Photo: Andrea Puggioni from Flickr (CC BY 2.0)

Warum entwickeln sich einzelne Regionen oder Staaten ökonomisch und politisch stabiler und damit erfolgreicher als andere? Diese Frage ist für entwickelte Demokratien und Volkswirtschaften von großer Bedeutung, aber natürlich auch für Entwicklungs- und Schwellenländer. Der peruanische Ökonom Hernando de Soto sieht die Voraussetzung für eine dauerhafte stabile wirtschaftliche Entwicklung im institutionellen Schutz des privaten Eigentums. Nur wenn rechtssicher Eigentum erworben und übertragen werden kann, wird langfristig investiert und Vertrauen in einer Volkswirtschaft erzielt. Gerade das ist in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern das Problem. Dort ist das private Eigentum Einzelner vielfach durch staatliche und private Willkür bedroht. Unternehmer können hier meist nicht langfristig planen oder ihr Eigentum über Generationen weiterreichen. Es sei denn, sie sind Teil der Nomenklatura. Die meisten dieser Länder kennen kein Grundbuch oder Kataster, in dem Grundstücke und Flächen klar abgegrenzt und die Eigentumsverhältnisse für alle sichtbar gemacht werden. Mangelnde Rechtssicherheit kommt dazu. Wer sein Eigentum nicht vor Gericht einklagen kann, ist ebenfalls der Willkür ausgesetzt.

Das ist nicht nur ein Problem in Afrika und Lateinamerika, sondern auch in Europa. Griechenland hat bis heute kein Grundbuch, obwohl inzwischen von EU-Seite mehrere hundert Millionen Euro in den Aufbau investiert wurden. Tatsächlich mangelt es dort an der Mitwirkung der Bevölkerung. Viele Bürger sehen den Aufbau eines Grundbuches mit Sorge. Sie befürchten, dass sie die Eigentumsverhältnisse gegenüber dem Staat nicht ausreichend nachweisen können und ihnen daher anschließend eine Enteignung droht.

Der Schutz des privaten Eigentums und ein Rechtsstaat, der allgemeine, abstrakte und für alle gleiche Regeln aufstellt, sind sicherlich die wichtigsten Voraussetzungen für dauerhaften Wohlstand. Aber nicht nur. Eine langfristig stabile wirtschaftliche Entwicklung setzt auch stabile politische Verhältnisse voraus. Wenn sich Politik bei jeder Wahl fundamental verändern kann, sodass anschließend das genaue Gegenteil dessen gemacht wird, was vorher politisch in Regierung und Parlament umgesetzt wurde, dann fehlt Bürgern und Unternehmen Planungssicherheit, die über Legislaturperioden hinausgeht. Unser politisches System, das zwar nicht ausreichend, aber dennoch politische Macht verteilt, lässt diese Fundamentalveränderungen glücklicherweise nicht zu. Das ist gut so. Wer die Regierung in Deutschland bildet, muss meist auf andere Mehrheiten im Bundesrat Rücksicht nehmen. Der Föderalismus hierzulande ist eine Begrenzung von politischer Macht und könnte ein Entdeckungsverfahren für bessere Politik sein, wenn er mehr auf Wettbewerb ausgelegt wäre. Leider nivelliert unser Föderalismus die Unterschiede, statt sie zu fördern.

Doch warum soll nur in der Wirtschaft der Wettbewerb zu besseren Ergebnissen für alle führen und nicht auch beim Staat? Mehr Wettbewerb in der Steuer- und Finanzpolitik, in der Schul- und Hochschulpolitik oder bei der Infrastruktur wäre eigentlich notwendig, um auch Deutschland fit für die Zukunft zu machen. Der Wettbewerb der Ideen findet unter Vielen viel besser statt, als wenn nur einer sich überlegt, wie es besser gehen könnte. Stattdessen gehen wir leider den anderen Weg. Die Länder beseitigen über den kommunalen Finanzausgleich den Erfolg der leistungsstarken Kommunen gegenüber den rückständigen. Der Bund zieht immer mehr Aufgaben zentral an sich, in der Bildungspolitik, in der Sozialhilfe und im Steuerrecht. Und die EU will immer stärker die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in der EU durch Umverteilung und staatliche Investitionsprogramme beseitigen. Auf allen diesen Ebenen werden die Vorteile unseres institutionellen Rahmens schleichend beseitigt. Damit werden die Vorteile „des Westens“, der historisch aus dem Konflikt der Kirche mit dem Staat entstanden ist und zum Individualismus und zur Machtverteilung geführt hat, unnötig aufgegeben.

Der Philosoph Sir Karl Popper hat die Vorteile einmal so formuliert: „Die Einigung des Westens auf eine Idee, auf einen Glauben, auf eine Religion, wäre das Ende des Westens, unsere Kapitulation, unsere bedingungslose Unterwerfung unter die totalitäre Idee.“

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 31. Dezember 2016.

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