Photo: Liz west by Flickr (CC BY 2.0)

In der Flüchtlingsfrage gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass nicht nur die Bundeskanzlerin überfordert ist, sondern der Staat und seine Institutionen insgesamt. Bei letzterem ist das nicht verwunderlich, denn die Anzahl der Flüchtlinge und ihr plötzliches Auftreten in Deutschland ist in dieser Dimension einmalig. Doch die Überforderung staatlicher Institutionen wird weiter anhalten, denn mit der Erstaufnahme ist es auf Dauer ja nicht getan. Egal wie die Bundesregierung jetzt auf europäischer Ebene handelt: die einladende Geste der Bundeskanzlerin, fernab jeden Rechtsbewusstseins, hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Deutschland steht als Wunschziel vieler Flüchtlinge an erster Stelle – wohl auch in absehbarer Zukunft.

Das wird den Wohlfahrtsstaat fordern, vielleicht sogar überfordern. Das muss aber nicht zum Nachteil sein, denn der aktuell Druck auf das deutsche Wohlfahrtsstaatsmodell offenbart nur die wachsende Schwäche dieses Systems. Das Wohlfahrtsstaatsmodell will gesellschaftliche Herausforderungen mit noch mehr Staat lösen: Mehr sozialer Wohnungsbau, mehr Arbeitsbeschaffungsprogramme und der Ausbau der Sozialindustrie. Diese absehbare Entwicklung wird das Land verändern – in die falsche Richtung. Denn die sozialen Brennpunkte in München, Berlin oder Frankfurt sind durch den sozialen Wohnungsbau erst entstanden. Dort wurde billiger Wohnraum mit staatlichen Subventionen und kommunalen Wohnungsunternehmen errichtet, deren Problem dann die Sozialindustrie – im wahrsten Sinne des Wortes – dauerhaft beschäftigt.

Doch eigentlich müßte jetzt das Gegenteil von Planwirtschaft gemacht werden – mehr Marktwirtschaft. Es braucht wieder einen Ordnungsrahmen, der die Initiative und die Kreativität des Einzelnen fördert und zulässt. Stattdessen steuert das Land mit einem planwirtschaftlichen Ansatz schnurstracks auf eine Staatsquote von bald 60 Prozent zu. Steuern werden dann auf breiter Front erhöht, das Verschuldungsverbot wird geschleift und die Sozialversicherungen drohen zu bersten.

Eigentlich sollte Deutschland die Herausforderungen als Chance begreifen, um den Staat, seine Allmachtsphantasien, seine Regelungsversessenheit, ja Regulierungssucht, zurückzudrängen. Stattdessen lassen die aktuell noch ökonomisch soliden Daten bei der Arbeitslosigkeit, bei der öffentlichen Verschuldung und bei den Einnahmen des Staates sämtliche Reformanstrengungen zum Erliegen kommen. Seit der kleinen und überschaubaren Liberalisierung der Fernbusse hat in Deutschland keine Liberalisierung und Marktöffnung mehr stattgefunden. Deutschland versinkt in Gefälligkeit und Lethargie.

Die hohe Zahl an Flüchtlingen in Deutschland sollte als Auslöser für eine ohnehin notwendige Rückbesinnung auf eine marktwirtschaftliche Ordnung und auf die Kraft des Einzelnen genutzt werden.

Konkret heißt dies für den Wohnungsmarkt: Aufhebung der Mietpreisbremse, Senkung der Grunderwerbsteuer, Entbürokratisierung der Bauordnungen und Liberalisierung des Mietrechtes.

Für den Arbeitsmarkt: Aufhebung des gesetzlichen Mindestlohnes, Aufhebung des gesetzlichen Kündigungsschutzes nach Schweizer Vorbildung, Anhebung der Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte, Abschaffung des „Antidiskriminierungsgesetzes“, Abschaffung der Vorrangprüfung durch die Arbeitsagentur, Entrümpelung der Arbeitsstättenverordnung, Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes.

Für Existenzgründer: Zwangsmitgliedschaft in den Kammern beenden, Handwerksordnung liberalisieren, das Personenbeförderungsrecht befreien und den Zugang zu den Freien Berufen erleichtern.

Bei den Sozialversicherungen: Flexibler Renteneintritt mit Zielalter 67, Selbstbeteiligung in der gesetzlichen Krankenversicherung, Einführung des Kostenerstattungsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung, Differenzierung in der Beitragserhebung bei gesetzlichen Krankenversicherungen durch die Abschaffung des Gesundheitsfonds, Privatisierung der gesetzlichen Unfallversicherung.

Bei den Steuern: Solidaritätszuschlag abschaffen, Stufentarif in der Einkommensteuer einführen, Mehrwertsteuerreform durch Vereinheitlichung und generelle Absenkung des Mehrwertsteuersatzes, Abschaffung des Rundfunkbeitrages, Zinsbereinigung bei der Unternehmensteuer einführen.

Öffentliche Finanzen: Privatisierung von Staatsbeteiligungen, Abschaffung des Länderfinanzausgleichs, Ausgaben- und Einnahmenkongruenz auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene durch eigene Steuerhoheit und Hebesatzrecht auf der jeweiligen Ebene unterhalb des Bundes und eine abschließenden Ausgabenverantwortung. Einführung eines Insolvenzrechts für Länder und Kommunen.

Mobilität: Wettbewerb auf der Schiene durch Trennung von Netz und Fahrbetrieb, Privatfinanzierung von Straßenneubauten, Planungsbeschleunigungsgesetz.

In der Bildungspolitik: Abschaffung des Numerus Clausus und Einführung individueller Eingangstest an Hochschulen, Zentralabitur durch Bildungsvielfalt und diverse Bildungszugänge ersetzen, Schuleinzugsbezirke abschaffen.

Mitwirkung: Einführung direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene nach Schweizer Vorbild.

Die Auseinandersetzung über den richtigen Weg der Integration vollzieht sich in den nächsten Monaten und Jahren entlang der Koordinaten mehr Staatswirtschaft oder mehr Marktwirtschaft. Wir sollten uns für die Marktwirtschaft entscheiden. Nur sie ist in der Lage, das notwendige Kapital für Arbeitsplätze, Wohnungen, Infrastruktur und Bildung bereitzustellen, das notwendig ist, um die Integrationsleistung gesellschaftlich zu bewältigen. Das erfordert Mut, weil es alte und lieb gewordene Zöpfe in Frage stellt. Doch wenn nicht jetzt, wann dann wäre der richtige Zeitpunkt? Es nützt auch nicht nur den vielen Flüchtlingen, aus der staatlichen Fürsorge zu entkommen, es nützt jedem Einzelnen in Deutschland, seine persönlichen Ziele und sein Lebensglück nach seinen eigenen Vorstellungen zu verwirklichen.

Denn kein Mensch, keine Gruppe, keine noch so demokratisch gewählte Mehrheit und auch kein Staat haben das Recht, Menschen zu zwingen, auf eine bestimmte Art und Weise glücklich zu sein.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick

3 Kommentare
  1. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Da gebe ich recht. Nicht die Flüchtlinge sind das Problem. Vielmehr ist es das Aufeinandertreffen der Flüchtlinge auf unsere Politik.

    Vor allem brauchen wir mehr Preislenkung bei den Sozialleistungen. Dies kann nur möglich sein, wenn Sozialleistungen grundsätzlich nur auf Pump gewährt werden.

    Auch beim Bankwesen muss sich etwas ändern. Da wird zuviel spekuliert und anschließend gerettet.

    Leider haben wir bei der nächsten Bundestagswahl genau zwei Alternativen:

    Merkel oder Merkel

    Wahlen kann man bei uns leider nur mit Geld gewinnen.

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  2. Echbeck16
    Echbeck16 sagte:

    Herr Schäffler hat ja vollkommen Recht, nur: unser Bundestag ist von links bis rechts, also von den Linken bis zur CSU, von Sozialisten besetzt, die an Planwirtschaft und staatliche Bevormundung glauben. Die paar Ausnahmen, die es da noch gibt, haben keinen Einfluß auf die Entscheidungen. Also sind Herrn Schäfflers Vorschläge nur ein schöner Traum, Deutschland wird planmäßig an die Wand gefahren, mit Eurorettung, Klimarettung, Energiewende und jetzt auch noch mit der staatlichen Willkommenskultur für „Flüchtlinge“ genannte Migranten, deren Zustrom längst außer Kontrolle geraten ist. Ich habe keine Hoffnung mehr.

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    • Ralf Becker
      Ralf Becker sagte:

      Umverteilung ist deshalb falsch, weil die Geldmenge dadurch immer mehr ausgeweitet wird. Dadurch werden Schwächere ins soziale Abseits gedrängt. Das wäre dann der Effekt, den man eigentlich vermeiden wollte.

      Die Kanzlerin sitzt auch nicht mehr ganz so fest im Sattel, wie das mal war.
      http://www.welt.de/politik/deutschland/article124992269/Merkel-verliert-das-Vertrauen-der-Deutschen.html

      Ich frage mich, ob es wie in Offenbarung 13 beschrieben zu einer Weltregierung kommen wird. Der Handlungsdruck ist groß, weil der Mensch mit der Zerstörung der Natur auf dem besten Wege ist, sich selbst abzuschaffen. Ich zitiere diese Stelle deshalb, weil ich selbst eine beinahe tödliche Wunde hatte und der Krankenhaustag genau 666 gekostet hatte. Darüber hinaus gab es eine Visite der katholischen Kirche.

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