Photo: Jakob Munk-Stander from Flickr (CC BY 2.0)
Eines ist heute schon klar: Der Rundfunkbeitrag wird nicht so bleiben wie bisher. Inzwischen sind die Einschläge zu häufig und zu nah, als dass ARD und ZDF so unbeschwert weiterwursteln können wie in den letzten Jahrzehnten. Das wohl Dramatischste ist, dass sich seit kurzem das Bundesverfassungsgericht wieder grundsätzlich mit dem Rundfunkbeitrag beschäftigt. Mit einem Katalog an Fragen hat sich der Erste Senat in Karlsruhe an die Staatskanzleien der Länder gewandt. Dies alles mit einer kurzen Frist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat jüngst den Rundfunkbeitrag in Teilen für verfassungswidrig erklärt: Die Erhebung des zusätzlichen Rundfunkbeitrags für Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen sei nur in denjenigen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar, in denen der Betriebsstätteninhaber durch die Bereitstellung von Empfangsgeräten oder eines Internetzugangs die Möglichkeit eröffnet, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in den genannten Räumlichkeiten zu nutzen, so die Leipziger Richter.
Das ist ein Novum, denn bislang galt, dass unabhängig vom Empfang oder dem Vorhandensein eines Rundfunkgerätes der Zwangsbeitrag entrichtet werden musste. Seit das alte Gebührenmodell, dass nur Besitzer eines Geräts bezahlen mussten, 2013 durch ein Beitragsmodell für alle ersetzt wurde, hat dies ARD und ZDF einen enormen Zuwachs an Einnahmen beschert. Zuletzt auf über 8 Milliarden Euro.
ARD und ZDF haben bereits auf die wachsende Kritik reagiert. Der Rundfunkkommission der Länder haben die Spitzen der Sender jetzt ein Reformpaket überreicht, das die ARD-Vorsitzende als „größten Reformprozess in der ARD-Geschichte“ angepriesen hat. Zwischen 2021 und 2028 wollen beide Sendergruppen 1,2 Milliarden Euro einsparen. Doppelstrukturen sollen abgeschafft, die IT vereinheitlicht und Kapazitäten gebündelt werden. Alles sicherlich sinnvolle Dinge, um die angestrebte Beitragsstabilität zu erreichen. Michael Hanfeld hat dieser Tage in der FAZ die Zahlen ins rechte Licht gerückt und den Finger in die sorgsam verborgene Wunde gelegt, indem er das Einsparvolumen über acht Jahre mit dem zu erwarteten Beitragsaufkommen vergleicht.
Den Einsparungen von 1,2 Milliarden stünden im gleichen Zeitraum mindestens 64 Milliarden Euro Beitragseinnahmen entgegen. Es sind also gerade einmal 1,9 Prozent im Verhältnis zu den Beitragseinnahmen, die eingespart werden – und das über 8 Jahre! Er verweist auch darauf, dass die Altersvorsorge bei ARD und ZDF immer noch weit über vergleichbaren Absicherungen im Öffentlichen Dienst hinausgehen und daran auch das Reformpaket nicht grundsätzlich etwas ändere. ARD und ZDF geht es um ein „Weiter so“. Sie wollen ihre Dominanz nicht freiwillig aufgeben. Das ist nicht verwunderlich. Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen.
Die Rundfunkordnung wird sich ändern müssen, ansonsten gehen immer mehr Beitragszahler auf die Barrikaden. Heute sind 10 Prozent der Beitragskonten bei ARD und ZDF im Mahnstatus. Über 21 Millionen Mahnungen wurden in einem Jahr vom sogenannten Beitragsservice versandt. Fast 900.000 Vollstreckungsersuchen pro Jahr werden von ARD und ZDF erwirkt. Wer so viel Widerstand bei seinen Zwangskunden erfährt, kann nicht so weitermachen wie bisher. Und er kann und darf sich nicht mit Reförmchen begnügen, insbesondere dann, wenn sich das Nutzerverhalten grundlegend verändert.
ARD und ZDF dürfen sich vor allem nicht einfach neue Geschäftsfelder erschaffen, als ob sie niemandem Rechenschaft schuldig wären. Ihr Vordringen im Netz ist so ein unlauterer Wettbewerb, um Amazon Prime, Netflix und Co. unfaire Konkurrenz zu machen. Auch das kostet das Geld des Beitragszahlers. Und wieso überhaupt wollen die Sender jetzt auch noch textliche Inhalte anbieten? Fehlt es dazu an Angeboten im Markt? Oder schaffen es nicht Medien wie die FAZ oder auch Tichys Einblick, sich ohne staatliche Subvention am Markt zu behaupten? Darauf müssen die Staatskanzleien der Länder eine Antwort finden, wenn sie dem Verfassungsgericht zur Zukunft des Rundfunkbeitrages antworten. Eine Rundfunkordnung kann nur dann dauerhaft Bestand haben, wenn sie allgemeine Akzeptanz entfaltet, ansonsten geht sie in der Praxis unter.
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