Photo: Frank Vincentz from Wikimedia (CC-BY-SA-3.0)
Von Frederik C. Roeder, Unternehmer, Vice President Finance & Operations der Students for Liberty.
Mit der Verwendung der Darstellung einer Puppe, die von einem mysteriösen Puppenspieler im Hintergrund gelenkt wird, versucht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrer neuesten Kampagne die öffentliche Meinung gegenüber Tabakkonzernen zu verschlechtern.
Solche Darstellungen eines Marionettenspielers, der im Hintergrund die Geschehnisse der Welt bestimmt, kann man häufig bei Verschwörungstheoretikern finden. In diesem Fall stellt sich aber die Frage, wer im Hintergrund die öffentliche Meinung verändern will: Tabakkonzerne oder aber die öffentlich finanzierte Weltgesundheitsorganisation.
Die WHO Kampagne hat es sich zum Ziel gesetzt ‚Monitoringeinrichtungen‘ in Städten auf der ganzen Welt einzurichten, um die Taktiken der Tabakindustrie zu enttarnen und damit ihren Einfluss auf die Gesundheitspolitik zu reduzieren.
Die Direktorin des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC), Dr. Vera da Costa e Silva verlautbarte dazu, dass diese neuen Einrichtungen als Wachtürme der Volksgesundheit dienen werden. Ende März eröffnete sie die erste Monitoringeinrichtung in Rio de Janeiro, Brasilien, als erste von dutzenden solcher Wachtürme.
In paternalistischer Manier sagte dazu Silvania Turci, eine Forscherin in der brasilianischen Einrichtung: „Die Tabakindustrie bedarf permanent starker Überwachung ihres Einflusses und restriktive legislative Maßnahmen sind erforderlich, da Tabak keine sozialen oder ökonomischen Vorteile für ein Land bringt.“
Ferner sollen diese Wachtürme in Zukunft nicht nur paternalistische Ansichten zum Thema Tabakkonsum verbreiten, sondern sich auch um die Bekämpfung von übermäßigem Zucker- und Fettkonsum kümmern.
Der Kampf gegen den Tabak stellt also nur den Auftakt einer paternalistischen Gesundheitspolitik dar, die mittels Regulierung Bürger dazu zwingen möchte, sich gesünder zu ernähren.
Fehleinschätzungen in der Vergangenheit
Ob die Ansichten der WHO allerdings optimalen Ernährungsweisen entsprechen, steht offen. Fehleinschätzungen in der Vergangenheit von Gesundheitsbehörden zu der Bekömmlichkeit von Margarine oder Kohlehydraten zeigen, dass die Aufseher sich auch ordentlich täuschen können und der mündige Konsument am besten selber entscheiden sollte, was er in welchem Maße konsumiert.
Auf der Webseite des brasilianischen WHO-Wachturms liest sich auch, dass er „als Modell dienen wird, um die Handlungen anderer Branchen, wie zum Beispiel die der verarbeiteten Lebensmittel oder alkoholischen und zuckerhaltigen Getränke besser überwachen zu können, um ihren Einfluss auf die öffentliche Debatte einschränken zu können.“
Diese Maßnahmen der WHO wurden im Rahmen der letzten Framework Convention of Tobacco Control Konferenz im Herbst 2014 in Moskau beschlossen. Diese Konferenz findet alle zwei Jahre statt und erlaubt nur ausgewählten Medienvertretern und in den wenigsten Fällen Branchenvertretern Zugang oder gar Mitspracherechte.
Um die Öffentlichkeit weiter auszuschließen finden diese Konferenzen gerne in autoritären Staaten wie Russland statt.
Sowohl die Konferenz, als auch deren Beschlüsse danach, werden von Steuergeldern finanziert. Einen transparenten oder gar demokratischen Prozess findet man in diesen Prozeduren der WHO aber nicht.
Maßnahmen zur Einschränkung von Tabakprodukten
Die WHO übt also den Frontalangriff auf die Tabakindustrie und Tabakkonsumenten – finanziert von Steuerzahlen. Die nächste Konferenz findet dieses Jahr in Delhi, Indien, statt und hat sich bereits auf die Fahne geschrieben, weitere Maßnahmen zur Einschränkung von Tabakprodukten zu beschließen.
Pikant an der Herangehensweise der WHO ist, dass sie zwar zum einen der Tabakindustrie vorwirft, im Verborgenen Meinungsmache zu betreiben, aber die WHO gleichzeitig mit extrem fragwürdigen und intransparenten Methoden gegen die Tabakindustrie und die Entscheidungsfreiheit von Konsumenten vorgeht.
Die WHO sieht sich „im Krieg gegen Tabakkonsum“. Es sollte sich kritisch die Frage gestellt werden, ob eine internationale Regierungsorganisation, wie die WHO, einfach einen Krieg erklären darf, ohne dass dies demokratisch legitimiert ist.
Das Vorgehen der WHO und das öffentliche Zugeben, dass sie nicht bei Tabak Halt machen wird, sondern auch andere Konsumprodukte bekämpfen wird, ist ein Zeichen dafür, dass sich in supra-nationalen Organisationen eine paternalistische Mentalität verankert hat, die sich mittelfristig nicht nur negativ auf die Konsumentscheidungen von Rauchern auswirken wird, sondern auf alle, die gern mal einen Schokoriegel, eine Currywurst, oder ein kaltes Bier trinken.
Lebensstil und Konsumentscheidungen sollen und müssen von mündigen Bürgern gefällt werden und nicht in dunklen Hinterzimmern der Weltgesundheitsorganisation. Ein erster Schritt wäre daher eine öffentliche Debatte über die Befugnisse und Legitimierung der WHO im Kampf gegen den mündigen Bürger.
Man spricht zwar viel vom islamischen Gottesstaat, aber die eigentliche und kaum thematisierte Bedrohung ist das westliche Pendant dazu: der sekulare Gesundheitsstaat, dessen Hoher Priester die WHO ist. Der Kampf gegen den Tabakkonsum war und ist nur die Speerspitze eines Feldzuges zur völligen sanitären Umfassung und Einordnung des Menschen. Der neue Untertan ist „gesund“.
An sich ein Riesenthema für eine liberale Partei. Aber der real existierende Politliberalismus streift dieses existenzielle Thema höchstens in Sonntagsreden.
Es steht die Würde des Menschen als Selbst-Entscheidender auf dem Spiel. Und die rangiert noch vor dem Tod.