Photo: Asim Bijarani from flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre.

Die Grenzwerte für neuzugelassene Fahrzeuge garantieren nicht, dass die Reduktionsziele der EU für den Verkehrsbereich eingehalten werden. Der Individualverkehr sollte in den bestehenden CO2-Zertifikate Handel miteinbezogen werden.

Grenzwerte sind derzeit in aller Munde. Auch zum Ziel der Reduktion von CO2-Emissionen kommen Grenzwerte zum Einsatz. So wird die Europäische Union die CO2-Grenzwerte für neu zugelassene Fahrzeuge schrittweise verschärfen, um die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bis 2050 um 60 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren. Ressourcenschonender könnten die Emissionsziele durch eine Ausweitung des erfolgreichen europäischen Emissionshandels auf den Verkehr – und andere Sektoren – erreicht werden.

In der EU gingen die Treibhausgasemissionen durch die Verbrennung von Kraftstoff im Straßenverkehr seit 1990 nicht zurück, sondern stiegen um 22 Prozent. In anderen Sektoren sind im gleichen Zeitraum die Emissionen gefallen. In der Industrie ist das Emissionsvolumen seit 1990 um knapp 28 Prozent zurückgegangen. Hier hat sich seit 2005 eine alternative Maßnahme zu Grenzwerten bewährt. Große Teile der energieintensiven Industrie sind seitdem in den europaweiten Emissionszertifikatehandel eingebunden.

Wie funktionieren fahrzeugbezogene Grenzwerte?

In Europa müssen Hersteller von Fahrzeugen sicherstellen, dass neu produzierte Fahrzeuge im Durchschnitt die herstellerspezifischen CO2-Zielvorgaben nicht überschreiten. Diese Zielvorgabe ist herstellerspezifisch und setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Zum einen gibt es einen Sockelbetrag, das sogenannte EU-Flottenziel. Dies entspricht der europaweiten Zielvorgabe für die durchschnittlichen CO2-Emissionen neu zugelassener Fahrzeuge pro 100 Kilometer. Zum anderen werden von dem Sockelbetrag Abschläge abgezogen oder Aufschläge hinzuaddiert. Diese Auf- und Abschläge sind abhängig vom durchschnittlichen Gewicht der Fahrzeuge eines Herstellers im Verhältnis zum durchschnittlichen Gewicht aller Neufahrzeuge der vergangenen Jahre. Sind die Autos eines Herstellers schwerer als der Durchschnitt, dürfen die Autos mehr CO2 ausstoßen. Hersteller schwerer Fahrzeuge unterliegen daher weniger strengen Vorgaben als Hersteller leichter Fahrzeuge.

Grenzwerte garantieren keinen Emissionsabbau

Die Grenzwerte für neuzugelassene Fahrzeuge garantieren nicht, dass die Reduktionsziele der EU für den Verkehrsbereich eingehalten werden. Zum einen emittieren auch ältere Fahrzeuge CO2. Diese sind von jüngeren strengeren Grenzwerten nicht betroffen. Zum anderen senken die Grenzwerte nur den CO2 Ausstoß pro 100 Kilometer. Für den Gesamtausstoß sind jedoch nicht allein die Emissionen pro 100 Kilometer ausschlaggebend, sondern auch die gefahrenen Kilometer.

Die Grenzwerte begünstigen den Bau von Neufahrzeugen, die weniger CO2 emittieren. Dies kann vor allem durch effizientere Motoren erreicht werden. Effizientere Motoren können allerdings die Kunden dazu bewegen, mehr Kilometer mit ihrem Fahrzeug zu fahren oder gleich zu einem PS-stärkeren Fahrzeug zu greifen. Der Gesamteffekt einer durch Grenzwerte begünstigten Steigerung der Effizienz kann gar zu einem insgesamt höherem Energieverbrauch und zusätzlichen Emissionen führen – ein als Jevons’ Paradoxon bekanntes Phänomen.

Steuern zu ungenau

Sollen die CO2-Minderungsziele erreicht werden, ist es nicht zielführend, nur den CO2-Ausstoß pro 100 Kilometer für Neufahrzeuge zu verringern. Vielmehr sollten die tatsächlichen Emissionen aller Fahrzeuge in den Fokus rücken.

Dafür bieten sich zwei Instrumente an. Erstens kann eine Steuer auf Kraftstoffe, wie die Energiesteuer, dafür sorgen, dass Alt- wie Neufahrzeuge weniger Emissionen verursachen. Die Steuer verteuert die Betriebskosten pro gefahrenem Kilometer und regt so an, weniger Kilometer zurückzulegen und Fahrzeuge nachzufragen, die weniger Kraftstoff verbrauchen.

Zwar kann die Steuer die Gesamtemissionen zuverlässiger senken als Grenzwerte für Neufahrzeuge, aber die Erreichung gesetzter Ziele kann sie nicht garantieren. Die Höhe der Steuer, die dafür sorgen würde, dass ein zuvor festgelegter Zielwert erreicht wird, ist nicht bekannt.

Mit dem Zertifikatehandel sicher zum Ziel

Die zweite Alternative, ein Zertifikatehandel, garantiert dagegen ein festgelegtes Emissionsniveau. Denn anders als bei Grenzwerten und Steuern, bei denen die jeweils richtige Höhe entscheidend ist, ist für einen Zertifikatehandel die einzig notwendige Größe die Menge an CO2, die insgesamt ausgestoßen werden darf.

Ist ein Sektor in den Zertifikatehandel einbezogenen, müssen für jeden Ausstoß von CO2 entsprechend Zertifikate erworben werden. Konkret könnte kein Liter Benzin oder Diesel mehr verbrannt werden, ohne dass die Verbrennungserlaubnis in Form eines erworbenen Zertifikats vorliegt, wenn der Verkehr mit in den Zertifikatehandel einbezogen wäre. Da die Gesamtzahl der CO2-Zertifikate fix ist, lässt eine höhere Nachfrage nach Zertifikaten nicht die Menge an Zertifikaten steigen, sondern den Preis der Zertifikate.

Weniger Aufwand, weniger CO2

Die Zertifikatslösung würde nicht nur die Emissionsmenge garantieren, sondern zudem zu CO2 Einsparungen dort führen, wo es am kostengünstigsten ist. Müssen die Betroffenen für die Freisetzung von Abgasen Zertifikate kaufen, stehen sie vor der Frage, ob sie ein Zertifikat kaufen und Treibhausgase emittieren oder ob es günstiger ist, die Emissionen zu vermeiden und kein Zertifikat zu kaufen. Dies führt dazu, dass diejenigen sich für den Kauf eines Zertifikats entscheiden, für die die Vermeidung der Emissionen mit relativ hohen Kosten verbunden ist. Dagegen werden an anderer Stelle mit geringeren Kosten Emissionen vermieden und entsprechend keine Zertifikate erworben.

ETS-Handel nutzen

Die Menge der jährlich zur Verfügung stehenden Zertifikate kann schrittweise gesenkt werden. So sinkt die Zertifikatsmenge im EU-weiten Emissionshandelssystem ETS bis 2020 jährlich um durchschnittlich 1,74 Prozent. Ab dem Jahr 2021 steigt die durchschnittliche jährliche Reduktion auf 2 Prozent.

Der Verkehrssektor könnte in den existierenden Emissionshandel integriert werden, indem Raffinerien und Kraftstoffimporteure für die von ihnen verkauften Kraftstoffe Zertifikate erwerben müssten. Autofahrer müssten sich nicht um den Kauf der Zertifikate bemühen. Die Preise der Zertifikate würden die Kraftstoffpreise an Tankstellen beeinflussen und so auf das Verhalten der Autofahrer einwirken. Die KFZ- und Energiesteuer könnten im Gegenzug abgeschafft werden.

Emissionshandel ausweiten

Grenzwerte für Neufahrzeuge haben bisher die von der EU anvisierten Ziele nicht erreicht. Eine Verschärfung der Grenzwerte erhöht gewiss die Kosten für Neufahrzeuge, doch ob diese dazu in der Lage sind, die selbstgesteckten CO2-Minderungsziele zu erreichen, ist fraglich. Eine vielversprechendere Alternative steht zur Verfügung.

Durch eine Ausweitung des Zertifikatehandels könnten Emissionsziele günstiger und damit ressourcenschonend erreicht werden. Neben dem Verkehr könnten weitere Sektoren in den Zertifikatehandel integriert werden, in denen Menschen bisher ebenfalls vor allem durch Grenzwerte und Regeln zur CO2-Minderung angehalten werden. Eine Ausweitung des Zertifikatehandels auf die Gebäudewärme würde es erlauben, günstiger als bisher durch beispielsweise Dämmvorschriften CO2-Minderungsziele einzuhalten. Wie im Verkehrssektor könnten die Produzenten sowie Importeure von Heizöl und Gas dazu verpflichtet werden, CO2-Zertifikate zu erwerben.

Erstmals erschienen bei IREF

6 Kommentare
    • alf
      alf sagte:

      wie kommen denn die 4% Auslastung zustande? Sie beziehen sich wohl auf eine Art Vollaststunden der PKW. Energieumsatz und CO2 Austoss findet aber doch nicht in den Stillstandszeiten statt. Sie Möchten den Nutzern wohl gerne vorschreiben was gekauft werden darf. Das ist doch wohl eher Steinzeit.

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  1. Carsten
    Carsten sagte:

    Die Angst vor dem bösen CO2 nimmt schon religiösen Züge an –> Greta, und damit will man Geld machen. Erst werden unerfüllbare Grenzwerte gestellt, um den Individualverkehr möglichst zu erschweren, dann will man das noch besteuern und womöglich noch mit Zertifikaten handeln, was aber die Preise für die Verbraucher weiter in die Höhe treibt. Die aktuelle Politik treibt die Bürger in eine immer größere Unfreiheit, er wird lediglich als williger Steuersklave gebraucht. Politik, selbst die der sogenannten Freiheitlichen, der FDP, führt immer schnelleren Schrittest in die Unfreiheit. Ansonsten schließe ich mich meinem Vorredner Dr. Alexander Dill an.

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  2. Thomas Bingel
    Thomas Bingel sagte:

    Schließe mich Alexander Dill und Carsten weitgehend an.
    Seit wann ist Prometheus dem CO2 Schwindel aufgesessen. Global Warming (auch bekannt unter dem Namen Klimawandel) ist der grösste Schwindel gegen die Menschheit seit Jahrzehnten. In der Tat eine Ersatzreligion. Folglich ist auch der CO2 Zertifikatshandel nichts weiter als Schwindel!

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  3. Heinz Walde
    Heinz Walde sagte:

    CO2-Zertifikate, wieder eine zusätzliche neue Steuer für den Autofahrer. Heute sind 59% der Benzinpreise Steuern, und was ganz abstrus ist, wir Zahlen Steuern auf eine Steuer und zwar die Mwst.
    Das ist wohl die Freiheit, die die FDP meint und dann noch eine CO2-Steuer oben drauf ist wohl das verrückteste was man je gehört hat. Wie wärs mit einer Steuer für die über 60 aktiven Vulkane weltweit??
    Die religiöse Klimadebatte mit ihrer Klimapäpstin Greta schafft eine neue Inquisition, wer wiederspricht ist ein Ketzer und landet heute auf dem medialen/öffentlichen Scheiterhaufen. Die ganzen Klimasteuern erinnern an die kath. Kirche mit ihre Ablassbriefe. Das Klima ändert sich mit oder ohne den Menschen seit Jahrmillionen. Es geht hier nicht um das CO2 es geht um die Deindustriealisierung Deutschlands und Europas. Am Ende wird es ein Heulen und Zähneklappern und eine Regierung geben die uns allen nicht gefallen wird.

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  4. Gerald
    Gerald sagte:

    Eine CO2-Abgabe ist genauso ein stumpfes Schwert, wie der Immissionshandel. Zuviele Mitspieler, die sich davonschleichen können, zuviele zu klärende Detailfragen, die im Endeffekt zu einem neuen Bürokratiemonster führen werden. Trotzdem gehen die Gedanken in die richtige Richtung. Wie wäre es weiter vorn in der Wertschöpfungskette anzufangen, bei der Energie (schön unterteilt nach Atom, Kohle, Gas, Öl, Solar, Wind etc.) und den Rohstoffen? Wer meint, das begünstige die Produzenten außerhalb der EU. Ja, dem läßt sich aber an der EU-Außengrenze entgegenwirken. Alle Produkte sind im Zolltarif enthalten. Es bedarf ein paar Wissenschaftlern und Ingenieuren, um den Energie- und Rohstoffgehalt von Produkten und Produktgruppen zu bestimmen, um sie dann mit der Energie- und Rohstoffsteuer zu belegen. Die Einnahmen werden dann über die Absenkung der Umsatzsteuer und die Anhebung des Grundfreibetrages in der Einkommensteuer zurückgegeben. Damit profitieren die davon, die diese Steuer auch erarbeiten – die Arbeitnehmer und kleinen und mittelständischen Unternehmer. Der Energieverbrauch würde gleichmäßig für in- und aussereuropäische Produkte verteuert. Energieintensive Betriebe müssten nicht mehr aus Europa auswandern. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle. Die Ausbeutung der Erde würde sich über den Preis der jeweiligen Produkte darstellen.

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