Obwohl in Deutschland heftig über die Schuldenbremse gestritten wird, scheint sich um uns herum niemand um die Höhe der Staatsverschuldung Sorgen zu machen. Die Welt, so berichtet in dieser Woche der Internationale Währungsfonds (IWF), hat einen historischen Höchststand der Staatsverschuldungen von 100 Billionen Dollar erreicht. Das sind 94 Prozentpunkten der globalen Wirtschaftsleistung. Vor der Corona-Pandemie 2019 betrug die Verschuldung noch 73 und vor 10 Jahren noch 62 Prozentpunkte. Der IWF rechnet in den nächsten Jahren mit einer Überschreitung der 100-Prozentmarke. 

Der Anstieg hat auch mit dem Anstieg der Zinsen zu tun. Seit dem Ende der faktischen Nullzinspolitik der amerikanischen Notenbank Fed im Jahr 2020 hat ein kontinuierlicher Zinsanstieg der Fed von 0,25 auf bis zu 5 Prozentpunkten stattgefunden. Dies hatte und hat Einfluss auf die Finanzierung von Krediten weltweit. Bis zum Jahr 2020 war das Schuldenmachen billig. Heute ist die Finanzierung dieser Schulden teuer. Hohe Schulden führen zur Destabilisierung insbesondere von Schwellenländern, weil sie häufig in Dollar verschuldet sind und einen immer höheren Anteil ihres Staatshaushaltes für die Finanzierung dieser Schulden aufwenden müssen. Aber auch Länder, die in der eigenen Währung verschuldet sind, bekommen ein Problem. In Japan, wo die eigenen Bürger die Staatsanleihen halten, führt dies zu einer jahrzehntelangen Wachstumsschwäche des Landes. Kapital fließt nicht in produktive Ressourcen, sondern in den wachsenden Konsum des Staates. Aber auch in Europa ist dieses Phänomen festzustellen. Die Eurozone ist derzeit mit 89 Prozentpunkten verschuldet, Spanien mit 109, Frankreich mit 111 und Italien mit 138 Prozentpunkten. Deutschland ist mit 64 Prozentpunkten fast schon der Primus, aber dennoch oberhalb des Maastricht-Kriteriums von 60 Prozentpunkten. 

Würde Deutschland die Schuldenbremse aufgeben und die Verschuldung erhöhen, hätte das wahrscheinlich massive Auswirkungen auf die übrigen Euro-Staaten. Nicht nur das deutsche Rating würde sinken und damit die Finanzierungskosten des Staates erhöhen (aktuell 40 Mrd. Euro), sondern insbesondere das der höher verschuldeten Staaten. Deutschland erzeugt mit seiner Schuldenbremse eine Bremswirkung für den Anstieg der Zinsausgaben der höher verschuldeten Staaten in der Eurozone. Natürlich tragen auch die Schuldenregeln in der EU dazu bei, doch diese waren und sind leider nur ein stumpfes Schwert.  

In einer Welt, wo Kredite aus dem Nichts geschaffen werden können, gibt es nur wenige Maßnahmen, die die wachsende Verschuldung insgesamt reduzieren können. Verfassungsrechtliche Regeln sind das Eine. Ihre Grenzen erleben wir hierzulande oder auf europäischer Ebene. Sie funktionieren nur, wenn ein gesellschaftlicher Konsens herrscht, sie einzuhalten.  Ansonsten werden sie geschleift oder verändert. Die Schweiz kennt diesen Konsens, deshalb ist die staatliche Verschuldung niedrig. Italien kennt diesen Konsens nicht, daher ist die Verschuldung hoch. Deutschland ist ein wenig Schweiz und ein wenig Italien. Es gibt keinen breiten Konsens für das eine noch für das andere Modell.  

Eine andere Maßnahme, um der wachsenden Verschuldung zu begegnen, ist die Insolvenz von Staaten. Sie reduziert auf einen Schlag die Kreditmenge bei denjenigen Staaten, die ihre Verschuldung nicht mehr finanzieren können oder wollen. Sie setzen sich im Pariser Club mit den staatlichen Gläubigern und im Londoner Club mit den privaten Gläubigern zusammen und verhandeln über einen Gläubigerverzicht. Dieser ist immer mit hohen Auflagen für die Länder verbunden. Es führt auch dazu, dass überschuldete Staaten es schwer haben, an neue Kredite zu kommen. Aber sie sind sehr häufig auch der Ausgang für grundlegende Reformen. Das Beispiel des neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei ist in jüngster Zeit sicherlich das radikalste Beispiel. Ohne in die argentinische Situation kommen zu müssen, sollten auch wir mehr Kettensäge gegen die wachsende Schuldenlast wagen! Es wäre gut für diese Welt.