Photo: StefanRohrbach from Flickr (CC BY 2.0)

Von Claus Vogt, Börsenbrief „Krisensicher investieren“.

Der Bundesrechnungshof hat vor einigen Monaten einen Bericht veröffentlicht, in dem er sich intensiv mit der finanziellen Dimension der Energiewende auseinandersetzt. In dem Bericht kritisieren die Finanzkontrolleure insbesondere, dass die Bundesregierung keinen Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende habe. Auch würden bei der Umsetzung der Energiewende die Ziele Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit nicht gleichrangig mit den klimapolitischen Zielen behandelt.

Fragen der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit spielen auch in den derzeitigen Verhandlungen zur Regierungsbildung nach der Bundestagswahl vom September 2017 keine Rolle. Da fragt man sich als interessierter Zeitgenosse schon, auf welcher Faktenbasis die zukünftigen Koalitionäre über weitere Verschärfungen der Energiewende verhandeln und dadurch der Gesellschaft zusätzliche Belastungen auferlegen wollen.

Als Energiewende bezeichnet die Bundesregierung den Übergang von der Nutzung fossiler Energieträger wie Erdöl, Kohle und Erdgas sowie der Kernenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien. Die Energiewende soll dazu beitragen, die angestrebten Klimaschutzziele zu erreichen. Der Begriff „erneuerbare Energien“ ist streng genommen nicht korrekt, denn Energie lässt sich nach dem Energieerhaltungssatz der Physik weder vernichten noch erschaffen, sondern lediglich in verschiedene Formen überführen. Die Bezeichnung hat sich jedoch allgemein durchgesetzt und auch Eingang in die Gesetzessprache gefunden.

Eine Gesamtkoordinierung findet nicht statt

Innerhalb der Bundesregierung ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) für die Gesamtkoordinierung der Energiewende zuständig. Das BMWi versteht die Energiewende als gesamtstaatliche Aufgabe und spricht in diesem Zusammenhang davon, dass durch seine Koordinierung Reibungsverluste verhindert und eine „Energiepolitik aus einer Hand“ ermöglicht werde. Die Feststellungen des Rechnungshofs zeigen allerdings, dass das BMWi bislang seine Rolle als Gesamtkoordinator nicht ausfüllt. Vielfach fanden weder innerhalb des BMWi noch mit anderen Bundesministerien koordinierende Absprachen statt. Beispielsweise wurden Fördermittel von verschiedenen Ressorts für ähnlich Programme zur Verfügung gestellt. Weiterhin hat der Bundesrechnungshof die mangelhafte Abstimmung zwischen Bund und Ländern bei der Umsetzung der Energiewende bemängelt.

Der Bund hat keinen Überblick über die Kosten der Energiewende

Angesichts der mangelnden Koordination verwundert es nicht, dass das BMWi keine belastbaren Zahlen über die finanzielle Dimension der Energiewende vorlegen konnte. Elementare Fragen wie zum Beispiel, was die Energiewende den Staat kostet bzw. kosten sollte, konnten nicht beantwortet werden. Für den Bundesbereich musste der Rechnungshof die entsprechenden Informationen bei den in Frage kommenden Bundesministerien erfragen. Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende finanziert der Bund aus dem Bundeshaushalt und aus dem Energie- und Klimafonds. Die entsprechenden Ausgaben lagen im Jahr 2011 bei 2 Milliarden Euro, im Jahr 2016 waren es bereits 4 Milliarden Euro. Der Rechnungshof hat gefordert, dass der Bund sich an zentraler Stelle einen umfassenden Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende verschaffen müsse. Nur dann könne eine fundierte Entscheidung über Ausbau und Grenzen der Energiewende getroffen werden.

Bürger und Unternehmen werden mit hohen Milliardenbeträgen belastet

Viel gewichtiger als die Ausgaben der öffentlichen Haushalte für die Energiewende sind die Lasten, welche auf die Bürger und Unternehmen in diesem Zusammenhang zukommen. Insbesondere die von den Stromverbrauchern zu tragenden Aufschläge und Umlagen erreichen eine gewaltige finanzielle Dimension. Die von den Stromverbrauchern zu zahlenden Gesamtausgaben für die verschiedenen Aufschläge und Umlagen beliefen sich im Jahr 2016 auf schätzungsweise 24 Milliarden Euro. Darüber hinaus müssen die Bürger und Unternehmen die Energiewende aufgrund von gesetzlichen oder sonstigen Regelungen mitfinanzieren. Ein Beispiel hierfür ist die Energieeinsparverordnung, welche die Investitionsausgaben bei Gebäuden deutlich erhöht. Die energetisch relevanten Kosten bei Investitionen in den Gebäudebestand wurden vor einigen Jahren auf über 50 Milliarden Euro geschätzt.

Der Rechnungshof fordert Transparenz über die Kosten der Energiewende

Der Rechnungshof hat zu diesem Thema ausgeführt, dass der Bund Transparenz über die Auswirkungen der Energiewende auf Bürger und Unternehmen durch staatliche Maßnahmen wie Steuern, Abgaben, Umlagen usw. schaffen müsse. Das gleiche gelte für Regelungen wie beispielsweise das Gesetz über den Ausbau erneuerbarer Energien oder die Energieeinsparverordnung. Nur aufgrund einer ausreichend datenbasierten und umfassenden Grundlage sei eine Diskussion über die Weiterentwicklung der Energiewende möglich. Eine Entscheidung über Ausbau und Grenzen der Energiewende könne nur getroffen werden, wenn der Staat wisse, wie viel die Energiewende den Staat und die Verbraucher von Energie koste.

Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit müssten stärker berücksichtigt werden

Weiterhin geht der Rechnungshof auch auf die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung ein. Die Ziele Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit (sogenanntes „energiepolitisches Dreieck“) stehen für die Bundesregierung gleichrangig nebeneinander. Der Bundesrechnungshof führt dazu aus, dass bei der Energiewende die Ziele Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit nicht gleichrangig mit den umweltpolitischen Zielsetzungen berücksichtigt würden. Es bestehe eine Dominanz der Umweltverträglichkeit. Der Rechnungshof fordert, dass die Ziele Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit genauso konkretisiert und quantifiziert werden müssten wie die bereits ausreichend quantifizierten umweltpolitischen Ziele. Dabei sollten Obergrenzen für die Kosten der Energiewende aufgezeigt werden. Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit müssten als begrenzende Faktoren für die Weiterentwicklung der Energiewende wahrgenommen werden.

Neue Lasten werden auf die Bürger zukommen

Goldene Worte, die der zur Objektivität verpflichtete Rechnungshof der Politik da ins Stammbuch geschrieben hat. Die äußerst vernünftigen Forderungen der Finanzkontrolleure werden aber vermutlich bei der Politik kein Gehör finden. Hierfür spricht, dass klimapolitische Ziele in den bisherigen Verhandlungsrunden zur Bildung einer tragfähigen Regierungskoalition nach der Bundestagswahl einen hohen Stellenwert hatten, während Aspekte der Versorgungssicherheit bzw. Bezahlbarkeit nicht im Vordergrund standen. An diesem Vorrang für den Klimaschutz dürfte sich auch bei weiteren Koalitionsverhandlungen nichts ändern. Vor diesem Hintergrund steht zu befürchten, dass die Politik uns Bürgern weitere finanzielle Lasten zur Durchsetzung ihrer klimapolitischen Ziele auferlegen wird.

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