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Prometheus – Das Freiheitsinstitut bringt einen eigenen Podcast heraus. Was haben wir uns dabei gedacht? Und warum denken wir, dass ein Podcast genau das richtige Mittel gegen gesellschaftliche Spaltung ist?

Gestatten, unser neuer Podcast

Prometheus – Das Freiheitsinstitut startet bald den neuen Podcast „Gestatten, …“. Ab nächster Woche veröffentlichen wir einmal pro Monat eine neue Folge. Die einzelnen Episoden sind in der Regel 30 bis 40 Minuten lang und werden auf Spotify sowie online verfügbar sein. In jeder Folge stellen wir eine interessante Persönlichkeit vor und sprechen mit ihr über Politik und Kultur, Reisen und Philosophie, und über alles, was unseren Gast umtreibt. Ziel von „Gestatten, …“ ist es, dem jeweiligen Gast Zeit zu geben. Wir möchten zuhören und unseren Zuhörern damit erlauben, auch einmal längeren Gedanken zu folgen. Die ersten Folgen von „Gestatten, …“ werden sich ganz besonders dem Wert der Selbstverantwortung widmen, doch wird werden im Laufe der Zeit auch weitere Themenschwerpunkte setzten. Gleich bleiben derweil die grundlegenden Überzeugungen, die uns zu diesem Podcast antreiben.

Populismus und gesellschaftliche Spaltung: Wir reden nicht mehr genug miteinander

Großbritannien und die Vereinigten Staaten, lange Zeit die Inbegriffe lebendiger und debattenfreudiger Demokratien, stehen exemplarisch für das größte Risiko der populistischen Herausforderung. Die postfaktische, irrationale und auf gesellschaftliche Spaltung ausgerichtete Politik der jeweiligen Regierung wie auch der Opposition schürt Misstrauen und allzu häufig auch schlichten Hass. Sicher, über politische Positionen konnte schon immer trefflich gestritten werden und auch eine Margaret Thatcher fasste ihre Gegner nicht gerade mit Samthandschuhen an. Doch mit Trump und Sanders, Corbyn und Johnson, Luisa Neubauer und Hans-Georg Maaßen hat der Grad der gesellschaftlichen Spaltung ein neues Ausmaß angenommen. Es geht nicht mehr um technische Fragen sondern es geht darum, ob man ein vollkommen guter oder ein vollkommen schlechter Mensch ist. Undenkbar, dass sich Brexit-Hardliner wie Jacob Rees-Mogg noch mit ebenso unnachgiebigen „Remainers“ wie der LibDem-Vorsitzenden Jo Swinson auf ein Pint zusammensetzen und über die Welt tratschen. Und auch hier in Deutschland sind wir nicht gewappnet gegen die Stilisierung von Politikfragen zu Existenzfragen. Stichworte: „Klimakrise“ oder „Flüchtlingskrise“.

Das beste Mittel gegen Populismus und Ignoranz ist das Gespräch

Es ist deshalb die unbedingte Aufgabe eines jeden freiheitlich denkenden Menschen, das Gespräch am Laufen zu halten. Nur weil das Gegenüber kaum oder schwer nachvollziehbare politische Überzeugungen hat, sollten wir es nicht als Mensch ablehnen. Stattdessen geht es darum, eine Debatte zu führen und zu ergründen, woraus Ängste oder Ablehnung resultieren. Das mag häufig nicht direkt erfolgreich oder sogar frustrierend sein. Aber es erweitert den Horizont des politischen Mitbewerbers wie auch den eigenen. Schließlich ist die evolutorische Weiterentwicklung von Ideen elementarer Bestandteil liberalen Denkens. In diesem Sinne suchen wir bei „Gestatten, …“ das Gespräch nicht nur mit Persönlichkeiten aus unserem direkten Umfeld. Es wird mal ein Politiker zu Gast sein, dann aber auch eine Unternehmerin, ein Journalist oder eine Künstlerin. Was unsere Gäste eint, ist, dass sie alle mit ihrem Wirken einen wichtigen Beitrag zu einer offenen Gesellschaft leisten.

Unsere Gäste sitzen mit Ihnen in der U-Bahn oder im Fitnessstudio

Mit unserem Podcast bitten wir Sie, uns zu gestatten, Ihnen einmal im Monat eine solche spannende Persönlichkeit vorzustellen und sich auf ihre jeweiligen Gedanken und Argumente einzulassen. Es ist uns ein großes Anliegen, die Debatte raus den klassischen Häppchen-Veranstaltungen des politischen Berlins zu tragen. Wir alle sind schließlich viel beschäftigt und können es uns nicht erlauben, jeden Tag an einer anderen Diskussionsveranstaltung teilzunehmen. Ganz zu schweigen von den vielen unter Ihnen, die sich außerhalb von Berlin oder gar Deutschland für Freiheit und Selbstverantwortung begeistern. „Gestatten, …“ erlaubt es Ihnen an anregenden Debatten teilzuhaben, egal ob auf dem Heimweg in der U-Bahn, beim Kochen oder abends vor dem Einschlafen

Konnten wir Ihre Neugierde wecken? Hier können Sie in den Teaser reinhören und „Gestatten, …“ am besten gleich abonnieren, um die erste Folge nicht zu verpassen.

„Gestatten, …“ der Prometheus Podcast: Ab nächster Woche monatlich bei Spotify und online.

Photo: Good Free Photos (CC0)

Klima, Migration, Upload-Filter: Eine Empörungswelle jagt aktuell die nächste. Dass die sozialen Medien den Individuen eine lautere Stimme geben ist gut, erfordert aber ein Umdenken bei Aktivisten und Politikern.

Beim politischen Wellenreiten bleibt das konstruktive Diskutieren auf der Strecke

„Das ist die perfekte Welle, Das ist der perfekte Tag, Lass dich einfach von ihr tragen, Denk am besten gar nicht nach“, sang die Deutsch-Pop-Band „Juli“ im Jahr 2004. Was als Surfer-Hommage gedacht war, eignet sich aktuell wie kein anderes Lied, um den Zustand der deutschen Debattenkultur zu beschreiben. Egal ob Klima, Migration oder Upload-Filter: geradezu aus dem Nichts türmen sich immer wieder neue Empörungswellen in Deutschland auf und schlagen über dem politischen Marktplatz zusammen. Politiker und Medien gleichermaßen hoffen derweil wie Surfer auf die perfekte Welle, auf der sie zum Erfolg reiten können. Die kommt – wie gerade für die Grünen – nur unregelmäßig, und selbst wer eine optimale Welle erwischt, kann doch von der nächsten überrascht und unkontrolliert durch die Gegend geschleudert werden. Das für eine Demokratie elementare aber zeitraubende Abwägen und konstruktive Diskutieren bleibt beim politischen Wellenreiten, ganz getreu dem Juli-Song, zumeist vollkommen auf der Strecke.

Die aktuellen Aufmerksamkeitswellen haben eine andere Intensität und Richtung

Sicher, mediale Aufmerksamkeitszyklen gab es schon immer. Erst wird wochenlang täglich mit Sonderberichten aus aktuellen Krisengebieten wie Libyen, Syrien oder Sri Lanka berichtet, nur um im nächsten Moment die kollektive Aufmerksamkeit auf ein Sportgroßereignis oder eine boulevardeske Räuberpistole zu lenken. Geändert hat sich jedoch die Wucht, mit der Aufmerksamkeitswellen über uns hinwegrollen und – wohl am Wichtigsten – wo diese Wellen herkommen. Stimmungen werden heutzutage viel weniger im Springer-Haus erzeugt als in den sozialen Medien. Da reicht es, wenn ein vielen Menschen bis dato, vermutlich zu Recht, vollkommen unbekannter Youtuber mit blauen Haaren über die CDU herzieht, um Deutschlands mächtigste Partei in den Grundfesten zu erschüttern. Da tourt eine Luisa Neubauer durch Deutschlands Talkshow-Landschaft und wird vielleicht doch nur eingeladen, um in regelmäßigen Abständen „Klimawandel!“ und „Panik!“ zu sagen, und den versammelten Kabinettsmitgliedern die Möglichkeit zu geben, beim Zuhören besonders einfühlsam und aufmerksam zu gucken.

Im Grunde wäre einiges an dieser Entwicklung begrüßenswert; ja sogar erstrebenswert. Schließlich sollte Politik ja gerade vom einzelnen Individuum ausgehen. Die sozialen Medien machen die Demokratie und ihre Debatten unkontrollierbarer, lebendiger und zugänglicher. Die Eliten aus Politik und Medien können Themen kaum noch aussitzen, geschweige denn sie einfach totschweigen. Ja, unsere Volksvertreter müssen nun gut und genau zuhören, um nicht an ihren Wählern vorbeizureden oder gar auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Das wahre Problem liegt nicht darin, dass Menschen von ganz außerhalb des politischen Spektrums auf einmal mit ihren Meinungen Gehör finden. Das wahre Problem liegt darin, wie diese Menschen aber auch die Berufspolitiker unseres Landes ihre jeweiligen neuen Rollen ausfüllen.

Hauptsache erstmal Panik?

So mangelt es auf der Seite der Aktivisten an einem Bewusstsein für die mit der neuen Macht einhergehende Verantwortung. Da rufen junge Menschen allabendlich ihrer Generation zu, sie solle doch bitte auf der Stelle in Panik verfallen, und niemand fragt, was um alles in der Welt Panik uns bringen sollte. Denn anstatt endlich die spannende Frage zu diskutieren, welche klimapolitischen Instrumente wirklich effektiv und effizient sind, erzeugt dies tatsächlich bloße kopflose Panik. Politiker und Journalisten schwärmen panisch aus, um unbedingt „irgendwas mit Klima“ zu sagen, und können damit letztendliche ihre jungen Kritiker trotzdem nicht einfangen. Letztere nutzen zwar geschickt die Öffentlichkeit, um kurzfristige Aufmerksamkeit zu generieren. Die Verantwortung für die Entwicklung von tatsächlichen Lösungen schieben viele Aktivisten am Ende aber doch wieder an die zuvor kritisierte Politik zurück. Und dort hofft man insgeheim doch nur, dass sich möglichst bald eine neue Empörungswelle auftut, auf die man besser vorbereitet ist. Folglich gibt es ziellose Aufmerksamkeit, diesen oder anderen politischen Gewinnern aber vor allem nur große Schlagzeilen. Die sachliche Auseinandersetzung bleibt leider auf der Strecke.

Politiker sollten Entscheidungsfindungsexperten sein

Und auf der anderen Seite? Stimmungen und Debatten aufzunehmen, ist nicht gleichbedeutend damit, alle Überzeugungen über Board zu werfen. Die Rolle der Politik wäre es eigentlich, die Debatten zu ordnen und ihnen eine Struktur zu geben. Was müssen klimapolitische Instrumente leisten, wo gibt es Probleme und was sind nicht bedachte Folgen? Doch anstatt als Experten in der Entscheidungsfindung aufzutreten, lechzen die meisten Entscheidungsträger lediglich nach der Zustimmung der Luisa Neubauers unserer Zeit. Das macht es den mindestens genauso ideenlosen Kräften an den Rändern unseres politischen Spektrums besonders leicht, sich als einzig vernünftige Alternative „zwischen all den Altparteien“ zu gebären. Die Parteizentralen sollten endlich verstehen, dass Aufmerksamkeitswellen viel zu instabil sind, um darauf dauerhaften Erfolg zu gründen. Wie schnell sich die Stimmung drehen kann, erleben doch seit Jahren die Grünen, die als kleinste Oppositionspartei im Bundestag gerade zur neuen Volkspartei erklärt werden – und das nicht zum ersten Mal.

Segeln statt Wellenreiten

Die digitale Revolution ermöglicht dem Individuum eine ganz neue und potentiell einflussreichere Rolle in der politischen Debatte – und das ist auch gut so. Mit dem gesteigerten Einfluss muss jedoch auch ein gesteigertes Verantwortungsgefühl einhergehen. Dass man die gleichen Politikvertreter, die man auf Twitter und Youtube permanent vor sich hertreibt, für ihr Versagen beschimpft, nur um anschließend doch wieder alle Hoffnungen in sie zu setzen, ist beinahe grotesk. Gleichzeitig müssen Volksvertreter ihr Selbstbild anpassen. Viel mehr als Macher und Entscheider, sollten sie aufmerksame, aber prinzipientreue Moderatoren sein. Am Ende schaffen es vielleicht beide Seiten, die raue See der politischen Debatte so ganz anders zu nutzen – zum nachhaltigen Segeln statt zum kurzfristigen Wellenreiten.

Photo: kennejima from Flickr (CC BY 2.0)

Wenn die Justizministerin Katarina Barley die Urheberrechtsreform im EU-Rat der Justizminister durchwinkt, dann bricht sie im Namen ihrer eigenen Partei den Koalitionsvertrag. Das ist bemerkenswert, da Barley ja gleichzeitig Spitzenkandidatin der SPD zur EU-Wahl ist, und nur wenige Themen derartig Aufmerksamkeit auf europäischer Ebene haben. Im Koalitionsvertrag heißt es nämlich: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu „filtern“, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“ Die GroKo spricht sich im Koalitionsvertrag also gegen eine Erweiterung des Haftungsregime auf Internetplattformen wie Google, YouTube und Co. aus.

Doch eigentlich ist dieser Bruch des Koalitionsvertrags ein kollektiver. Denn auch die Union unterstützt die Urheberrechtsreform. Schon im EU-Parlament hat die EVP-Fraktion letztlich dem Richtlinienentwurf zur Mehrheit verholfen. Es waren also CDU und CSU, die die entscheidenden Stimmen für die Mehrheit sicherten.

Die Urheberrechtsreform durchbricht fundamentale marktwirtschaftliche Prinzipien. Eine marktwirtschaftliche Ordnung funktioniert dann gut, wenn das Eigentum geschützt wird. Also, wenn derjenige, dessen Eigentumsrechte verletzt werden, sich dagegen wehren kann. Wenn er für einen Schaden, den er erleidet, einen Ausgleich erhält. Das ist nicht immer einfach. Im grenzüberschreitenden Handel ist das vielfach sogar besonders schwierig. Die Probleme sind nicht auf das Internet beschränkt. Wenn in China Markenrechte eines Bekleidungsherstellers verletzt werden, dann ist es für die Unternehmen oftmals schwierig, ihre Ansprüche durchzusetzen. Hier setzt die Politik an, die bei internationalen Verhandlungen, auf WTO-Ebene oder bei den Verhandlungen von Freihandelsabkommen gerade über diese Aspekte diskutiert, und Vereinbarungen trifft, damit die Rechteverletzung vor Ort abgestellt oder das Eigentumsrecht durchgesetzt werden kann. Das ist mühsam und schwierig, aber dennoch notwendig.

Eine marktwirtschaftliche Ordnung entlässt denjenigen, dessen Eigentumsrechte verletzt werden, jedoch nicht aus der Verantwortung, sich um die Durchsetzung seiner Eigentumsrechte zu kümmern. Daraus haben einige Anbieter sogar ein Geschäftsmodell gemacht. Wer eine eigene Internetseite betreibt, kann ein Lied davon singen. Wenn etwa Bilder aus einer Bilddatenbank wie Flickr und Co. verwandt werden, dann kann es passieren, dass man Wochen später die Aufforderung zur Zahlung eines drei- bis vierstelligen Betrages bekommt, weil man die Urheber nicht oder nicht vollständig angegeben hat. Es soll sogar Suchmaschinen geben, die solche Veröffentlichungen heraussuchen. Ganze Anwaltskanzleien haben sich auf dieses lukrative Geschäft spezialisiert.

Doch man darf diejenigen, die Eigentumsrechte verletzen, nicht mit denjenigen verwechseln, die lediglich einen Marktplatz anbieten. Google, YouTube und Facebook bieten gerade das an. Warum sollen sie dafür haften müssen, dass jemand Inhalte hochlädt, die Eigentumsrechte anderer verletzen? Der Youtuber Felix von der Laden diskutierte bei Maybrit Illner mit Welt-Herausgeber Stefan Aust gerade über diese Frage. Sein Beispiel, dass die Post ja auch nicht dafür hafte, wenn jemand einen Brief versendet und beim Briefinhalt gegen das Urheberrecht verstoßen wird, konterte Aust damit, dass YouTube aber mit den Daten der Nutzer Geld verdiene und daher die Haftung auch berechtigt sei.

Das Beispiel war richtig und sehr treffend. Denn auch die Deutsche Post verdient ihr Geld nicht nur damit, dass sie Briefmarken verkauft, sondern auch, indem sie mit den Daten der Nutzer Geld verdient. So können spezifische Zielgruppe über den Postversand erreicht werden, deren Adressenbestände von der Deutschen Post käuflich erworben werden müssen. Das ist ein lukratives Geschäft für die Post. Sie macht also das Gleiche in der analogen Welt wie YouTube und Co. in der digitalen. Selbst die Marktmacht ist hier kein Argument, denn der relative Marktanteil am entsprechenden Sektor der Post ist wahrscheinlich höher als derjenige der betroffenen Internetunternehmen.

Was hier stattfindet, ist der klassische Kampf der Besitzstandswahrer gegenüber grundlegenden Veränderungen der Märkte. Klassische Druckerzeugnisse wie Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und Bilder verlieren ihre Bedeutung gegenüber Angeboten im Internet. Nur wenige Verlage haben auf diese Veränderungen bisher eine Antwort. Jetzt soll der Staat helfen, deren Niedergang abzufedern. Der Staat soll Verwertungsgesellschaften initiieren und Google verpflichten, für Zeitungsausschnitte zu bezahlen. Doch wer hindert die Zeitungsverlage daran, selbst Verwertungsgesellschaften zu gründen oder Google die Veröffentlichung von Zeitungsausschnitten zu untersagen? Das Urheberrecht sicherlich nicht. Es sind die Verlage selbst, die sich bislang damit arrangiert und auch davon profitieren haben. Denn die Klicks auf ihre Internetseiten werden dadurch vervielfacht. Es ist eine Win-Win-Situation für alle Seiten. Der Suchende findet so schneller, was er will. Die Zeitung hat mehr Klicks und Google profitiert von den Daten. Das Internet ist deshalb so erfolgreich, weil es unser aller Leben einfacher macht. Google, YouTube und andere ersparen uns Lebenszeit, die wir alle früher für Recherchen aufwenden mussten. Diesen Fortschritt sollten wir in EU-Europa nicht zerstören. Daher, liebe Frau Barley, stimmen Sie am 9. April gegen die Urheberrechtsreform. Sie haben es in der Hand!

Zuerst erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: PeterFranz from Flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre. 

Lokalisierungsbarrieren schaden dem internationalen Handel erheblich. Der Abbau lokaler Anforderungen sollte unilateral vorangetrieben werden. Wird der gegenseitige Verzicht auf Lokalisierungsbarrieren vereinbart, ist maßgeblich, dass der Bereich der nationalen Sicherheit ausreichend eng gefasst wird.

Nicht nur Zölle und staatliche Finanzhilfen behindern den Handel über Landesgrenzen hinweg. Regierungen auf der ganzen Welt schränken – mal mehr mal weniger subtil – auch durch Lokalisierungsanforderungen den Handel ein. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die ausländische Unternehmen dazu anhalten, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in das eigene Land zu verlegen. Dies kann explizit erfolgen, wenn der Marktzugang ausländischen Unternehmen nur gewährt wird, wenn das Unternehmen die abgesetzten Produkte vor Ort produziert. Implizit kommt es zum Einfluss auf die Standortwahl, wenn beispielsweise bei öffentlichen Ausschreibungen nur lokale Anbieter berücksichtigt werden sowie wenn Subventionen oder öffentliche Aufträge nur zugänglich sind, wenn Anbieter lokal produzierte Güter und Dienstleistungen als Inputs nutzen. Wir diskutieren in einem neuen IREF Policy Paper wie internationaler Handel durch derartige Anforderungen gehemmt wird. Abhilfe versprechen vor allem internationale Abkommen.

Marktzugang nur bei lokaler Produktion

Recht offensiv nutzen vor allem einige Entwicklungsländer Lokalisierungsbarrieren. Wollen etwa ausländische Unternehmen Marktzugang in China, ist dies nur möglich, wenn die Firmen bereit sind, geistiges Eigentum und Technologien mit ihren chinesischen „Partnern“ zu teilen. Ohne Investitionen und Technologiepreisgabe wird in der Regel kein Marktzugang gewährt.

Doch auch Industrieländer nutzen Lokalisierungsbarrieren. Bekannte diskriminierende öffentlichen Auftragsanforderungen in den USA sind der 1933 verabschiedete Buy American Act, der die U.S.-Regierung dazu anhält, in den USA produzierten Gütern den Vorzug zu geben, und der 1982 erlassene Buy America Act, gemäß welchem beim vom Bund unterstützten Infrastrukturprojekten ebenfalls im Inland produzierte Güter zu bevorzugen sind. Auch das Konjunkturpaket im Zuge der Finanzkrise 2008/2009 enthielt „Buy American“-Restriktionen. Sie galten für mehr als ein Drittel des gut 787 Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramms.

Digitale Barrieren

Auch das digitale Zeitalter kennt Lokalisierungsbarrieren. Obwohl die Digitalisierung besonders vom Austausch von Informationen über Grenzen hinweg lebt, gibt es Bestrebungen, Anbieter digitaler Produkte in ihrer Standortwahl einzuschränken. Auch dadurch wird der internationale Austausch gehemmt. Industriestaaten wie Australien, Kanada, Neuseeland, Südkorea, Taiwan und die Türkei haben digitale Lokalisierungsbarrieren per Gesetz verabschiedet. Auch weniger entwickelte Länder setzen auf die lokale Speicherung von Daten, darunter Schwergewichte wie China, Indien, Indonesien, Malaysia und Vietnam.

Begründet werden digitale Lokalisierungseinschränkungen regelmäßig mit Hinweis auf den Datenschutz oder die nationale Sicherheit. Ob Datenschutzbedenken tatsächlich das ausschlaggebende Motiv für digitale Lokalisierungsbarrieren sind oder vielmehr protektionistische Ziele, ist fraglich.

Datenschutz?

Die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2013 suggerieren, dass Datenschutz bei digitalen Lokalisierungsanforderungen nicht das einzige Motiv ist. Einige aktuelle Beispiele aus Europa verdeutlichen dies.

So geht die Umsetzung der von der EU geforderten Vorratsdatenspeicherung in Griechenland besonders weit. Die Kommunikationsdaten müssen innerhalb der Grenzen Griechenlands gespeichert werden.

Auch in Deutschland sind verschiedene Lokalisierungsanforderungen zu finden. So müssen nach dem Umsatzsteuergesetz elektronische Rechnungen innerhalb der Europäischen Union aufbewahrt werden. Auch Gehaltsabrechnungen und Bilanzdaten müssen in Deutschland aufbewahrt werden. Besonders kurios ist das Brandenburger Melderegistergesetz. Die brandenburgischen Einwohnermeldeämter dürfen nur private Cloud-Computing-Dienste nutzen, die sich im Land Brandenburg befinden. In vielen Fällen wäre der Datensicherheit vermutlich auch genüge getan, wenn die Daten innerhalb der EU-Grenzen oder in der EU nahestehenden Drittstaaten statt innerhalb der jeweiligen Landesgrenzen gespeichert würden.

Zudem ist die Frage, wo die Daten physisch gespeichert sind, für die Durchsetzung von Datenschutzgesetzen bei in- wie ausländischen Unternehmen irrelevant. Inländische Unternehmen können zur Rechenschaft gezogen werden, auch wenn die Daten im Ausland physisch gespeichert sind. Ausländische Firmen ohne einen rechtlichen Sitz im Inland können dagegen nur juristisch belangt werden, wenn die Justiz durch Rechtshilfeabkommen mit anderen Ländern kooperiert. Eine physische Speicherung der Daten im Inland ist dagegen für die Durchsetzung von Datenschutzrecht gegenüber ausländischen Unternehmen kaum hilfreich.

Nationale Sicherheit?

Neben dem Datenschutz wird regelmäßig zur Begründung von Lokalisierungsbarrieren und anderen Handelsbarrieren auf die Nationale Sicherheit verwiesen. Einer Studie der EUzu digitalen Barrieren zufolge, sind die striktesten Barrieren jene, welche durch nationale Sicherheit gerechtfertigt sind. So kann nach dem „Französischen Blockiergesetz“ von 1980 die Übermittlung von Informationen in das Ausland untersagt werden, wenn die Souveränität, Sicherheit, öffentliche Ordnung oder wesentliche wirtschaftliche Interessen Frankreichs beeinträchtigen werden könnte. Zudem müssen seit 2016 alle Daten, die von französischen staatlichen Einrichtungen oder Personen, die für diese arbeiten, in Frankreich gespeichert und verarbeitet werden.

In einigen Fällen mögen Sicherheitsbedenken legitime Gründe für die Behinderung des Austauschs von Daten sein. Auch bei nicht digitalen Produkten könnten Sicherheitsbedenken, etwa bei der Beschränkung von Waffenexporten, legitim sein. In anderen Fällen jedoch scheinen protektionistische Absichten und nicht so sehr Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit Barrieren zu motivieren.

WTO: Nationale Sicherheit präzisieren

Nach den Regeln der WTO dürfen Regierungen den Handel einschränken, wenn ihre nationalen Sicherheitsinteressen betroffen sind. Doch der Begriff der nationalen Sicherheit ist sehr beliebig und wird teilweise großzügig ausgelegt. So hat Donald Trump mit dem Verweis auf die nationale Sicherheit Zölle auf Stahl und Aluminium legitimiert. Auch droht er deutsche Autoexporte im Namen der nationalen Sicherheit einzudämmen. Es bedarf eines gewissen Maßes an Vorstellungskraft, um sich davon zu überzeugen, dass VW Passats die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährden. Aber Donald Trump ist bei weitem nicht der erste, der sich auf diese Ausnahme beruft. So schränkte Schweden im Jahr 1975den Import von Schuhen im Namen der nationalen Sicherheit ein.

Die sehr weite Auslegung des Begriffs der nationalen Sicherheit ist jedoch derzeit kein Randthema mehr und nicht mehr nur Gegenstand skandinavischer Anekdoten. Es bedarf einer international anerkannten Definition des Begriffs der nationalen Sicherheit.

Multilaterale Verträge nötig

Lokalisierungsbarrieren schaden dem internationalen Handel erheblich. Der Abbau lokaler Anforderungen sollte unilateral vorangetrieben werden. Fehlt dazu der politische Wille, kann der Abbau lokaler Anforderungen vor allem multilateral gelingen – etwa durch Abkommen wie TTIP oder im Rahmen der WTO. Wird der gegenseitige Verzicht auf Lokalisierungsbarrieren vereinbart, ist maßgeblich, dass der Bereich der nationalen Sicherheit ausreichend eng gefasst wird. Dann können Bestrebungen zum Abbau von Lokalisierungsbarrieren nicht mit dem Verweis auf die nationale Sicherheit bei scheinbarer Einhaltung der vereinbarten Regeln ausgehöhlt und der internationale Handel erfolgreich befördert werden.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: Georgios Domouchtsidis from Unsplash (CC 0)

Was haben der Weltspartag und die Cryptowährung Bitcoin miteinander zu tun? Auf den ersten Blick eigentlich nichts. Bitcoins kann man nur schlecht in eine Spardose legen, allenfalls in ein Wallet auf dem Smartphone. Cryptowährungen eignen sich aber auch nicht für die klassische Vermögensbildung, mit der man Kindern das Sparen beibringt.

Auf den zweiten Blick gibt es aber durchaus Gemeinsamkeiten. So fand in dieser Woche nicht nur der Weltspartag statt, sondern vor genau 10 Jahren wurde das erste Whitepaper über Bitcoin veröffentlicht. Seitdem wurde der Bitcoin immer wieder totgesagt, kostet heute aber, trotz zahlreicher Kursturbulenzen, über 5.500 Euro. Der Bitcoin ist eine Erfolgsgeschichte. Der dahinterstehenden Blockchain-Technologie wird heute viel zugetraut. Erst letzte Woche traf sich die Community mit mehreren tausend Teilnehmern beim Crypto + ICO Summit im schweizerischen Zürich. Dort konnte man sehen, wie dynamisch die Szene ist und welche Anwendungsmöglichen die Blockchain künftig bietet. Sie reichen von der sicheren Übertragung von Eigentum, auch grenzüberschreitend, über die Hoheit über die persönlichen Daten, die auf der Blockchain sicher hinterlegt werden können, bis zur Vereinfachung und Verbesserung des Meldewesens von Banken gegenüber der Notenbank. Es steckt viel Musik darin. So wie heute das Internet ganze Branchen verändert, so wird vermutlich morgen die Distributed Ledger Technologie ganze Wirtschaftszweige revolutionieren. Hier stehen wir erst am Anfang.

Das Jahr 2008 war aber nicht nur die Geburtsstunde des Bitcoin, es war auch einschneidend für den Weltspartag. Denn bis vor 10 Jahren war dieser noch eine Wucht. Er hat eine lange Tradition. Seit den 1920er Jahre begehen die Sparkassen in ganz Europa dieses Ereignis. Er war lange eine super Marketingmaßnahme, um Eltern und Großeltern und deren Kinder und Enkelkinder zum Sparen zu animieren. Früher pilgerten am letzten Tag im Oktober Scharen in die Sparkassen- und Bankfilialen, um die Spardosen der Kleinen zu leeren. Die gesammelten DM- bzw. heute Euro-Münzen wurden auf das Sparbuch einbezahlt. Die Kinder bekamen Luftballons und Geschenke. Aber der pädagogische Wert lag eigentlich darin, den Kinder zu zeigen, was es bringt, zu sparen und Konsumverzicht zu leisten. In den 1970er Jahren gab es auf dem Sparbuch 4 bis 5 Prozent Zinsen pro Jahr. Ja, auch die Inflation war damals eine andere als heute, aber die Kinder, deren Eltern und Großeltern hatten das Gefühl, dass es sich lohnt zu sparen.

Seit 2008 ist das anders. Seitdem geht der Sparbuchzins in den Keller. Heute gibt es nichts mehr. Allenfalls einen Luftballon für die Kinder. Die Ursache für den rapiden Rückgang liegt in der Geldpolitik der Notenbanken: mit Beginn der Finanzkrise Anfang 2008, als sie ihre Leitzinsen in kurzer Zeit auf fast Null senkten. Seitdem hat die EZB ihn nicht mehr erhöht und gleichzeitig mit Billionen neugedruckten Euros die Schulden von Staaten und Banken aufgekauft.

Bis zum Herbst nächsten Jahres will EZB-Präsident Mario Draghi diesen Zustand einfrieren. Dass sein Nachfolger diese Politik ändert, darf man sich wünschen, wahrscheinlich ist es jedoch nicht. Der Grund ist die aktuelle Situation in Italien. Würden die Zinsen in Italien nur auf 5 Prozent steigen, dann würde sich der Zinsaufwand der Regierung in Rom von 4 auf 6,5 Prozent des BIP erhöhen (laut Flossbach von Storch Research Institute). Es würde die Haushaltssituation Italiens dramatisch verschlechtern. Vielen ist nicht bewusst, dass die Situation Italiens heute schlimmer ist als jene Griechenlands in 2010. Die Arbeitslosigkeit ist höher und die Staatsverschuldung auch. Die Wettbewerbsfähigkeit Italiens hat erheblich nachgelassen. Bestes Beispiel ist die Automobilindustrie. Während Ende der 1980er Jahre fast 2 Millionen Autos in Italien vom Band liefen, sind es heute gerade mal noch rund 750.000. Diese auch für Italien wichtige Industrie produziert heute Stückzahlen auf dem Niveau der frühen 1960er Jahre. Heute liegt die Wirtschaftskraft Italiens noch deutlich unter dem Stand von 2008 und die Industrieproduktion liegt sogar unter dem Niveau von 1990. Kein Wunder, dass in diesem Umfeld die faulen Kredite für die Banken (18,6 Prozent im ersten Quartal 2018) ein Problem sind. Nur die Nullzinspolitik der EZB und der Anleihenkauf der italienischen Notenbank sichern aktuell die Zahlungsfähigkeit des Staates – und die Vollzuteilung der EZB die Liquidität der Banken. Mit einem Austritt Italiens muss man sich daher beschäftigen. Denn ein Programm wie es Griechenland seit 2010 durchlebt hat, würde auch Italien „Weimarer Verhältnisse“ bescheren. Es wäre eine Katastrophe für das Land – und für Europa.

Das Bitcoin-Whitepaper des Pseudonyms Satoshi Nakamoto war eine Antwort auf die Finanzkrise 2008 und die Politik der Notenbanken. Die Initiatoren wollten ein elektronisches Zahlungssystem schaffen, das ohne Banken und Notenbanken auskommt. Es sollte weltweite Zahlungen von einer Partei zu einer anderen Partei ermöglichen. Bitcoins sollten durch ein dezentrales Netzwerk fälschungssicher sein. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass jede Transaktion in einer Blockchain unveränderbar veröffentlicht wird. Die Anzahl der Bitcoins sollte auf 21 Millionen begrenzt werden, so dass eine Inflationierung der Geldmenge nicht möglich ist. Bitcoin macht alles das, was das staatliche Geld nicht tut. Es basiert nicht auf dem Vertrauen in den Staat und seine Notenbank, in der Hoffnung, dass Mario Draghi und seine Mitstreiter alles richtig machen, sondern auf einer Verteilung der Macht auf viele. Das Misstrauen gegenüber der Machtkonzentration auf wenige, die vermeintlich mehr Wissen über die Zukunft haben, hat Bitcoin hervorgebracht. Zentrale Modelle wie der Euro haben den wesentlichen Nachteil, dass man ihnen nur sehr schwer entkommen kann. Die Sparbuchhalter und diejenigen, die in Festgelder investiert sind, wissen das. Sie sind Gefangene der EZB und Mario Draghis. Sie können nicht fliehen. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Euro und Bitcoin ist daher: scheitert der Euro, dann leiden alle darunter. Scheitert der Bitcoin, dann sind es nur diejenigen, die ihn in ihrem Depot halten.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.