Photo: Paul Sableman from Flickr (CC BY 2.0)

Vor zwei Jahren machte ein Tweet Schlagzeilen, in dem sich eine Schülerin aus Köln beklagte: „Ich bin 18 und habe keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtsanalyse schreiben – in vier Sprachen.“ Letzteres wird die derzeitige NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann sicherlich freuen. Und ersteres war bisher nicht die oberste Priorität der grünen Bildungsministerin. Die Abschaffung des Faches Wirtschaft durch die gerade abgewählte NRW-Landesregierung, das die Vorgängerregierung zuvor eingeführt hatte, zeigt daher bereits ihre Wirkung.

Eine Studie des Verbandes Junger Unternehmer und der Familienunternehmer hat die Entwicklung jetzt systematisch anhand der Qualität der Schulbücher untersucht. Das Urteil ist erschreckend. Wenn es um ökonomische Zusammenhänge in deutschen Schulbüchern geht, dreht es sich meist um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, um Gefahren und Nachteile der Globalisierung und es wird ein tendenziell negatives Unternehmerbild vermittelt. Das positive Bild der Marktwirtschaft, die Basis für unseren Wohlstand ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Und selbst dort, wo wirtschaftliche Zusammenhänge behandelt werden, sind die untersuchten Schulbücher von der herrschenden neoklassischen Gleichgewichtstheorie und einer keynesianischen Wirtschaftspolitik geprägt. Die Rolle des Unternehmers in der Marktwirtschaft, wie ihn einst Schumpeter beschrieb, spielt dabei keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Dabei ist er es, der durch seine Risikobereitschaft investiert und dadurch Ideen in Produkte verwandelt. Er ist in einer Marktwirtschaft unverzichtbar. Eine Bildungspolitik, die das ignoriert oder sogar das Gegenteil vermittelt, befördert dann auch nur potentielle Staatsbedienstete. Wie soll in einem solchen schulischen Umfeld eine Gründerkultur in Deutschland entstehen? Stattdessen steht in einem Schulbuch „Volkswirtschaftslehre“: „Wer als Arbeitgeber nur heuert und feuert, Mitarbeiter nicht weiterbildet oder diese gar mobbt, handelt demnach keineswegs im Sinne von Ökonomen.“

Auch die Notwendigkeit und der Segen der Arbeitsteilung in der Marktwirtschaft wird meist nicht positiv herausgestellt, sondern es werden wüste Zerrbilder gezeichnet. Insbesondere die internationale Arbeitsteilung, die für viele deutsche Unternehmen existentiell ist, wird als Gefahr und nicht als Chance dargestellt. In „Terra Erdkunde 3“ heißt es dazu: „Der Großteil der Bevölkerung hat aber keinen Vorteil vom Welthandel.“ Da muss man sich dann nicht wundern, wenn Globalisierungskritiker von „Rechts“ und „Links“ zu tausenden auf die Straße gehen. Woher sollen sie es auch wissen, wenn es nicht mal in den Schulbüchern steht und viele Lehrer selbst in vorderster Front auf den Demos mitmarschieren? So heißt es im Schulbuch „Politik verstehen und handeln“ über eine marktwirtschaftliche Ordnung: „Ihre häufigen Krisen, die die wirtschaftliche Existenz großer Menschengruppen bedrohen, und die weltweiten Umweltzerstörungen lassen jedoch viele Menschen an diesem Leitbild zweifeln.“ Da mag man sich doch gleich an die Umweltzerstörungen in sozialistischen Planwirtschaften des letzten Jahrhunderts erinnern. Insbesondere die Kraftwerke in der DDR waren ja der Inbegriff des Fortschritts und des Umweltschutzes, oder etwa nicht?

Die Autoren der Studie fordern als Konsequenz aus dieser Situation ein eigenes Schulfach oder zumindest ein Ankerfach für Wirtschaftswissenschaften an Schulen. Dadurch würde sich die Lage sicher nicht von heute auf morgen verändern, aber es würde eine Veränderung der Lehrerausbildung einleiten. Denn ohne ein eigenes Fach oder ein Ankerfach fände keine systematische ökonomische Aus- und Fortbildung von Lehrern statt. Ohne ein entsprechendes Ankerfach wird daher die ökonomische Bildung in der Schule immer ein Nischenthema bleiben. Mal ist es der Politikunterricht, mal der Erdkundeunterricht und mal der Geschichtsunterricht, in dem Aspekte des Wirtschaftens eine Rolle spielen, aber Lehramtsstudenten bekommen so ökonomische Zusammenhänge nur am Rande mit. Vielleicht wäre schon einmal ein guter Anfang, wenn Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ zur Pflichtlektüre gemacht würde. Darin beschreibt er das Bild einer Marktwirtschaft, die in ihrer Wirkung sozial ist. Das wäre doch schon mal etwas, wenn dies in unseren Schulen vermittelt würde.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

3 Kommentare
  1. Incamas SRL
    Incamas SRL sagte:

    einer der Grundpfeiler unserer Zivilisation ist das Recht auf Privateigentum. Doch dieses Grundrecht wird inzwischen systematisch abgeschafft. Tatsächlich scheinen Deutschland und die gesamte EU sich im
    Eilschritt auf eine kommunistische Diktatur zuzubewegen. Wie Sie sicher wissen, gibt es im Kommunismus keinen Privatbesitz. Der Staat entscheidet, wem was gehört. Wenn Sie nach Meinung des Staates „zu viel“ haben, dann wird Ihnen das weggenommen Und genau das ist auch in der EU
    bereits gesetzlich abgesichert. Artikel 1 der EU-Menschenrechtskonvention besagt, dass Privateigentum zum Wohle der Allgemeinheit enteignet werden darf.

    Das neuste Beispiel für diesen schockierenden Trend sehen Sie in Hamburg. Das Hamburger
    Abendblatt berichtet, dass die Hamburger Behörden erstmals Privatwohnungen beschlagnahmt haben. Es handelt sich um sechs leer stehende Wohnungen im Stadtteil Hamm. Der Hamburger Senat will die
    Wohnungen – gegen den Willen des Eigentümers – sanieren lassen und dann durch einen Treuhänder vermieten. Laut entsprechenden Berichten sollen die Wohnungen an Asylanten vermietet werden. Schon Ende 2015 haben die Hamburger Behörden Gewerbeimmobilien konfisziert, um diese in Asylantenheime umzuwandeln. Doch jetzt geht der Senat erstmals auch an privates Wohneigentum.

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    • gogo49
      gogo49 sagte:

      Ich bin zwar auch ein Freund des Privateigentums, aber man muss auch sehen dass Eigentum eben auch verpflichtet.
      Unter bestimmten Umständen halte ich den Zugriff des Staates für durchaus vernünftig. Diese Umstände könnten sein (kumulativ):
      1. nachgewiesene tatsächliche Wohnungsnot
      2. ausreichend lange Vorwarnung
      3. temporärer Abkauf durch einen staatlich/städtischen Betrieb
      4. Verpflichtung zum Rückangebot, bei Ausschlagen Rückführung in den Markt
      Zu 1: da reicht es nicht, nur am eng gefassten Ort eine solche festzustellen, denn Umzug und Einzug in entferntere Orte ist normalerweise zumutbar
      Zu 2: mindestens 2 Jahre
      Zu 3. Preisfindung nach Gutachterausschuss plus 25% Unfreiwilligkeitszuschlag
      Zu 4. nach 5 Jahren
      Als Ersatz für 1 könnte auch in Frage kommen dass ein Objekt zu lange als „Schandfleck“ existiert. Wie man das definiert müsste man überlegen.

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  2. gogo49
    gogo49 sagte:

    Ganz entscheidend wird sein das man dafür auch die passenden Lehrertypen findet und ihnen ein 6-monatiges Unternehmenspraktikum verordnet, davon mindestens die Hälfte in einem Mittelstands-Familienunternehmen. Aber nur solche, die ohne Subventionen auskommen (also nicht beispielsweise die Windindustrie).

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