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Der Bundestag hat der Regierung das Verhandlungsmandat für ein drittes Griechenland-Hilfspaket erteilt. Mit 73 Prozent stimmte die große Mehrheit des Parlaments zu. Die Öffentlich-Rechtlichen übertrugen live. Die Übertragung von Bundestagsdebatten ist in Deutschland nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist, wenn Parlamentsdebatten aus Athen live im deutschen Fernsehen übertragen werden. Jeden Tag lesen, hören und sehen wir das Neueste über Hellas. Nicht mehr die Meldungen aus Bremen, Hamburg oder Dresden sind von Bedeutung, sondern ob irgendein Mitglied im Zentralkomitee (so heißt das wirklich!) der Regierungspartei Syriza etwas von sich gegeben hat. Früher wurde einmal im Jahr im Auslandsjournal eine zehnminütige Reportage über Griechenland gezeigt. Heute ist Griechenland die erste Meldung in jeder Nachrichtensendung – und das seit Monaten. Schuld daran ist letztlich der Euro. Schiede Hellas aus, dann hätte dies unweigerlich Auswirkungen nicht nur auf die Bevölkerung in Griechenland, sondern auch auf die Aktienmärkte, die Banken und die Wirtschaft in ganz Europa, vielleicht sogar weltweit. Der Streit unter Experten dreht sich lediglich um die Frage, wie stark diese Verwerfungen sind.
Die Befürworter weiterer Rettungspakete sagen, es sei erst das Verhandlungsmandat, über das Ergebnis der Verhandlungen werde dann nochmals abgestimmt. Doch hier darf man sich nichts vormachen, ein Zurück ist jetzt nur noch schwer möglich. Dabei ist die Situation paradox. Beide Seiten glauben nicht an die Umsetzung. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hält die Maßnahmen für falsch und glaubt nicht, dass sie umgesetzt werden. Und sein Gegenpart Wolfgang Schäuble äußert in jedem Interview seinen Zweifel an der Seriosität der Regierung Tsipras. Doch welche Konsequenz hat das gegenseitige Täuschen?
Erstens: Griechenland verliert immer mehr die eigene Souveränität. EU, IWF und EZB übernehmen das Zepter von Brüssel, New York und Frankfurt aus. Das wird auf Dauer nicht gutgehen, sondern die Extreme von links und rechts in Griechenland und wohl auch im Rest Europas stärken.
Zweitens: Deutschland wird zunehmend zum Buhmann in Europa. Die Maßnahmen, die die griechische Regierung und die Bevölkerung nicht durchsetzen wollen, werden Schäuble und Merkel angelastet. Der Druck, die Maßnahmen zu lockern, wird immer größer.
Drittens: Ebenso wie Tsipras’ Widerstand ihm im Inland hilft, so hilft Schäubles Widerstand ihm und seiner CDU im Inland. Schäuble hat seine Position inzwischen um 180 Grad gedreht. Noch im Frühjahr 2010 hat er einen Europäischen Währungsfonds vorgeschlagen, um den IWF außen vor zu halten. Jetzt war die weitere Beteiligung des IWF eine zwingende Voraussetzung für ein neues Abkommen. Auch ein Ausscheiden aus dem Währungsclub war damals undenkbar. Doch jetzt schlägt Schäuble einen Grexit auf Zeit vor und sogar Änderungen in den europäischen Verträgen, die einen Ausschluss von Mitgliedern ermöglichen. Was für eine Wendung!
Viertens: Die EZB wird weiter Geld drucken und die Zinsen auf einem historischen Tief einfrieren. Schon vorgestern erhöhte die EZB die Ela-Kredite, die den griechischen Banken zur Verfügung gestellt werden, erneut um 900 Millionen Euro. Letztlich wird dieses Geld aus dem Nichts gedruckt, dahinter steckt keinerlei Substanz. Es wird eine Langfristwirkung entfaltet. Immer dann, wenn es künftig unüberwindbare Finanzierungsprobleme von Staaten im Euroraum gibt, wird die Gewährung von Ela-Krediten an die nationalen Banken als Allheilmittel eingesetzt. Zur Staatsfinanzierung durch die Notenpresse ist es nicht mehr weit.
Fünftens: Der Preis dafür wird die Vernichtung von Sparguthaben in Deutschland und Europa sein. Lebensversicherungen und Bausparkassen müssen sich auf schwere, auf ganz schwere Zeiten einstellen. Ihr Geschäftsmodell wird von Mario Draghi zerstört. Aber auch Volksbanken und Sparkassen, die vom Zinsüberschuss leben, wird zunehmend ihre Ertragskraft genommen. Sie werden Kosten reduzieren müssen, die im besten Fall in der Fläche zur Schließung von Filialen und zur Fusion der Institute führen werden.
Schlussfolgerung: Wir befinden uns nicht am Ende der Überschuldungskrise von Staaten und Banken, sondern an deren Anfang. Das Hinausschieben von Problemen löst die Krise nicht, sondern wird sie verschärfen. Daher gilt: Verlassen Sie sich nicht auf die Politik, sonst werden Sie bitter enttäuscht.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Fuldaer Zeitung.
In unserer Politik wird es wahrscheinlich kaum Änderungen geben..
Auch bei der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl hat sich nicht dermaßen viel geändert.
Die Zustimmung zur Politik der CDU ist weiterhin vorhanden, weil der Systemfehler des Euro bei uns kaum sichtbar wird. In Griechenland ist dies jedoch umso mehr der Fall.
Leider wissen bei uns sogar die Medien-Produzenten kaum über die Griechenland-Krise Bescheid.
Aber es ist auch nicht nur Griechenland. Die in letzter Zeit ständig steigenden Flüchtlingszahlen scheinen die Griechenland-Krise zu überschatten. Da kommt es nicht besonders gut, dass Deutschland es nie für sonderlich nötig hielt, beispielsweise den ständigen Systemfehler mit der Neuverschuldung zu beseitigen.
Jetzt plötzlich bemerken wir es, dass wir mit mehreren schwerwiegenden Problemen gleichzeitig auf dem falschen Fuß erwischt werden.
Unsere Politiker erhöhen sich ständig ihre eigenen Diäten, bekleiden als Lobbyistenn oftmals fragwürdige Doppelrollen und wir als Wähler vertrauen unseren Politikern blind.
Jetzt steigt zwar die Erkenntnis dass der Karren tief im Morast steckt, aber auch jetzt gibt es bei unserer Regierung kein überzeugendes Krisenmanagement.
Ich hatte vor wenigen Wochen ein Gespräch mit dem örtlichen SPD-Abgeordneten Stefan Schwartze.
Dieser sagte zu unserer Staatsverschuldung, dass dies ja jetzt kaum noch ein Problem sei. Vermutlich meinte er meinte, dass der deutsche Staat zurzeit vergleichsweise wenig Schuldzinsen bezahlen muss.
Ich wandte ein, dass es doch ein Problem gibt, weil man sich infolge der ständigen Geldmengenausweitung heute keine Rente mehr ansparen kann.
Diesbezüglich ist er jedenfalls der Meinung, dass man es ohnehin nicht verhindern kann, wenn irgendwo im Ausland neues Geld entsteht.
Man würde sein eigenes Geld vernichten, wenn man sich eine Rente anspart. Daher sei das Renten-Umlageverfahren besser.
Beispielsweise hätten deutsche Sparer und vor allem auch die Deutsche Rentenversicherung bei dem US-Geldinstitut Lehmann Geld angelegt und seien dadurch um ihre Altersvorsorge gekommen.
Auch bei der Bildungspolitik sieht er keinen Änderungsbedarf. Bildung für alle sei eine soziale Errungenschaft.
Dass eine staatliche BIldungsfinanzierung auch nach hinten losgehen kann, wird m.E. nicht gesehen.
Meine Überlegung, dass man weniger Gesetze haben könnte, konnte ihn nicht überzeugen. Gesetze seien wichtig.
Aber wie kann man es sich erklären, dass unsere Politiker die Schuld für die Krise dermaßen einseitig bei Griechenland sehen?
In Griechenland ist es komischerweise genau umgekehrt.
Die Griechen betrachten uns als die tieferen Verursacher der Krise.
Unsere Politiker haben es zumindest bis vor kurzem noch geglaubt, dass Griechenland doch nur seine Hausaufgaben machen müsse. Dann hätte man das Problem doch vermutlich gelöst.
Wir sind uns jedenfalls nicht hinreichend dessen bewusst, dass auch unser Wirtschaftssystem auf eine ständige Neuverschuldung angewiesen ist.
Dies liegt daran, weil es infolge der Ungleichverteilung des Einkommens sehr hohe Sicherverluste beim Konsum gibt. Wenn wir aber das Problem mit der Ungleichheit dermaßen wenig lösen wollen, sind wir auf eine ständige Neuverschuldung angewiesen, damit unser Wirtschaftsmotor überhaupt laufen kann.
Das ist jedoch gefährlich, weil unsere Wettbewerbsfähigkeit dadurch ständig sinkt.
Wenn wir es aber glauben, dass das Problem mit Griechenland mit ein paar Krediten oder etwa durch Freihandel mit den USA gelöst sein könnte, dann irren wir.