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In diesem Jahr wurde oft auf die Zeit vor 100 Jahren zurückgeblickt. Auf das Jahr 1923, als Deutschland in eine Hyperinflation schlitterte, die die nachfolgenden Generationen tief geprägt hat. Wahrscheinlich hat die Stabilitätskultur der Deutschen Mark nach 1948 ursächlich mit dem Währungstrauma von 1923 zu tun, als die Menschen Geld mit Schubkarren durch die Gegend fuhren, aber nichts mehr dafür kaufen konnten.
Das Jahr 1923 war der traurige Höhepunkt einer Währung, die 1871 mit der Einführung der Mark als gesetzlichem Zahlungsmittel im Deutschen Kaiserreich begann. Ursprünglich war sie mit einer harten Golddeckung stabilitätsorientiert verankert. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 wurde die Goldbindung jedoch aufgehoben, und auch danach nicht wiedereingeführt. Die Geldmenge erreichte bis zum Zusammenbruch der Währung am 15. November 1923 eine unfassbare Zahl von 400 Trillionen Mark. Die Inflationsrate explodierte, der Außenwert der Mark rutschte ins Bodenlose. Für einen US-Dollar musste man nahezu 250 Milliarden Mark aufwenden. Über die Ursachen ist viel geschrieben und publiziert worden. Natürlich sind der Erste Weltkrieg und die Reparationszahlungen mit ursächlich für den Niedergang der Mark als Währung. Doch was in dieser Zeit umso erstaunlicher war: es gab eben nicht nur Schatten, sondern auch Licht.
Bislang stand nicht so sehr im Fokus der allgemeinen Wahrnehmung des Inflationsjahres, dass trotz der Instabilität der Währung und der Schwächen der Weimarer Demokratie, dies dennoch eine Zeit war, in der Erstaunliches geschaffen wurde. Große Familienunternehmen wie der Maschinen- und Anlagenbauer Trumpf oder das bayrische Genossenschaftsunternehmen BayWa wurden 1923 gegründet. Beide sind heute Milliarden-Unternehmen mit weltweit Tausenden von Mitarbeitern. Auch das Radio wurde in diesem Jahr aus der Taufe gehoben.
Es war also nicht nur ein Jahr der wirtschaftlichen Katastrophe, sondern auch ein Jahr des Beginns und des Neuanfangs. Und auch das hatte wahrscheinlich viel mit Währung zu tun. Bereits im Oktober 1923 wurde die Deutsche Rentenbank gegründet, die die Rentenmark herausgab, eine durch Hypotheken und Grundschulden auf den Immobilienbestand und Grund und Boden besicherte Währung. Diese war zwar nur eine rein fiktive Besicherung, aber die Verankerung an einen Sachwert schuf sofort vertrauen. Dazu musste die Rentenmark nicht einmal gesetzliches Zahlungsmittel sein: sie war lediglich eine Inhaberschuldverschreibung. Man kann also diejenigen, die meinen, für eine Währung sei es notwendig, dass es ein Annahmezwang gibt, getrost auf die Zeit vor 100 Jahren verweisen. Einer hyperinflationären Mark hat der Status des gesetzlichen Zahlungsmittels, also der Annahmezwang, am Ende auch nicht geholfen. Die Mark wurde schlicht nicht mehr akzeptiert. Die Rentenmark bedurfte nicht dieses Privilegs, um sich durchzusetzen. Sie wurde aus sich heraus genutzt, weil die Bürger Vertrauen in die neue Währung hatten.
Die Rentenmark beendete die Hyperinflation der parallel weiter existierenden Papier-Mark, weil sie die Reichsbank zwang, den Aufkauf von Staatsschulden zu beenden. Hier entfaltete der Währungswettbewerb auch eine disziplinierende Wirkung auf das „schlechte“ Geld. Das „gute“, in diesem Fall die Rentenmark, zwang das „schlechte“ Geld, die Papier-Mark, zur Umkehr. Der damalige Reichsbankpräsident Rudolf Havenstein (er verstarb bizarrer Weise am 20. November 1923 an einer Grippe) wurde durch Hjalmar Schacht ersetzt. Schacht richtete die Papier-Mark auch international wieder als verlässliche Devisenwährung aus. Die Hyperinflation war beendet. Doch letztlich war dies auch nur eine kurze Episode. Friedrich August von Hayek hat sich vielleicht auch wegen dieser Erfahrung für die „Entnationalisierung des Geldes“ eingesetzt und für einen Währungswettbewerb plädiert. Sein Plädoyer war: „Man muss den Regierungen die Macht über das Geldangebot entziehen.“ Ich glaube, er hatte recht.