Photo: Eduardo Merille (CC BY-SA 2.0)
Die Informationsflut durch das Internet hat auch ihre Schattenseiten. Oft sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. So ist es auch beim Fortgang der Air-Berlin-Pleite. Im Wahlkampf half die Bundesregierung mit einem Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der so sicher sein sollte, wie das Amen in der Kirche. Heute ist klar, dass das nicht stimmte. Laut Insolvenzbericht wird der Steuerzahler wohl auf 84,1 Millionen Euro sitzen bleiben. Wer bürgt, wird halt gewürgt. Interessant dabei ist, dass die Beratungsgesellschaft PwC die Werthaltigkeit der Sicherheiten überprüft hat. PwC war in seiner Einschätzung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Höhe der zu erwartenden Verkaufserlöse ausreichen müsste, teilte die Bundesregierung noch im Dezember auf meine Anfrage mit. Das traf nach dem gescheiterten Verkauf der österreichischen Tochtergesellschaft Niki an Lufthansa am Ende nicht mehr zu.
Umso mehr erstaunt es, dass PwC laut BamS im Auftrag des Insolvenzverwalters nunmehr prüft, ob eine mögliche Insolvenzverschleppung vorliegt. Mmh, denkt der kritische Betrachter. Warum wird mit diesem Mandat erneut die PwC beauftragt? War die Risikobewertung der Bundesbürgschaft vom August letzten Jahres so gut?
Air Berlin ist ein Lehrstück staatlicher Intervention und gescheiterter Industriepolitik. Dahinter steckt der Glaube, es sei Aufgabe der Regierung, des Wirtschaftsministers oder generell der Politik wirtschaftliche Entwicklungen in einzelnen Unternehmen beeinflussen zu können. Das endet meist im Desaster. Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück wollte einmal eine zweite Großbank durch die Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank in Deutschland schaffen. Deutschland brauche eine zweite Bank mit internationalem Anspruch. Heute gibt es keine mehr. Die Deutsche Bank ist nur noch in der Europaliga, die Dresdner Bank gibt es nicht mehr und die Commerzbank musste mit Steuergeldern gerettet werden.
Ähnlich war es bei Air Berlin. Der Niedergang von Air Berlin sollte die Lufthansa im internationalen Wettbewerb stärken, indem ihr die Filetstücke zugeschustert werden. Ausländische Gesellschaften sollten nicht zum Zug kommen, das könnte ja der heimischen Fluggesellschaft schaden. Deshalb wurde durch den Bürgschaftskredit des Bundes Zeit gewonnen, um der Lufthansa Vorteile zu verschaffen. Eine Pseudotransparenz wurde öffentlich zelebriert, tatsächlich wurde aber im Hinterzimmer des Wirtschaftsministeriums alles mit den Kranichen ausgekungelt.
Dass gerade das Marktwirtschaftsministerium in der Regierung Antreiber war, lässt besonders tief blicken. Man kann dankbar sein, dass diese Kungelwirtschaft erneut gescheitert ist, denn sie würde sonst fortdauernd Nachahmung finden. Jetzt kann und wird der ganze Sachverhalt aufgeklärt. Und da fängt es schon damit an, wer eigentlich die politische Verantwortung trägt. Das Kanzleramt, die zuständige Ministerin? Letztere ist noch geschäftsführend im Amt. Ihr Staatsekretär Matthias Machnig ebenso.
Tja, die Staatsgläubigkeit ist den Leuten nicht auszutreiben, schein Teil unseres genetischen Codes zu sein…