Es erinnerte an den berühmten Showdown im Western „Zwölf Uhr mittags“, als Marshal Kane alias Gary Cooper am Ende des Filmklassikers alleine gegen die übermächtige Miller Bande kämpfte. Ein bisschen so präsentierte sich am vergangenen Freitag auch der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis beim Finanzministertreffen der Eurogruppe in Brüssel. Die Miller Bande in Brüssel glaubte an ihre Überlegenheit und ihre größere Schusskraft. Doch wer hat das Duell der ungleichen Kräfte gewonnen, wer hat es verloren? Der Gary Cooper vom vergangenen Freitag ging wie im Schwarzweißstreifen von 1952 letztlich als Sieger vom Platz!

Er hat drei wesentliche Ziele erreicht:

Erstens: Die griechische Regierung wollte Zeit gewinnen. Das ist ihr gelungen. Mindestens vier Monate werden sie von der Staatengemeinschaft weiterfinanziert. Das bislang vereinbarte Programm und deren Maßnahmen ist Makulatur. Griechenland muss bis Montag eigene Vorschläge und Maßnahmen vorlegen. Das wird Gary Cooper leicht fallen. Denn deren Umsetzung wird sich erst nach der Zustimmung des Euro-Clubs zeigen müssen. Die vergangenen fünf Jahre belegen, dass Papier geduldig ist. Die Miller Bande vom Freitag wird bei der Vorlage der griechischen Vorschläge am Montag bluffen, sich wehren und zurückschießen was das Zeug hält. Am Ende haben sie aber nur Platzpatronen. Gerade noch haben sie das Ende des Duells als ihren Sieg verkauft, die Aktienmärkte boomen wieder, die Zinsen gehen wieder runter und alle wenden sich wieder den eigenen innenpolitischen Themen zu. Da will man nicht in den alten Trott zurückfallen.

Zweitens: Griechenland muss nicht mehr einen Primärüberschuss im Haushalt von 3 Prozent in diesem Jahr und 4,5 Prozent im nächsten Jahr erreichen. Also, die Einnahmen müssen nicht in dieser Höhe größer sein als die Ausgaben, unter Ausklammerung der Zinsverpflichtungen. Das bedeutet letztlich, dass eine erneute Lücke klaffen wird. Denn die Kreditlaufzeiten des Euro-Clubs sind auf die Primärüberschüsse abgestimmt. Sind die Überschüsse im Haushalt geringer, klafft eine Lücke, die dazu führt, dass entweder der Schuldenstand in den Folgejahren höher sein wird oder die Laufzeiten verlängert oder die Zinsen reduziert werden müssen.

Damit kommt Varoufakis seinem dritten Ziel ein gutes Stück näher: Einem Schuldenerlaß. Dadurch, dass er die Höhe der Haushaltsüberschüsse relativiert hat, bekommt er plötzlich für dieses Ziel einen Fuss in die Tür. Denn eine Laufzeitverlängerung und/oder eine weitere Zinsreduktion kommt einem Schuldenschnitt gleich. Es wäre dann der dritte: Der erste im Frühjahr 2011 über rund 100 Mrd. Euro war die erste Umschuldung. Im Herbst 2012 wurden bereits die Zinsen auf unter 1 Prozent und die Laufzeit auf über 30 Jahre verlängert. Letzteres entsprach einem Schuldenerlass von 40 Prozent. Kürzlich hat Varoufakis eine Umschuldung in Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit gefordert. Seit Freitag ist dies wahrscheinlicher geworden.

In „Zwölf Uhr mittags“ schmeißt Gary Cooper am Ende des Films den Bürgern der Stadt den Marshalstern vor die Füße und geht. Damit wird Varoufakis nicht offen drohen, aber er wird immer damit kokettieren, dass Griechenland den Bettel hinschmeißen und alles wieder in Frage stellen könnte. Denn er weiß, für die Miller Bande und die Bürger im Euroclub wird es von Tag zu Tag, von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr schwieriger, den Vertrag mit Griechenland zu kündigen. Da kann Wolfgang Schäuble noch so spotten und süffisant in Richtung Varoufakis betonen, Regieren sei ein „Rendevous mit der Realität“. Gary Cooper alias Yanis Varoufakis wedelt schon im fernen Athen mit dem Marshalstern in der Hand.

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