Photo: Enrique Mendizabal from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Über die Beweggründe von Donald Trump, den Welthandel ins Chaos zu stürzen, gibt es unterschiedliche Interpretationen. Eine lautet, die Zolleinnahmen sollen eine Steuerreform finanzieren, die die Grundfreibeträge erhöht und den Spitzensteuersatz für Einzelpersonen senkt und gleichzeitig die Unternehmensteuer auf 15 % reduziert. Doch Zölle wirken wie Steuern, die die Preise erhöhen (Inflation) und die Gewinne von Unternehmen reduzieren (Rezession). Unternehmen und Bürger in den USA zahlen die Steuersenkung damit selbst.

Eine andere Interpretation knüpft an der hohen Staatsverschuldung der USA an. Bei 34 Billionen US-Dollar Staatsverschuldung müssen die Amerikaner bis 2026 alleine 9 Billionen $ refinanzieren. Je besser die Wirtschaft wächst, desto stärker wird die Notenbank Fed die Zinsschraube wieder anziehen und die Refinanzierung des Staates verteuern. Daher sollen die Zölle eine absichtliche Rezession einleiten, um die Rendite der amerikanischen Staatsanleihe zu senken. Das wäre Harakiri.

Die gängigste Interpretation ist der „Schutz der Wirtschaft“ in den USA. Das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber anderen Staaten sei durch Währungsmanipulation und Zölle verursacht, daher seien die Zölle gerechtfertigt, um die Produktion wieder in die USA zu holen. Das ist mindestens eine verkürzte Betrachtung. In der Handelsbilanz werden bekanntlich nur Warenex- und -importe berücksichtigt, keine Dienstleistung wie Cloud-Dienstleistungen oder auch Software, aber auch keine Investitionen. Berücksichtigt man dies, dann ist die Leistungsbilanz zwischen EU und den USA fast ausgeglichen. Würden das Iphone ausschließlich in den USA hergestellt, stiege der Preis von rund 1.000 bis 1.500 $ auf dann 3.000 $. Ohne die internationale Arbeitsteilung wäre ein Pickup von Ford 10.000 $ teurer.

Welcher Interpretation man folgt, ist eigentlich einerlei. Die Maßnahmen sind eine Gefahr für den Wohlstand der USA und der übrigen Welt. Der Protektionismus hat in den USA eine lange Tradition in der Republikanischen Partei. Präsident Herbert Hoover erhöhte 1930 mit dem Smoot-Hawley-Tariff-Act die Zölle von durchschnittlich 38 % auf dann bis zu 60 %. Das weltweite Handelsvolumen ging von 1929 bis 1934 um 66 Prozent zurück, die Exporte der USA um 59 %. Die Maßnahmen verlängerte die Weltwirtschaftskrise von 1929 maßgeblich.  In den 1980er und 1990er Jahren machten teile der Republikaner Zölle wieder hoffähig. Insbesondere der ehemalige Nixon-Berater Pat Buchanan (Präsidentschaftsbewerber der Republikaner 1992, 1996 und 2000) war ein glühender Anhänger von Zöllen und Gegner der Globalisierung. Ronald Reagan war zwar kein Protektionist, drohte Japan aber mit Zöllen auf Autos und vereinbarte „freiwillige Exportbeschränkungen“.

Als Trump erstmalig das Präsidentenamt übernahm und mit der Zoll-Keule schwang, haben wir von Prometheus das Buch „Freihandel für eine gerechtere Welt“ herausgegeben. Damals schrieben wir: „Der Abbau von Zöllen und Handelsbeschränkungen hat mehr zur Bekämpfung der Armut auf dieser Welt beigetragen als sämtliche Entwicklungshilfe-Milliarden und alle Demonstrationen gegen die angeblich unmenschliche Globalisierung.“ Das ist heute immer noch richtig.

Doch was kann der Rest der Welt gegen diese Willkür und das Schleifen internationalen Rechts tun? In erster Linie sollte man mit gutem Beispiel vorangehen und einseitig auf Zölle und Handelsbarrieren verzichten. Hier könnte die EU ansetzen. Denn Zölle schaden nicht nur den Unternehmen, die Waren exportieren, sondern in erster Linie den Konsumenten und Verbrauchern. Ihre Auswahl wird geringer oder die Preise steigen. Beides ist schlecht. Als weitere Maßnahme sollte die übrige Welt zu einem regelbasierten Welthandel zurückkehren und die Welthandelsorganisation (WTO) neu aufstellen. Handel sollte nach Regeln stattfinden und bei Regelverstößen sollte man auch rechtlich dagegen vorgehen können. Doch gerade das Schiedsgericht wird derzeit von den USA blockiert. Diese Blockade muss jetzt überwunden werden – im Zweifel ohne die USA.

Der Freihandel führt nicht nur zu mehr Wohlstand, sondern zu einer gegenseitigen Abhängigkeit, die friedensstiftend ist. Wer Handel treibt, tauscht sich aus, ohne sich die Köpfe einzuschlagen. Man kann nur hoffen, dass es für eine Kehrtwendung noch nicht zu spät ist.