Photo: Ralf Schulze from Flickr (CC BY 2.0)
Es gibt inzwischen viele Vorstöße, das Bargeld einzuschränken oder ganz abzuschaffen. Der Wegfall des 500-Euro-Scheines ist so ein Vorstoß. Dieser werde eh nur von Verbrechern und Geldwäschern benutzt. Normale Bürger würden stattdessen dazu übergehen, ihre 500er in 200er und 100er zu tauschen. Inzwischen verlautbart die EZB sogar, dass bereits 18 Millionen Scheine im Wert von 9 Milliarden Euro vom Markt genommen worden seien. Das klingt gewaltig. Ist es vielleicht so, dass die Bürger freiwillig auf den 500er verzichten und ihn brav umtauschen? Ist das Bargeld gar nicht so beliebt, wie immer behauptet wird? Wer die Zahlen genau analysiert, kommt schnell zu dem Schluss, dass die 18 Millionen Scheine lediglich ein Klacks sind. Von den über 612 Millionen 500er Scheinen sind es gerade einmal drei Prozent, die jetzt zurückgenommen werden. Dies ist wahrscheinlich nichts Besonderes, sondern die ganz normale Rücknahmerate der Vergangenheit.
Viel gefährlicher für das Bargeld ist ein aktueller Vorstoß der SPD. In dieser Woche hat der Parteivorstand der Sozialdemokraten „20 Maßnahmen für die sofortige Beendigung von Steuerbetrug, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ diskutiert. Nicht nur, dass die Sozialdemokraten darin eine nationale Obergrenze für Bargeld fordern. Vielmehr werden alle Bürger mit Bargeld unter Generalverdacht gestellt. Denn im Papier heißt es: „Vermögen unklarer Herkunft sollen künftig eingezogen werden können“. Wer Bargeld im Schließfach oder zu Hause aufbewahrt, kommt dann schnell unter Generalverdacht. Woher stammt das Geld, ist es ehrlich verdient?
Von seinem Wesen her ist die Herkunft des Bargeldes nicht immer klar nachzuweisen – insbesondere nicht, wenn der Erwerb viele Jahre zurückliegt. Bislang galt im Wirtschaftsverkehr: wer Bargeld in der Hand hält, genießt erstmal das Vertrauen der Marktteilnehmer. In der Regel ist es dem Verkäufer egal, woher das Bargeld stammt, sollte er keine offensichtlichen Anzeichen einer Straftat erkennen. Das ist gut und richtig so, denn es vereinfacht das Wirtschaftsleben enorm. Und es ermöglicht den anonymen Erwerb von Waren und Dienstleistungen. Nicht alles will man offenbaren oder veröffentlicht wissen. Wenn Bargeld jederzeit von seiner Herkunft nachgewiesen werden muss, verliert es seine stärkste Funktion – den Schutz der Privatsphäre. Das war bislang gar kein Problem, galt hier doch die Unschuldsvermutung. Jetzt dreht die SPD den Spieß um, und die Bürger müssen im Zweifel nachweisen, woher das Bargeld stammt, ansonsten besteht die Gefahr, dass es ihnen weggenommen wird.
Das mag denjenigen gefallen, die den gläsernen Bürger lieben und die meinen, nichts zu verbergen zu haben. Dennoch sollten auch sie wachsam sein. Denn hier gerät jeder Einzelne unter Verdacht. Die Folge wird sein, dass das Bargeld zurückgedrängt wird und am Ende seine Existenz verliert. Die Bedienung im Restaurant oder Kneipe, die das Trinkgeld gern als steuerfreie Zugabe einsteckt, kann daran ebenso wenig Interesse haben wie der Musiker in der Fußgängerzone, der seinen Hut vor sich hinlegt, um eine kleine Spende von den Passanten zu erhalten. Es trifft am Ende den Otto-Normalverbraucher und ganz besonders die sozial Schwächsten und nimmt ihnen Verdienstmöglichkeit und Freiheit.
Wer glaubt, mit der Abschaffung des Bargelds würden die Verbrecher besser erfasst und gefasst, der glaubt auch, dass das bankrotte Venezuela nicht wegen des Sozialismus pleite ist, sondern weil er lediglich nicht konsequent genug umgesetzt wurde. Frei nach Che Guevara: Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.
Die Bargeldabschaffung ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn wir das Bargeld nicht abschaffen, könnte es einen bank run geben. Falls wir es aber doch tun, können die Banken noch viel bequemer ihre sog. Giralgeldschöpfung durchführen.
Ein funktionierendes Geldsystem kann nur mit Banken funktionieren, die lediglich eine Geldsystem-Infrastruktur bereitstellen, aber keine Eigengeschäfte tätigen bzw. mit Robotradern mit Geld zocken.
Außerdem sollte die Geldmengensteuerung nicht mehr im Zusammenspiel der EZB mit den Geschäftsbanken erfolgen. Insofern muss die Zentralbank jetzt stattdessen den Leistungsempfängern die Sozialleistungen, die der Staat ohnehin hätte bezahlen müssen, direkt und auf Pump schöpfen.
Auf diese Weise muss der Staat für zwingende Sozialleistungen an niemanden mehr Zinsen bezahlen, wodurch das Zinsniveau sinkt.