Bild: Rijksmuseum from Wikimedia Commons (CC 0)

Beharrlich hält sich die Unternehmenssteuer. Nun soll es eine globale Mindeststeuer für mehr Gerechtigkeit sorgen. Das ist von Vornherein zum Scheitern verurteilt, denn gerecht wäre nur ein Ende der Unternehmensbesteuerung.

Der Versuch einen Brand mit Streichhölzern zu ersticken

Die Biden-Administration möchte den Reichen und Mächtigen an den Kragen. Der erste große steuerpolitische Aufschlag der neuen US-Finanzministerin und ehemaligen US-Zentralbank-Chefin Janet Yellen zielt auf die Unternehmensbesteuerung. Ihr Plan beinhaltet unter anderem die Erhöhung der US-Unternehmenssteuer von 21 auf 28 Prozent und eine neue Initiative zur Einführung einer globalen Mindeststeuer für Unternehmen. Hier sind 21 Prozent im Gespräch. Damit verfolgt Yellen zwei Ziele: mehr Steuergerechtigkeit und gleichzeitig höhere Steuereinnahmen zur Finanzierung des 2,5 Billionen Dollar-Infrastrukturprojekts von Präsident Biden. Dass das aus ökonomischer Sicht ungefähr so viel Sinn ergibt wie einen Brand mit Streichhölzern zu ersticken, muss die brillante Ökonomin eigentlich wissen. Doch der Applaus, den der Yellen-Plan allerorts erhält, zeigt: Bei der Unternehmenssteuer spielen ökonomische Erwägungen schon lange keine Rolle mehr.

Die Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist ungerecht

Janet Yellen liegt nicht falsch, wenn sie ein Gerechtigkeitsdefizit in der Unternehmensbesteuerung sieht. Kreative Buchführung erlaubt es gerade besonders großen Unternehmen, Gewinne in jenen Niederlassungen aufkommen zu lassen, die sich in Ländern mit besonders niedrigen Unternehmenssteuersätzen befinden. Das führt bisweilen zu merkwürdigen Begebenheiten: So konnte das eigentlich für Kuhwiesen und schales Bier bekannte Irland im Jahr 2016 sein Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent kräftig steigern. Dabei handelte es sich allerdings nur um eine statistische Verzerrung durch eine drastisch gestiegene Unternehmenssteuerbasis, nicht jedoch um tatsächlich stattgefundenes Wirtschafswachstum.

Was also erstmal nach grundsätzlich positivem Steuerwettbewerb klingt, ist tatsächlich übler Korporatismus. Giganten wie Apple, Amazon und Co. erhalten von ausgewählten Staaten niedrige Unternehmenssteuersätze im Gegenzug dafür, dass sie dort ihre Gewinne versteuern. Um das als ungerecht zu empfinden, muss man kein taz-Abo abgeschlossen haben. Es hat nichts mit Marktwirtschaft und Standortwettbewerb zu tun, wenn Regierungen und besonders einflussreiche Unternehmen gemeinsame Sache machen. Und es verpasst dem eigentlich heilsamen Regulierungswettbewerb der Staaten ein unschönes Etikett.

Doch ist eine globale Mindeststeuer eine adäquate Antwort auf dieses Problem?

Auch wenn die Chancen für eine globale Mindeststeuer für Unternehmen wohl selten so gut standen wie aktuell, ist es doch mehr als unwahrscheinlich, dass sie das Gerechtigkeitsproblem nachhaltig löst. Nicht nur, dass bisher noch alle Verhandlungen um eine Mindeststeuer spätestens dann gescheitert sind, wenn es an die konkreten Zahlen ging. Um wirklich alle Schlupflöcher zu schließen bedarf es einer ganzen Reihe von Regeln, die allesamt überwacht und durchgesetzt werden müssen. Das treibt eine sich immer weiterdrehende Interventionsspirale an und lässt die ohnehin schon überladene Bürokratie der grenzüberschreitenden Märkte ausufern.

Machen wir also einen Schritt zurück und fragen uns, ob die Besteuerung von Unternehmen überhaupt eine gute Idee ist. Schließlich ist nicht ausgemacht, dass ausgerechnet dieser Teil des Wirtschaftskreislaufes besteuert werden sollte.

Wirklich gerecht ist nur ein Ende der Unternehmensbesteuerung

Auch wenn sich so mancher Politiker gerne damit brüstet: Nicht Unternehmen zahlen Steuern sondern Menschen. Und das ist auch der Grund warum die Unternehmenssteuer von Vornherein eine schlechte, aufwändige und ungerechte Steuer ist. Die Ökonomik streitet noch immer darüber, wer am Ende eigentlich die Last der Unternehmensbesteuerung trägt: die Konsumenten, die Anteilseigner, oder die Mitarbeiter. Ein Teil der Steuern wird durch höhere Preise an die Konsumenten weitergegeben und die Anteilseigner erhalten geringere Ausschüttungen. Doch zumeist wird übersehen, dass in der Regel der Reingewinn vor Investitionen und Rücklagen die Steuerbasis bildet. Das heißt Unternehmenssteuern vermindern direkt den Spielraum von Unternehmen zum Sparen und Investieren. Das schadet in erster Linie Arbeitnehmern. Denn Investitionen kommen direkt der Belegschaft eines Unternehmens zugute. Sie erhöhen die Produktivität und damit langfristig nicht nur die Arbeitsplatzsicherheit, sondern auch das Lohnniveau. Doch auch Sparen ist elementar für eine Volkswirtschaft. Denn ungenutztes Kapital fließt durch Sparen an anderer Stelle erneut in den Wirtschaftskreislauf, wo es abermals Investitionen ermöglicht. Auf diese Weise wächst eine Volkswirtschaft und bietet dem Gründergeist dringend benötigtes Kapital.

Kurzum: Unternehmenssteuern bewirken vieles (und vor allem Schlechtes), aber sie greifen wahrlich nicht in die Zigarrenkiste des feisten Fabrikbesitzers. Zu dem Schluss kam 2008 auch die OECD höchstselbst, die übersetzt ins Deutsche klipp und klar feststellt: „Unternehmenssteuern sind für das Wachstum am schädlichsten.“

Ein umfassende Konsumsteuer greift an der richtigen Stelle

Wer es ernst meint mit Gerechtigkeit und ökonomischer Sinnhaftigkeit, der schafft die Unternehmenssteuer gänzlich ab. Sie vernichtet Kapital an der falschen Stelle, ist ungenau und bevorzugt diejenigen, die es sich leisten können, sie zu umgehen. Ersatz (übrigens auch für die Einkommenssteuer) böte eine umfassende Konsumsteuer. Eine solche Steuer würde die normalen Erträge von der Besteuerung ausnehmen, was direkt Investitionen und Sparen und damit der gesamten Volkswirtschaft zugutekäme. Stattdessen würde eine gut gemachte Konsumsteuer genau die Kapitalverwendung besteuern, die den geringsten gesellschaftlichen Mehrwert bietet und zudem jene Menschen bevorzugen, die es im Leben nicht so gut getroffen haben. Oder um es mit den Worten von Bill Gates zu sagen, der für eine progressive Konsumsteuer eintritt: „Denken Sie an die wohlhabenden Menschen: Einer investiert in Unternehmen, einer in Philanthropie und einer in einen verschwenderischen Lebensstil. An letzterem ist nichts auszusetzen, aber ich denke, er sollte mehr Steuern zahlen als die anderen.“

Aber was weiß Bill Gates schon über Geld?

Weiterführende Literatur:

über Daten und Fakten zur internationalen Steuerwettbewerbsfähigkeit, herausgegeben von Prometheus und Tax Foundation

unserer US-Amerikanischen Think Tank Partner des CATO-Instituts über die Vorzüge einer umfassenden Konsumsteuer.

unserer US-Amerikanischen Think Tank Partner der Tax Foundation über die Bedeutung der Steuerbasis bei einer Unternehmenssteuerreform

5 Kommentare
  1. Herbert Hanselmann
    Herbert Hanselmann sagte:

    Ok, ist ja nur eine theoretische Option. Ich kann mich damit nicht anfreunden, denn auch Unternehmen (Kapitalgesellschaften) als abstraktes Gebilde nutzen die staatliche Infrastruktur, Rechtswesen usw. . Angenommen so ein Unternehmen würde jahrzehntelang nichts ausschütten, also alles thesaurieren. Es würde Null Steuern zahlen. Leuchtet mir nicht ein. Und wenn die globale Mindesteuer duchsetzbar wäre, fände ich sie gut. Ich erinnere mich gut an einen Vortrag von Jeffrey Immelt CEO General Electric. Da marschierten Aktivisten ein mit Bannern „pay your taxes, we want or fair share”. Immelt’s Response: wir zahlen Steuern, viel Steuern, weltweit 14%. Das war ja vergleichsweise sogar viel. Aber wieso zahlen wir in D 31%?

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  2. Bernhard K. Kopp
    Bernhard K. Kopp sagte:

    Herr Hanselmann begründet warum das mit der Null-Unternehmenssteuer nicht funktionieren kann. Sie würde nämlich das noch schwieriger zu lösenden Problem der “ Wertsteigerungssteuer “ ( capital gain tax ) gigantisch vergrößern. Da man ein Pferd auch nicht vom Schwanz her aufzäumt, sollte man auch nicht eine Unternehmensbesteuerung zuerst abschaffen, und dann x-Generationen darüber streiten wie man eine als einigermaßen ausgewogene Kapitalertragssteuer, mit all den Facetten von Kapitalertrag und passiver Rendite aus der leistungslosen Wertsteigerung von Vermögenswerten aller Art schaffen könnte. Wenn die DAX-Unternehmen, die zu 70-80% ausländischen Aktionären gehören, keine Unternehmens-Steuern in Deutschland mehr zahlen, dann zahlt niemand mehr etwa. Dafür haben die Libertären kein brauchbares Konzept.

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  3. Michael von Prollius
    Michael von Prollius sagte:

    Aus liberaler Sicht ist der Staat mit einer Fülle schwer lösbarer Probleme verknüpft, die seine Ein- und Ausgaben betreffen, darunter: Das Geld fremder Leute ausgeben und Verschwendung. Der Einfluss von Interessen, die nichts mit den sachlichen Notwendigkeiten von Ein- und Ausgaben zu tun haben, z.B. Umverteilung für die eigenen Wähler und Lobbyisten. Die staatsimmanente Tendenz zur Ausdehnung. Die mangelhafte bis ungenügende Verwendung der Steuern für übernommene Aufgaben wie Infrastruktur und Bildung. Warum eine subjektive Wertsteigerung besteuert werden soll, gehört zu diesem Komplex – dabei spielt Neid immer wieder eine zentrale Rolle.
    Das liberale Konzept ist der verantwortliche Umgang mit Geld – Handeln und Haften – und die Minimierung der korrumpierenden Macht. Es gibt nur wenige Tätigkeiten, die die Bürokraten – aka „der Staat“ – in einem Land übernehmen sollten. Das erleben wir leider jeden Tag.

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  4. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Es fängt schon damit an, dass die Abgeordneten im Bundestag sich selbst höhere Diäten gönnen als wie sie etwa Hartz IV-Empfängern „Geld“ zugestehen.

    SPD und Die Linke geben sich sozial. Aber beide Parteien verfolgen letztlich Wirtschaftsinteressen. Die CDU/CSU schickt zudem die meisten Lobbyisten ins Parlament und die Grünen schicken mit Frau Baerbock keine besonders kompetente Kandidatin für das „C“anzleramt ins Rennen. Es ist (leider) eher wahrscheinlich, dass deren Parteitag sie bestätigen wird.

    Abgeordnete glauben es also, dass Politik ihr Beruf ist und immer mehr Wähler glauben es sinngemäß, dass sie bei der nächsten Wahl nicht hingehen müssten.

    Da passiert es dann schon schnell, dass es im Parlament kein einziger Politiker weiß, dass Geld etwas Ähnliches wie ein Schuldschein ist. Geld eignet sich eben gerade nicht für eine Tauschwirtschaft.

    Joe Biden scheint es mit seinem Vorstoß mit einer gerechten Unternehmensbesteuerung zu glauben, dass diese den sozialen Ausgleich liefern würde. Wenn man es aber bedenkt, dass sehr wenige Personen weltweit mehr Geld besitzen als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, dann wird eine gerechtere Steuer dieses Problem eher nicht beseitigen.

    Was Bill Gates betrifft, hat er mit der BWL-Brille extrem viel Ahnung von Geld, aber mit der VWL-Brille eher nicht. Sein Satz ‚Banking Is Necessary, Banks Are Not‘ hört sich zwar sehr gut an, aber ein funktionierendes Wirtschaftssystem ist das auch nicht.

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