Photo: v2osk from Unsplash (CC 0)

Die Corona-Pandemie offenbart aktuell die Schwäche des Standortes Deutschland. Das mag auf den ersten Blick verwundern, meinen doch viele, wir kämen aktuell gut durch die Krise. Das mag im Vergleich zu Italien oder Frankreich vielleicht sein. Doch dies sollte nicht unser Maßstab sein. Italien und Frankreich sind bereits geschwächt in die Corona-Krise gegangen. Den Eindruck, den die Bundesregierung aktuell vermittelt, ist, dass wir aus einer starken Position in die Krise geraten sind. Gesamtstaatliche Überschüsse, eine öffentliche Verschuldung von rund 60 Prozent zur Wirtschaftsleistung und eine niedrige Arbeitslosenzahl sind die Assets, die hier genannt werden.

Doch wenn man auf die am Wirtschaftsleben beteiligten Unternehmen schaut, dann haben viele von ihnen zwar ein Liquiditätsproblem, aber viel grundsätzlicher ist ihr Solvenzproblem. Sie haben also zu wenig Eigenkapital. Daher sind die Kredite der KfW und der Förderbanken der Länder zwar hilfreich, um aktuell die Liquidität zu sichern. Die Überschuldung, weil das Eigenkapital zu gering ist, verhindern diese Kredite jedoch nicht. Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeiter haben aktuell eine Eigenkapitalquote von 23 Prozent. Gerade bei diesen kleinen Unternehmen hat sich diese in den letzten 10 Jahren fast nicht verbessert. Im Baubereich liegt sie ebenfalls nur bei 25 Prozent. Selbst im Mittelstand und in der Wirtschaft insgesamt sind nicht einmal ein Drittel des Kapitals Eigenkapital.

Dies hat mit dem Steuerrecht und mit der Geldpolitik zugleich zu tun. Das Steuerrecht fördert nicht etwa die Eigenkapitalbildung in guten Zeiten, sondern diskriminiert sie zu Gunsten von Fremdkapital. Investitionen werden schon aus steuerlichen Gründen gerne fremdfinanziert, weil die Zinsen niedrig sind und zusätzlich noch als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können. Der Einsatz von Eigenkapital ist dagegen teuer, weil dieser meist aus versteuerten Gewinnen gebildet werden muss und zusätzlich Investitionen, die aus Eigenkapital finanziert werden, nicht beim Betriebsausgabenabzug berücksichtigt werden dürfen.

Und noch viel verheerender für die Solvenz der Unternehmen ist das aktuelle geldpolitische Umfeld mit den Null- und Negativzinsen der Notenbanken. Nicht für die Zombieunternehmen, die schon vor der Corona-Krise durch die Zinspolitik der EZB am Leben gehalten wurden. Für diese eigentlich überschuldeten Unternehmen (und Staaten) wird die EZB-Zinspolitik ja aktuell auch gemacht. Doch der Preis, das merken wir jetzt, ist sehr hoch. Es werden noch mehr Zombieunternehmen entstehen und an den Tropf der EZB gehängt.

Die Null- und Negativzinsen schaden den eigentlich gesunden und solventen Unternehmen. Sie wurden in den letzten Jahren verleitet und verführt, ihre Eigenkapitalquote zu Gunsten einer besseren Eigenkapitalrendite zu reduzieren. Denn wenn das Eigenkapital im Verhältnis zum Jahresüberschuss reduziert wird, dann lohnt sich in „normalen“ Zeiten der Ersatz des Eigenkapitals durch Fremdkapital. Doch kommen Krisen, wie jetzt die Corona-Krise, dann halten auch eigentlich gesunde Unternehmen diesen Shutdown nicht lange durch, weil sie in guten Zeiten nicht ausreichend vorgesorgt haben.

Gerade deshalb ist es notwendig, den Blick künftig auf eine verbesserte Eigenkapitalkultur zu richten. Sie würde Unternehmen und Bürger unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen machen. Und deshalb war und ist die Kritik an der EZB und ihrer Geldpolitik so richtig und notwendig. Eigentlich sollte kluge Geldpolitik das Gesunde stärken und normale Marktprozesse nicht verhindern. Jetzt ist guter Rat sehr teuer. Gut wäre, wenn die Regierung nicht einbehaltene Gewinne von Unternehmen besteuern würde, sondern erst bei ihrer Ausschüttung. Das würde die Selbstfinanzierungskräfte von Unternehmen stärken und ihre Abhängigkeit von Banken und Staat reduzieren. Wer glaubt, der Staat könne die Lücke, die wirtschaftlich aktuell entstanden ist und die sicherlich noch sehr viel größer wird, durch Transfers ausgleichen, der glaubt auch, dass die wirtschaftliche Erholung durch immer mehr Schulden und noch billigeres Geld zu erreichen ist. Die meisten großen Wirtschaftskrisen der letzten 150 Jahre haben freilich gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

2 Kommentare
  1. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Es gibt einmal den „Wettbewerb zwischen den Staaten“.
    Dieser wird meistens vom die Krise verursachenden (Staat) gewonnen, weil dieser gleichzeitig der Krisengewinner ist.

    Diesen Wettbewerb gewinnt man als Staat, wenn man beispielsweise vor allem sehr großen Unternehmen gute Standortvorteile anbietet.
    Dies könnten Steuerfreiheiten, eine gute Infrastruktur, ein hohes Bildungsniveau oder ähnlich sein.

    Ebenso gibt es den Wettbewerb zwischen den Unternehmen. Dabei agieren vor allem die großen Unternehmen global und nicht lediglich auf den nationalen Ebenen.

    Jedenfalls gibt es beim Wettbewerb zwischen den großen Unternehmen oft keinerlei Regeln.
    So sei es vorgekommen, dass in Werken mit nordkoreanischen Zwangsarbeitern Aldiverpackungen aufgetaucht waren.
    Dann wissen wir es, dass vor allem die großen Konzerne im Besitz einzelner reicher Menschen, wie etwa Jeff Bezos, fast gar keine Steuern bezahlen, während doch für die Lohn- und Gehaltsabrechnungen, selbst von Mini-Jobbern, komplizierteste Ausrechnungen vorgenommen müssen, die oft nicht ohne einen Steuerberater angefertigt werden können.

    Dann ist es nicht ganz so einfach zu verstehen, wie unser Wirtschaftswettbewerb in Wirklichkeit funktioniert. Zwar bezahlen wir mit unserem Geld schon ein ganzes Leben lang, aber die meisten von uns haben es immer noch nicht so richtig verstanden, wie Geld überhaupt funktioniert.

    Bis zum Jahr 2015 war es zudem deutschen Hochschulen auch gar nicht bekannt, wie Geld überhaupt entsteht. Zu diesem Zeitpunkt hatte es Prof. Richard Werner dann erstmals empirisch nachgewiesen, dass Geld bei den Kreditvergaben der Banken aus dem Nichts entsteht.

    Jedenfalls habe ich Bedenken, dass wir ein System haben, bei dem Geld als Schuld und auch oft als die Schuld sogar von öffentlichen Haushalten mehrerer Föderalismus-Ebenen entsteht und auf nicht nachvollziehbare Weise sogar auch noch eine Schuld gegenüber irgendeiner Bank ist.

    Jedenfalls machen doch bei uns sowohl die Kommunen, die Länder, der Bund und doch auch die EU Schulden, weil es ohne Schulden auch kein Geld gibt.
    Aber die Einzelbürger bzw. die Privathaushalte können doch nicht dermaßen beliebig Schulden machen. Vielmehr hängen deren Möglichkeiten von den Banken deren aus dem Nichts geschöpftes Geld zu bekommen, von deren „Kreditwürdigkeit“ ab, was dann aber eher dem Geschäftsinteresse der Banken, und weniger irgendwelchen Gerechtigkeitsüberlegungen dient.

    Es kommen dann auch noch regelmäßig Politiker in die Regierungsverantwortung, die die meisten Parteispenden vom Finanzsektor annehmen, die aber die Funktionsweise unseres Geldes regelmäßig am allerwenigsten verstehen oder die durch eine besondere Nähe zur Finanzwirtschaft auffallen.
    Etwa Friedrich Merz ist (oder war) AR bei BlackRock. Dann nahmen doch UvdL oder etwa Linda Teuteberg an der Bilderberger Konferenz teil, obwohl dies doch nicht eine Veranstaltung ist, an der jeder Bürger bei Interesse teilnehmen könnte. Ich habe Bedenken, dass die Banken und nicht die Bürger selbst es entscheiden, wer an diesen Bilderberger-Treffen teilnimmt und welche politischen Parteien (von den Banken) Parteispenden bekommen sollen.

    Aber es gibt doch bei unserem Geldsystem nicht nur Schulden infolge von Schuldverhältnissen. Vielmehr ist auch jede einzelne Geldeinheit eine Schuld gegenüber einer Bank.

    Da machen doch alle möglichen Föderalismus-Ebenen immer neue Schulden, weil dies doch eine dermaßen bequeme Möglichkeit ist, dass man wieder neues Geld (aus dem Nichts) von den Banken bekommt. Aber der spätere Schuldenabbau funktioniert doch nicht, weil jetzt ausgerechnet wenige Superreiche das viele Geld kassiert hatten, bei dem wir es doch dachten, dass wir damit den Banken ihre aus dem Nichts geschöpften Kredite wieder zurückzahlen könnten.

    Dann gibt es doch auch noch etliche Begriffe wie Zinsen, Wirtschaftswachstum, Inflation, Preisstabilität und ähnlich, wo man doch als Normalbürger reichlich überfordert wäre, dass man diese Dinge einfach ganz schnell mal versteht.

    Vergleichsweise gute Analysen zum Geld hatte Helmut Creutz angefertigt. Sein aktuellstes Buch war „Das Geldsyndrom“.
    Er erklärt etwa auch in YouTube-Videos viele Funktionsweisen oder Eigenschaften unseres Geldes, die man selbst als Student eines Wirtschaftstudiums vermutlich meistens sonst niemals erfahren würde, weil dies schon sehr komplizierte Zusammenhänge sind.

    Die meisten Bürger werden es auch gar nicht wissen, dass wir nicht nur an die Banken Zinsen bezahlen. Vielmehr bezahlen wir auch beim Einkaufen versteckte Zinsen.

    Diverse Geldexperten haben Bücher mit Lösungsvorschlägen veröffentlicht wie auch Stephan Schulmeister „Der Weg zur Prosperität“.

    Etwa Christoph Pfluger behauptet:
    „Die Mutter aller Blasen ist das Geld an sich in seiner heutigen Form“. Das liegt für Pfluger erstens an dem von Anfang an in die Geldentstehung eingebauten Zins, der exponentiell steigende und im Zeitablauf nicht mehr zu befriedigende Geldansprüche erzeugt. Aber auch, dass die Geldentstehung, also „das kollektive Recht auf angemessene Gegenleistung“, heute privaten Banken überlassen wird, missfällt dem Autor.

    Hier stellt sich dann aber gleichzeitig auch die Frage, ob Geld bereits dann funktionieren würde, wenn es nicht mehr durch Banken, sondern völlig anders ins System gelangen würde.

    Es gibt etwa den Ansatz der Geldexpertin Margrit Kennedy „Geld ohne Zinsen und Inflation“. Dieses E-Buch kann man sich von ihrer Webseite kostenlos herunterladen.

    Aber würde unser Geld vielleicht dann funktionieren, wenn es gar keine Zinsen mehr gibt?

    Insofern stellt etwa der Finanzexperte Peter König die Frage „Warum gibt es nie genug (Geld), auch wenn es genug gibt?“.

    Irgendwo gibt es also bei unserem Geld versteckte Mechanismen, die niemand so richtig versteht. Wenn man jetzt etwa allen Bürgern einfach nur irgendwelches Papiergeld in die Hand drücken würde, dann hätte dies dann so noch gar keinen Wert.

    Aber im System fehlen doch ständig Schulden, weil wir sowohl für das Sparen als auch für jede Einkommenserzielung die Schulden anderer Leute benötigen, weil Geld doch als solches eine Schuld ist.
    Diese Schulden hatte der Staat bis zu einem gewissen Zeitpunkt durch entsprechende Staatsausgaben künstlich generiert.
    Angeblich stammt diese Idee von J. M. Keynes, dass man eine Finanzkrise mit entsprechend höheren Staatsausgaben überwinden könnte.
    Seit Ende 2011 macht jetzt stattdessen die EZB ihre expansive Geldpolitik, weil im System ganz einfach immer schneller Schulden fehlen, weil die Unternehmen wegen immer höherer Zinserträge eben auch immer niedrigere Löhne bezahlen (müssen).

    Jedenfalls sind es regelmäßig die öffentlichen Haushalte, die ständig „künstliche“ Schulden generieren, die zwar das System erstmal am Leben halten, die dann aber später nie wieder abgebaut werden können.
    Dann werden doch auch Superreiche und Konzerne fast gar nicht besteuert.

    Ich meine es jedenfalls, dass unser Schuldgeld gar nicht funktioniert, weil es bei diesem etwa auch immer höhere Pro-Kopf-Staatsschulden gibt, aber der Staat kann doch seine immer weiter ansteigenden Schulden nie wieder abbauen.

    Dann haben wir doch bis auf weiteres (noch) Wohlstand, weil wenige große Unternehmen einfach nur immer reicher werden wollen. Aber das viele Geld, das sie einzunehmen versuchen, ist für alle anderen Personen eine Schuld, die ohne ein eindeutiges Limit von den Regierungen immer wieder bei den Banken erstmal wieder erneuert werden kann.

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert