Photo: Will Folsom from Flickr. (CC BY 2.0)
Die Rettung der überschuldeten Staaten und Banken in Südeuropa ist die Ursache der Euro-Krise. Denn damit wurde aus lokalen Problemen ein Problem der Währung gemacht. Nichts ist abwegiger als der Glaube, in einem Währungsraum dürfe kein Staat oder keine Bank pleitegehen. In den USA ist das gang und gäbe. Wenn Kalifornien seine Beamten nicht mehr bezahlen kann, dann springt dort nicht die Notenbank oder Washington ein, sondern die dortige Regierung schickt die Beamten und Angestellten des Staates in den Zwangsurlaub. Seit dem Platzen der Immobilienblase 2007 in den USA sind dort weit über 100 marode Banken vom Markt verschwunden. Und auch in der kleinen Schweiz führt die Zahlungsunfähigkeit einer Gemeinde oder eines Kantons nicht dazu, dass die Zentralregierung in Bern mit dem Steuerkoffer anrückt. Beide Fälle werden vor Ort gelöst. Entweder werden die Einnahmen erhöht oder die Ausgaben reduziert. Wenn dies nicht alleine gelingt, setzt man sich mit den Gläubigern zusammen und verhandelt über eine Umschuldung. Das ist ein bewährtes Modell, das tagtäglich in der Wirtschaft praktiziert wird.
Wenn dies jedoch nicht geschieht und fortlaufend vom Euro-Club oder der Zentralbank interveniert wird, dann wird aus einer Überschuldungskrise einzelner, plötzlich die Krise der gemeinsamen Währung, und damit die Krise aller. Die Retter haben dadurch die Schulden auf eine neue Ebene gehoben – auf die europäische. Der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM ist letztlich nichts anderes, als die Vergemeinschaftung der Schulden des Euro-Clubs. Dass dies so ist, kann man an der Angleichung der Zinsen der Euro-Staaten beobachten. Neben der fortlaufenden Intervention der EZB in den Anleihenmarkt ist der ESM die Garantie für die Gläubiger, dass im Zweifel jedes Land im Euroclub herausgeboxt wird.
Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass die Bankenaufsicht nicht mehr national verantwortet wird, sondern jetzt bei der EZB angesiedelt ist. Das soll den Gläubigern suggerieren, dass nicht mehr gehadert und getrickst wird. Doch jetzt wollen sie auch noch an das Geld der Sparer in Deutschland. Mit der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung wird den Sparer insbesondere in Südeuropa die Botschaft ausgesandt, dass ihr Geld auf dem Konto einer spanischen oder griechischen Bank genauso sicher ist, wie auf dem Konto einer deutschen. Denn wenn die Einlagensicherungseinrichtungen in Deutschland im Zweifel für die Einlagen bei spanischen, italienischen oder griechischen Banken haften, dann ist es egal, wo man sein Sparbuch führt, ob in Madrid oder Rostock.
Doch spätestens jetzt bildet sich Widerstand. 14 von 28 Euro-Staaten haben bisher noch nicht einmal die Einlagesicherungsrichtlinie der EU umgesetzt, die Einlagen bis zu 100 000 Euro garantieren soll. Die Einlagensicherungseinrichtungen in Deutschland haben Rücklagen gebildet, was sie von anderen in Europa wesentlich unterscheidet. Das ist der Grund, wieso Sparkassen, Volksbanken, aber auch die Privatbanken in Deutschland bei den Plänen der EU-Kommission für ein gemeinsames Einlagesicherungssystem im Dreieck springen.
Bislang wehrt sich die Bundesregierung noch gegen diese EU-Pläne. Doch dieser Widerstand erinnert sehr an die Bockigkeit des Finanzministers Schäuble gegen das eine oder andere Griechenlandpaket. Am Ende ist er doch immer umgefallen. Das ist auch hier zu erwarten. Schon signalisiert Schäuble Gesprächsbereitschaft, sobald alle Mitgliedsstaaten die Richtlinie umgesetzt haben. Das ist schnell gemacht. Die EU ist bislang nicht daran gescheitert, dass zu wenig Richtlinien und Verordnungen verabschiedet wurden. Gescheitert ist sie bislang immer daran, dass sich anschließend keiner daran gehalten hat. Die Europäische Union ist eben keine Rechtsgemeinschaft. Wenn sie das nicht wird, dann ist all das, was derzeit vom Zaun gebrochen wird, der Mühe nicht wert.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Fuldaer Zeitung am 7.11. 2015.
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