Photo: dedljiv from Flickr (CC BY 2.0)
Wer nur den Mindestlohn bekommt, schuftet zwei Stunden im Monat, um die Rundfunkbeiträge zu bezahlen. Ein Entkommen gibt es nicht. Das alles, um unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, der in absoluten Zahlen (!) die höchsten Einnahmen weltweit kassiert (pro Kopf sind die Einnahmen nur in den kleinen und reicheren Ländern Norwegen und Schweiz höher). Aber, so hören wir, es geht ja um unsere Demokratie … Ist das wirklich so?
Ein Solidarmodell?
In den letzten Monaten ist es immer mal wieder durch die Medien gegangen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zahlt üppigste Gehälter – nicht nur an Jauch, Maischberger und Illner, sondern auch an viele Hunderte von Direktoren und Abteilungsleitern, die einer breiten Öffentlichkeit unbekannt bleiben. Er gibt Millionen von Euro aus für Übertragungsrechte – als ob es irgendwen interessieren würde, ob er Fußball beim ZDF oder auf Sat.1 anschaut. Der Jahresetat der Degeto, die für den Einkauf und die Förderung von Filmen zuständig ist, ist mit 450 Millionen Euro so hoch wie der vom Technischen Hilfswerk, dem Bundesamt für Flüchtlinge und Migration und der Bundeszentrale für Politische Bildung – zusammen.
Und während die Milliarden in die Kassen fließen, versuchen die Justitiare der Landesrundfunkanstalten über Artikel, Leserbriefe und Interviews das Problem kleinzureden. So bezeichnete der SWR-Justitiar Hermann Eicher in der FAZ die Zwangsbeiträge vor kurzem doch tatsächlich als „Solidarmodell“. Ein interessantes Solidarmodell, das Friseure, Bauarbeiter und Kassiererinnen Monat für Monat um zwei Stunden ihres hart verdienten Lohns bringt. Solidarität ist da mal wieder eine Umverteilung von unten nach oben. Einfache Arbeiter und Angestellte alimentieren Talkmaster, Fußballkommentatoren und Justitiare, die ihnen die Welt erklären.
90 Prozent der Bevölkerung sind nicht demokratiefähig
Wozu genau brauchen wir diese öffentlichen Sendeanstalten eigentlich? Jörg Schönenborn hat uns schon vor gut zwei Jahren belehrt: Es handelt sich keinesfalls um einen Zwangsbeitrag, der Menschen aufgebrummt wird, obwohl sie mit ARD und ZDF nichts am Hut haben. Die 17,50 € im Monat – 210,00 € im Jahr sind „ein Beitrag für die Funktionsfähigkeit unseres Staatswesens und unserer Gesellschaft“. Denn – so die Logik – Menschen brauchen ARD und ZDF, um sich eine ausgewogene Meinung zu bilden.
Nehmen wir einmal an, dass das letzte Wochenende repräsentativ ist. Da haben am Samstag 8,06 und am Sonntag 8,88 Millionen Menschen Tagesschau und heute gesehen – also gut 10 Prozent der deutschen Bevölkerung. Was sagt das über die verbleibenden 90 Prozent aus? Müssen wir ihnen die Demokratiefähigkeit absprechen? Sollten wir bei Wahlen einen Nachweis über regelmäßigen Konsum öffentlich-rechtlicher Nachrichten und Journale verlangen? Sollte jemand, der kein Interesse an diesen Inhalten hat, auch kein Recht zum Wählen haben?
Für dumm verkauft
Wenn man ein wenig nachdenkt über die Verteidigungsreden der Verantwortlichen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wird eines eigentlich immer klarer: Diese Leute halten die meisten ihrer Mitbürger für etwas doof – zumindest diejenigen, die sich nicht den Belehrungen der Experten aussetzen. „Demokratie fußt auf der Urteils- und Entscheidungsfähigkeit ihrer Bürgerinnen und Bürger“, weiß Schönenborn – und die bekommen selbige eben durch die Experten bei ARD und ZDF vermittelt. Nicht etwa durch ihre eigenen Bemühungen zu denken oder sich zu informieren. Mündig wird der Bürger erst, wenn er durch die Schule von Caren Miosga und Claus Kleber gegangen sind.
Es ist eine aparte Mischung aus Ansichten, die sich da bei den Verteidigern der Zwangsabgabe findet. Was dabei herauskommt, lässt sich etwa so zusammenfassen: Es ist ein Akt der Solidarität, wenn die Frau, die im Edeka die Regale einräumt, zwei Stunden im Monat dafür arbeitet, dass sie aus ihrer Unfähigkeit, selbständig zu urteilen und zu entscheiden, herausgeführt wird von den Moderatoren der Tagesthemen, die für ihren Beitrag zum Erhalt der Demokratie etwa 15.000 € im Monat nach Hause bringen.
Man sollte dagegenhalten. Der Zwangsbeitrag muss weg. Er ist unsozial. Und er ist Ausdruck der elitären Arroganz einer Klasse von Journalisten, die es sich bequem gemacht haben, weil ihnen die Zwangsgebühren ein dauerhaft erträgliches Einkommen sichern. Sie sind nicht die heldenhaften Retter der Demokratie. Wir leben nicht seit über 65 Jahren in einer Demokratie, weil es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Wir leben so lange in einer stabilen Demokratie, weil die allermeisten Bürger verantwortungsbewusst sind und durch ihre tägliche Arbeit, durch ihr Interesse und ihr Engagement, ihre Ehrlichkeit und ihr Streben unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zum Leben erwecken. Auch die 90 Prozent von ihnen, die nicht abends um 19 oder 20 Uhr vor dem Fernseher sitzen.