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„Wir müssen ein neues liberales Programm anbieten, das sich an die Vorstellungskraft wendet. Wir müssen den Aufbau einer freien Gesellschaft wieder zu einem intellektuellen Abenteuer machen, zu einem Akt des Mutes. Was uns fehlt, ist eine liberale Utopie, ein Programm, das weder eine bloße Verteidigung bestehender Verhältnisse ist noch ein verwässerter Sozialismus, sondern ein wirklich liberaler Radikalismus, der die Mächtigen nicht schont, der nicht allzu pragmatisch ist, und der sich nicht auf das beschränkt, was heute politisch durchsetzbar erscheint. Wir brauchen intellektuelle Führungspersönlichkeiten, die bereit sind, sich für ein Ideal einzusetzen, mögen die Aussichten auf ihre baldige Umsetzung auch noch so gering sein. Es müssen Menschen sein, die bereit sind, an ihren Prinzipien festzuhalten und für deren volle Verwirklichung zu kämpfen, mag der Weg auch noch so lang erscheinen.
Die Aussichten für die Freiheit sind in der Tat dunkel, wenn es uns nicht gelingt, die philosophischen Begründungen einer freien Gesellschaft wieder in den intellektuellen Diskurs einzubringen; wenn es uns nicht gelingt, die Einrichtung einer freien Gesellschaft zu einer Aufgabe zu machen, die die Genialität und Vorstellungskraft unserer fähigsten Köpfe herausfordert. Wenn es uns aber gelingt, jenen Glauben an die Kraft der Ideen wiederzuerlangen, der das Kennzeichen des Liberalismus zu seinen Glanzzeiten war, dann ist der Kampf nicht verloren.“

Friedrich A. von Hayek, The Intellectuals and Socialism

„Was uns fehlt, ist eine liberale Utopie“

Uns treibt eine Vision an und um. Die Vision einer freien Gesellschaft. Wir verfolgen, wie Hayek es so wunderbar beschreibt, eine „liberale Utopie“. In seinen oben zitierten Worten ist genau das beschrieben, was wir mit „Prometheus“ sein und machen wollen: Vordenker sein; einen liberalen Radikalismus vertreten; uns für ein Ideal einsetzen; und Mut und Geduld aufbringen, die dafür erforderlich sein werden.

Eine Utopie ist eine Vorstellung von etwas, das noch nicht existiert. Nicht, wie manche meinen, von etwas, das nicht existieren kann. Menschen wie William Wilberforce, Richard Cobden oder Louise Otto-Peters haben maßgeblich dazu beigetragen, dass ihre Utopien zur Realität wurden. Es ist durchaus sinnvoll, sich Utopien zu verschreiben, die realistischer Weise auch verwirklicht werden können. Eine Gesellschaft, in der Selbstverantwortung und Freiheit einen höheren Stellenwert einnehmen, ist derzeit eine Utopie – aber eben eine, die man verwirklichen kann.

„Weder eine bloße Verteidigung bestehender Verhältnisse noch ein verwässerter Sozialismus“

Die Gegner und Feinde einer offenen Gesellschaft sitzen an beiden Enden des politischen Spektrums. Es sind die Sozialingenieure jeder Couleur. Es sind diejenigen, die am Reißbrett eine schöne neue Welt erschaffen wollen, die sich natürlich komplett nach ihren Idealen ausrichtet. Und genauso sind es diejenigen, die der Entwicklungsfähigkeit des Menschen zutiefst misstrauen und einen vergangenen Zustand mit Macht erhalten oder wiederherstellen wollen.

Wir hingegen wollen nicht einstimmen in den ängstlichen Chor derer, die befürchten, die Dinge und vor allem die Menschen nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Wir wollen uns aufmachen zu dem „intellektuellen Abenteuer“, von dem Hayek schreibt. Wir sind bereit, wie Karl Popper es so treffend formulierte, „ins Unbekannte, ins Ungewisse und ins Unsichere weiterzuschreiten.“ Diese Bereitschaft war schon immer der Nährboden der Freiheit.

„Die Einrichtung einer freien Gesellschaft zu einer Aufgabe zu machen“

Marktwirtschaft ist zweifellos eine wesentliche Säule des freiheitlichen Denkens. Ganz besonders deshalb, weil sie Ausdruck eines Prinzips menschlicher Interaktion ist, das weit über den Handel hinausgeht. Dennoch ist der Liberalismus meistens schlecht gefahren, wenn er sich als „crony liberalism“ ausschließlich zum Interessenvertreter derjenigen gemacht hat, die von Linken gemeinhin als Kapitalisten bezeichnet werden. Das Universum der Freiheit hat noch so viel mehr zu bieten!

Es gilt, den Rechtsstaat gegen diejenigen zu verteidigen, die Staat und Politik über das Prinzip des Rechts stellen wollen. Wir müssen werben für das eigentliche Wesen der Demokratie, das – so Lord Acton – darin besteht, dass jeder Bürger Wächter seiner eigenen Interessen sein kann. Wir sollten uns einsetzen für eine Gesellschaft, in der Menschen ihren eigenen Wertvorstellungen entsprechend leben können – nicht unter der Fuchtel der linken und rechten Sozialingenieure. Wir setzen uns nicht nur für die Freiheit des Marktes ein, sondern für eine freie Gesellschaft.

„Jenen Glauben an die Kraft der Ideen wiedererlangen“

Wir dürfen freilich nicht den Fehler machen, von vornherein die Fragen zu verwerfen, die unsere linken und rechten Gegner stellen, nur weil uns ihre Lösungsvorschläge nicht gefallen. Stattdessen müssen wir nach freiheitlichen Antworten suchen auf die Fragen, die oft genug sehr legitim sind. Der Schutz unserer Umwelt, die faire Behandlung von allen Menschen, ein friedliches Zusammenleben in unserem Land und darüber hinaus, Wohlstand für alle – das sind alles Ziele, die wir auch mit unseren politischen Gegnern teilen. Und es sind richtige Ziele. Arbeiten wir daran, Lösungen zu finden, die uns tatsächlich diesen Zielen näher bringen und nicht auf Kosten der Freiheit gehen!

Wir möchten uns auch dafür einsetzen, die Kraft der Freiheit erlebbar zu machen. Nur zu verkünden, dass Staat und Politik sich zu Unrecht Aufgaben anmaßen, reicht nicht aus. Es muss anschauliche Gegenkonzepte geben – „Freiheitsinseln“, wie sie Frank Schäffler so schön nennt. Ziel ist es nicht, den Staat zu zerstören – Ziel ist es, den Staat überflüssig zu machen.

„Ein neues liberales Programm anbieten, das sich an die Vorstellungskraft wendet“

Schon Ludwig von Mises hat in seiner Schrift „Liberalismus“ vor einer lethargischen und letztlich denkfaulen Nostalgie gewarnt: „Ebenso wenig kann es heute genügen, den Liberalismus aus den Schiften seiner großen Begründer zu studieren. Der Liberalismus ist keine abgeschlossene Lehre, er ist kein starres Dogma; er ist das Gegenteil von all dem.“ Die Arbeit von Prometheus wird auch ein Lernprozess sein. Wir werden nicht von Anfang an alles richtig machen. Der Markt ist ein Entdeckungsverfahren und wir lassen uns im Wettbewerb der Ideen auf diesen Markt ein, in der Hoffnung uns zu verbessern.

Ganz wesentlich gehört dazu, die richtige Sprache zu finden. Wir dürfen nicht stehenbleiben bei Adam Smith und John Locke oder bei Mises oder Hayek – so wichtig diese alle für unser Denken sind. Ihre Gedanken müssen in einer Sprache und in Bildern formuliert werden, die heute Menschen ansprechen. Und natürlich müssen wir sie auch weiterdenken, so wie sie selber weitergedacht haben. Die Macht von Bildern kann kaum überschätzt werden. Und es gibt sehr viele Bilder, die uns unsere Gegner entrissen haben. Wir sollten sie zurückholen: Der Kampf der Kleinen gegen die Großen und der Schwachen gegen die Mächtigen; der Wert menschlicher Solidarität; die Vision einer besseren Zukunft – das sind alles Bilder, die wir nutzen können und sollten!

„… dann ist der Kampf nicht verloren“

Die Lage des Liberalismus krankt auch daran, dass es eine gewisse Tendenz zur Lethargie gibt. Viele Freunde der Freiheit glauben, dass sie ohnehin nichts ausrichten können. Geradezu schädlich wird es, wenn man sich nur noch ständig selbst bestätigt, wie sehr man doch Recht hat und sich in der Folge zum Richter über andere aufschwingt – über Gegner wie über Mitstreiter. Veränderung ereignet sich nur, wenn Menschen handeln. Die Freiheit braucht Zupacker, nicht Nörgler. Wir wollen mit Prometheus unseren Beitrag dazu leisten, dass sich wirklich etwas tut in unserer Gesellschaft. Wir müssen aufhören, uns nur um uns selbst zu drehen und müssen unsere Ideale auf die Straßen und Plätze tragen, damit auch andere Menschen sie kennenlernen und sich dafür begeistern können.

Die freiheitliche Bewegung muss wieder zur Avantgarde werden. Sie muss neue Ideen liefern, die an Hirn und Herz der Menschen appellieren. Wie die großen Helden der Freiheit müssen wir die Herzen der Menschen gewinnen, indem wir attraktive Alternativen im Denken und Handeln anbieten. Schon 1927 stellte Ludwig von Mises fest: „Aller Fortschritt der Menschheit vollzog sich stets in der Weise, dass eine kleine Minderheit von den Ideen und Gebräuchen der Mehrheit abzuweichen begann, bis schließlich ihr Beispiel die anderen zur Übernahme der Neuerung bewog.“

All das schaffen wir nicht alleine – selbst dann nicht, wenn Prometheus größer geworden sein wird. Wir setzen auf alle, denen die Freiheit ein Herzensanliegen ist. Wir setzen auf Euch! Zusammen lässt sich ein gesellschaftlicher Wandel durchsetzen und das Tor der Freiheit aufstoßen. Was Hayek schon im Jahr 1949 schrieb, gilt auch heute noch: Wenn wir Mut, Geduld und Idealismus aufbringen, dann ist der Kampf nicht verloren!

Politiker und Behörden scheitern regelmäßig. Der Berliner Flughafen oder die Elbphilharmonie stehen dafür beispielhaft. Dabei gibt es sehr viele Aufgaben, die Menschen vor Ort in Eigenverantwortung viel effizienter, kostengünstiger und verständiger meistern können. Denn vor Ort wissen die Menschen meist viel besser, was richtig und nötig ist. Wir brauchen in Deutschland und Europa eine neue Kultur der Zivilgesellschaft. Wie das geht, kann man zum Beispiel in Berlin beobachten.

In Berlin läuft es …

Zum neuen Schuljahr eröffnet im Berliner Bezirk Wedding eine Privatschule: Quinoa. Zielgruppe sind aber mitnichten die Kinder wohlhabender Eltern, sondern die Kinder, die häufig durch das Netz fallen: Die Kinder von Migranten und Hartz-IV-Empfängern. Innerhalb kurzer Zeit ist dieses Projekt beeindruckend gestartet und hat gezeigt, dass man weder Politiker braucht, die etwas anstoßen, noch Behörden, die etwas organisieren.

Ausgerechnet in der Stadt, in der sich der Flughafenbau exponentiell hinauszögert, soll so etwas funktionieren? Ja, vielleicht ist das gerade der Ort, um deutlich erkennbar zu demonstrieren, dass etwas funktionieren kann. Dort wo staatliche Institutionen noch halbwegs ihren Aufgaben gerecht werden, geben sich viele Menschen mit einem lauten Stoßseufzer zufrieden, wenn sie mit dem Versagen von Behörden und Politik konfrontiert sind. Wo aber das Versagen zu groß wird, nehmen zum Glück viele Menschen selber die Problemlösung in die Hand. Dort lebt die Zivilgesellschaft auf.

Zivilgesellschaftliche Selbstorganisation

Im Jahr 1996 wurde der katholische Geistliche Leo Penta aus New York als Professor an die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin berufen. Seitdem leitet er nicht nur das Deutsche Institut für Community Organizing, sondern hilft auch in Berlin mit beim Aufbau von sogenannten Bürgerplattformen.

„Organizing zielt darauf, Menschen zu befähigen, ihr eigenes Leben, das gesellschaftliche Zusammenleben und damit das öffentliche Leben (wieder) gemeinsam mit anderen zu gestalten, gegebenenfalls zu verändern, zu entwickeln, d.h. persönlich und öffentlich politisch handlungsfähig zu werden.“

Das Prinzip des Community Organizing wird in den USA schon seit längerem als erfolgreiches Konzept zur Lösung akuter Probleme eingesetzt. Anders als bei der staatlich organisierten Sozialarbeit sollen den Menschen ihre Probleme gerade nicht abgenommen werden. Staatlich organisierte Sozialarbeit, so war Saul Alinsky, der Vater des Community Organizing, überzeugt, würde Menschen in Abhängigkeit und Unmündigkeit führen. Dagegen setzte er seine Idee, den einzelnen Bürger dazu zu befähigen, für seine Interessen nicht nur einzutreten, sondern selbst ihre Realisierung in die Hand zu nehmen.

Genossenschaften – die „Kriegskassen der Demokratie“

Eine solche Tradition gab es schon einmal in Deutschland. Der deutsche Politiker und Sozialreformer Hermann Schulze-Delitzsch hatte im Laufe der 50er und 60er Jahre des 19. Jahrhunderts mit einigen Mitstreitern das Genossenschaftswesen als Organisationsform der Selbstverwaltung in Deutschland etabliert.

Ebenso wie heute bei der Quinoa-Schule in Berlin taten sich damals Menschen zusammen, um sich eigenverantwortlich den Herausforderungen zu stellen. Sie haben sich nicht auf Politik oder Staat verlassen. Solch eine Haltung war seinem Zeitgenossen Otto von Bismarck ein Dorn im Auge: Er bezeichnete Genossenschaften als „Kriegskassen der Demokratie“. Und darum hat Bismarck, der unseren Staat nach wie vor in hohem Maße prägt, alles dafür getan, das Genossenschaftswesen klein zu halten. Auch heutige Politiker schätzen die großen, staatsnahen Konzerne weit mehr als die Formen der Selbstorganisation.

Das Rentensystem am Abgrund, das konzeptlose Herumstolpern durch die Euro-Krise, die marode Infrastruktur – angesichts des eklatanten Versagens des Staates auf den unterschiedlichsten Gebieten wird es höchste Zeit für einen Sinneswandel! Unser freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat lebt von der Bereitschaft der Bürger, Verantwortung zu übernehmen. Wer sich auf den Staat verlässt, trägt schleichend zur Unterhöhlung von Demokratie und Freiheit bei. Wer sich auf den Staat verlässt, gibt aber auch ein bedeutendes Stück seiner Würde freiwillig ab, weil er die Verantwortung für sein eigenes Leben jemand anderem überlässt.

Mündige, freie, stolze Bürger

Es ist an der Zeit, die „Kriegskassen der Demokratie“ wieder zu füllen mit unserem eigenen Einsatz. Das mag mühsam sein, ungemütlich und frustrierend. Aber es verleiht unserem Leben einen viel größeren Wert und schenkt ihm ganz neue Dimensionen. Es wäre ein bedeutender Schritt für uns in Deutschland und Europa, wenn sich in Zukunft viel mehr Privatschulen, Bürgerplattformen und viele andere Spielarten der organisierten Selbstverantwortung etablieren würden. Es wäre ein Schritt aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ hin zum mündigen, freien und stolzen Bürger.

 

Photo: John Morgan from Flickr