Stellung. Toleranz braucht mutige Menschen mit der Bereitschaft, sich dem Wettbewerb und dem Unbekannten auszusetzen.

Der islamistische Terror, die fragile Situation, in der sich die Weltwirtschaft derzeit befindet, die Millionen, die sich derzeit auf der Flucht befinden – es gibt genug Gründe zur Wachsamkeit und dafür, sich sehr ernsthaft Gedanken über Lösungen zu machen. Für die Menschen in den Ländern Osteuropas, in den USA, in Frankreich und Großbritannien und auch hier bei uns in Deutschland sollte bei all diesen Herausforderungen Mut das Leitmotiv und der Toleranz-Gedanke der Maßstab sein. Denn sie sind die Wurzel der Demokratie, der Marktwirtschaft und des freiheitlichen Gemeinwesens. Diese waren über die Jahrhunderte so erfolgreich, weil mutige Menschen sie verteidigt haben. Weil Menschen die Größe aufgebracht haben, nicht nur für sich selbst und ihre Gruppe ein Recht zu beanspruchen, sondern es jedem zu gewähren. Toleranz ist einer der wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur Zivilisation der Freiheit. Wir dürfen nicht wieder dahinter zurück!

Photo: Gage Skidmore from Flickr

Die Vorwahlen zur Bestimmung der Präsidentschaftskandidaten in den USA sorgen mal wieder auf dem ganzen Globus für Schlagzeilen. Neben den Damen und Herren, die oft in den Medien präsent sind, gibt es auch einen sehr spannenden Außenseiter: Wer ist dieser Gary Johnson?

Republikaner: Das Überleben der Rabauken

Insbesondere die Vorwahlen bei den Republikanern erregen große Aufmerksamkeit, weil das Kandidatenfeld nicht nur erheblich größer ist als bei den Demokraten, sondern auch ein ganzes Stück volatiler. Hinzu kommt noch der Unterhaltungsfaktor: Donald Trump sorgt weltweit für Erstaunen, Entsetzen, Kopfschütteln und ungläubige Heiterkeit, dass selbst ein Berlusconi neidisch werden muss. Eine Zeit lang sah es so aus, als ob der konsequent liberale Senator Rand Paul gute Chancen haben könne. Dieser Streiter für einen schlanken Staat, Ausgabendisziplin und Zurückhaltung bei staatlicher Überwachung und Militäreinsätzen hätte den USA sicher guttun können. In den letzten Monaten ist er inmitten eines zunehmend schrillen Wahlkampfs und vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und der Bedrohungen durch den Terror leider zunehmend zwischen die Fronten geraten. Nach den ersten Vorwahlen in Iowa hat er seine Kandidatur zurückgezogen.

Diejenigen Republikaner, die übriggeblieben sind, stimmen nicht gerade hoffnungsfroh: Die meisten von ihnen sind geneigt, eine robuste Außenpolitik zu betreiben – dazu gehört dann in der Regel auch komplementär eine Neigung zum Überwachungsstaat. Überhaupt ist individuelle Freiheit für die meisten von ihnen kein Herzensanliegen. In rein ökonomischer Hinsicht finden sich bei ihnen in der Regel freiheitsfördernde Ideen, die in Richtung Steuersenkungen und Deregulierungen weisen. Allerdings sind die Spielräume der Präsidenten auf diesem Gebiet traditionell ohnehin eher eingeschränkt, weil sie von den Mehrheitsverhältnissen in den beiden Kammern des Kongresses abhängig sind. Entscheidend für die politischen Entscheidungen sind dann ohnehin mehr Image und Rhetorik eines Kandidaten als die im Wahlkampf vorgetragenen Standpunkte. Und da sind die drei derzeitigen Top-Favoriten Cruz, Trump und Rubio allesamt nicht auf der zurückhaltenden und mithin freiheitlichen Seite.

Ein Überzeugunstäter

Ein ehemaliger Republikaner, der sich auch um die Präsidentschaft bewerben will, hat freilich in vielerlei Hinsicht eine sehr eindrucksvolle Bilanz vorzuweisen: Gary Johnson. Als Student finanzierte er sich als Gelegenheitsarbeiter. Die Firma, die er mit 23 gründete, war keine 20 Jahre später eine der größten Baufirmen in seiner Heimat New Mexiko. Mit Anfang 40 wurde der Politikneuling 1995 mit dem Wahlkampfmotto „People before politics“ auf Anhieb zum Gouverneur von New Mexiko gewählt – und zwar mit sehr deutlicher Mehrheit in einem Staat, in dem die Demokraten traditionell sehr stark sind. In den ersten sechs Monaten im Amt hat er aus der festen Überzeugung heraus, dass man Probleme nur selten durch staatliche Intervention lösen kann, 200 von 424 Gesetzesinitiativen durch sein Veto blockiert. Am Ende hatte er 750 von Demokraten wie von Republikanern eingebrachte Gesetze abgewiesen, und damit mehr als all seine 49 Kollegen zusammen. Beständig und erfolgreich arbeitete er daran, Staatsausgaben und Staatsaufgaben zu reduzieren.

Nach seiner sehr klaren Wiederwahl 1999 versuchte er, ein System von Schulgutscheinen durchzubringen, um die Bildungsprobleme in seinem Staat in den Griff zu bekommen, der zu den ärmsten der USA zählt. Die demokratische Mehrheit in den beiden Kammern des Staates haben dieses Vorhaben jedoch verhindert. Schon damals, als das Thema noch bei weitem nicht so prominent war wie heute, sprach er sich klar für eine Legalisierung von Marihuana aus und dafür, den Krieg gegen die Drogen durch mehr Prävention und Betreuung Suchtkranker zu ersetzen. Parteiübergreifend wurde sein Krisenmanagement bei einem desaströsen Flächenbrand in den höchsten Tönen gelobt, der den Staat 2000 heimsuchte. Am Ende seiner Amtszeit war der Staat nicht nur substantiell verschlankt, sondern konnte im Haushalt einen Überschuss von 1 Milliarden Dollar vorweisen.

Konsequent freiheitliche Politik

Nach seiner Amtszeit widmete sich der begeisterte Sportler wieder intensiver seinem Ehrgeiz auf diesem Gebiet, nahm an Marathons, Triathlons und Fahrradrennen teil und bestieg die höchsten Berge der sieben Kontinente. Natürlich ließ ihn auch seine Unternehmerleidenschaft nicht los – jetzt in Verbindung mit seinen politischen Überzeugungen: 2009 gründete er die „Our America Initiative“, um seine Ideen weiter zu verbreiten. Zu den Grundanliegen dieser Denkfabrik gehören in seinen Worten „eine effiziente Regierung, Steuererleichterungen, ein Ende des Kriegs gegen die Drogen, der Schutz bürgerlicher Freiheiten und die Förderung von Unternehmertum“. Er engagierte sich auch bereits sehr früh bei der freiheitlichen Studentenorganisation „Students for Liberty“, die in den vergangenen Jahren zu einem großen weltweiten Netzwerk angewachsen ist.

2011 kündigte er an, sich um die Präsidentschaftskandidatur bei den Republikanern zu bewerben, zog die Kandidatur jedoch einige Monate später zurück und ließ sich stattdessen für die Libertarian Party aufstellen, die für eine konsequent freiheitliche Politik eintritt. Bei der Wahl stimmten schließlich 1,3 Millionen Amerikaner für ihn. Vor einem Monat hat er nun angekündigt, auch bei der diesjährigen Wahl wieder für die Libertarian Party antreten zu wollen. Einer seiner innovativsten Vorschläge betrifft das Steuerrecht: An die Stelle aller Einkommens-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuern soll eine FairTax treten. Diese Steuer soll mit einem Satz von 23 % auf alle Güter erhoben werden, die nicht lebensnotwendig sind. Ein entscheidender Pfeiler seiner Überzeugungen ist auch die hohe Skepsis gegenüber der US-Notenbank Fed, die er einer strengen Kontrolle durch das Parlament unterwerfen möchte.

Der Wind der Freiheit

Viele der Programme, die heute von der Regierung in Washington finanziert und organisiert werden, möchte er zurück auf die Ebene der einzelnen Bundesstaaten verlagern und somit auch einen Wettbewerb um die am besten funktionierenden Lösungen ermöglichen. Überhaupt sollen die Staaten seiner Meinung nach wieder mehr Verantwortlichkeiten übernehmen, dafür aber zugleich auch die Haftung tragen. Johnson ist ein erklärter Gegner militärischer Interventionen und würde das Militärbudget der Vereinigten Staaten radikal um über 40 % kürzen wollen. Auch auf dem Gebiet staatlicher Überwachung tritt er für eine erheblich stärkere Zurückhaltung ein als sie derzeit in den USA geübt wird. Johnson ist ein Gegner der Todesstrafe, tritt für eine offene Migrationspolitik ein und ist der Überzeugung, dass es nicht Sache des Staates sein kann, zu definieren, was eine Ehe ist.

Selbst wenn die zwei extremsten Protagonisten der beiden großen Parteien, Donald Trump und Bernie Sanders, sich durchsetzen würden, hätte Gary Johnson wohl keine Chance auf das Amt. Dennoch ist sein Beitrag für die nächsten Jahrzehnte amerikanischer Politik von großer Bedeutung. Die Bewegung, für die er und Politiker wie die Senatoren Rand Paul und Jeff Flake und die Abgeordneten Justin Amash und Thomas Massie stehen, wächst beständig. Diese libertäre Bewegung, die für weniger Staat und mehr Eigenverantwortung steht, findet gerade unter jungen Menschen immer mehr Anklang. Ein Mann wie Gary Johnson gibt dieser Bewegung eine Stimme und ein Gesicht. Der weltweite Trend zu mehr Staat, befeuert von Linken wie von Rechten, wird eines nicht allzu fernen Tages einem Gegenwind ausgesetzt sein, dem er sich letztlich nicht wird widersetzen können. Denn dieser Wind der Freiheit hat schon zu allen Zeiten die Menschen stärker bewegen können als die Last, die aus den süßen Verlockungen der Linken und Rechten erwächst.

 

Photo: shanmuga varadan asoka fro Flickr (CC BY 2.0)

Vor einem Jahr haben wir unser ehrgeiziges Projekt gestartet: Prometheus – Das Freiheitsinstitut ging am 2. Februar an den Start, im März konnten wir unser Büro in Berlin eröffnen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Welt und das Handelsblatt berichteten darüber. Unsere ersten Kampagnen „Zwangsbeitrag? Nein Danke“, zur Barzahlung des Rundfunkbeitrags und die für ein konföderales Europa fanden ebenfalls ein breites Echo in den überregionalen Medien und den sozialen Netzwerken. Auch unsere regelmäßigen Kommentare auf unserem eigenen Blog und Gastbeiträge in anderen Blogs tragen dazu bei, unsere Botschaft für ein entschiedenes Eintreten für Marktwirtschaft, Recht und Freiheit nach außen zu tragen. Wir sind mit Vorträgen und Podiumsteilnahmen fast wöchentlich unterwegs. Unser erfolgreicher Start ermutigt uns: auf diesem Fundament können wir weiterbauen.

Prometheus soll Veränderungen in unserer Gesellschaft einen Boden bereiten. Wie einst der Titan Prometheus in der griechischen Mythologie wollen wir das Feuer der Selbstbestimmung und der Freiheit bei den Menschen entfachen. Der Weg dahin ist weder kurz noch einfach. Deutschland ist geprägt von staatlicher Fürsorge: der Staat dringt vor in alle Bereiche unseres Lebens, unterstützt von einem erschreckend weit verbreiteten Glauben an die Allmacht der Politik. Doch wir sehen auch, dass eine wachsende Zahl von Bürgern diese Entwicklung mit großer Sorge beobachtet. Sie wollen sich nicht dauernd bevormunden lassen, wollen nicht ständig zu vermeintlich richtigem Verhalten angestupst werden und wollen nicht allenthalben mit Bürokratie, hohen Steuern und Abgaben konfrontiert werden. Sie wollen selbst über ihr Leben bestimmen.

In einem Land, wo der Bürger immer kleiner wird, braucht es eine Stimme, die diesen Prozess nicht nur aufhält, sondern eine Gegenbewegung einleitet. Das verstehen wir von Prometheus als unsere Aufgabe. Wir wollen in Deutschland an die große Tradition der angelsächsischen Think Tanks anknüpfen und orientieren uns an Vorbildern wie dem Cato Institute in den USA und dem Institute of Economic Affairs in Großbritannien.

Wir werden oft gefragt, wie man Prometheus unterstützen kann. Anlässlich unseres einjährigen Jubiläums haben wir uns etwas ausgedacht: Werden Sie Fackelträger! Als Fackelträger sind Sie unser Botschafter, der für unsere Ideen brennt und uns regelmäßig unterstützt. Als Fackelträger tragen Sie dazu bei, eine Gegenbewegung der Freiheit groß zu machen und das Feuer zu entfachen, das unser aller Zukunft erleuchten kann.

Wie können auch Sie Fackelträger werden? Ganz einfach: Fördern Sie uns monatlich mit 10, 25 oder 50 Euro, je nach Ihren Möglichkeiten. Die Förderbeiträge für unsere Arbeit sind steuerlich absetzbar. Wir bedanken uns dafür:

  • mit einem exklusiven Willkommenspaket: darin finden Sie einen Fackelträger-Pin, eine Fackelträger-Urkunde und ein handsigniertes Exemplar von „Nicht mit unserem Geld – Die Krise unseres Geldsystems und die Folgen für uns alle“,
  • mit exklusiven und regelmäßigen Informationen über unsere anstehenden Kampagnen,
  • mit exklusiven Einladungen zu unseren Events.

Melden Sie sich als Fackelträger an und unterstützen Sie uns, indem Sie einen Dauerauftrag einrichten.

Wir brauchen einander! Die Arbeit, die wir Tag für Tag im Sinne der Freiheit verrichten, lebt auch wesentlich von Ihrer Unterstützung: ideell wie materiell. Werden Sie Teil einer Bewegung, die für eine hellere Zukunft streitet. Zünden Sie eine Fackel an und werden Sie Fackelträger!

Zur Anmeldung: Fackelträger werden!Fackel_3D_transparent

 

Zum Sommersemester beginnt der neue Masterstudiengang „Entreprenuerial Economics“ an der Business and Information Technology School in Berlin (BiTS), den Prof. Stefan Kooths maßgeblich konzipiert hat und verantwortet. Prof. Kooths ist außerdem Leiter des Prognosezentrums im Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel. Wir haben ihm ein paar Fragen zu dem Studiengang gestellt.

Herr Professor Kooths, das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn beobachtet seit Jahren einen Rückgang von Unternehmensgründungen. Seit 2012 ist das Saldo von neu gegründeten und liquidierten Unternehmen negativ. Eine Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2014 hat gezeigt, dass jeder dritte Student ausschließlich bei einem staatlichen oder öffentlichen Arbeitgeber arbeiten möchte. Wie sehr ist Unternehmertum im Land des Mittelstands in der Krise?

Unternehmertum stand in der Tat hierzulande schon einmal höher im Kurs. Der Wohlstand wird brüchig, sobald man versucht, nur noch am Erreichten festzuhalten und nichts Neues mehr wagt. Der allzu üppige Nanny-Staat ist als Bewahrer angetreten – er verspricht eine Sicherheit, dessen Voraussetzungen er nicht nur nicht schaffen kann, sondern sogar ernstlich bedroht. Wenn ein Drittel der heutigen Studierenden im Staatsdienst ihre Wunschbeschäftigung sehen, ist das leider Teil des Symptoms. Allerdings bleiben dann ja immer noch zwei Drittel, für die das nicht gilt. Und an die wenden wir uns. Das werden nicht alles wilde Start-up-Gründer werden – auch wenn Berlin hier eine lebhafte Szene bietet. Unternehmerische Fähigkeiten sind auch bei der Unternehmensfortführung essentiell – denken Sie nur an die vielen Familienunternehmen, bei denen jetzt die Generationennachfolge ansteht. Und selbst in Großorganisationen, die sich neu ausrichten müssen, um Bestand zu haben, braucht es Unternehmertum – „embedded entrepreneurial teams“ ist hier das Stichwort, wenn es um radikales Change Management geht. Manch einer wird mit dem Rüstzeug aus diesem Studiengang möglicherweise auch eine akademische Karriere einschlagen.

In der verbreiteten Wahrnehmung muss ein Unternehmer ordentlich mit Zahlen umgehen können, innovative Ideen haben und vielleicht auch noch gut mit Menschen umgehen können. Was lernt er in Ihrem Studiengang, das ihn zu einem besseren Unternehmer macht?

Management Know-how und einschlägige Soft Skills gehören natürlich dazu. Dem widmen wir jeweils einen eigenen Modulstrang. Hinzutreten muss noch eine weitere Kompetenzklasse und zwar ein umfassendes Systemverständnis für die Umgebung, in denen sich Unternehmer bewegen und bewähren müssen. Ein Unternehmer, egal ob selbständig oder in anderen Führungsfunktionen, muss die Gesetze des Marktes und das weitere Umfeld verstehen. Wenn er die Mechanismen kennt, die das System als Ganzes beherrschen, dann kann er sich darauf einstellen und sieht klarer. Hierzu gehört auch die Kenntnis um die Grenzen des Wissens. Es geht also um ökonomisches Tiefenverständnis. Nur so lässt sich echte strategische Kompetenz entwickeln. Der auf diese Weise ausgebildete Ökonom kann etwas, was andere nicht können. Und dann ist da noch etwas: Wer bei uns studiert, wird so viele unterschiedliche Ideen kennenlernen, dass man ganz automatisch beginnt, jenseits der eingefahrenen und von außen vorgegebenen Muster zu denken. Man wird anfangen, Fragen zu stellen. Und mit jeder neuen Frage kommen neue Ideen. Mit dem Masterprogramm „Entrepreneurial Economics“ sollen Studierende so wieder die Faszination erleben, die von lebendigem und handlungsorientiertem ökonomischem Denken ausgehen kann. Ob Sie das dann VWL oder BWL nennen, ist mir egal. Kästchendenken gehört nicht zu unserer Philosophie.

Die Studenten werden sich in ihrem Studium auch verhältnismäßig ausführlich mit Ideengeschichte auseinandersetzen. Sie lernen die Grundlagen der Österreichischen Schule und beschäftigen sich intensiv mit dem Buch „Human Action“ des Ökonomen Ludwig von Mises. Ist das ein entschleunigendes Element? So etwas wie ein Aufenthalt im Zen-Kloster für Manager?

Mit Klöstern kenne ich mich nicht so aus. Klar ist: In diesem Studiengang geht es nicht um Esoterik, sondern um ökonomisches Systemverständnis und Know-how zu dessen erfolgreicher Anwendung. Dieses Wissen reicht dann in der Tat weit über manche Modewelle und kurzatmige Paradigmen hinaus. Wenn Sie wollen, können Sie das Entschleunigung nennen. Ideengeschichte ist hierzu unverzichtbar. Für den wissenschaftlichen Fortschritt wird gerne das Bild gebraucht, dass die heutige Generation auf den Schultern ihrer Vorgänger sitzt und daher – angereichert durch eigene Forschung – mehr sieht als diese. Das ist ein schönes Bild. Vor allem lehrt es, dass man zunächst auf die Schultern der großen Denker hinaufklettern muss, bevor die größere Perspektive entstehen kann. Bei diesem Aufstieg wollen wir die Studierenden begleiten. Wer diesen Studiengang durchlaufen hat, hat alle relevanten Strömungen der Wirtschaftswissenschaften verstehen und kritisieren gelernt. Auf diese Weise entsteht Unabhängigkeit im Denken. So lässt sich dann fundierter einordnen, was Berater sagen oder was in der Zeitung steht. Und man lernt Fragen zu stellen, die andere so nicht stellen. Ein solches, übergeordnetes Verständnis hilft das ganze Leben, es ist sicher zwei Studienjahre wert.

Unter dem Stichwort „Plurale Ökonomik“ wurde in den letzten zwei Jahren weltweit Kritik geübt an einer Tendenz der VWL-Lehrenden, nur eine einzige ökonomische Theorie zu lehren und alternative Modelle gar nicht erst vorzustellen. Wie kann die Verbindung aus BWL und VWL, Management und Economics, die sie in Ihrem Studiengang herstellen, auch dazu beitragen, Einseitigkeit und Tunnelblick in den Wirtschaftswissenschaften zu überwinden?

Vor allem dadurch, dass wir nicht die Schmalspur des Mainstreams durch eine andere ersetzen. Hier segelt so manches unter der Flagge der pluralen Ökonomik, was eher Nische als Neuorientierung ist. Der Unternehmer steht bei uns nicht zufällig im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern deshalb, weil Wirtschaft ohne unternehmerische Aktivität im umfassendsten Sinne überhaupt nicht vorstellbar ist. „Man acts“ – so hat Ludwig von Mises den Ausgangspunkt ökonomischen Denkens in der wohl besten und zugleich knappsten Form in einem Axiom auf den Punkt gebracht. Es geht also um nichts Geringeres als die Wissenschaft vom menschlichen Handeln. Ausgehend von dieser Perspektive erkennt man sehr schnell die Grenzen der mathematischen Ökonomie. Denn jede Handlung findet außerhalb des Gleichgewichts statt, wenn sie mehr sein soll als eine monotone Wiederholung des ewig gleichen. Im Gleichgewicht herrschen die Gesetze der Mechanik, menschliches Handeln ist dann nicht mehr gefragt. Bevor man Mittel optimal einsetzen kann, müssen diese Mittel erst einmal bekannt sein und daher entdeckt werden. Wenn man sich dem Methodenzwang der Gleichgewichtsmodelle nicht unterwirft, sondern auf der Rolle des Unternehmers besteht, dann gelangt man automatisch zu einer Prozesssicht, das heißt man analysiert die Prozesse, die theoretisch zu einem Gleichgewicht führen könnten, wenn die Welt sich nicht verändern würde. Dies ist erstens interessant, weil man auf diese Weise vielen Theorien Raum bieten kann, die nicht in das mathematische Korsett des Mainstreams passen, und zweitens, weil die ökonomischen Prozesse den Bereich abbilden, in dem Führungskräfte agieren. Genau deshalb kann der angehende Unternehmer hier so viel lernen und umgekehrt wird eine Führungsfunktion stets Fragen aufwerfen, die letztlich nur innerhalb der Prozesssicht zu beantworten sind. Und auch eine Integration der Wirtschaftswissenschaften kann im Grunde nur auf diese Weise gelingen.

Zum Schluss noch eine praktische Frage: Die BiTS ist eine private Hochschule und muss sich infolgedessen auch selbst finanzieren. Das Studienentgelt für „Entrepreneurial Economics“ können die wenigsten Studenten wohl aus der Portokasse bezahlen. Können Sie interessierten jungen Menschen ein paar Tipps geben, wie sich diese Hürde überwinden lässt?

Die Vorlesungen der BiTS-Masterprogramme finden in der Zeit von Mittwochnachmittag bis Samstagmittag statt. Es gibt also grundsätzlich die Möglichkeit, nebenbei zu arbeiten. Eine solche Tätigkeit könnte man sich im Übrigen auch als Praktikum anrechnen lassen, welches man nach dem dritten Semester ohnehin zu absolvieren hätte. Des Weiteren bieten wir Beratungen in Bezug auf Fördermöglichkeiten oder Studienkredite und werben in unseren Netzwerken für Stipendien. Unsere Studenten sind auch Unternehmer in eigener Sache. Sie werden den Wert ihrer Berliner Zeit an der BiTS erkennen und Wege finden, die ihnen diese Zeit ermöglichen.

Photo: Andrew Gomzyakov from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Wer sich mit Politik beschäftigt, ob professionell oder amateurhaft, spekuliert oft nur zu gerne über die Motive politischer Akteure. Die Gefahr ist groß, dass einem die Phantasie dabei durchgeht und man das eigentliche Problem und seine Lösungsmöglichkeiten aus dem Blick verliert.

Die neoliberale Weltverschwörung

Als Margaret Thatcher zwischen 1979 und 1990 Politik und Ökonomie Großbritanniens einem radikalen Wandel unterwarf und massive Reformen durchführte, da sahen die allermeisten ihrer Kritiker eine neoliberale Verschwörung am Werk. Ausbeuterische Großkonzerne und deren Helfershelfer in der Politik wollten in dieser Erzählung die Arbeiter ausplündern und das ganze Land zurück in die finsteren Zeiten des 19. Jahrhunderts katapultieren. Wer sich etwas eingehender mit Thatcher beschäftigt, wird sich ein sehr anderes Bild machen müssen. Zumindest in der Außendarstellung und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch in ihrer Selbstwahrnehmung sah das ganz anders aus. In einer Rede, die sie 1977 in Zürich hielt, sagte sie:

„In unserer Weltsicht ist das Ziel des Einzelnen nicht, ein Diener des Staates und von dessen Zielen zu sein, sondern seine Talente und Begabungen so gut wie möglich zu entfalten. Das Gefühl der Selbständigkeit, eine Rolle zu spielen innerhalb einer Familie, selber Eigentum zu besitzen, für sein eigenes Leben aufzukommen – all das ist Teil des spirituellen Gewichts, das die Verantwortlichkeit der Bürger erhält. Und es stellt das solide Fundament bereit, von dem aus Menschen um sich blicken könne, um zu erkennen, was sie darüber hinaus noch tun können: für andere und für sich selbst. Das meine ich mit einer moralischen Gesellschaft. Nicht eine Gesellschaft, wo der Staat für alles Verantwortung trägt und keiner für das Gemeinwesen.“

Tatort-Kommissare auf heißer Spur

Wer von vornherein bereits „weiß“, dass Thatcher Teil der neoliberalen Weltverschwörung ist, der wird auch diese Worte für eine glatte Lüge halten, obwohl sie die Freiheit des einzelnen ebenso hochhalten wie die Forderung nach einem Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit. Dieses Wissen über die Motive von Akteuren ist wahrlich eindrucksvoll. Der Wissende scheint bisweilen einen tieferen Einblick zu haben als andere Menschen. Er weiß, dass Großkonzerne TTIP nutzen, um uns ihre lebensgefährlichen Produkte und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen aufzudrücken. Er weiß, dass Angela Merkel mit ihren einwanderungspolitischen Entscheidungen Deutschland islamisieren möchte. Und er weiß – mitunter zeitigt die Motivjagd unbeabsichtigt Satire –, dass die EU den ganzen Kontinent ihrer neoliberalen Agenda zu unterwerfen trachtet.

Woher rührt dieses Bedürfnis, Politik wie einen Sonntagabend-Tatort zu behandeln, bei dem die Suche nach dem Motiv den Ermittlern des nachts den Schlaf raubt? Wahrscheinlich sind unterschiedliche Faktoren dafür verantwortlich: Die Liebe zum Drama und zur gut erzählten Geschichte, die den Menschen immer schon fasziniert hat – von Homer bis „House of Cards“. Die Beobachtung, dass Politiker ja tatsächlich nicht immer Vorreiter an der Wahrhaftigkeitsfront sind, und das (durchaus sehr nachvollziehbare) Gefühl einer Entfremdung von der Politik. Und nicht zuletzt das dringende Bedürfnis, ein überschaubares Weltbild zu haben, das man selber immer gut unter Kontrolle hat. Denn indem man über das Motiv eines Akteurs spekuliert oder gar behauptet, es zu kennen, sichert man sich die Deutungshoheit und überkommt das Gefühl der Ohnmacht, das einen angesichts politischer Entscheidungen und Entwicklungen zuweilen überkommen kann.

Die Suche nach dem Motiv als Ersatzhandlung für echtes Engagement

Dabei ist die Motivsuche in sehr vielen Fällen kaum wirklich möglich. Wer wirklich finstere Motive hat, wird diese oft genug selbst vor den engsten Vertrauten verschleiern. Da jeder Mensch gerne gut dastehen möchte vor anderen und auch vor sich selbst, werden auch die allermeisten für sich in Anspruch nehmen, nur aus ganz und gar hehren Motiven heraus zu handeln. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Menschen handeln ja in den meisten Fällen aus mehreren unterschiedlichen Motiven: da sind solche, die man als altruistisch bezeichnen würde, ebenso vertreten wie solche, die die Brandmarke „egoistisch“ tragen. Darüber hinaus sind die Handlungen von politischen Akteuren häufig abhängig von vielen anderen Faktoren. Pfadabhängigkeiten spielen eine herausragende Rolle. Aber auch Verpflichtungen gegenüber anderen Akteuren, taktische Entscheidungen und auch der reine Zufall beeinflussen das Handeln (und das Denken) der Entscheidungsträger.

Wer sich zu intensiv damit beschäftigt, in der Politik Muster aus Macbeth oder „Verbotener Liebe“ zu identifizieren, gerät leicht in Gefahr, sich in seiner Phantasiewelt zu verlieren. Die Suche nach dem Motiv kann zu einer Ersatzhandlung für echtes Engagement werden. Viel wichtiger ist die Beschäftigung mit den tatsächlichen Folgen und Auswirkungen der politischen Entscheidungen. Ganz egal, ob man die Einführung des Mindestlohns für fatal hält, Waffenexporte ablehnt oder Deregulierung für Teufelswerk ansieht – Einsicht in die Motive der Urheber würde einen keinen Schritt weiterbringen. Was aber leicht passiert, wenn solche Motive vermeintlich identifiziert werden, ist eine massive Vergiftung der Atmosphäre. Als Margaret Thatcher vor drei Jahren starb, gab es tatsächlich Freudentänze auf den Straßen in Großbritannien. Den Motivjägern in allen Parteien ins Stammbuch: In der Realität zählt nicht, warum jemand etwas tut, sondern was er tut und welche Folgen das hat. Wer sich darauf konzentriert, hat nicht nur die reelle Chance, etwas zu verändern, sondern trägt auch dazu bei, den zivilisierten Rahmen des politischen Diskurses zu bewahren.